DÜSSELDORF. Realschulen in NRW werden voraussichtlich in Zukunft dauerhaft Hauptschulbildungsgänge anbieten dürfen. Die Parteien im Schulausschuss Nordrhein-Westfalen votierten mehrheitlich dafür, dem Parlament zu empfehlen, dem 17. Schulrechtsänderungsgesetz zuzustimmen. Lehrkräfteverbände warnen vor den Folgen – vor allem auch für die Lehrer*innen an den Realschulen.

Die nordrhein-westfälischen Regierungsfraktionen CDU und Grüne sowie der AfD-Landtagsfraktion im Schulausschuss empfehlen dem Parlament, dem 17. Schulrechtsänderungsgesetz zuzustimmen. Das ist ein Ergebnis des gestrigen Schulausschusses. Lediglich die Landtagsfraktionen der SPD und FDP positionierten sich dagegen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die darin enthaltene Änderung des Schulsystems in NRW tatsächlich Realität wird.
Real- und Hauptschüler*innen in einem Klassenverband
Im Kern sieht die Änderung vor, dass Schulträger künftig an Realschulen dauerhaft einen Hauptschulzweig einrichten können. Das soll insbesondere dann gelten, wenn es vor Ort keine öffentliche Hauptschule gibt. Aufgabe der Lehrkräfte ist es dann, Realschüler*innen ab Klasse 7 im Klassenverband mit Hauptschüler*innen zu unterrichten. Darüber hinaus sollen Realschulen, wenn sie über einen solchen genehmigten Hauptschulbildungsgang ab Klasse 7 verfügen, Schüler*innen bereits ab Klasse 5 nach den Bildungsgangzielen der Hauptschule unterrichten dürfen.
Den Beschluss erwarteten die Lehrkräfteverbände lehrer nrw, der Realschullehrer*innen vertritt, sowie der Philologenverband NRW, der sich vor allem für die Interesse von Lehrkräften an Gymnasien und Gesamtschulen engagiert, mit großer Sorge. „Die geplante Institutionalisierung der Realschulen mit Hauptschulbildungsgang würde eine vor zehn Jahren politisch gewollte, aber von vornherein pädagogisch untaugliche Übergangsregelung als Dauerlösung zementieren“, warnen sie in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Perspektivisch sehen die beiden Lehrkräfteverbände dadurch nicht nur den Fortbestand der Hauptschulen in Gefahr, sondern auch den des gegliederten Schulsystems. Denn durch die geplante Änderung an den Realschulen entstehe „de facto eine integrierte Schulform“ – allerdings, ohne die Schulen gleichwertig auszustatten.
„Diese in den Strukturen angelegte Überforderung verhindert Unterrichtsqualität.“
Diesen Umstand kritisierte der Vorsitzender von lehrer nrw, Sven Christoffer, schon Ende März in der Pressemitteilung zur Anhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (News4teachers berichtete): „Es ist vollkommen absurd, das differenzierte Schulsystem erhalten zu wollen, indem man die Realschulen mit Hauptschulbildungsgang dazu zwingt, integriert zu unterrichten.“ Wer trotzdem einen solchen Ansatz verfolge, müsse diesen Realschulen dann aber zumindest die weitaus günstigeren Rahmenbedingungen der integrierten Schulformen zur Verfügung stellen. „Das umfasst ein geringeres Pflichtstundendeputat der Lehrkräfte, eine günstigere Lehrer-Schüler-Relation und mehr Funktionsstellen. Länger gemeinsam lernen zu Realschulkonditionen ist mit meinem Verständnis von Gleichbehandlung nicht in Einklang zu bringen.“ Leidtragende seien dann die Lehrkräfte, die parallel unterschiedliche Unterrichtsgegenstände behandeln und Lerninhalte vermitteln müssten. „Diese in den Strukturen angelegte Überforderung verhindert Unterrichtsqualität. Wer das negiert, hat niemals vor einer Klasse gestanden“, Christoffer. Betroffene seien aber auch die Schülerinnen und Schüler, die unter schlechteren Bedingungen lernen müssten.
„Die schwarz-grüne Landesregierung setzt hier ohne Not einen Mechanismus in Gang, der das Schulsystem in Nordrhein-Westfalen drastisch verändern und längst überwundene Schulstrukturdebatten neu befeuern kann“, legt der lehrer nrw-Vorsitzende nun nach und erhält Unterstützung vom nordrhein-westfälischen Philologenverband (PhV NRW). „Wir betrachten diese Pläne als Angriff auf das begabungsgerechte, gegliederte Schulwesen und lehnen sie entschieden ab“, so die Landesvorsitzende Sabine Mistler. Es sei weder pädagogisch sinnvoll noch von den Lehrkräften leistbar, Schülerinnen und Schüler in den Bildungsgängen Hauptschule und Realschule im Klassenverband nach zwei unterschiedlichen Kernlehrplänen zu unterrichten. „Der PhV NRW fordert daher die Beibehaltung der äußeren Differenzierung, um allen Kindern eine bestmögliche Förderung zu ermöglichen.“
Möglichkeit, um Kosten zu sparen?
Zwar erweitert die Gesetzesänderung nur das Angebot für die Schulträger, doch lehrer nrw-Vorsitzender Christoffer fürchtet, dass diese sich lediglich aus Kostengründen für eine Realschule mit Hauptschulzweig entscheiden könnten. Denn „pädagogisch widerspricht sie jeglicher Logik und Vernunft“, so Christoffer. „Die Realschule ist eine fundamentale Säule in der nordrhein-westfälischen Schularchitektur. Damit das so bleibt, wäre es im Sinne der Bildungsqualität eine Mindestanforderung, dass Realschulen mit Hauptschulbildungsgang zwingend die Möglichkeit bekommen müssen, eigene Hauptschulklassen zu bilden.“ News4teachers









Ein Angriff auf das gegliederte System wäre das nur, wenn auch Gymnasien einbezogen wären. So verschärft man die Zweiteilung zwischen Gymnasium und Resteschule.
Genau!
An der fachlichen Ausbildung der Realschullehrkräfte dürte die Hauptschulpädagogik aber nicht scheitern. Die an realschulen eingesetzten lehrkräfte haben nämlich die gleiche ausbildung in Studium und Vorbereitungsdienst wie die Hauptschullehrkräfte und lehrkräfte mit Befähigung für die SekI an GE sowie PRIMUS-Schulen und der NRW-GemS und SekS.
Die GemS von Babsi Sommer aus dem Rüttgers-Club ist doch in etwa mit der Idee von “unser Doro” gleich zu setzen.
Erläuterung:
Die GemS in NRW ist eine kooperative Schulform mit einem HS- und einem RS-Zweig, allerdings beginnend ab Jahrgang 5 ohne gemeinsamen Unterricht. Sie ist quasi der organisatorische Zusammenschluss von HS und RS unter einer Schulleitung. Die ursprüngliche Idee war so dem Sterben der HS im ländlichen Raum zu begegnen und dei Gründung weiterer GE zu verhindern. Letzteres wäre ohnehin daran gescheitert, dass GE in NRW nur genehmigungsfähig sind, wenn sie dauerhaft vierzügig sind. Des halb hat “unser Sylvia” ha dann in der Folgezeit auf die integrative SekS mit gemeinsamen Unterricht ab Jhg. 5 als GE light gesetzt.
Laut meiner Ausbildung kann ich sogar Grundschule. Ein Genie! In der Praxis … na ja, lassen wir das lieber.
Wir sollen also quasi Gesamtschule werden, nur ohne Oberstufe … und mit mehr Deputat … und ohne Beförderungsstellen. Ein toller Schachzug … und so sparsam. Es läuft halt immer mehr auf ein zweigliedriges System raus: Gymnasium und Restschule.
Noch ist die Realschule nachgefragt, aber man kann sie ja zügig kaputt machen und damit Fakten schaffen.
Damit kann man die Realschulen gleich in Sekundarschulen umbenennen.
Wieso die SPD dagegen war, die AfD aber dafür, verstehe ich beides nicht.
Sekundarschulen haben aber schon eine andere Organisationsform als Realschulen. Da bedarf es mehr als eine reine Umbenennung.
Ich befürchte eine weitere Abwertung der Realschulen hin zu der heimlichen Hauptschule. Sekundarschulen nehmen nur 25 Kinder je Klasse auf, dürfen bei Anmeldeüberhang die Schulformempfehlung miteinbeziehen und sorgen so für eine gesunde Mischung ihrer Schüler. Dies darf die Realschule nicht und muss nehmen, was sich anmeldet. So ist eine gute Mischung von Real- und Hauptschülern Glücksache…..oder standortabhängig….bei uns im Quartier fluten eigentlich nur noch die Kinder mit einer Hauptschulempfehlung die hiesige Realschule. Realschüler möchten gerne zur Sekundarschule oder zu der privaten (kirchlichen) Realschule (die auch auswählen darf) gehen….werden sie dort abgelehnt, gehen sie dann lieber zur Gesamtschule…
Von unseren Viertklässlern will nicht ein einziger zur hiesigen Realschule, besonders nicht die Kinder mit Realschulempfehlung, die bei uns die Mehrheit stellen…
Verrücktes System…..
Genauso sieht es aus.
Der absolute Gewinn für unser Bundesland! Keine zusätzlichen Beförderungsstellen, keine Verminderung des Deputats, keine zusätzlichen pädagogischen Fachkräfte.
So spart man Geld. Aber … psst … es wird nicht funktionieren. Aber das kann ja jetzt noch keiner wissen.
Ich suche mir dann vielleicht doch ne Abteilungsleiterstelle in einer Gesamtschule. Gibt wenigstens mehr Kohle.
Zudem ist die Verantwortlichkeit hübsch aufgeteilt…..Ich habe mich immer gefragt, warum Gesamtschulen 6 Schulleitungsmitglieder benötigen…..
Auf der anderen Seite habe ich mich aber auch gefragt, warum Gymnasien für viele (größere aber auch kleinere) Verantwortlichkeiten Funktionsstellen ausschreiben können….
Endlich das Schulsystem wirklich reformieren und statt Dreigliedrigkeit (bzw. 3+x) echtes gemeinsames Lernen – was die Option differenzierter Gruppen/Kurse einschließt! Es gibt nämlich tatsächlich Mathe-Asse, die in Sprachen mehr Hilfe brauchen, und umgekehrt…
Machen Gesamtschulen in NRW seit Jahrzehnten so, und können sich vor Zulauf kaum retten.
Das ist regional aber sehr unterschiedlich. Bei uns wäre die Realschule, sofern noch vorhanden und erreichbar, die bevorzugtere Alternative zur Gesamtschule.
Mit welchen Ergebnissen der Schülerleistungen im Bundesländer-Ranking?
Wenn man fragen darf.
Für mich persönlich zählten diese nämlich unter den Bedingungen gymnasialen Lehrens.
Genau, die NRW-Gesamtschulen trocknen die Gymnasien geradezu aus!
Genau mein Humor! Herrlich…
Naja…mit sehr unterschiedlichen Erfolgen und Anmeldezahlen…
In BW führten diese Zusammenführungen zum Absturz im Länderranking, die Schülerleistungen verschlechtern sich deutschlandweit immer mehr, seitdem man nicht mehr konsequent gliedert. Also: Ja, auf jeden Fall mehr davon. Irgendwann muss das doch endlich funktionieren!
Andere Bundesländer, die weniger gliedern (Hamburg), sind in der gleichen Zeit im Ranking aufgestiegen. Ergo: Das ist nicht der ausschlaggebende Faktor.
Meint auch Bildungsforscher Prof. John Hattie: https://www.news4teachers.de/2025/01/hattie-vs-deutsches-schulsystem-schueler-nach-leistung-getrennt-voneinander-zu-unterrichten-hat-keinen-effekt-auf-den-lernerfolg/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wenn das nicht der entscheidende Faktor ist, kann man es ja auch sein lassen. Dass die Ergebnisse bundesweit schlechter wurden, ist ja aber belegt.
Es ist (laut Hattie) nicht der entscheidende Faktor bei den Schülerleistungen – bei der sozialen Schieflage des deutschen Bildungssystem aber wohl.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Wenn man sich die 10-Jahresvergleiche beim Bildungsmonitor-Schulqualität anschaut, hat ein Bundesland mit nach Notenschnitten gegliedertem Schulsytem mit -12,7 PKt noch am wenigsten verloren. In Bundesländern mit zweigliedrigen Schulsystemen ging es dagegen mit -30,5 Pkt oder noch mehr, deutlich steiler abwärts.
Das führt zu einem zweigliedrigen Schulsystem. Hauptschule plus und Gymnasium. Man kann damit vermutlich Geld und Stellen sparen,erhöht aber den Schülerdruck aufs Gymnasium. Schätze,dass hat man noch nicht eingepreist.
Und die Gymnasien überlegen sich, wie sie die Nachteilsausgleichsschülerschaft effektiv loswerden (es darf an dieser Stelle gerne ein deutlicheres Wort verwendet werden.), obwohl diese auch an ein Gymnasium gehen könnten (Empfehlung vorhanden).
Die Gymnasien haben ihre eigenen Wege um “unerwünschte” SuS wieder “loszuwerden”.
Wer trotzdem einen solchen Ansatz verfolge, müsse diesen Realschulen dann aber zumindest die weitaus günstigeren Rahmenbedingungen der integrierten Schulformen zur Verfügung stellen. „Das umfasst ein geringeres Pflichtstundendeputat der Lehrkräfte, eine günstigere Lehrer-Schüler-Relation und mehr Funktionsstellen. Länger gemeinsam lernen zu Realschulkonditionen ist mit meinem Verständnis von Gleichbehandlung nicht in Einklang zu bringen.“
Heftig kopfschüttelnd „Nein, Nein, Nein, Nein!!“…. ohrenzuhaltend und kopfwiegend „lalalalalalalalalala….!,“
Das ist die einzige erwartbare Reaktion auf diese Forderung seitens der politisch Verantwortlichen – ist das einzige Ziel, das sie damit verfolgen doch mehr Stunden mit weniger LuL, weniger Verwaltung und weniger Kosten zu generieren.
Es gibt so viele Länder, die nicht so stark gliedern wie Deutschland und trotzdem (deswegen?) besser bei Pisa abschneiden.
Und dennoch wird immer so getan, als gäbe es irgendeinen Zusammenhang zwischen dem dreigliedrigen Schusyste und guten Leistungen. Es gibt dafür überhaupt keine Belege. Es ist reine Ideologie.
Kommt darauf an, was am als Belege akzeptieren möchte.
https://www.news4teachers.de/2021/03/studie-gegliedertes-schulsystem-staerkt-die-bildungsgerechtigkeit/
Gibt übrigens auch den Umkehrschluss: Es gibt wesentlich mehr Länder mit eingliedrigen Schulsystemen, die bei PISA schlechter abschneiden als DE.
Übrigens auch die skandinavischen Staaten, wenn man die Ergebnisse etwas genauer betrachtet.
Also wäre dann ein eingliedriges Schulwesen nach dieser Logik auch reine Ideologie.
Zum Thema PISA. Als bei den PISA-Tests noch separat nach Bundesländern ausgewertet wurde (= PISA-E) , lag ein Bundesland weltweit auf Rang 5, einen Platz hinter Japan, in dem die Schüler*innen nach der 4 Klasse je nach Notenschnitt auf nach Leistungsvermögen gegliederte Schularten verteilt wurden. Dieses Bundesland liegt auch bei den innerdeutschen IQB-Tests regelmäßig ca. 20+ Pkt über dem deutschen Schnitt.
Das stimmt und es ist sogar nachweisbar.
Es nervt nur gewaltig, diese Geschichte mit dem Gymnasium als heilige Kuh – alles darf infrage gestellt oder kritisiert werden, nur das Gymnasium nicht.
So besonders ist das Gymnasium nun auch wieder nicht.
Die bezeichnung “Realschullehrer” ist bezogen auf NRW schon unsinnig. Es sind Lehrkräfte mit einer lehrbefähigung, die für alle Schulformen der Sekundarstufe I gilt. ;it der lehrbefähigung HRGe können die Absolventen sowohl an HS, RS, GemS, SekS oder Ge und den PRIMUS-Schulversuchen bis Jahrgangsstufe 10 eingesetzt werden.
Btw Realien werden heute in allen Schulformen unterrichtet; neudeutsch heißen die jetzt allerdings MINT-Fächer. Ebenso können alle oben genannten Schulformen den MSA verbunden mit der FOR vergeben. Somit ist die Realschule als Schulform so überflüssig wie ein Kropf.
In vielen europäischen Ländern beginnt das Gymnasium erst ab der 8. oder sogar erst ab der 10. Klasse – und dennoch gehören weder diese Länder noch ihre Schüler zu den Verlierern auf dem Weltmarkt.
Aber zu den Verlieren bei der PISA-Studie oder bei der Jugendarbeitslosigkeit usw. Besonders auch Migranten und Jungen sind z.B in Skandinavien übermäßig stark abgehängt und bei den “low-performern” deutlich überrepräsentiert.
Von Kindern im Alter von 10 oder 12 Jahren zu verlangen, dass sie bereits außergewöhnliche schulische Fähigkeiten und Kompetenzen besitzen oder entwickeln, ist wirklich unvernünftig – absolut sinnlos.
Und dann auch noch ein solches System zu verteidigen, obwohl es weltweit in dieser Form niemand sonst hat außer uns, ist kaum nachvollziehbar.
Viele Kinder könnten sich dadurch Frust ersparen und es würde ihre Lernfreude und Motivation deutlich steigern, wenn dieser Teil des Schulsystems endlich verändert würde.
Zu viele eigentlich kompetente Kinder fallen in diesem Schulsystem durchs Raster,
einfach weil sie geistig noch nicht so weit sind – denn nicht alle Kinder reifen zur gleichen Zeit, vor allem nicht im Alter zwischen 6 und 14 Jahren.
Eine gegenteilige Behauptung widerspricht den grundlegenden Gesetzen der Biologie.
Da gebe ich Ihnen zu ersten Mal vollkommen recht!!
Wie gut es Kindern tun würde, wenn man auf ihre Reife Rücksicht nehmen könnte und sie z.B. ein Jahr später in die Schule schicken könnte, oder sie in einen Schulkindergarten in Ruhe reifen lassen könnte. Wenn man ihnen die Möglichkeit einräumen könnte, noch ein weiteres Jahr in der Grundschule zu belassen…..Ja, das würde ganz viel helfen….