Mobbing gegen schwulen Lehrer: Bildungssenatorin gesteht Fehler (Beschwerde lag früher vor)

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BERLIN. Der Fall des wohl von Schüler*innen gemobbten homosexuellen Lehrers Oziel Inácio-Stech zieht immer weitere Kreise: Bildungssenatorin Günther-Wünsch musste nun frühere Aussagen zum Beschwerdebrief des Lehrers korrigieren. Demnach lag ihr das Schreiben doch bereits im Dezember persönlich vor. Die Berliner Grünen-Fraktion und der betroffene Lehrer werfen wirft ihr Versagen vor.

Muss sich korrigieren: Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). Foto: SenBJF/Koroll

Lehrer Inácio-Stech wurde nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt (News4teachers berichtete). Er beklagt außerdem Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin. Sein Anwalt hatte im Dezember 2024 per Einschreiben mit Rückschein einen Brief an die CDU-Politikerin geschickt.

In dem neunseitigen Schreiben an die Senatorin schilderte der Anwalt von Oziel Inácio-Stech Vorkommnisse an der Grundschule in Moabit. Er listete unter anderem auf, was der Lehrer dagegen unternommen hat – und wie Schulleitung oder Schulaufsicht reagiert haben.

Senatorin bedauert fehlende Erinnerung

Günther-Wünsch sagte vor acht Tagen im Abgeordnetenhaus, das umfangreiche Beschwerdeschreiben zunächst nicht gelesen zu haben. Das Schreiben sei an sie persönlich adressiert gewesen und im Dezember in ihrem Büro eingegangen. Es sei an die zuständige Stelle in der Bildungsverwaltung weitergeleitet worden. Sie selbst habe es erst im Mai gelesen. Als «Person des öffentlichen Lebens» könne sie nicht jeden an sie adressierten Brief lesen, erläuterte Günther-Wünsch noch vor gut einer Woche.

Nun erklärte sie: «Im Zusammenhang mit dem Vorgang an der Carl-Bolle-Schule hat die von mir erbetene nochmalige Prüfung der Akten am 20. Juni 2025 ergeben, dass mir das Schreiben vom 4. Dezember 2024 persönlich vorlag.» Sie fügte hinzu: «Die fehlerhaften Angaben im Bildungsausschuss am 5. Juni und im Plenum am 12. Juni beruhten auf dem damaligen Stand der internen Prüfung.» Im sogenannten elektronischen Postbuch sei das Schreiben nicht erfasst gewesen. «Dass mir das Vorliegen des Schreibens nicht mehr erinnerlich war, bedauere ich», hieß es in der Erklärung der Senatorin.

Grüne fordern aktive Aufklärung

Die Berliner Grünen fordern in dem Fall Konsequenzen von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch. Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch warf der Senatorin Versagen vor. «Das Mindeste ist jetzt eine echte Entschuldigung von ihrer Seite an den Betroffenen und ein angemessener Umgang mit seiner Beschwerde», erklärte Jarasch. Grünen-Bildungsexperte Louis Krüger sagte, Günther-Wünsch müsse nun alle Zusammenhänge und Abläufe in ihrer Behörde aktiv aufklären. «Wer trägt welche Verantwortung?», fragte Krüger.

Aus Sicht des Betroffenen sind das die Schulleitung, der Personalrat und die Schulaufsicht, aber auch Bildungssenatorin Günther-Wünsch, wie Lehrer Inácio-Stech gegenüber der «Berliner Morgenpost» erklärte. «Für dieses strukturelle Versagen mir gegenüber mache ich aber ganz persönlich die Senatorin Katharina Günther-Wünsch verantwortlich.» Er kämpfe mit letzter Kraft nicht nur dafür, rehabilitiert zu werden, sondern auch dafür, dass die Bildungsverwaltung diesen Fall nutzt, um Strukturen zu verändern. «So ein Fall darf nie wieder passieren.» News4teachers / mit Material der dpa

Schule will nach Mobbing-Vorwürfen von schwulem Lehrer queere Projekte umsetzen

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Rainer Zufall
3 Monate zuvor

Ich schätze, die Union in Hamburg fordert nun einen Rücktritt aufgrund “völligen Versagens”
-__-

“«Dass mir das Vorliegen des Schreibens nicht mehr erinnerlich war, bedauere ich», hieß es in der Erklärung der Senatorin.”
Ja, eine Erklärung, scheiß auf Menschlichkeit oder echtes Verantwortungsgefühl gegenüber dem Kollegen (dessen Bild warumauchimmer jetzt bei Spiegel und Co. gezeigt wird).

Die Grünen machen es nicht besser: Sie nageln Frau Günther-Wunsch genau auf dieses bekloppte “Wer-ist-schuld?”-Thema fest, anstatt dem Kollegen zu helfen.
Anscheinend gäbe es für ihn keinen Handlungsbedarf, wenn Frau Wunsch sich ans Schreiben erinnert und sich “abgesichert” hätte. Es kotzt mich an! 🙁

Gewitter
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Die Union in Hamburg??? Sie ist Mitglied der CDU und sie ist Bildungssenatorin in Berlin.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Gewitter

Ich bezog mich auf das Politisieren von Problemen, welche – je nach Partei/ Geschlecht/ Religion – Verständnis oder Rücktrittsforderungen nach sich ziehen.
(https://www.news4teachers.de/2025/06/islamismus-verdacht-schulen-melden-dutzendfach-vorfaelle-senat-beschwichtigt-cdu-warnsignal/)

Die Verantwortlichen werden bzw. machen sich zum Thema, anstatt den Opfern zu helfen und Täter*innen zu sozialisieren

Jette
3 Monate zuvor

Schon interessant, dass der Bildungsministerin das Schreiben des Anwalts, in der die Mobbingvorwürfe und das fehlende Eingreifen von Schulleitung und Schulaufsicht so unwichtig war, dass sie (angeblich) keinerlei Erinnerung hatte.
Ich frage mich, was erst passieren muss, um das Interesse einer Bildungsministerin zu wecken, wenn es fortgesetztes Mobbing und anhaltende Verweigerung von Hilfe seitens der zuständigen Stellen nicht schaffen !
Leider ist dies kein Einzelfall, auch von den Schulaufsichtsbehörden meines Bundeslandes kenne ich das Vorgehen, bis zum letzten Moment unrechtmäßiges Vorgehen zu leugnen, bis man ganz konkrete Beweise vorlegen kann, die weiteres Leugnen unmöglich machen. Das habe ich sowohl bei Kolleginnen als auch bei mir selber erlebt.
Das Vertrauen in die vorgesetzten Behörden sinkt auf den Nullpunkt und der Würgreiz ist unbeschreiblich!!!
Ich wünsche dem betroffenen Lehrer die Kraft, sich einen vernünftigen Arbeitgeber zu suchen

Ureinwohner Nordost
3 Monate zuvor
Antwortet  Jette

Fälle des Vergessens, es erinnert mich an einen Herrn S. aus HH, bis vor Kurzem noch BK in der BRD.

Siebenfüßler
3 Monate zuvor

Richtig !!!!!!!!!!!!!

Kartoffelbrei
3 Monate zuvor

Bei anderen hätte man jetzt gefordert: Rücktritt !!!!!

Hans Malz
3 Monate zuvor
Antwortet  Kartoffelbrei

Gilt immer nur für die anderen.

Kleine weiße Friedenstaube
3 Monate zuvor

Sie hat ganz klar versagt. Ich würde sagen, wieder einmal.

Gewitter
3 Monate zuvor

Solche Art Erinnerungslücken kennen wir ja schon, nicht nur, aber auch aus der CDU. Ich sage nur Helmut Kohl und schwarze Kassen. Es wiederholt sich immer wieder.

Siebenfüßler
3 Monate zuvor

Sie soll bitte endlich zurücktreten. Sie ist völlig fehl am Platz. Sie arbeitet gegen die Lehrer und Lehrerinnen.

Monika, BY
3 Monate zuvor

Mein Gott, gleichgeschlechtliche Beziehungen sind so alt wie die Welt selbst …

Aber wenn ich dann so einen idiotischen Beitrag lese, was so Menschen empört, wird mir wieder bewusst, wie schwer diese Menschen es eigentlich haben.

Echt jetzt – lebt doch einfach und lasst andere leben!

Manchmal habe ich das Gefühl, die Leute kommen mit Pädophilie unter Priestern leichter klar als mit gleichgeschlechtlichen Rechten- unter den ERWACHSENEN.

Einfach nur erschreckend.

potschemutschka
3 Monate zuvor

Wieder ein interessanter Artikel dazu bei rbb24:
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/06/carl-bolle-schule-vorwuerfe-mobbing-lehrer-chronologie.html
Aus dem Artikel:
“Am 16. Februar bittet Inacio-Stech erneut um eine Rehabilitierung.
Am 27. Februar 2025 antwortet der Mitarbeiter der Schulaufsicht und lehnt eine Rehabilitierung ab. Die Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sei kein “Freispruch”, sondern bedeute “nur, dass hier kein weiteres öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung” bestehe. Außerdem bittet er Inacio-Stech keine weiteren pressewirksamen Aktionen zu unternehmen, die den Schulfrieden beeinträchtigen könnten. Er würde mit seiner “Flucht in die Öffentlichkeit” Gefahr laufen, “möglicherweise Dienstpflichten” zu verletzen.
(besonders “interessante” Passagen habe ich hervorgehoben) – Grüße an Rainer Zufall – soviel zu “unabhängige Beschwerdestellen” 🙂