Rechtsextremer Gruß oder bloß OK-Zeichen? Gericht stoppt Schulverweis

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GREIFSWALD. Das Verwaltungsgericht Greifswald stoppt vorerst den Schulverweis gegen einen Neuntklässler. Die Intention der von ihm gezeigten Geste in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz sei nicht eindeutig. Das sieht das Internationale Auschwitz Komitee anders.

Dem Verein «democ» zufolge handelt es sich bei der «White-Power-Geste» um eine Umdeutung des OK-Handzeichens. Symbolfoto: Shutterstock / rurgrit

Hat ein Neuntklässler bei einer Studienfahrt in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz wirklich den „White-Power-Gruß“ gezeigt oder doch nur ein „OK“-Zeichen? Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Greifswald ließ sich bei der gezeigten Geste kein eindeutig rechtsextremer Hintergrund erkennen. Das geht aus dem Beschluss hervor, mit dem das Gericht den angestrebten Schulverweis gegen den Jugendlichen vorerst gestoppt hat.

Harsche Kritik an dieser Entscheidung kommt vom Internationalen Auschwitz Komitee: Auschwitz-Überlebende hätten «zunehmend das Gefühl, mit ihren Erinnerungen, Emotionen und Empfindungen missachtet und verdrängt zu werden», heißt es in einer Mitteilung des Komitees.

«Die „White Power“-Bewegung ist sowohl rassistisch als auch antisemitisch»

Der Vorfall betrifft zwei Schüler aus Greifswald, die während einer Studienfahrt in der KZ-Gedenkstätte Ende Mai ein Video aufgenommen hatten, wie die «Ostsee-Zeitung» berichtet und das Bildungsministerium in Schwerin bestätigt hatte. Einer der Jugendlichen war darin mit einer dem rechtsextremen «White-Power-Zeichen» ähnlichen Handhaltung zu sehen. Daraufhin waren die Schulverweise ausgesprochen worden, gegen den sich der Schüler zur Wehr gesetzt hatte (News4teachers berichtete).

Der Verein «democ», ein Zusammenschluss von Journalist*innen, Wissenschaftler*innen und Medienschaffenden, die gemeinsam demokratiefeindliche Bewegungen beobachten, dokumentieren und analysieren, schreibt über die «White-Power-Geste»: «Unter Rechtsextremen wird sie als Symbol für „White Power“ verwendet – eine Ideologie, die die Vorherrschaft weißer Menschen propagiert.“ Und weiter: «Die „White Power“-Bewegung ist sowohl rassistisch als auch antisemitisch: Jüdische Menschen gelten dort als zentrale Feindbilder und angebliche Drahtzieher gesellschaftlicher Veränderungen – etwa im Zusammenhang mit Migration –, die als Bedrohung für die „weiße Rasse“ wahrgenommen werden. »

Gericht sieht keinen Beweis

«Der Bescheid postuliert, dass der Antragsteller das „White-Power-Zeichen“ gezeigt habe. Dieses Zeichen ist dem sowohl bei Tauchern als auch sonst (Whatsapp-Emoji) genutzten OK-Zeichen sehr ähnlich», heißt es in dem Gerichtsbeschluss. Bei beiden bilden Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Der Unterschied bestehe darin, dass bei dem «OK-Zeichen die übrigen Finger geschlossen gerade nach oben zeigen, beim „White-Power-Zeichen“ abgestreckt werden, um ein „W“ zu symbolisieren», so das Gericht weiter.

Da der Schüler auf dem Video «die Finger nicht gerade ausgestreckt» habe, handele es «sich bei der Geste also weder um ein korrektes „OK“ noch um ein korrektes „White-Power-Zeichen“». Somit fehle es an Anhaltspunkten dafür, welches Zeichen tatsächlich gezeigt werden sollte.

Laut dem Verein «democ» handelt es sich bei der «White-Power-Geste» tatsächlich um eine Umdeutung des OK-Handzeichens. «Seit 2017 hat sich das Handzeichen – ebenso wie das dazugehörige Emoji – schrittweise im rechtsextremen Milieu etabliert. Die ursprünglich als Täuschung gedachte Umdeutung ist mittlerweile Realität. Heute dient das Zeichen zugleich als Erkennungsmerkmal, Provokation und „Insiderwitz“.»

Kritik an Schule und am Staatlichen Schulamt

In dem Beschluss des Verwaltungsgerichts wird auch Kritik an der Schule sowie am Staatlichen Schulamt geübt. So sei der Entscheidung, das Schulamt einzuschalten nicht von der dafür zuständigen Schulkonferenz, sondern nur von einem Teilgremium beschlossen worden.

Zudem habe es das Schulamt versäumt, näher auf die vermeintliche Intention der Geste einzugehen: «Aus der dem Gericht vorliegenden, kaum lesbaren Kopie des Verwaltungsvorgangs lässt sich lediglich entnehmen, dass der Antragsteller bislang im Schulalltag nicht negativ aufgefallen ist», heißt es in dem Beschluss. Insbesondere seien keine nationalistischen oder rechtsradikalen Tendenzen bekannt.

Auch das Gericht habe nichts derartiges feststellen können: «Es fehlt deshalb an einer hinreichenden Grundlage für die Annahme, es habe sich tatsächlich um die „White-Power-Geste“ gehandelt.»

Das sieht das Internationale Auschwitz Komitee anders: «Die Überlebenden des Holocaust fragen sich immer dringlicher, wie die deutsche Gesellschaft zukünftig mit diesem Potenzial des Hasses und der Verachtung leben will, dem mittlerweile durch rechtsextreme Agitatoren auch immer mehr junge Menschen ausgesetzt sind.» Laut Schweriner Bildungsministerium will das Staatliche Schulamt Greifswald Beschwerde gegen den Beschluss einlegen. News4teachers / mit Material der dpa

Rechtsextreme Provokationen von Schülern in Auschwitz – fast schon normal?

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Rainer Zufall
3 Monate zuvor

Was WAR die Intention des Tiktok-Videos?

Fr.M.
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Das Gericht hat diese Frage doch schon beantwortet, indem es feststellte, dass die Intention der Geste im Video nicht eindeutig war. Was ist denn Ihre Intention, die Frage noch einmal aufzuwerfen?

Unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Fr.M.

Ist die Frage Ihre Intention die kritische Hinterfragung einer Entscheidung zu hinterfragen?

Ureinwohner Nordost
3 Monate zuvor
Antwortet  Unverzagte

Womit wir bei der sich in den Schwanz beissenden Katze wären.
Was man (das Gericht) nicht weiß, macht mich nicht heiß.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Fr.M.

Die Frage war ernstgemeint.
Es wurde veröffentlicht und der Schule von Schüler*innen gemeldet, ich sah es aber nicht selbst

Unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Spielt in dem Verfahren keine Rolle. Es gilt ja die Unschuldsvermutung.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Ich weiß nicht, ob dies ein Argument gegen die Verteidigung der Schule seien kann :/

“Es gilt die Unschuldsvermutung” las ich jetzt selten bezüglich anderer (angeblich?) politischer Symbole in diesem Jahr

Canishine
3 Monate zuvor

Da wird dem Jungen nach diesem unglücklichen Missverständnis, sicherlich mächtig der Schreck in die Glieder gefahren sein, dass er durch seine unbedachte Unkenntnis der Wirkung seiner Geste Tausende und Abertausende Opfer missachtet, (über)lebende Mitmenschen kompromittiert und dem internationalen Ansehen Deutschlands geschadet hat, und er wird – direkt nach dem erfolgreichen juristischen Einspruch gegen seine ungerechte Behandlung – reumütig sicherlich das dringende Bedürfnis haben, sich zu entschuldigen und sein tief gefühltes Bedauern zum Ausdruck zu bringen.

Realist
3 Monate zuvor

Schwenkt das Forum jetzt auf Kritik der Gerichte a la Trump um?

Unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Hinterfragen muss nicht per se böse motiviert sein…

PaPo
3 Monate zuvor
Antwortet  Unverzagte

Sieht Ihr Rainer hier traditionell anders…
So fällt einem das dann auf die Füße.

Justus20
3 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Na ja, ist es denn nicht besser, Andersdenkende zu unrecht zu beschuldigen (zu bestrafen), als einen waschechten Faschisten durchs Netz gehen zu lassen?

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Justus20

Verstehe Ihre Frage trotz mehrmaligem Lesen (leider) nicht.

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  Justus20

Ob die Jugendlichen zu Unrecht beschuldigt wurden, hat das Gericht nicht entschieden. Für das Gericht war die Geste lediglich nicht eindeutig genug.

Das Urteil ist insofern problematisch, als dass Rassisten nun immer versuchen werden, sich herauszureden, ihre Geste wäre ja in Wirklichkeit etwas ganz anderes.

Und gleichzeitig wird die rassistische Kommunikationsabsicht von der rechtsextremen Blase natürlich erkannt und bejubelt.

Als Richter darf man auch nicht zu naiv sein.

Unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Als Richter darf man in der Tat nicht naiv sein. Als Richter muss man aber neutral sein und sich an das geltende Recht halten.

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Die Richter hätten sich auch an das geltendes Recht gehalten, wenn sie die Geste als rassistisches Zeichen gewertet hätten.

Es geht bei dem Urteil um die Interpretation der Geste, und hier haben sich die Richter naiv verhalten.

laromir
3 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Ist die Frage, ob der Richter naiv ist oder auch bei Gericht ein anderes Problem vorliegt.

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  laromir

Möglich, aber das möchte ich ohne näheren Einblick nicht unterstellen.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Die Entscheidung des Gerichts steht.
Ich war nur interessiert, was das Video zeigen sollte: keinen Gruß, sondern … ?

Im Gericht wird dies geklärt worden sein, ich hätte es gerne gelesen, da nichts anderes geschrieben wurde.
Was “a la Trump” betrifft, schrieb ich damals schon meine Zweifel, was den Bestand des Verweises betrifft ^^

Ich konnte mich hoffentlich verständlicher machen.

AlterHase
3 Monate zuvor

Wir brauchen eine neue Behörde, die alle möglichen Handzeichen ermittelt, speichert und dann in zulässige und unzulässige einteilt. Der Wolfsgruß sollte auch dazugehören, den hat doch ein Fußball-Nationalspieler gezeigt. Aber unzählige Zeichen sind möglich, man kann das auch als Wissenschaft betreiben. Mir war dieses “White-Power-Zeichen” vorher nicht bekannt, das andere auch nicht.
Es ist richtig, dass nichts gezeigt werden soll, was Verachtung gegen eine Gruppe von Leuten ausdrückt, aber es muss wenigstens allgemein bekannt sein, was dazugehört und was nicht. Sonst steckt man künftig die Finger besser in die Hosentasche. Die Gerichte mit sowas zu beschäftigen, ist irgendwie grotesk.

Unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  AlterHase

Gibt es schon in Form der Meldestellen.

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  AlterHase

Sorry, das Zeichen ist allgemein bekannt. Dass Sie da eine Bildungslücke haben, belegt nicht das Gegenteil.

Eine schnelle Google- Suche zeigt, wie weit verbreitet das Zeichen ist.

Teacher Andi
3 Monate zuvor

Da muss ich wohl aufpassen, dass mein Schweigefuchs-Handzeichen nicht auch noch als extreme Geste umgedeutet wird. Gefahr lauert offenbar überall.

Unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Herzlichen Glückwunsch zur ansich selbstverständliche Erkenntnis. Ja, Missverständnisse ließen sich sogar in diesem Kontext klären. Gefährlich nur, wenn dies als unnötiger Aufwand gewertet wird.

Maren
3 Monate zuvor
Antwortet  Unverzagte

Unnötiger Aufwand? Soll ich tatsächlich alle Zeichen für Rechtsextremismus auswendig lernen, um nicht in falschen Verdacht zu geraten? Ich kenne sie noch nicht einmal alle und immer neue kommen hinzu.
Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem ich mich zunehmend von falschen Verdächtigungen und Anklagen bedroht sehe, die auch weiterlaufen, wenn mich ein Gericht freispricht.
In einem demokratischen Rechtsstaat sollte dieser Aufwand tatsächlich unnötig sein. Wer anderes behauptet, überfordert wahrscheinlich nicht nur mein Verständnis. Er sorgt für Zweifel an Demokratie und Rechtsstaat.

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Maren

Sollen Sie natürlich nicht: Teilen Sie aber bitte Ihre Zweifel und Überforderungsbefürchtungen in einem A*D Forum, dort versteht sie sicherlich jede*r besser als z.B. ich, danke.

AlterHase
3 Monate zuvor
Antwortet  Maren

Selbst ein Autokennzeichen mit “88” darin kann als rechtsextrem gedeutet werden. In der Tat sind diese Nummern bei Rechtsextremisten beliebt (der 8. Buchstabe im Alphabet ist H), man kann sie aber auch zufällig vom Amt bekommen, und manche wissen nichts davon.

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  AlterHase

Nein, Ämter wissen um die rechtsextreme Bedeutung und würden strafrechtliche Konseuqenzen, die aus dem Gebrauch resultieren würden, entsprechend vermeiden.

Teacher Andi
3 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

Da muss ich Ihnen widersprechen, definitiv. Ihre Überzeugung ist nicht unbedingt immer Realität.

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Geht hier nicht um Ihre oder meine Überzeugung, sondern um die Tatsache, dass der Gebrauch von rechtsextremistisch verwendeten Nummern wie z.B. 88 strafrechtlich verfolgt wird und aus eben diesem Grund vom Strassenverkehrsamt nicht vergeben wird.

laromir
3 Monate zuvor
Antwortet  AlterHase

Kann man bei uns nicht mehr zufällig bekommen.

potschemutschka
3 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Um keine Fehler in der zwischenmenschlichen/interkulturellen Kommunikation zu machen, sollten wir in Zukunft wohl ganz auf Mimik, Gestik und auch auf Emojis verzichten:
https://www.tageswoche.ch/allgemein/menschliche-mimik-unterscheidet-sich-zwischen-den-kulturen/index.html
https://preply.com/de/blog/emojibedeutung/?msockid=005806f230736e23297a17b6311e6fb0
Diese “Fettnäpfchen” kann man sich, beim besten Willen, nicht alle merken! Also sicherheitshalber immer die Hände in die Taschen und ein “Pokerface” aufsetzen?

potschemutschka
3 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Auch die “Technik” kann einem manchmal eine Streich spielen und zu Missverständnissen führen. Beispiel:
Vor einiger Zeit schickte ich einem Freund per WhatsApp eine Info. Seine Antwort: “Alles klar??” Was hatte er nicht verstanden? Also noch einmal die Info, anders formuliert und etwas ausführlicher von mir. Antwort wieder: “Alles klar??” Beim nächsten Treffen sprach ich ihn darauf an. Er wunderte sich und zeigte mir seine Nachricht an mich auf seinem Smartphone. Da waren statt zwei Fragezeichen – zwei Daumen hoch! Tscha, anscheinend “sprechen” auch Smartphones verschiedene Sprachen. 🙂

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Könnte vor einer Kurdischen Gemeinde durchaus missverstanden werden – siehe Artikel

Harald
3 Monate zuvor

Wow, meine letzte Info war, dass 4chan das OK-Zeichen als Trollversuch den Medien als rechtsextremes Erkennungszeichen verkaufen wollte. Anscheinend waren sie so erfolgreich, dass erst die Medien darauf angesprungen sind und es die Rechten dann aus dem Medien übernommen haben.
https://www.bbc.com/news/world-europe-48293817

TaMu
3 Monate zuvor

Vielleicht wurde tatsächlich „nur“ in lustiger Gesellschaft mit KZ-Hintergrund ein Selfie für Social Media aufgenommen.
Das zeigt meiner Meinung nach, dass das angeordnete Durchschleusen von Schulklassen durch Gedenkstätten mit dem Anspruch, dadurch Sensibilität zu wecken, in vielen Fällen scheitert. Wo die Sensibilität oder die Bereitschaft, Sensibilität überhaupt zuzulassen, fehlt, kann nur sehr wenig von dem entstehen, was gewünscht wäre, stattdessen kommt es zu empörenden Randszenen, die verstören, entwerten und auch für die betroffenen Besucher und Besucherinnen schwer zu ertragen sind.
Man könnte jetzt auch argumentieren, dass es genau dieses empathielose Mindset schon immer gegeben hat und dass dieses selbstverständlich auch während der Shoa eine große Rolle gespielt hat. Da wurden Juden aus ihren Häusern herausgeprügelt und es gab Menschen, denen das schlicht egal war. Ich meine damit nicht die stumm Entsetzten, die aus Angst geschwiegen haben, sondern die, die auch kein Problem damit hatten, in einem KZ im Sekretariat zu arbeiten, als wäre es ein Arbeitsplatz gewesen wie jeder andere auch. Die haben auch zusammen mit Kolleginnen und Kollegen Fotos mit lachenden Gesichtern vor KZ-Mauern gemacht.
Diese Menschen sind ja nicht ausgestorben und bei Pflichtveranstaltungen sind sie zwangsläufig dabei.
Ich frage mich immer wieder, wieviel Sinn diese angeordneten Gedenkstättenbesuche machen und was dabei tatsächlich psychologisch geschieht.
In der einen oder anderen Form werden sich die Desinteressierten dabei outen und damit negativ auffallen. Die Frage ist, wem nützt das?
Die Berührten, denen vielleicht die Tränen kommen oder denen übel wird, sind in diesem Umfeld auch nicht geschützt, sie werden im Nachhinein vermutlich dafür verspottet. Also ertragen die Empfindsamen das Ganze am besten mit stoischer Miene und müssen zu Hause alleine mit den grauenhaften Eindrücken fertig werden.
Besser fände ich es, wenn in der Schule intensiv über das Thema gesprochen würde, inklusive Verhaltensweisen und Respekt. Die Fahrt zur Gedenkstätte sollte danach freiwillig sein, so dass die Desinteressierten, aber auch die extrem Empfindsamen, nicht dabei sein müssten. Es gibt schließlich auch diejenigen, die psychisch nicht klarkommen und schutzlos wären.
Das würde die Gedenkstätten vor Massentourismus von Menschen schützen, die auch dann nichts fühlen, wenn man sie direkt in eine Hinrichtungsstätte stellt und ihnen die Schicksale beschreibt und die dabei nur eines denken, nämlich wie schade es ist, unter dem Galgen nun wirklich kein Selfie machen zu dürfen.
Auch Gedenkstätten selbst haben eine Verpflichtung gegenüber Betroffenen und sollten die Unerreichbaren nicht dabeihaben wollen.
Empathielosigkeit ist strafrechtlich zunächst nicht relevant und deshalb dürfen Menschen empathielos sein. Man sollte ihnen allerdings wenn möglich an manchen Plätzen und in verschiedenen Situationen die Teilnahme verweigern, wenn man ansonsten mit Respektlosigkeit rechnen muss.

Feirefiz
3 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Liebe (r) Tamu,

nun ist Auschwitz keine Gedenkstätte, zu der man mal eben so hinfährt, von Greifswald aus sind das 800 km.
Insofern muss es sich um eine mehrtägige Studienfahrt gehandelt haben, und ich gehe davon aus, dass der Besuch im Unterricht vorbereitet wurde ( das muss man auch dezidiert darlegen, wenn man Fördergelder für so eine Fahrt beantragt.)

Im Übrigen ist es im Teenageralter relativ normal, dass Schüler mit emotionalen Momenten Schwierigkeiten haben, insbesondere die Jungs. Und der Besuch in Auschwitz erzeugt Emotionen!

Das muss man auffangen: Schüler sind traurig, vielleicht auch wütend, können das aber nicht verbalisieren. Das muss man kanalisieren. Eventuell auch mit körperlichem Abreagieren, zum Beispiel einem Fußballmatch etc. Das klingt zwar doof, aber männliche Jugendliche ticken körperlicher als Erwachsene.

Wir brauchen meiner Meinung nach eine spezielle Didaktik für Gedenkstättenbesuche, ich hätte auch gerne Fortbildungen dazu.

TaMu
3 Monate zuvor
Antwortet  Feirefiz

Wir brauchen meiner Meinung nach eine spezielle Didaktik für Gedenkstättenbesuche, ich hätte auch gerne Fortbildungen dazu.

Das sehe ich genauso. Eine solche Didaktik hätte sogar über den Gedenkstättenbesuch hinaus positive Folgen. Leider fehlt diese Didaktik noch und die Schülerinnen und Schüler können emotional nicht damit umgehen, ebenso wenig wie Gedenkstättenbetreiber und andere Gäste. Das führt zu Überforderung und wirklich sehr negativen Folgen für alle, bis dahin, dass jemand wie ich sagt: verzichten wir doch lieber darauf.
Ich bin ein sehr gutmütiger Mensch mit einer Einschränkung grenzüberschreitenden Menschen gegenüber, die die Verletzung des Gegenübers in Kauf nehmen.

Ich fände es deshalb sehr positiv, wenn entsprechend ein Programm entwickelt würde.

Realist
3 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Besser fände ich es, wenn in der Schule intensiv über das Thema gesprochen würde, inklusive Verhaltensweisen und Respekt.”

Glauben Sie, dass das nicht getan wird?

Letztendlich arbeitet man in der Schule mit Menschen und nicht mit “Werkstücken” wie in der Industrie, die man belieibig formen und bearbeiten kann.

Bei der Arbeit mit Menschen ist niemals sicher, ob sich der gewünschte Erfolg einstellt, insbesonere in der heutigen Zeit, wo der durchschnittliche Schüler mehr Zeit mit den “sozialen” Medien verbringt (neueste Studie: im Durchschnitt sieben Stunden pro Tag) als in der Schule…

Schulische Erziehung und Bildung ist nur ein Faktor von vielen, der auf Kinder und Jugendliche einwirkt. Am Ende wird es immer den einen oder anderen Idioten geben, der sich idiotisch verhält, egal wie viel man da “erzieht” und “bildet”.

Sandkatze
3 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Genau. Wir haben doch in allen möglichen Klassenstufen und in verschiedenen Fächern direkt oder indirekt dieses Thema. Jede Erziehung zur Demokratie ist eine Erziehung gegen Faschismus. Das passiert doch letztlich bei jedem Konfliktgespräch, in dem wir den Kindern sagen, sie sollen ihre Konflikte friedlich lösen. Nur erleben sie es im Alltag, eventuell daheim und manchmal in der großen Politik ganz anders.

Sandkatze
3 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

“Das zeigt meiner Meinung nach, dass das angeordnete Durchschleusen von Schulklassen durch Gedenkstätten mit dem Anspruch, dadurch Sensibilität zu wecken, in vielen Fällen scheitert.”

Ja, genau. Das wurde andauernd gefordert von Leuten, die glaubten, damit etwas zu erreichen. Die Politik hat mitgemacht, um zu zeigen, man tue etwas. Und das Ergebnis ist mindestens fraglich. Aber das ist dann egal. Man etwas unternommen. Nur das ist wichtig.

Realo
3 Monate zuvor

Man kann auch hier den Eindruck gewinnen, dass sich unsere Justiz verarschen lassen WILL.

Alx
3 Monate zuvor

Habe ich im Voraus geschrieben, dass es genau so kommen würde. Das wurde hier nicht veröffentlicht.

Karl Heinz
3 Monate zuvor

Weil die Finger nicht DIN-gerecht ausgestreckt waren, ist es also nicht eindeutig.
Schöner Freibrief für zukünftige Fotos.

Natürlich sind Nazis & co. mittlerweile soweit, im Rahmen des rechtlich zulässigen zu agieren.
Und ja – man muss hier schon Indizien interpretieren.
Wird das Zeichen überhaupt rechtsverbindlich irgendwo klassifiziert?
Beim ausgestreckten rechten Arm wird man sich ja auch schwerlich mit dem Ballamy-Gruß rausreden können…

Btw @Teacher Andi

Der Schweigefuchs wurde schon angeprangert, weil der dem Wolfsgruß der türkischen Rechtsextremen gleicht…

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor

Die Richter mussten sich aber sehr bemühen, auf dem Foto nicht die White Power Geste zu sehen.

uesdW
3 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Wenn ich das Bild und den Artikel richtig imterpretiere, handelt ds sich um einen anderen Fall, mit nicht so schwerwiegenden Konsequenzen.

laromir
3 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Und wenn… Wie soll man denn bitte in diesem Kontext das “okay” werten? Alles supi in Auschwitz? Echt jetzt? Wäre das wirklich angemessen und passend? So oder so, da wollte das Gericht einfach nix tun. Soviel zur Unterstützung der Schulen.

Alx
3 Monate zuvor
Antwortet  laromir

Das Zeichen ist halt einfach nicht verboten.

Das Gericht kann es geschmacklos finden aber nicht etwas bestrafen, das keinen Straftatbestand erfüllt.

laromir
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Scheint ja Auslegungssache zu sein, was man sehen will oder auch nicht. Also alles wieder ohne Konsequenzen und sie SuS lachen sich den A… Weg.

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Da es gar nicht um ein Strafverfahren ging, muss das Gericht auch niemanden bestrafen.

Das Gericht hatte lediglich zu entscheiden, ob der Schulverweis gerechtfertigt war.

Außerdem ist der Tatbestand der Voksverhetzung nicht erst erfüllt, wenn verbotene Symbole gezeigt werden.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html

Alx
3 Monate zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Wenn über einen Verweis entschieden wird, müssen natürlich die rechtlichen Rahmenbedingungen einbezogen werden.

Ein Schulverweis ist eine Ordnungsmaßnahme die selbst bestimmten Regularien unterliegt.

Ein Schulverweis als erste Ordnungsmaßnahme ist in den meisten Fällen nicht statthaft, es sei denn es liegt eine eindeutige Straftat vor.

In diesem Fall haben die Schüler aber das OK Zeichen gezeigt, das in Deutschland nicht verboten ist.
Ob sie das in der Intention der White-Power -Bewegung gemacht haben oder nicht, wird sich schwerlich nachweisen lassen. Zumindest werden ihre Anwälte das glaubhaft abstreiten.

Daher gilt die normale Reihenfolge der Ordnungsmaßnahmen, die zunächst mildere Mittel vorsieht.

Schlussendlich ist das in diesem Fall nicht befriedigend aber trotzdem rechtlich bindend.

Sandkatze
3 Monate zuvor

Juristisch gesehen heißt es doch aber, es komme nicht darauf an, wie etwas heißt oder genannt wird, sondern was damit gemeint ist. Man darf und muss also hinterfragen, warum auf einem Bild von einem ehemaligen KZ eine OK- oder sogar White-Power-Geste gezeigt wird.

Man kann sicherlich nicht beweisen, dass die White-Power-Geste gemeint ist (und was man damit sagen will), aber was will man denn mit der OK-Geste sagen vor einem ehemaligen KZ. Dass man das ok findet, was dort geschah? Ist das nicht genauso verwerflich und eine Sanktion gerechtfertigt?

Unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  Sandkatze

Sanktion bestimmt, aber nicht Schulverweis. Um nichts anderes hatten die Richter zu entscheiden. Das ist halt der Nachteil am Schulrecht, das nicht viel mehr außer “Dududu” zulässt.