
Thüringen setzt in diesem Schuljahr weiter auf Abordnungen von Lehrerinnen und Lehrern, um den Unterrichtsausfall in den Griff zu bekommen. Zum Stichtag 17. September waren im Freistaat 1.108 Lehrerinnen und Lehrer mit 11.032 Unterrichtsstunden abgeordnet, wie das Bildungsministerium auf Anfrage mitteilte. Damit waren knapp sieben Prozent der Lehrkräfte im Land von Abordnungen betroffen.
Bildungsminister Christian Tischner sprach von einem erheblichen Teil der Lehrerinnen und Lehrer, die außerhalb ihrer Stammschule eingesetzt werden, um anderswo Unterricht abzusichern. «Nur dank dieses Engagements können wir Schule in personell herausfordernden Zeiten am Laufen halten», sagte Tischner im Gespräch in Erfurt.
Seiner Ansicht nach müssten Regelschulen und Förderschulen stärker als bisher im Kampf gegen Unterrichtsausfall unterstützt würden – etwa durch Abordnungen von Gymnasiallehrern an diese Schulen. «Wir verteilen den Mangel damit auf breitere Schultern», sagte Tischner. Nach Daten seines Ministeriums entfallen mit 2.103 Abordnungsstunden rund 19 Prozent auf Regelschulen. Mehr als die Hälfte der dorthin abgeordneten Lehrkräfte kommen von anderen Schularten.
Viel Ausfall an Regelschulen
Er könne verstehen, wenn solche Abordnungen etwa bei Eltern auf Kritik stießen, sagte Tischner. «Da kann ich nur um Verständnis bitten.» Die Schulleitungen achteten darauf, dass möglichst die Haupt- und Prüfungsfächer nicht so stark von den Abordnungen betroffen seien. «Es gibt Regelschulen, die haben 20 Prozent Unterrichtsausfall oder Stundenplankürzungen und das können wir nicht hinnehmen», machte Tischner klar.
Nach Einschätzung des Thüringer Lehrerverbands (tlv) werden die Abordnungen immer umfangreicher bei der Stundenzahl. Genaue Zahlen hatte das Bildungsministerium zunächst nicht. Lehrerverbandschef Tim Reukauf sieht die Zunahme der Abordnungsstunden kritisch. «Da kennen wir auch Fälle, wo man selbst in der gymnasialen Oberstufe Unterricht kürzt, damit man Abordnungen realisieren kann», sagte Reukauf. Wenn ein Schüler nur drei Stunden in einem Fach Unterricht bekomme, ein anderer an einer anderen Schule aber vier und beide schrieben das gleiche Zentralabitur, komme Frust auf. «Wir als Thüringer Lehrerverband haben dafür kein Verständnis», sagte Reukauf.
Mehr Arbeit für Betroffene
Er machte klar, dass sein Verband nicht generell gegen Abordnungen sei. «Abordnungen brauchen wir. Wir kennen Regelschulen, die haben halb so viele Lehrkräfte, als sie auf dem Papier haben müssten», so der tlv-Vorsitzende. Zugleich verwies er auf die Belastung der betroffenen Lehrerinnen und Lehrer. Wer abgeordnet werde, werde nach sozialen Kriterien entschieden – etwa Entfernung von der Schule und Anzahl der eigenen Kinder. Das führe dazu, dass es immer wieder die Gleichen treffe.
Es gebe Lehrerinnen und Lehrer, die seit vier oder fünf Jahren abgeordnet würden. Dabei hätten Betroffene mehr Arbeit, weil sie bestimmte Aufgaben wie Elternabende oder Dienstberatungen doppelt erledigen müssten. News4teachers / mit Material der dpa









„Es trifft immer die Gleichen“ Hääääh?
Offiziell heißt es, Abordnungen würden nach sozialen Kriterien entschieden – Entfernung zur Schule, Anzahl der Kinder, alles ganz fürsorglich und gerecht. In der Praxis jedoch munkeln böse Zungen, dass sich hinter dieser Fassade oftmals noch ein ganz anderes “Auswahlverfahren” verbirgt: Wer durch realistische Notenvergabe und konsequentes Einfordern von Leistung die „Außenwirksamkeit“ der Schule gefährdet, darf sich schon mal auf gepackte Koffer vorbereiten. Denn gute Noten sind heute weniger Ergebnis als Imagepflege – und wer da nicht mitspielt, stört das pädagogische Marketingkonzept.
Gymnasiallehrkräfte, die sich weigern, ihr Rückgrat zu biegen und vor Schülern und Eltern zu katzbuckeln, gelten schnell als Kollateralschaden für ein Gymnasium. Derartige Exemplare werden nicht etwa geschützt – sie werden abgeordnet. Elegant, geräuschlos, mit dem Stempel „dienstlich notwendig“.
„Da beißt sich die Katze in den Schwanz und der Maus keinen Faden ab“ Die unbequemen Lehrkräfte werden verdrängt, weil sie Leistung einfordern, und gleichzeitig beklagt man den Qualitätsverlust im Unterricht. Ein Teufelskreis, bei dem am Ende weder die Schule gewinnt noch die Schüler und schon gar nicht die Maus.
Ach nee, ich vergaß. O-Ton Kumi Conrad Clemens (Sachsen): „Auf die Qualität kommt es gar nicht mehr an, nur auf die Quantität. Hauptsache, vor jeder Klasse steht ein Lehrer – oder sowas Ähnliches.“
Mit guten Noten stellt man die Eltern ruhig. Ist in allen Bundesländern so. Dadurch werden beispielsweise viele Abiturienten geschaffen, die aber nie und nimmer das Niveau haben. Ist aber egal, dann setzt man eben auch die Uni Ansprüche herunter, dann passt das
“Offiziell heißt es, Abordnungen würden nach sozialen Kriterien entschieden – Entfernung zur Schule, Anzahl der Kinder, alles ganz fürsorglich und gerecht.”
Ich vermisse die Zeit, als das private Pferd in BW ebenfalls als Kriterium galt. Selber habe ich keines, aber es machte die ganze Diskussion ehrlicher =\
Auf der anderen Seite wird hier den Schulleitungen der Schwarze Peter zugeschoben, sich in jedem Fall rechtfertigen zu müssen, aber auch einen Blick auf die Unterrichtsversorgung und -Qualität zu halten – da liegen Fehlanreize nicht fern. Ich finde es doof, will aber niemals tauschen wollen -__+
Unlängst lasen wir, dass Grundschullehrer in Thüringen, die bereit sind, an weiterführenden Schulen zu arbeiten, ein Plus von 500,- Euro bekommen sollen (zu A13 dazu). Bekommen nun die Gymnasiallehrer, die an “Regelschulen” abgeordnet werden, auch ein Plus von 500,- Euro?
Wenn es “immer die Gleichen” trifft, liegt das vermutlich an all den vielen Kriterien, bei denen man nicht abgeordnet wird (kleine Kinder usw.). Diese Kriterien sind ja “nett” für die Betroffenen, führen aber eben genau dazu, dass kaum noch jemand zum Abordnen übrig bleibt und es somit immer die Gleichen trifft. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Wenn die Abordnung immer dieselben betriefft, dann ist es eine Benachteiligung.(Mobbing)
Aber warum triefen die Abgeordneten denn?
Klar sind Abordnungen für den einzelnen Kollegen ätzend…aber was soll der Dienstherr tun? Massig Unterricht ausfallen zu lassen ist wegen der Schulpflicht nicht möglich. Er ist verpflichtet die Unterrichsversorgung sicherzustellen.
Und es ist die Pflicht des Beamten hier Folge zu leisten.
„ Und es ist die Pflicht des Beamten hier Folge zu leisten.“
Übrigens auch die Pflicht der Angestellten.
Kenne es bei uns nur von Beamten
„Es trifft immer die Gleichen“ Hääääh?
Ich gebe Katze total recht. 🙂
Doch es kommt evtl. noch das Gegenteil dazu:
Gerne werden auch vermeintlich “unfähige” KoK abgeordnet: Die, die oft fehlen, Drückeberger, … also die sog. “Wanderpokale” (jeder weiß wohl, wer gemeint sein könnte?)
Das ist auch so eine “Sache”… 🙁
“Nur dank dieses Engagements können wir Schule in personell herausfordernden Zeiten am Laufen halten”
Ach, wir sagen weiterhin, es gehe um “personelle” Schwierigkeiten?
Dann wäre ja eine finanzielle Anerkennung kein allzu großes Hindernis und ein Zeichen guten Willens – nicht das sich der Lehrkräftemangel am Ende als Sparmaßnahme aufkosten von Kindern und Kolleg*innen erweist (augenroll)