Umfrage: Schulen sollen Handy-Nutzung strenger regeln – und Medienkompetenz vermitteln

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WIESBADEN. Eigenes Handy generell erst ab etwa elf Jahren, soziale Medien ab 13,5 Jahren: Eine neue Umfrage zeigt, was Erwachsene über Smartphones in jungen Händen denken – und was sie von Schulen erwarten. Klar ist: Die Mehrheit der Befragten will strengere Handy-Regeln im Schulalltag. Und die Vermittlung von Medienkompetenz. Der Philologenverband sieht allerdings die Eltern mit im Boot. 

Bitte übernehmen. (Symbolbild.) Foto: Shutterstock

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) hat bundesweit 1.312 Erwachsene befragt. Ergebnis: 72 Prozent sind gegen die private Nutzung mitgebrachter Smartphones ohne ausdrückliche Einbettung in den Unterricht. An Grundschulen lehnen dies sogar 95 Prozent ab. Einem generellen, flächendeckenden Handyverbot für Mädchen und Jungen an allen Schulen stimmen 53 Prozent zu – an Grundschulen 80 Prozent.

Doch damit nicht genug: Eine Mehrheit fordert von den Schulen, dass sie Medienkompetenz systematisch vermitteln. Fast die Hälfte der Befragten stimmt „voll zu“, dass der verantwortungsvolle Umgang mit Smartphones und Internet im Unterricht verpflichtend gelehrt werden sollte. Ein eigenes Fach wünschen sich dagegen nur 27 Prozent, und eine Vermittlung bereits in Kitas lehnt mehr als die Hälfte ab.

Beim Einstiegsalter für digitale Medien sind die Meinungen klar. Das durchschnittlich befürwortete Mindestalter für den Besitz eines eigenen Handys liegt bei 11,5 Jahren, für die Nutzung sozialer Medien wie Instagram, TikTok oder YouTube bei 13,5 Jahren. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen hält 14 Jahre oder mehr für richtig – jeder Fünfte will die Grenze sogar bei 16 Jahren und darüber ansetzen.

Die Studie zeigt auch: Informationen beeinflussen Einstellungen. Wurden Befragte vorab über Risiken wie Cybermobbing oder Suchtgefahren informiert, legten sie das Mindestalter im Schnitt vier Monate höher fest. Wer hingegen auf Vorteile wie Lernangebote oder Kontaktmöglichkeiten hingewiesen wurde, senkte die Altersgrenze für Handys leicht ab.

Auffällig: Erwachsene mit geringer Medienkompetenz reagieren besonders sensibel auf Risikohinweise – sie verschieben das Mindestalter stärker nach oben. Befragte mit hoher Medienkompetenz bleiben in ihren Einschätzungen konstanter.

Neben den Schulen sehen viele Erwachsene auch Politik und Plattformbetreiber in der Pflicht: Zwei Drittel fordern ein stärkeres Eingreifen des Staates zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Und eine deutliche Mehrheit verlangt, dass Anbieter von Internetdiensten gesetzlich verpflichtet werden, vor Gefahren zu warnen.

Das Fazit der BiB-Forscherinnen und -Forscher fällt eindeutig aus: „Informationen über Chancen und Risiken digitaler Medien beeinflussen das angegebene Mindestalter tatsächlich. Gleichzeitig befürwortet eine Mehrheit der Befragten nicht nur ein Handyverbot an Schulen und im Unterricht, sondern auch eine stärkere Vermittlung von Medienkompetenz im Schulunterricht“, so BiB-Direktorin Katharina Spieß.

„Ein Unterricht, der ständig durch digitale Reize gestört wird, kann seinen Bildungsauftrag nicht erfüllen“

Mit einer aktuellen Pressemitteilung schlägt der Philologenverband Baden-Württemberg in die gleiche Kerbe. Landesvorsitzende Martina Scherer erklärt: „Ein Unterricht, der ständig durch digitale Reize gestört wird, kann seinen Bildungsauftrag nicht erfüllen. Deshalb fordern wir ein klares Verbot der privaten Handynutzung während Unterricht und Pausen in der Schule – und zwar verbindlich, nicht als Kann-Regelung. Andere Länder wie Dänemark zeigen längst, dass dies Konzentration und Lernerfolg massiv stärkt.“

Dabei gehe es um mehr als Verbote. „Medienkompetenz heißt nicht, Kindern einfach Social Media zu verbieten. Sie müssen verstehen, wie Algorithmen ihre Aufmerksamkeit steuern, welche Relevanz sie wirklich haben und wie manipulative Mechanismen wirken. Nur so lernen sie, souverän und reflektiert mit digitalen Angeboten umzugehen“, betont Scherer.

Darüber hinaus macht der Verband deutlich, dass schulische digitale Geräte im Unterricht unverzichtbar sind – allerdings nur, wenn sie chancengleich bereitgestellt, technisch betreut und pädagogisch verantwortungsvoll eingesetzt werden. „Wenn die Matheaufgabe mit der Instagram-Nachricht konkurriert, verhindert das den Lernerfolg – deshalb brauchen wir klare Regeln“, so Scherer mit Blick auf Baden-Württemberg. Schulen bräuchten einheitliche, verbindliche Regeln, die politisch getragen und gesetzlich abgesichert seien.

Allerdings sieht der Verband auch die Eltern in der Pflicht. Schließlich seien es die Familien, die den Kindern die Geräte überhaupt zur Verfügung stellen. Lehrkräfte, so Scherer, hätten dagegen „keine rechtliche Grundlage, Apps oder Inhalte auf Schülergeräten zu kontrollieren“. News4teachers 

Hier lässt sich die vollständige Befragung herunterladen. 

Handy-Verbote reichen nicht: Leopoldina warnt vor Social-Media-Risiken – und fordert mehr Medienerziehung in Kitas und Schulen

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7 Kommentare
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Claudia
1 Monat zuvor

Eine sehr berechtigte Forderung . Als Integrationskraft beobachte ich häufig das Lehrkräfte viel am Handy daddeln . Aber ich bemerke auch , vieles ist Orgakram .
Um dies deutlicher zu trennen wären , auch für uns Begleitungen Dienstgeräte in auffälliger Farbe eine Möglichkeit .
Fieses Design : Job . Klar erkennbar .
Eigentlich ohnehin nicht einsehbar wieso wir unsere privaten Mobiltelefone so selbstverständlich für den Job nutzen müssen .

Ulla
1 Monat zuvor
Antwortet  Claudia

Ich benutze mein Handy während des Unterrichts nicht privat. Und ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, auch nicht in Form von besonders gefärbten Diensthandys.
Mal abgesehen davon werden sicher noch viele Jahre vergehen, bis jeder Lehrer ein Diensthandy bekommt…

Marta
1 Monat zuvor
Antwortet  Ulla

So isset.

mama51
1 Monat zuvor

Das Fazit der BiB-Forscherinnen und -Forscher fällt eindeutig aus: „Informationen über Chancen und Risiken digitaler Medien beeinflussen das angegebene Mindestalter tatsächlich. Gleichzeitig befürwortet eine Mehrheit der Befragten nicht nur ein Handyverbot an Schulen und im Unterricht, sondern auch eine stärkere Vermittlung von Medienkompetenz im Schulunterricht“, so BiB-Direktorin Katharina Spieß.

“Wasch mich! Aber mach mich nicht nass!”

Halleluja 🙁

Marta
1 Monat zuvor
Antwortet  mama51

Genau. Wir reden über Medien und tun, als gäbe es keine.

Berenike
1 Monat zuvor

Gleiches Recht für alle? Da Lehrkräfte meist ihr Studium hinter sich haben, befinden sie sich auf einem anderen Kenntnisniveau als
( die meisten) SuS. Das bedeutet: ihnen stehen andere/ mehr Kompetenzen zu als SuS= also kann Gleichstellung hier nicht angewendet werden. Gleichwohl ist hier wie da Verantwortung zu fordern und verantwortlich zu handeln!!

Marta
1 Monat zuvor

Schüler:innen müssen hinnehmen, dass Erwachsene andere Rechte haben als sie.
Sie dürfen ja auch nicht Auto fahren…
Dass Lehrkräfte Mobilgeräte an der Hand haben müssen, ist für mich klar. Sei es ein Unfall in der Sporthalle – sie müssen informieren können.
Dass Lehrkräfte immerzu TikTok besuchen, glaubt kein Schüler.
Medienkunde gehört in welches Fach?
Rhetorische Frage. Ethik bietet sich an.
Und dann: müssen die Schüler Endgeräte – also Mobilfunkgeräte dabei haben.
Ich habe noch im Jahrgan 11 geübt zu recherchieren oder Vokabeln nachzuschlagen.
Wir können doch nicht tun, als gebe es kein Internet. Schüler ab Kl. 8 sollten das üben.
In Großbritannien gibt es das Fach Medienkunde. Dort ist es in Humanities integriert – also Sozialkunde, Geschichte und Politik.
Da gehört es hin. Mit Handys.