NRW erneut auf Bildungsmonitor-Abstiegsplatz – Feller sieht das Land auf Kurs

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DÜSSELDORF. Wieder einmal landet Nordrhein-Westfalen im Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft auf Rang 14 von 16 – ein Platz, der im Fußball nach Abstieg riechen würde. Während Lehrerverbände strukturelle Mängel beklagen und die Opposition von einem Armutszeugnis spricht, hält Schulministerin Dorothee Feller den eingeschlagenen Kurs für richtig.

Volle Fahrt voraus? Illustration: Shutterstock

„Der vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft herausgegebene Bildungsmonitor beruht überwiegend auf Daten aus dem Jahr 2022“, erklärte NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) – sie betonte: „Bildung ist die wichtigste Ressource, die wir haben. Die Landesregierung setzt deshalb bei der Bildung einen klaren Schwerpunkt. Wir investieren in unsere Schulen, setzen alles daran, mehr Personal zu gewinnen und stärken die Basiskompetenzen unserer Schülerinnen und Schüler. Auf diesem Weg haben wir in den vergangenen beiden Jahren bereits viel erreicht und daran werden wir auch in Zukunft konsequent weiterarbeiten. Das spiegeln die Daten aus den Jahren 2022, auf die sich der Monitor im Wesentlichen beruft, noch nicht wieder.“

Wohlgemerkt: Das Statement von Feller stammt aus dem vergangenen Jahr, als Nordrhein-Westfalen im Bildungsmonitor auf dem drittletzten Platz landete – im Fußball wäre das ein potenzieller Absteiger. Im aktuellen Bildungsmonitor, gestern herausgebracht von der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), hat das bevölkerungsreichste Bundesland allerdings nicht besser abgeschnitten: wieder Platz 14 von 16. An veralteten Daten kann es diesmal wohl nicht liegen. Erstaunlich ist aber, was Feller dieses Mal dazu erklärt: „Der Bildungsmonitor zeigt: Wir liegen genau richtig, mit den Veränderungen, die wir angestoßen haben und kontinuierlich umsetzen.“

Tut er das?

Die vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erstellte Vergleichsstudie untersucht anhand von 98 Indikatoren die Bildungssysteme der Bundesländer. Bewertet wird dabei aus bildungsökonomischer Sicht: Wie sehr trägt das Bildungssystem zur Sicherung von Wohlstand bei? Für Nordrhein-Westfalen lautet das Ergebnis erneut: drittletzter Platz – vor Brandenburg und Bremen. Verbesserungsbedarf sehen die Studienautoren vor allem bei der Qualität der Schulen und den Schülerkompetenzen. Bemängelt wird zudem, dass vergleichsweise wenig Geld ins Bildungssystem fließe.

Viele Schüler, zu wenig Lehrer – zu große Klassen, zu wenig Geld

So liegen die Ausgaben pro Grundschüler in NRW mit 7.500 Euro jährlich 900 Euro unter dem Bundesdurchschnitt. Auch bei den Schülerleistungen schneidet NRW schwach ab: In Lesen, Hörverstehen, Mathematik und Englisch zeigen laut Monitor überdurchschnittlich viele Schülerinnen und Schüler nur geringe Kompetenzen. Besonders schlecht ist die Lage in der beruflichen Bildung: Nur 65,4 Prozent aller Abgänger schließen Berufsfachschulen oder Fachoberschulen erfolgreich ab – bundesweit sind es über 81 Prozent. Damit liegt NRW auf dem letzten Platz.

Ein weiteres strukturelles Problem: zu große Klassen und zu wenige Lehrkräfte. An Grundschulen sitzen im Schnitt 24,1 Kinder in einer Klasse, bundesweit sind es 21,3. Auch die Betreuungsrelation an Hochschulen ist miserabel: Eine Lehrkraft kommt in NRW auf 23,7 Studierende, bundesweit liegt der Schnitt bei 16,7.

Lichtblicke gibt es aber ebenfalls: NRW belegt bei der Schülerbetreuung in der Oberstufe inzwischen den drittbesten Platz. Positiv wird zudem die Digitalisierung bewertet – etwa die überdurchschnittlich gute WLAN-Ausstattung an Schulen und die hohe Zahl neuer Ausbildungsverträge in der IT-Branche.

Lehrerverbände: Strukturen sind das Problem – nicht die Lehrkräfte

Die Lehrerverbände sehen die Ursachen klar. Stefan Behlau, Vorsitzender des VBE NRW, erklärte: „Das schlechte Abschneiden NRWs liegt an den Bedingungen und geht nicht auf das Konto der Menschen in Schule. Ohne ihr starkes Engagement stünden wir noch schlechter da.“ Für individuelle Förderung brauche es mehr Fachkräfte, moderne Räume und zeitgemäße Ausstattung.

Auch die GEW NRW übt deutliche Kritik. Landesvorsitzende Ayla Celik fordert „mehr Zeit, verlässliche Förderstunden, kleinere Klassen und multiprofessionelle Teams“. Nur so könnten die Bildungschancen der Kinder wirklich verbessert werden.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) weist die Kritik zurück. Sie sieht NRW trotz des schlechten Rankings auf einem guten Weg: „Der Bildungsmonitor zeigt: Wir liegen genau richtig, mit den Veränderungen, die wir angestoßen haben und kontinuierlich umsetzen – mit der Konzentration auf eine Verbesserung der personellen Situation an den Schulen, auf eine Stärkung der Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen oder auf mehr Lernstandserhebungen.“

Feller verweist darauf, dass seit Ende 2022 mehr als 20.000 dauerhafte Neueinstellungen erfolgt seien, darunter über 17.000 ausgebildete Lehrkräfte. Zudem seien die Bildungsausgaben im Landeshaushalt deutlich gestiegen – von 22,2 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 24,5 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Mit dem Schulkompass NRW 2030 habe man zudem ein strategisches Konzept vorgelegt, das die Basiskompetenzen, aber auch soziale und emotionale Fähigkeiten stärker in den Blick nimmt.

SPD: Armutszeugnis für die Landesregierung – “Nichts ist besser geworden”

Die oppositionelle SPD hält dagegen. Die schulpolitische Sprecherin Dilek Engin erklärte: „Mal wieder bekommt das nordrhein-westfälische Bildungssystem einen Platz auf dem Verlierer-Treppchen: Platz 14 von 16 ist ein Armutszeugnis für die Bildungspolitik der CDU-geführten Landesregierung. Und es zeigt: Nichts ist besser geworden in den vergangenen acht Jahren. Im Gegenteil: Die Lage in den Schulen ist heute vielerorts schlechter denn je.“

Besonders beim Ausbau der Ganztagsbetreuung hänge NRW massiv hinterher, so Engin. Anders als in Sachsen, das im Bildungsmonitor erneut Platz eins belegt, gebe es in NRW bis heute kein Landesausführungsgesetz für den OGS-Rechtsanspruch. „Weil sich Schulministerin Feller und Familienministerin Paul nicht einigen können, werden die Städte und Gemeinden im Stich gelassen. Am Ende leiden darunter vor allem die Schülerinnen und Schüler, Familien und Lehrkräfte im Land.“ News4teachers / mit Material der dpa

Bildungsmonitor: Wie die einzelnen Bundesländer abschneiden (und warum…)

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3 Kommentare
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Hans Malz
1 Monat zuvor

Das Symbolbild oben ist diesmal sehr passend und bedarf keines weiteren Kommentars.

RainerZufall
1 Monat zuvor

Nicht so viel Stress!
Von der Initiative Keine Soziale Marktwirtschaft kritisiert zu werden, ist ja erstmal etwas Gutes.

Diesen Expert*innen werden wir auch noch jahrelang “dankbar” sein, wenn wir auf die Stromrechnung schauen 😀
https://taz.de/Energiepolitik-der-Union/!6101985&s=Initiative%2BNeue%2BSoziale%2BMarktwirtschaft/

Vandark
18 Tage zuvor

Man muss sich ja nur mal für die eigene Schule in NRW hochrechnen, wass 900€ mehr pro Schüler/Jahr bedeuten würde. Aber gut, dafür spart man sich halt die Kohle für andere Sachen. Wie bestellt, so geliefert.