BERLIN. Vor 35 Jahren wurde in Deutschland ein entscheidender Grundstein für das heutige Schulsystem gelegt: Nach der Wiedervereinigung 1990 entstanden in den ostdeutschen Bundesländern die Philologenverbände neu – und mit ihnen kehrten die Gymnasien zurück. Anlässlich dieses bildungspolitisch bedeutenden Jubiläums erinnerte der Deutsche Philologenverband (DPhV) nun an den damaligen Aufbruch und diskutierte zugleich über die Zukunft des Gymnasiums.

Während in der DDR sogenannte „Erweiterte Oberschulen“ (EOS) das Pendant zu westdeutschen Gymnasien bildeten, gab es im Bildungssystem der DDR keine grundständigen Gymnasien im klassischen Sinn. Erst mit der Wiedervereinigung 1990 wurden die Gymnasien flächendeckend in allen Bundesländern wiedereingeführt.
Der DPhV spricht von einem „Schlüsselmoment für das deutsche Bildungswesen“. Die Gründung ostdeutscher Philologenverbände habe den Prozess maßgeblich mitgestaltet und begleitet. „In den Jahren 1991 bis 1993 entwickelten die ostdeutschen Bundesländer ihre Gymnasien im Rahmen länderspezifischer Schulgesetze mit eigenen Schwerpunkten und ausgewiesener Begabtenförderung. Es entstand ein vielfältiges, starkes und eigenständiges gymnasiales Netz in den ostdeutschen Ländern, das seit 2007 zunehmend auch durch private Gymnasien ergänzt wird. Eine Erfolgsgeschichte für ganz Deutschland!“, betonte DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing.
Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen und Politik
Das Jubiläum wurde nun im Rahmen der Bundesausschusssitzung des DPhV gefeiert. Unter dem Motto „Vereint fürs Gymnasium: 35 Jahre Philologenverbände wieder in ganz Deutschland“ blickte der Verband mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie mit aktuellen Funktionsträgern zurück – und nach vorn.
Den Auftakt der Podiumsrunde machte Jan Riedel, Bildungsminister von Sachsen-Anhalt, mit einem Impuls. Er unterstrich: „Die Wiedereinführung der Gymnasien in den neuen Ländern war ein Meilenstein für das deutsche Bildungswesen. Als Gymnasiallehrer und späterer -leiter habe ich erlebt, wie wichtig es ist, jungen Menschen Räume für Leistungsbereitschaft, Neugier und Verantwortung zu eröffnen. 35 Jahre später können wir mit Stolz sagen: Aus dem Aufbruch von damals ist eine vielfältige und leistungsfähige Gymnasiallandschaft gewachsen, die Leistung und Förderung verbindet und damit unseren Kindern echte Zukunftschancen eröffnet.“
Besonders hervorgehoben wurde die Teilnahme von Gudrun Schreiner, der ersten Vorsitzenden des Philologenverbands Sachsen nach der Wende. Sie steht stellvertretend für jene Lehrkräfte, die in den frühen 1990er-Jahren die Weichen für ein leistungsorientiertes Gymnasium in Ostdeutschland stellten.
Moderiert wurde die Diskussion von Lin-Klitzing gemeinsam mit Thomas Langer, dem Vorsitzenden des Sächsischen Philologenverbands. Im Mittelpunkt standen die Entwicklung der Gymnasiallandschaft in den neuen Bundesländern seit 1990 und die gewachsene Einheit innerhalb des DPhV.
Dank an die Pioniere der 1990er-Jahre
Mit Nachdruck betonte der Verband die Rolle jener Lehrerinnen und Lehrer, die in den turbulenten Jahren nach der Wiedervereinigung das Gymnasium in Ostdeutschland aufbauten. „Der DPhV blickt mit Dankbarkeit auf das Engagement der Kolleginnen und Kollegen zurück, die in den Umbruchsjahren der 1990er den Grundstein für ein leistungsfähiges Gymnasium in den ostdeutschen Bundesländern legten“, so Lin-Klitzing.
Ein zentrales Signal des Jubiläums: Der Deutsche Philologenverband versteht sich längst als gesamtdeutscher Verband. „Im Philologenverband ist längst das erreicht worden, was in der Gesellschaft noch nicht überall gelungen ist: ein erfolgreiches, zielgerichtetes Miteinander, in dem die Verbandsmitglieder aus dem Norden, Süden, Osten und Westen der Bundesrepublik Deutschland einander auf Augenhöhe begegnen“, heißt es in der Erklärung.
Der DPhV will auch künftig ein starkes Gymnasium im differenzierten Schulwesen sichern und weiterentwickeln – gemeinsam, vereint und bundesweit. News4teachers
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