Krankgeschriebener Lehrer, der in Kochshows auftritt, wird zum Politikum (“Kontrolldefizite”)

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DÜSSELDORF. Ein Lehrer nimmt während einer langen Krankschreibung an Kochshows teil – nun fordert NRW-Schulministerin Feller eine vollständige Aufklärung. Am Mittwoch ist der Fall Thema im Düsseldorfer Landtag.

Der Fall kocht hoch (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hat sich erstmals zum Fall eines krankgeschriebenen Lehrers geäußert, der als Kandidat in zwei Kochshows angetreten sein soll. Es sei nicht hinnehmbar «wenn sich einzelne Personen während ihrer Krankschreibung indiskutabel verhalten oder sogar das System möglicherweise ausnutzen», so Feller: «Der konkrete Fall muss deshalb vollständig durch die zuständige Bezirksregierung aufgeklärt werden.»

Der Lehrer soll während einer mehr als ein Jahr andauernden Krankschreibung in zwei Kochshows als Kandidat mitgemacht haben. Die zuständige Bezirksregierung Köln hatte  bestätigt, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen den Mann eingeleitet hat (News4teachers berichtete).

Ministerin Feller betonte am Montag: «Unsere Lehrerinnen und Lehrer leisten jeden Tag enorm viel für ihre Schülerinnen und Schüler und üben ihren verantwortungsvollen Beruf mit großer Leidenschaft aus. Dieses Engagement verdient Respekt.» Daher sei Fehlverhalten während einer Krankschreibung «nicht nur unkollegial, sondern auch gegenüber der Gesellschaft nicht tolerierbar.»

Fall wird auch Thema im Landtag

Am Mittwoch wird der Fall um dem kochenden Lehrer Thema im Schulausschuss des Landtags. Die Oppositionsfraktionen von SPD und FDP haben unabhängig voneinander eine sogenannte Aktuelle Viertelstunde dazu beantragt.

Der neue Fall werfe «ein Schlaglicht auf erhebliche Kontrolldefizite beim Umgang mit langzeiterkrankten Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen», heißt es im Antrag der FDP-Fraktion. Die Liberalen wollen in der Aktuellen Viertelstunde von der Landesregierung unter anderem erfahren, wie sie das konkrete Disziplinarverfahren der Bezirksregierung Köln gegen den Lehrer bewertet und welche Maßnahmen sie «kurzfristig ergreifen wird, um vergleichbare Fälle in Zukunft zu verhindern».

FDP: Lehrer können Fürsorge offenbar ausnutzen

FDP-Fraktionsvize Franziska Müller-Rech sagte: «Die NRW-Landesregierung kann sich nicht mehr mit dem Verweis auf vermeintliche Einzelfälle herausreden. Offensichtlich können Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen die beamtenrechtliche Fürsorge ausnutzen, ohne eine amtsärztliche Untersuchung befürchten zu müssen.»

Der Vorgang erinnert an eine Lehrerin aus dem Ruhrgebiet, die seit 16 Jahren krankgeschrieben ist – und nie zum Amtsarzt musste. Als sich das Anfang des Jahres durch einen Wechsel in der Sachbearbeitung änderte, klagte die Frau – wodurch der Fall publik wurde und bundesweit für Schlagzeilen sorgte. News4teachers / mit Material der dpa

Lehrerin 15 Jahre krankgeschrieben: Schulministerin sieht kein “systemisches Problem”

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Realist
2 Stunden zuvor

147.000 verbeamtete Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in NRW.

Davon wird jetzt einer (in Worten: EINER) zum “Politikum” hochgejubelt um Stimmung gegen alle Lehrer zu machen.

Als ob die Politik keine wichtigeren Probleme zu klären hätte.

Es k… einen nur noch an.

Gewitter
1 Stunde zuvor
Antwortet  Realist

Genauso argumentieren die, die gegen Verschärfungen und die sogenannten Mitnahmeeffekte (Betrug) beim Bürgergeld argumentieren. Das seien Einzelne und deshalb lohne es sich nicht, etwas dagegen zu tun.

Realist
1 Stunde zuvor
Antwortet  Gewitter

Was ja auch stimmt. Was ist der “Bürgergeldbetrug” gegen den “Steuerbetrug”? Allein bei Cum-Ex waren das mittlere zweistellige Milliardensummen.

dickebank
1 Stunde zuvor
Antwortet  Realist

Cum-Ex, also mit Krankenschein aus der Schule raus. Latinum ist also doch für etwas gut.

Walter Hasenbrot
1 Stunde zuvor
Antwortet  Gewitter

Und ich dachte, dass die Unschuldsvermutung auch für Lehrkräfte gilt.

In allen drei Fällen, die durch die Presse geajgt wurden, gibt es bisher keinen Schuldspruch einer Disziplinarkonferenz oder eines Gerichts.

Beim Bürgergeld wurde übrigens auch von Missbrauch in der Höhe etlicher Milliarden gesprochen. Nach einem Realitätscheck kam nicht einmal eine Miliarde zusammen.

Wer die Sache unvoreingenommen gesehen hatte, wusste das vorher. Ähnlich ist es jetzt auch bei langzeiterkrankten Beamten.

Fakt ist, dass es kaum Missbrauch gibt und bisher in keinem einzigen Fall Missbrauch nachgewiesen wurde.

Realist
1 Stunde zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Und ich dachte, dass die Unschuldsvermutung auch für Lehrkräfte gilt.”

Nicht in der öffentlichen Diskussion…

Gewitter
1 Stunde zuvor

Wie im Nachbarartikel bereits vermerkt, handelt es sich ja offensichtlich nicht nur um Einzelfälle. Da ist von 1388 langjährig krankgeschrieben Lehrkäften die Rede und 55%, die bisher nicht zum Amtsarzt mussten. Stimmt also nicht, dass man nach 1 Jahr Krankschreibung “aus dem Dienst entfernt wird”, was auch nur den lukrativen Vorruhestand bedeutet (mit Mindestpension ggf. nach 5 Jahren!).

Es ist ganz klar, dass das die privilegierte Versorgung im Krankheitsfalle erst ermöglicht. Ein angestellter Lehrer hat nur 6 Wochen lang die 100% Gehaltsfortzahlung, dann muss er Einbußen hinnehmen.

Realist
1 Stunde zuvor
Antwortet  Gewitter

Gilt aber nur, wenn es beim Angestellten “dieselbe” Krankheit ist… der aufgeklärte Angestellte von heute leidet aber an Multimorbidität… oder arbeitet nach 6 Wochen mal wieder eine Woche zwischendurch. Er will sich ja “Mühe” geben…

Realist
1 Stunde zuvor
Antwortet  Realist

muss natürlich “und arbeitet nach 6 Wochen mal wieder eine Woche zwischendurch” heißen.

Nach der einen Woche schlägt dann “leider” eine neue Krankheit zu.

Ragnar Danneskjoeld
1 Stunde zuvor

Es geht bei dieser Diskussion doch nicht drum, ob der Kollege bei einer Kochshow oder die Kollegin nebenher als Heilpraktikerin gearbeitet hat. Es geht darum, dass hunderte langzeiterkrankte Kollegen nicht zum Amtsarzt mussten (was sie eigentlich längst hätten sollen) und dass der Staat seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt – hier jedoch womöglich zum finanziellen Nachteil der Steuerzahler. Ich als Lehrer würde schon gerne wissen, wie so etwas möglich ist, ohne mich jetzt an den beiden Fällen künstlich erregen zu wollen. Warum? Zum einen, weil ich auch Steuerzahler bin. Und zum anderen, weil es mich ankotzt, dass das eigentliche Amtsversagen auf unseren Beruf abgewälzt wird.