Hauen und Stechen in der Elternschaft – Vorsitzender des Bundeselternrats tritt unter Protest zurück („Destruktive Machtspiele“)

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BERLIN. Das Zerwürfnis im höchsten Elterngremium Deutschlands hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht: Der Vorsitzende des Bundeselternrats, Dirk Heyartz, und sein Stellvertreter Thorsten Schröter sind mit sofortiger Wirkung von allen Ämtern zurückgetreten. In einer gemeinsamen Erklärung beklagen sie „destruktive Machtspiele“, „persönliche Anfeindungen“ und eine „Gefährdung der Elternarbeit in Deutschland“. Der Rücktritt, so schreiben sie, sei „nicht nur ein persönlicher, sondern ein politisches Signal“ – Ergebnis eines monatelangen Machtkampfs, der das Ansehen des Bundeselternrats schwer beschädigt hat.

Hauen und Stechen (Symbolbild.) Illustration: Shutterstock

In ihrer Rücktrittserklärung sprechen Heyartz und Schröter von einem Gremium, das „zu einem politischen und organisatorischen Schatten seiner selbst geworden“ sei. Der Bundeselternrat repräsentiere derzeit nur noch elf Bundesländer – und weniger als ein Drittel aller Eltern und Schüler*innen in Deutschland. Damit fehle „die demokratische Grundlage, um glaubwürdig für sich in Anspruch zu nehmen, eine gesamtdeutsche Vertretung der Eltern zu sein“.

Schwerwiegende Vorwürfe richten die beiden gegen andere Mitglieder des Vorstands. Die Zusammenarbeit sei „von persönlichen Interessen, Egoismen und individuellen Machtansprüchen“ geprägt. Statt um Inhalte gehe es um „Einfluss, Ämter und Deutungshoheit“. Delegierte, die sachlich arbeiten wollten, würden „persönlich angefeindet“. Das ehrenamtliche Engagement werde so „massiv geschwächt und beschädigt“.

Heyartz und Schröter resümieren: „So, wie der Bundeselternrat derzeit organisiert ist, kann er den Anspruch, die Stimme aller Eltern in Deutschland zu sein, nicht mehr erfüllen. Er ist zu einer Interessengemeinschaft weniger geworden – geführt von einer Handvoll Personen, deren Schwerpunkt nicht auf inhaltlicher Arbeit, sondern auf Machterhalt liegt.“
Der Rücktritt erfolgt nach Monaten offener Spannungen. Schon im Oktober war Heyartz wegen interner Konflikte faktisch kaltgestellt worden – auf der Website des Bundeselternrats hieß es seither, sein Amt ruhe „seit dem 23. Mai 2025“. Dennoch hatte er zuletzt noch versucht, das Gremium aufzulösen – und scheiterte damit am Widerstand des übrigen Vorstands.

Der Versuch der Auflösung – und die Isolation von Heyartz

Wie News4teachers bereits am 30. Oktober berichtete, hatte Heyartz zwei Schreiben an die Kultusministerien und an die Delegierten des Bundeselternrats verschickt. Darin erklärte er, die finanzielle und strukturelle Handlungsfähigkeit des Vereins sei „nicht mehr gegeben“. Das (nach Teilung des Bildungsressorts mittlerweile) zuständige Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt habe die Förderung eingestellt, es gebe keine Geschäftsstelle mehr, offene Forderungen und sogar anhängige Gerichtsverfahren. Sein Schluss: Der Bundeselternrat solle nach § 41 BGB aufgelöst werden.

Der Vorstand reagierte empört. In einer Stellungnahme gegenüber News4teachers hieß es: „Herr Heyartz ist weder antragsberechtigt noch vertretungsbefugt.“ Er habe „kein Mandat, den Bundeselternrat zu vertreten“ und sei in den vergangenen Monaten nicht aktiv gewesen. Man arbeite weiter, sei handlungsfähig – und „weit weg von einem Abgrund“. Noch Ende September habe eine dreitägige Klausur in Halberstadt stattgefunden, in deren Folge eine Resolution zur „Schule der Zukunft“ verabschiedet worden sei.

Der Konflikt hatte sich damit in aller Öffentlichkeit entfaltet – ein „Hauen und Stechen in der Elternschaft“, das nicht mehr zu kaschieren war.

Vorangegangen: Massive Kritik aus Nordrhein-Westfalen

Nur wenige Tage vor dem Rücktritt hatte die Landeselternschaft der integrierten Schulen NRW (LEiS) in einer ungewöhnlich scharfen Erklärung den Bundeselternrat (BER) frontal attackiert. Anlass war eine BER-Pressemitteilung vom 2. November. Darin hatte der Bundeselternrat sich selbst als „einzige Schulelternvertretung auf Bundesebene“ bezeichnet – ein Anspruch, den die nordrhein-westfälische Landeselternschaft als „überzogen und irreführend“ bezeichnete.

„Diese Formulierung macht deutlich, dass der BER aktuell kein legitimiertes, demokratisch verankertes Gremium ist, das für die Gesamtheit der Eltern in Deutschland sprechen könnte“, hieß es in der LEiS-Stellungnahme. Der Verband warf dem Bundeselternrat vor, Selbstdarstellung statt Sacharbeit zu betreiben, die „Vielfalt elterlicher Strukturen“ zu ignorieren und „institutionelle Förderung und persönliche Einflussstrukturen“ in den Mittelpunkt zu stellen. Man fordere eine „ehrliche, selbstkritische Aufarbeitung der internen Strukturen und Entscheidungswege“ und distanziere sich ausdrücklich von „jeglicher Form von Selbsterhöhung, Exklusivitätsanspruch oder politischen Machtspielen im Namen der Elternschaft“.

Verteidigung des Bundeselternrats – und der Versuch der Selbstdarstellung

In seiner Mitteilung vom 2. November hatte der Bundeselternrat versucht, Stärke zu demonstrieren. Unter der Überschrift „Ist ja nicht so, als ob wir es nicht schon gesagt hätten…“ betonte der Vorstand, man arbeite „verlässlich, qualifiziert und transparent“ – trotz fehlender gesetzlicher Grundlage. Soll heißen: Der Bundeselternrat ist ein freiwilliger Zusammenschluss. Man sehe sich gleichwohl als „einzige Schulelternvertretung auf Bundesebene“, die „konstruktiv mit der KMK und dem Familienministerium“ zusammenarbeite.

Gleichzeitig klagte der BER über den Wegfall der Bundesförderung: Das (seit Aufteilung der Zuständigkeit für Bildung in der Bundesregierung mittlerweile) verantwortliche Forschungsministerium habe im Oktober 2025 „ohne Vorwarnung“ die Projektförderung eingestellt, mit der Begründung, der BER vertrete mit aktuell elf Mitgliedsländern weniger als zwei Drittel der Eltern- und Schülerschaften – und sei damit nicht mehr förderfähig. Eine Argumentation, die der Vorstand als „Schlag ins Gesicht für ehrenamtlich Engagierte“ bezeichnete. Man arbeite an neuen Finanzierungsmodellen und halte an der Mission fest: „Der BER lässt sich nicht von Einzelinteressen oder persönlichen Befindlichkeiten die Bedeutung seiner Arbeit schmälern.“

Diese Passage wurde von der LEiS-NRW als Beleg dafür interpretiert, dass der Verband den Bezug zur Realität verloren habe. Der BER inszeniere sich als Opfer, statt Verantwortung für seine Krise zu übernehmen.

Hintergrund: Ein Verband im freien Fall

Der Bundeselternrat war einst das zentrale Sprachrohr der Elternschaft in Deutschland – mit Sitzungen im Bundesfamilienministerium und Einfluss auf bildungspolitische Prozesse. Heute ist davon wenig übrig. Mehrere Landeselternvertretungen, darunter Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg, haben ihre Mitgliedschaft beendet. Der Bund hat die Förderung eingestellt. Die Geschäftsstelle existiert laut dem zurückgetretenen Vorsitzenden Heyartz nicht mehr, die Postadresse führe zu einer Lagerbox in Berlin.

Heyartz und Schröter schreiben: „Statt einer bundesweiten Interessenvertretung wirkt der BER heute eher wie eine Briefkastenfirma.“ Die Lage sei so verfahren, dass selbst engagierte Delegierte entmutigt seien: „Persönliche Anfeindungen, destruktive Machtspiele und Rufschädigung einzelner Akteure“ hätten die Arbeit unmöglich gemacht. Auch die interne Kommunikation sei kollabiert – zuletzt sollen Beschlüsse per E-Mail und WhatsApp abgestimmt worden sein. Der Rücktritt der beiden Spitzenvertreter ist damit auch Ausdruck eines kompletten Vertrauensverlusts innerhalb des Gremiums.

Politische Bedeutung – und ein Scherbenhaufen

Die Elternvertretung, die einst als bundesweite Stimme von Millionen Müttern und Vätern galt, steht nun vor einem Scherbenhaufen. Die verbliebenen elf Landesverbände müssen nun entscheiden, ob und wie der Verband weiterbesteht. Eine Neuaufstellung, wie sie Heyartz fordert, erscheint angesichts der tiefen Gräben schwierig. „Es braucht einen echten Neuanfang – für die Eltern, für die Bildung und für die Glaubwürdigkeit des Bundeselternrats“, lautet der abschließende Appell der Rücktrittserklärenden. Die beiden haben allerdings offensichtlich einiges selbst dafür getan, dass der nur schwer gelingen wird: Sie hinterlassen verbrannte Erde. News4teachers 

Bundeselternrat vor dem Aus? Kaltgestellter Vorsitzender forciert die Auflösung – aktiver Vorstand widerspricht

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Hysterican
4 Stunden zuvor

Hinter dem Kürzel BER – in Verbindung mit Berlin (s.o.) – scheint sich immer wieder und langanhaltend Krise zu verbergen, die massive Bekümmernisse auslöst.
Von daher wäre ein Auflösung – in was auch immer – die denkbar beste Variante und eine Neugründung – möglichst ohne bauberatende Instanzen – erscheint am erfolgversprechendsten. 😉