BERLIN. Das Gymnasium genießt breite Zustimmung in der Bevölkerung. Laut einer aktuellen, vom Deutschen Philologenverband (DPhV) in Auftrag gegebenen und vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Oktober 2025 durchgeführten Umfrage sprechen sich 92 Prozent der Befragten gegen eine Abschaffung dieser Schulform aus. Damit bleibt das Gymnasium nach Ansicht vieler Bürgerinnen und Bürger ein zentraler Bestandteil des deutschen Bildungssystems.

Die hohe Zustimmung zieht sich demnach durch alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten. Besonders ausgeprägt ist sie unter den über 45-Jährigen: 94 Prozent von ihnen befürworten den Fortbestand des Gymnasiums. Auch unter den Jüngeren (unter 45 Jahren) sprechen sich 87 Prozent gegen eine Abschaffung aus. Unterschiede zwischen Befragten mit oder ohne Kinder im Haushalt sowie zwischen Personen mit niedriger oder höherer formaler Bildung zeigen sich kaum.
Die DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing sieht in den Ergebnissen eine klare Botschaft: „Regelmäßig wird das Gymnasium in Frage gestellt. Doch die Bevölkerung steht ganz klar hinter dem Gymnasium.“
Mehrheit lehnt Einheitsschule ab
Neben der Zustimmung zum Gymnasium zeigt die Umfrage auch eine deutliche Ablehnung gegenüber einer „Schule für alle“. 71 Prozent der Befragten sprechen sich für das mehrgliedrige Schulsystem aus, das verschiedene Schularten – darunter das Gymnasium – vorsieht. Nur 27 Prozent bevorzugen ein einheitliches Schulsystem.
Besonders in den ostdeutschen Bundesländern und unter Befragten mit geringerer formaler Bildung fällt die Zustimmung zu einer Einheitsschule etwas höher aus. Dennoch bleibt das mehrgliedrige System klar favorisiert.
Lin-Klitzing betonte, dass ein differenziertes Schulsystem den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen besser gerecht werde: Eine Einheitsschule könne weder leistungsstarke noch leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler angemessen fördern.
Mehrheit gegen vereinheitlichte Lehrkräfteausbildung
Auch bei der Lehrkräfteausbildung zeigen sich die Befragten skeptisch gegenüber Vereinheitlichungstendenzen. 59 Prozent möchten laut Umfrage eine schulartspezifische Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern beibehalten. Dagegen meinen 39 Prozent, dass Lehrkräfte einheitlich ausgebildet werden sollten. Lehrkräfte, so Lin-Klitzing, müssten gezielt auf die Anforderungen ihrer jeweiligen Schulart vorbereitet werden, um Schülerinnen und Schüler ihren Fähigkeiten entsprechend fördern zu können.
Gerade das Gymnasium werde von vielen als Ort der gezielten Förderung leistungsstarker Jugendlicher und als Vorbereitung auf ein Hochschulstudium angesehen. Eine Vereinheitlichung der Lehrkräfteausbildung, so die DPhV-Vorsitzende, würde dieser besonderen Funktion nicht gerecht.
Warnung an die Bildungspolitik
Vor dem Hintergrund jüngster Leistungsstudien, etwa des IQB-Bildungstrends 2024, der Rückgänge in den Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern dokumentierte, warnt der DPhV vor bildungspolitischen Fehlentwicklungen. Lin-Klitzing kritisierte insbesondere Reformen, die auf Vereinheitlichung und Standardabsenkung zielten – etwa verkürzte Ausbildungszeiten im Referendariat.
Die Ergebnisse der Forsa-Umfrage versteht der Verband daher auch als Signal an die Politik: Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung wolle weder eine Abschaffung des Gymnasiums noch eine Vereinheitlichung des Schulsystems oder der Lehramtsausbildung, so die DPhV-Vorsitzende. News4teachers









Unterschreibe ich. Jetzt müsste man nur die Realschulen wieder stärken und ihr klares Profil herausarbeiten. Das wurde durch die Übernahme des Kultusministeriums in BW von Herrn Stoch (SPD) ab dem Jahr 2013 nämlich total verwässert.
“Gerade das Gymnasium werde von vielen als Ort der gezielten Förderung leistungsstarker Jugendlicher und als Vorbereitung auf ein Hochschulstudium angesehen.”
Obwohl die Leistungen dort in den Vergleichstests fielen, wie überraschend…
Vielleicht ein Indiz, nicht die “Schwarmintelligenz” zu fragen, was sie (schon immer gewohnt sind und) richtig finden? 😉
Eher ein Indiz dafür, dass man jahrelang jeden aufs Gymnasium gelassen hat, egal, ob er dafür geeignet war oder nicht. Wer nicht für das Gymnasium geeignet ist, schafft auch keine guten Ergebnisse in den Vergleichsarbeiten.
Könnte einer der Gründe sein , warum einige Bundesländer für den Übertritt aufs Gymnasium neben dem Elternwillen nun wieder zusätzliche Voraussetzungen wie Grundschulempfehlung und/oder Tests verlangen.
Jedenfalls steht die repräsentative Umfrage etwas im Widerspruch zu dem, was der Bürgerrat der Montag Stiftung zu meinen scheint. Natürlich zu dem auch, was rot-rot-grün im Verbund mit der GEW möchte. Das ist typisch: Das Wahlvolk denkt in vielem anders als die Politiker, die in Wahlen von eben diesem Wahlvolk gewählt wurden.
FRAGE: Was würde wohl nach Abschaffung des Gymnasiums mit den Resultaten der Vergleichstests passieren? Wer möchte wetten?
Zitat:
“Obwohl die Leistungen dort in den Vergleichstests fielen, wie überraschend…”
Keine Schulform konnte steigende Leistungen vorweisen.
Zitat:
“Vielleicht ein Indiz, nicht die “Schwarmintelligenz” zu fragen …”
Warum wird die Schwarmintelligenz bei Wahlen gefragt?
Ich hatte über die Grundschuljahre der Kinder den Eindruck, dass es immer mehr den “Kuschelkurs” gibt. 7-Jährige sollen in Projekten arbeiten und eigenverantwortliches Lernen erfahren… dafür kommen Grundfertigkeiten wie Lesen und Schreiben viel zu kurz. Den schwächeren Schülern und auch ihren besorgten Eltern wird vermittelt, dass jeglicher Lernstand okay ist. Die Leistungsstarken sollen den anderen helfen und die Aufgaben erklären. Niemand wird wirklich gefördert oder gefordert, das Niveau passt sich einfach nach unten an. Das nach der Grundschule noch weiter fortzuführen kann nicht gut sein. Für uns war der Übergang ans Gymnasium ein Geschenk, plötzlich Lernfreude statt Langeweile. Ich kann die Umfragewerte gut nachvollziehen.
Prof. Fend / Auszug jungewlt.de, 24.08.2024
Enttäuschte Hoffnung
Nach Beendigung seiner Langzeitstudie stellte Fend jedoch, sehr zu seinem eigenen Verdruss, fest: »Die Gesamtschule schafft unterm Strich nicht mehr Bildungsgerechtigkeit als die Schulen des gegliederten Schulsystems – entgegen ihrem Anspruch und entgegen den Hoffnungen vieler Schulreformer, denen ich mich verbunden fühle. Die soziale Herkunft, so die bittere Erkenntnis der neuen Studie, entscheidet hierzulande noch langfristiger über den Bildungserfolg der Kinder als bislang angenommen. Die größte Enttäuschung entsteht beim Blick auf die soziale Selektivität bei den verschiedenen Stufen des Bildungs- und Berufsweges. Sie wird durch die Gesamtschulen nicht reduziert! Bei ehemaligen Kindern aus Gesamtschulen, Förderstufen und dem dreigliedrigen Bildungswesen bestimmt die soziale Herkunft gleichermaßen mit, welche Schulabschlüsse, Ausbildungen und Berufe sie erreichen. Solange die Schule intern agieren kann, kann sie die soziale Selektivität durchaus reduzieren. Wenn es um die weiteren Bildungsstufen geht, um Ausbildung oder Berufslaufbahnen, dann verliert sich dieser schulische Einfluss, und die familiären Ressourcen (…) treten in den Vordergrund.«³