Unterrichten im Brennpunkt: „Wir wollten ein Lernprogramm, das Kinder wirklich selbstständig nutzen können“

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HAGEN. Andrea Gößlinghoff weiß genau, wie sich Unterricht an einer Brennpunktschule anfühlt – und was Kinder brauchen, die ohne ein Wort Deutsch in die Schule kommen. Aus dieser Erfahrung heraus hat die Grundschullehrerin gemeinsam mit dem Informatiker Matthias Geenen ein Unternehmen gegründet: M&A Lernsoftware. Ihr Ziel: praxisnahe Lernprogramme entwickeln, die Lehrkräfte im Alltag wirklich entlasten – und Kindern Lust aufs Lernen machen. Im Interview erzählt Andrea Gößlinghoff, wie aus einer Unterrichtsidee ein deutschlandweit genutztes Bildungsprojekt wurde.

Andrea Gößlinghoff. Foto: privat

Frau Gößlinghoff, News4teachers hat kürzlich über eine Studie des Instituts für Schulentwicklungsforschung der TU Dortmund berichtet. Demnach funktionieren digitale Medien gerade im Grundschulbereich sehr gut – insbesondere in der Sprachförderung. Entspricht das auch Ihrer Erfahrung?

Andrea Gößlinghoff: Ja, auf jeden Fall. Ich habe immer wieder Kinder ohne Deutschkenntnisse in meinen Regelklassen. Da ich mich ja nicht zerreißen kann, bin ich auf digitale Medien angewiesen – und sehe, dass sie wirklich helfen. Kinder sind ohnehin technisch versiert. Oft ist es einfacher, ihnen ein iPad zu geben, als ein Buch. Manche wissen gar nicht, wie man ein Buch aufschlägt oder Seiten umblättert. Das ist traurig, aber Realität. Mit digitalen Geräten klappt das Lernen besser, die Motivation ist höher. Wenn ich sage: „Hier ist eine Aufgabe auf dem iPad“, arbeiten sie plötzlich mit viel mehr Engagement.

M&A Lernsoftware

Andrea Gößlinghoff – Grundschullehrerin mit langjähriger Erfahrung in Klassen mit Kindern ohne Deutschkenntnisse – bringt die pädagogische Expertise in das Unternehmen ein. Alle Konzepte, Inhalte und didaktischen Strukturen der Lernprogramme entstehen aus ihrer täglichen Unterrichtspraxis. Die Materialien werden regelmäßig mit Schülerinnen und Schülern erprobt und fortlaufend verbessert.

Matthias Geenen – Informatiker und erfahrener Softwareentwickler – ist verantwortlich für Technik, Design und Umsetzung. Er sorgt dafür, dass die Lernprogramme intuitiv bedienbar sind und technisch zuverlässig laufen.

Gemeinsam entwickeln sie unter dem Namen M&A Lernsoftware praxisnahe Lösungen für den Deutsch- und Mathematikunterricht an Grundschulen. Der Mix aus digitaler Lernsoftware und gedruckten Arbeitsmaterialien ist optimal aufeinander abgestimmt und ermöglicht individuelles, selbstständiges Lernen – vom Erstlesen über Grammatik bis hin zur Mathematik. Ihre Lernprogramme und Materialien sind bereits an zahlreichen Schulen in Deutschland und im Ausland fest in den Regelunterricht integriert – und begeistern Lehrkräfte wie Kinder gleichermaßen. Besuchen Sie uns! https://ma-lernsoftware.de/

„Ich war an einer Brennpunktschule – da geht es ohne kreative Lösungen nicht“

Sie sind selbst Grundschullehrerin. Ihr digitales Angebot basiert auf Ihren Erfahrungen im Unterricht. Wie hat das begonnen?

Andrea Gößlinghoff: Ich habe elf Jahre an einer sogenannten Brennpunktschule in Hagen gearbeitet. Wir hatten dort den Sozialindex 9 – das ist die höchste Belastungsstufe in NRW. 93 Prozent der Kinder hatten einen Migrationshintergrund. Viele kamen ohne Deutschkenntnisse, oft mitten im Schuljahr. Das war für alle Beteiligten sehr schwierig.

Hagen ist bildungspolitisch oft kein Thema – dabei gibt es dort enorme Herausforderungen.

Andrea Gößlinghoff: Ganz genau. Alle denken immer an Duisburg oder Gelsenkirchen, aber Hagen hat mit rund 43 Prozent den höchsten Migrationsanteil in NRW. Ganze rumänische Dörfer sind dorthin gezogen. Als ich vor zwölf Jahren an die Schule kam, habe ich zunächst „DaZ“ unterrichtet – also Deutsch als Zweitsprache – und wir haben dann irgendwann eine Willkommensklasse gegründet. Denn wir merkten: Es geht so nicht mehr. Lehrkräfte waren überfordert, weil in den Regelklassen immer wieder Kinder landeten, die weder alphabetisiert waren noch Deutsch konnten.

So entstand unsere Auffangklasse, in der nur diese Kinder unterrichtet wurden – etwa 15 Kinder, völlig unterschiedlich: vom Zehnjährigen, der noch nie einen Stift in der Hand hatte, bis zum Kind, das im Herkunftsland schon in der Schule war. Wir hatten damals ganze vier Laptops an der Schule. Ich durfte Lernspiele auf CD-ROM anschaffen – mehr gab der Markt nicht her. Ich hoffte, dass mich diese Programme entlasten würden. Aber sie funktionierten kaum: zu kleine Buttons, zu komplizierte Aufgaben, zu viel Vorwissen vorausgesetzt. Ich musste immer danebenstehen und helfen.

„Da dachte ich: Wenn ich von jedem Programm das Beste nehme, entsteht vielleicht etwas Gutes“

In dieser Zeit reifte in mir die Idee: Wie müsste ein Spiel aussehen, das Kinder wirklich selbstständig nutzen können? Jedes Programm hatte gute Elemente – aber keines war rund. Ich dachte: Wenn ich das eine mit dem anderen verbinde und sinnvoll ergänze, könnte etwas entstehen, das funktioniert. Denn gerade nicht alphabetisierte Kinder kann man mit Arbeitsblättern kaum fördern. Sie brauchen visuelle und auditive Unterstützung – und zwar so, dass sie selbst arbeiten können.

Zwischen dieser Idee und der tatsächlichen Gründung liegt ja noch ein Schritt. Wie kam es dazu?

Andrea Gößlinghoff: Ehrlich gesagt: durch Zufall. Ich erzählte beim Volleyball einer Teamkollegin von meiner Idee. Sie sagte später: „Mein Freund ist Informatiker, der ruft dich morgen an.“ So lernte ich Matthias kennen – meinen heutigen Geschäftspartner. Ohne dieses Gespräch wäre das nie passiert. Ich hätte nie einen Informatiker beauftragt, geschweige denn gewusst, wie man eine Firma gründet.

Er fand die Idee sofort spannend, zumal damals gerade viele Geflüchtete aus Syrien kamen. Er sah darin Potenzial, hatte bereits Firmenerfahrung und brachte das technische und organisatorische Know-how mit. Ich wiederum die pädagogische und didaktische Perspektive. Das passte perfekt.

„Wir haben einfach ausprobiert, was im Klassenzimmer funktioniert“

Wir gründeten eine kleine GbR – zunächst nur nebenberuflich. Unser erstes Projekt hieß „Sag es auf Deutsch“ – unser Marienkäfer-Lernspiel. Ich setzte es direkt in meiner Klasse ein. Bald merkte ich: Ich brauche zum Beispiel eine Auswertung, um zu sehen, was die Kinder tatsächlich gemacht haben. So entwickelten wir das Programm ständig weiter – immer auf Basis realer Unterrichtserfahrungen.

Das ist, glaube ich, der große Unterschied zu Verlagsprodukten, die im Büro entstehen. Wir haben mit echten Schülerinnen und Schülern getestet. Unsere Zielgruppe sind nicht die „Durchschnittskinder“, für die ohnehin genug Material existiert, sondern diejenigen, die sonst durchs Raster fallen: Kinder aus bildungsfernen Familien, lernschwache Kinder, nicht alphabetisierte Kinder.

Wir haben gesagt: Das Programm muss so einfach sein, dass selbst ein Kind mit Förderbedarf damit selbstständig arbeiten kann. Heute nutzen viele Förderschulen unsere Materialien, genau aus diesem Grund.

„Aus Wortschatz wurde Grammatik – und dann ein ganzes Lehrwerk“

Sie haben ursprünglich mit Sprachförderung begonnen. Inzwischen decken Sie aber mehr ab, richtig?

Andrea Gößlinghoff: Ja, wir sind gewachsen. Anfangs war es reines Wortschatztraining. Doch auf Lehrerfortbildungen – vor allem über die kommunalen Integrationszentren in NRW – kam schnell die Nachfrage nach Grammatikmaterial. Also haben wir das ergänzt.

Später brauchte meine Schule ein neues Alphabetisierungs-Lehrwerk. Ich sah, wie schwierig bestehende Bücher für unsere Kinder waren: Zu viele unbekannte Wörter, zu viel Text, kaum Bezug zur Lebenswelt. Da dachte ich: Wir machen ein Buch, das wirklich zu unseren Kindern passt – kombiniert mit Lernsoftware.

So entstand unser erstes Buch. Es beginnt nicht mit Buchstaben, sondern mit Wortschatz, der die Buchstaben enthält. Denn ein Kind, das ein Bild nicht benennen kann, kann auch den Anlaut nicht hören. Die Kinder üben also zunächst acht Wörter – digital mit Ton – und schreiben dann die Buchstaben. Jede Seite ist gleich aufgebaut, mit klaren Wiederholungen. Selbst motorisch schwache Kinder können damit umgehen, weil sie zunächst nur nachfahren müssen und immer wissen, wo sie ansetzen sollen.

Das Konzept kam so gut an, dass viele Schulen – vor allem in Gelsenkirchen, Wuppertal, Duisburg und natürlich Hagen – darauf umgestiegen sind. Sie sagen: Für die starken Kinder gibt es genug Material. Aber für die Schwachen, für die Kinder ohne Deutschkenntnisse, fehlt es.

„Mittlerweile nutzen über 5.000 Schulen unser Material“

Ihr Material scheint also schon weit verbreitet zu sein.

Andrea Gößlinghoff: Ja, wir sind inzwischen an über 5.000 Schulen vertreten. Neben Wortschatz und Grammatik haben wir Deutschbücher für die Klassen 2 bis 4 entwickelt – wiederum mit einfachen Aufgabenformaten und einer klaren Struktur. Der Fokus liegt auf selbstständigem Arbeiten.

Und aktuell arbeiten wir an einem Mathematik-Lehrwerk. Denn auch DaZ-Kinder brauchen Mathe-Materialien, die sie ohne ständige Hilfe bearbeiten können. In den meisten Schulbüchern ist die Sprache viel zu komplex. Wir führen deshalb auch hier gezielt Wortschatz ein – „Dreieck“, „Quadrat“ –, immer mit Artikeln und Bildern. So können Kinder mathematische Begriffe verstehen und gleichzeitig Deutsch lernen.

„Ich mag das Multikulti – aber jetzt sehe ich, wie unterschiedlich Schulen sein können“

Sind Sie weiterhin an derselben Grundschule tätig?

Andrea Gößlinghoff: Nein. Ich hatte im letzten Schuljahr ein Sabbatjahr, um zu reisen – und habe unterwegs fleißig neue Bücher geschrieben. Nach meiner Rückkehr kam ich nicht an meine alte Schule zurück, sondern wurde abgeordnet – an eine Schule mit Sozialindex 3. Das war erst ein Schock, weil ich mich eigentlich im Brennpunkt wohlfühle. Ich mag dieses Multikulti.

Aber es war spannend, den Unterschied zu erleben: Früher hatte ich Kinder, die unpünktlich kamen, keine Stifte, keine Elternunterstützung. Jetzt sitzen mir Kinder gegenüber, die ordentlich vorbereitet sind, Eltern, die kommunizieren und mitdenken. Zum ersten Mal kann ich mich wirklich aufs Unterrichten konzentrieren – und nicht auf Sozialarbeit.

Trotzdem kann ich mein Material auch hier weiterhin einsetzen. In jeder Klasse gibt es ein bis zwei Kinder, die kaum Deutsch sprechen. An meiner aktuellen Schule ist der Elternhintergrund ein anderer – oft sind es Familien, die wegen der Arbeit nach Deutschland gekommen sind und großen Wert auf Bildung legen. Diese Kinder profitieren ebenfalls sehr von der Lernsoftware, weil sie individuell und selbstständig damit arbeiten können. So kann ich auch in diesem Umfeld weiter testen, was funktioniert und was sich vielleicht noch verbessern lässt.

Informieren Sie sich gerne! https://ma-lernsoftware.de/

Dies ist ein Advertorial / eine Pressemitteilung der M&A Lernsoftware GmbH.

Hier geht es zu allen Beiträgen des Themenmonats “Digital lehren und lernen”. 

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