BERLIN/BONN. Schon am Ende der Grundschulzeit wird es für Kinder in Deutschland ernst: Sie stehen vor der Entscheidung, auf welcher weiterführenden Schulform sie ihren Bildungsweg fortsetzen. Seit Jahren steht diese frühe Selektion in der Kritik, insbesondere Kinder aus bildungsfernen Haushalten zu benachteiligen. Der Bürgerrat Bildung und Lernen setzt dem ein anderes Modell entgegen: gemeinsames Lernen bis zur 10. Klasse. Über Chancen und Herausforderungen dieses Ansatzes diskutierten Ayla Çelik, Vorsitzende der GEW NRW, Heinz-Peter Meidinger, Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbands, und Felix Voss, Mitglied des Bürgerrats Bildung und Lernen, im neuen Bürgerrat-Talk – live in Berlin. Am Mittwoch, 17. Dezember, um 18 Uhr wird der Mitschnitt der Diskussionsrunde als Stream auf YouTube veröffentlicht. Seien Sie dabei!

Unter dem Titel „Zusammen bis zum Schluss – wie viel gemeinsames Lernen ist sinnvoll?“ kamen im Rahmen der abschließenden Konferenz des Bürgerrats Bildung und Lernen unterschiedliche Perspektiven zusammen. In der Aula der Evangelischen Schule Berlin Zentrum nahm die Diskussion Chancen und Herausforderungen in den Blick – von Fragen der Chancengerechtigkeit und des sozialen Miteinanders über die Lernmotivation bis hin zu ganz praktischen Herausforderungen der Umsetzung im Schulalltag.
Grundlage bildete die Empfehlung des Bürgerrats Bildung und Lernen, Schüler*innen bis zum 16. Lebensjahr gemeinsam im Klassenverband lernen zu lassen. Ergänzend zum Basisunterricht sollen die Lernenden regelmäßig Module und Kurse wählen können, die sich an ihren individuellen Stärken und Interessen orientieren und jahrgangsübergreifend organisiert sind.
„Die Forderung nach einer längeren gemeinsamen Schulzeit hinterfragt eine vertraute Ordnung“
Der Bürgerrat sieht darin einen Weg, Bildungswege länger offenzuhalten, herkunftsbedingte Nachteile auszugleichen und zugleich individuelle Stärken gezielt zu fördern. Eine deutliche Mehrheit der Bürgerrätinnen und Bürgerräte spricht sich für dieses Modell aus. Es ist ein Vorschlag, der das deutsche Schulsystem grundlegend infrage stellt – und der in Berlin intensiv diskutiert wurde. Mit dabei waren:
- Ayla Çelik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW,
- Heinz-Peter Meidinger, Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), und
- Felix Voss, Mitglied des Bürgerrats Bildung und Lernen.
„Die Forderung nach einer längeren gemeinsamen Schulzeit hinterfragt eine vertraute Ordnung. Aber genau an solchen Punkten müssen wir ansetzen, wenn wir darüber sprechen wollen, wie Bildung in Deutschland zukunftsfähig wird“, fasst Andrej Priboschek, Moderator des Talks und Herausgeber der Online-Nachrichtenseite News4teachers (Medienpartner der Veranstaltung), die Bedeutung des Themas zusammen.
Die Diskussionsrunde ist am Mittwoch, 17. Dezember, ab 18 Uhr online zu verfolgen (Zugang gratis).
4. Debatte der Reihe „Bildung und Lernen im Dialog“
Die Online-Gesprächsreihe wird von der Montag Stiftung Denkwerkstatt ausgerichtet. Ziel der Debatten ist es, die Empfehlungen des Bürgerrats gemeinsam mit Fachleuten und Betroffenen sachlich zu beleuchten – aus unterschiedlichen Perspektiven.
Die Debatte zum längeren gemeinsamen Lernen bildet das vierte Streitgespräch der Reihe „Bildung und Lernen im Dialog“ (der Bürgerrat hat insgesamt 19 Empfehlungen vorgelegt): Im August ging es in der Auftaktveranstaltung um den Sinn von Ziffernnoten (die Aufzeichnung finden Sie hier), im September folgte die Diskussion zur Frage, ob Schulen und Schüler*innen mehr Freiheit brauchen (die Aufzeichnung finden Sie hier). Im Oktober diskutierten Bob Blume, Lehrerverbandspräsident Stefan Düll und Schülerin Maximiliane Junghans, Mitglied im Jungen Bürgerrat Bildung und Lernen, über den Sinn von Hausaufgaben (die Aufzeichnung finden Sie hier).
Den vorläufigen Abschluss der Reihe bildet der Live-Talk aus Berlin vom 21. November im Rahmen der zweitägigen Abschlusskonferenz des Bürgerrats Bildung und Lernen – dessen Mitschnitt nun veröffentlicht wird.
Termin: 17. Dezember 2025, 18 Uhr, online auf Youtube – hier geht es hin:
News4teachers
Hier lassen sich die aktuellen Empfehlungen des Bürgerrats Bildung und Lernen herunterladen.









Ich bin froh, wenn meine Kinder endlich alle auf dem Gymnasien sind und dann endlich Mal etwas lernen. In der Grundschule, die sowohl Einfamilienhaussiedlungen als auch Brennpunktwohnungen im Einzugsgebiet hat, wo viele Kinder aus Familien mit niedrigen Einkommen und Bildung hingehen, die Quote mit Migrationshintergrund bei 80% liegt und viele nicht so gut Deutsch sprechen wie meine Kinder, sind sie sehr oft unterfordert. Warum sollte man das Kindern noch länger antun wollen? Wem ist damit geholfen? Meine Kinder wollen und können leisten, aber die Erwartungshaltung die Schule ihnen beibringt ist Null. Sie lernen, dass sie immer die Besten sind ohne etwas dafür zu tun und ohne wirkliche Fortschritte zu erzielen. Wenn ich sehe, was in England an den Schulen mit Doug Lemovs Methoden an Leistung bereits in der Grundschule im Brennpunkt möglich ist, frage ich mich, ob man nicht erstmal das ganze System umstellen sollte, bevor man die Kinder noch länger so unterrichtet.
Am Gymnasien bekommen meine Kinder so jedenfalls viel eher das, was sie brauchen und sie werden jeden Tag etwas Neues lernen.
Huch. Wir scheinen die gleiche Schule zu haben. Unterschreibe ich!
Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Meine Kinder haben sich vor allem zum Ende der Grundschule hin eher gelangweilt.
Der Bürgerrat hat Fühlis,
Mäuse machen Wühlis!
Die richtige Moderation garantiert,
das für das Ergebnis sich keiner geniert!
Der Stern glänzt auf dem Baum,
draussen ist es kalt,
den Mäuschchen gönn ihr Käsestück,
‘s ist nun Weihnachtszeit!
Der Braten ist geplant
und der Tisch schon fast gedeckt,
derjenige wird
wie der Hund in der Pfanne verrückt,
wenn er sich da groß nach Schulproblemen bückt.
Drum kriegt der Hund ‘ne Wurst,
die Maus im Schuppen Käse,
die Kinder fein Geschenkelein,
und auf die Bildungsratsdebatte
tun wir _ _ _ _ _ _ _ e mit Mayonäääse.
😀
Diese Erfahrungen hatte meine Tochter nicht. Allerdings gab es da auch individuelle Wochenpläne, so dass die Kids schon in ihrem eigenen Tempo vorwärts kamen. Nur gegen Ende, in der Corona Zeit wurde ihr langweiliger.
Viele schreiben ja, so würden die Kids nichts lernen. Das kann ich nicht bestätigen – sie war inhaltlich bestens auf das Gym. vorbereitet. Das Einzige, womit sie am Gym. bis heute hadert, ist der Gleichschritt. Denn auch dort gibt es schwache SuS und auf die müssen die Schnelleren nun warten. Das frustriert.
Leider muss ich auch zustimmen.
Langeweile weil die überlastete Brennpunktschule nicht dem gesetzlichen, individuellen Lehrauftrag nachkommen kann ist das eine.
Das andere ist, dass gerade disziplinierte, regelkonforme und ruhige Kinder Stress mit einem unruhigen sozialen Umfeld bekommen. Gemeinsames Lernen und Spielen mit vergleichbaren Peers entfällt in der Schulzeit.
Solange die Eltern Schule als notwendiges Übel sehen wird es auch nicht besser.
Warum fordern Sie nicht zur Abwechslung mal, dass Grundschulen viel besser ausgestattet werden?
Vielen ist offensichtlich immer noch nicht klar, dass der Knackpunkt ganz woanders liegt.
Ehrlich, das, was Sie hier von sich geben, zeigt sehr gut auf, weshalb es ist, wie es ist. Anstatt, dass die tonangebenden Leute in Deutschland für eine Stärkung der frühkindlichen und Grundschulbildung kämpfen, versuchen sie nur ihre eigenen Kinder aufs Gymnasium zu bringen.
Auf die anderen kann man dann schön herabblicken und sich empören.
Ich habe mich damals in der Grundschule trotz Heterogenität nicht gelangweilt. Das lag aber daran, dass die Rahmenbedingungen gut waren. Da konnte man dann binnendifferenziert in der Grundschule arbeiten. Jetzt stimmen die Rahmenbedingungen aber nicht mehr. Deshalb muss endlich hier viel mehr passieren!
Also, liebe Eltern und Großeltern (auch und insbesondere die Lehrkräfte und ehemaligen Lehrkräfte unter Ihnen), machen Sie sich endlich stark für alle! Engagieren Sie sich, denn auch für Sie würde sich das auszahlen. Sie wollen später ja gut medizinisch, pflegetechnisch, sozial usw. versorgt werden.
Das kann man nur gewährleisten, wenn unser Land ganz besonders in Kinder (und zwar alle Kinder) investiert. (Nein, man soll Eltern nicht mehr Geld geben, sondern direkt investieren.)
Zum Bürgerrat: Nein, gemeinsames Lernen (“alle in immer in einem Raum”) bis zur zehnten Klasse funktioniert in den meisten Fächern nicht. Nein, wirklich nicht. Nein, auch in anderen Ländern nicht, egal, was euch deutsche sog. Bildungsexpert*innen erzählen.
Korrekt, und wenn man das zB so wie oben angedeutet umsetzt, werden Privatschulen einen massiven Zuwachs bekommen.
Die Folge wird eine noch stärkere Trennung sein. Wer es sich leisten kann holt sein Kind da weg.
Das würde nur funktionieren, wenn der Anteil schwacher und sozial auffälliger SuS klein ist. Mit den derzeitigen Verteilungen wird das nicht funktionieren.
Dann noch gebundener Ganztag dazu, keine Hausaufgaben, damit auf keinen Fall jemand zu Hause gut lernen kann. Außerdem schlechtes Essen und unsanierte Gebäude. Keine Aufenthaltsqualität auf den Schulhof.
Eine katastrophale Vorstellung.
Wie kann man die Idee haben, dass das besser ist als jetzt? Und wer will das für sein Kind?
In der Gymnasialklasse meines Sohnes waren zwei hochbegabte Jungs, die bei einer Geburtstagsfeier berichteten, dass sie in der Grundschule massiv gemobbt wurden, weil sie gute Schüler waren. Und jetzt soll das bis zur 10. Klasse weitergehen?
“Endlich sind wir untereinander! Endlich sind hier nur Schüler, die auch lernen wollen, was erreichen wollen und nicht den Unterricht stören!” – Das sind Aussagen, wie sie Schüler machen, wenn sie bei uns aus der 10. Klasse Gesamtschule in unsere die Oberstufe kommen. Und das, obwohl es vorher innere und äußere Differenzierung gibt.
Natürlich ist das bitter und sollte so nicht sein, aber Ressourcen und Zeit reichen nicht, um allen Kindern gerecht zu werden. Da muss man sich im Zweifelsfall an den schwachen Schülern orientieren und sie mitnehmen, auch wenn das auf Kosten der starken Schüler geht.
Vielleicht sollten unsere “Bürger” weniger “raten”, was für sie “gerecht” ist, sondern einfach mehr auf die Schüler und Lehrkräfte hören. Das könnte hilfreich sein.
Und wo genau liegt das Problem?