Weil Söhne in Schule randalierten (150.000 Euro Schaden): Mutter verurteilt

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OSNABRÜCK. Drei Schüler, elf und zwölf Jahre alt, drangen in eine Schule im niedersächsischen Bissendorf ein – und zogen dort eine Schneise der Verwüstung hinter sich her. Der Schaden belief sich auf 150.000 Euro. Jetzt, vier Jahre später, stand die Mutter von zwei der Jungen wegen Verletzung der Aufsichtspflicht vor Gericht.

Das Gericht hat entschieden. Illustration: Shutterstock

Im Prozess um die Randale an einer Schule in Bissendorf im Jahr 2020 wurde am Dienstag ein Urteil gefällt, obwohl die angeklagte Mutter der Sitzung fernblieb. Auf Vorschlag der Staatsanwältin wurden 150 Tagessätze von zehn Euro angesetzt, und der Prozess wird nun eingestellt. Sollte die 44-jährige Mutter innerhalb von zwei Wochen keinen Einspruch einlegen, wird das Urteil rechtskräftig und die Frau wäre vorbestraft. Dies berichtet der Norddeutsche Rundfunk.

Die alleinerziehende Mutter von zwei der beteiligten Jungen war wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht angeklagt. Da sie am Dienstag nicht zum angesetzten Termin vor dem Amtsgericht Osnabrück erschien, wurde ein Strafbefehl erlassen. Der Prozess hatte sich wiederholt verzögert, unter anderem weil Zeugen und Angeklagte nicht vernommen werden konnten.

Die Staatsanwaltschaft warf der Mutter vor, ihre Söhne im Frühjahr und Sommer 2020 vor allem abends und nachts oft unbeaufsichtigt gelassen zu haben. Die elf und zwölf Jahre alten Kinder waren laut Anklageschrift zuvor bereits in 19 Fällen auffällig geworden. Die Verteidigerin der Frau hielt die Anklage für unverhältnismäßig, da Kinder in diesem Alter nicht rund um die Uhr beaufsichtigt werden könnten.

Die beiden Söhne der Frau sollen zusammen mit einem Freund im Jahr 2020 in der Schule in Bissendorf Dachfenster zerschlagen, Regale zerstört und Wasserhähne aufgedreht haben, wodurch mehrere Räume überschwemmt wurden. Der Schaden belief sich laut Gericht auf 150.000 Euro. News4teachers / mit Material der dpa

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Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Ein Grund mehr, den Ladenschluss auf 19 Uhr herunterzusetzen.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Leider wird es dazu nicht mehr kommen. Während meiner Schulzeit hatte ein Schreibwarenfachgeschäft (gab es damals noch) extra vor der Schule auf, damit wir – insbesondere die Fahrschüler vom Land – dort noch einkaufen konnten. Als es dann aber immer mehr Schnick-Schnack in Form von Spitzern und anderen Utensilien gab, machte das Fachgeschäft irgendwann erst nach Beginn des Unterrichts auf, da sich die frühe Öffnung wegen gehäuft auftretender Ladendiebstähle nicht mehr lohnte.

Was für Kinder und Familien besser wäre, hat zu selten Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Warum sollte der Geschäftsinhaber eine Horde diebischer Elstern dulden?

Unfassbar
1 Jahr zuvor

Das Strafmaß ist angesichts des Schadens und der Verfahrenskosten lächerlich. Ich hoffe, dass zivilrechtlich bei den Jungs noch ein Titel erwirkt werden kann.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Das hoffe ich nicht, obwohl ich das Verhalten der Jungen selbstverständlich nicht in Ordnung finde.

Erwachsene können immer leichter Privatinsolvenz anmelden. Der Trend geht dahin, dass das Bargeld abgeschafft werden oder zumindest bald unerwünscht sein soll. – Mit dem Erfolg, dass mehr Jugendliche und junge Erwachsene die Kontrolle über ihre Ausgaben nicht mehr wirklich im Blick haben.

Die Anzahl psychisch kranker und/oder straffällig gewordener Minderjähriger liefern der Gesellschaft wichtige Hinweise zum Umdenken. Man kann zwar Eltern nicht zwingen, ihren Kindern Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, aber zumindest an den Konditionen, die die Entfremdung zwischen Eltern und Kindern begünstigen, könnte einiges geändert werden. – Wie gelbe Rulpe schon schrieb: “Ein Grund mehr, den Ladenschluss auf 19 Uhr herunterzusetzen. – Und weil das Wohl von Menschen mehr zählen sollte als ein Tag und Nacht fortwährender Betrieb von Maschinen, gibt es auch sonst in der Arbeitswelt noch einiges, was verbessert werden könnte.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Bei einem Tagessatz von 10 Euro können Sie sich leicht ausrechnen, dass die Frau kein Geld hat (ganz grob gerechnet: Einkommen pro Monat = Tagessatz * 30)

Enjoy your chicken Ted
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Die Jungs müssen den Sachschaden bezahlen, sobald sie in Lohn und Brot stehen. Wahrscheinlich ihr Leben lang.

Haben einen sehr ähnlichen Fall an der Schule.

Unfassbar
1 Jahr zuvor

Das ist ein Titel, den ich meine. Hoffentlich gibt es so etwas und hoffentlich ist der insolvenzsicher und auch bei Bürgergeldbezug vollstreckbar.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Hoffentlich lernen die Kinder aus dem was sie angerichtet haben – und hoffentlich erhalten sie die Hilfe, die sie brauchen, um durch eine lebenswerte Zukunftsperspektive motiviert zu werden.

“Vollstreckbare Titel” – die gibt es ja nicht mal gegenüber Politikern, die wesentlich höhere Schäden verursacht haben, an die sie sich nicht erinnern können oder zu denen sie die Nachweise gelöscht haben.

Chris
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Da es sich bei dem Schaden nicht um”ehrenhafte Schulden” handelt, ist der Titel zumindest über 30 Jahre insolvenzsicher, auch wenn nicht bei Bürgergeld vollstreckbar. Die Kinder werden also zumindest über fast ihr komplettes Berufsleben an den Schulden hängen. Nur “ehrenhafte Schulden” lassen sich im Rahmen einer Privatinsolvenz bereinigen. “Ehrenhafte Schulden” sind kurz gesagt reguläre Kredite bei denen der Gläubiger die freie Wahl hatte zu entscheiden, ob er dem Schuldner den Kredit gibt oder nicht. Da muß er dann auch mit einem etwaigen Ausfallrisiko rechnen. Hier hatte der Gläubiger nicht die Wahl nein zu sagen, entsprechend sind es unehrenhafte Schulden.

A.M.
1 Jahr zuvor

“Die elf und zwölf Jahre alten Kinder waren laut Anklageschrift zuvor bereits in 19 Fällen auffällig geworden.” – Wenn die Kinder bereits vorher gehäuft auffällig geworden waren, stellt sich die Frage, inwieweit das Jugendamt interveniert hat.
Jugendamt und Schule dürfen wegen des Datenschutzes nichts zur Vorgeschichte preisgeben. Aber es gibt natürlich eine Vorgeschichte.

Wenn Sie einen sehr ähnlichen Fall an der Schule hatten, frage ich mich, wie das Lehrerkollegium sich mit dem Vorfall und der Situation der Kinder auseinandergesetzt hat.

Enjoy your chicken Ted
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Ganz einfach, die SuS wurden der Schule verwiesen. Sie sind dann schnell abgeschult worden.

potschemutschka
1 Jahr zuvor

Aus den Augen, aus dem Sinn? – hat wenigstens das Jugendamt die Familie noch auf dem Schirm? Oder läuft das wie in Berlin – anderer Stadtbezirk (Umzug der Familie), wegen Datenschutz keine Informationen weitergeleitet, weder von Jugendam zu Jugendamt, noch von Schule zu Schule – also alles beginnt bei Null. Läuft!

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Die Frage wollte ich auch stellen. Und wie soll es un Zukunft gehandhabt werden, wenn Kinder zunehmend mehr wache Zeit in Institutionen verbringen, dort mangels Erziehung Defizite aufweisen und die Eltern dies im Sinne ihrer Kinder beanstanden?

Biene
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Die Damen und Herren beim Jugendamt sind ebenfalls chronisch überlastet und leiden an Personalmangel.
Meine Vermutung: Jugendamt ist informiert. Ob und was sich tut: anderes Blatt Papier.

Sokrates
1 Jahr zuvor

Interessante Ansicht. Vermutlich sind Sie auch für die Todesstrafe, da es sonst keinen wesentlichen Sanktionierungsunterschied mehr zu Körperverletzung u.ä. gäbe.
Und wenn Ihnen Resozialisierung nicht liegt, können Sie bestimmt auch sagen, wie die meisten Menschen agieren würden, die lebenslang bezahlen müssten und daher kaum Hoffnung auf Besserung ihrer Lebensumstände hätten.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Da hat der Vater aber wieder Glück gehabt!

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Ich erkläre das mal :
Kann natürlich sein, dass die Mutter väterlichen Kontakt aktiv verhindert oder negativ beeinflusst hat. Kann sogar sein, dass sie beim Vater unbekannt angegeben hat. Kann auch sein, dass sich beide gemeinsam auf Augenhöhe die Erziehung geteilt haben und nur die Mutter ihren Teil vernachlässigt hat.
Sollte es aber so sein, was auch gut möglich ist, dass der Vater gar kein Interesse am Kind hat oder sich für seine Freiheit aus dem Staub gemacht hat, vielleicht gerade, weil die Kinder schwierig wurden oder dass die Mutter notgedrungen auf das alleinige Sorgerecht bestand im Wissen, dass es den Kindern beim Vater nicht gut gehen würde – dann muss man sich doch fragen, warum es bei der Mutter relevant ist, sich diverse Abende und Nächte nicht gekümmert zu haben, beim Vater aber nicht relevant ist, sich mitunter Jahre nicht gekümmert zu haben.
Wir machen es uns als Gesellschaft da sehr einfach und greifen auf die Person zurück, die eben greifbar ist – makaberer Weise, weil sie sich kümmert. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Solange dieses Unrecht nicht behoben ist, habe ich kein moralisches Problem damit, dass die Kinder rechtlich zuerst zur Mutter gehören.

uesdW
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Und was ist, wenn der Vater verstorben ist?
Hat er dann auch Glück gehabt?

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Kenne Sie die konkrete Konstellation? Vielleicht hat er einfach kein Sorgerecht?

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Bissendorf ist zwar bei uns um die Ecke, aber nein.
Könnte die Mutter denn dem Vater das Sorgerecht aufzwingen? Bei Nicht-Verheirateten hat das Sorgerecht und somit auch die Verantwortung automatisch die Mutter. Wenn der Vater auch Interesse hat, kann er es einfordern oder auch einklagen. Aber umgekehrt? Kann die Mutter einklagen, dass der Vater mitverantwortlich sein soll?

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Es geht hier aber um Verletzung der Aufsichtspflicht. Wie soll die denn praktisch ausgeübt werden, wenn die Eltern nicht zusammenwohnen?

Soll der Vater dann abends vor der Wohnung der Mutter herumlungern um zu sehen, ob diese ihrer Aufsichtspflicht nachkommt?

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Es geht um das Kümmern allgemein. Das wäre einfacher, wenn der Vater Mithilfe. Also, warum wird die Mutter belangt und der Vater nicht? Es geht nicht um die Aufsichtspflicht direkt. Dafür sind die Jungs zu alt. Klar dürfen die auch ohne Aufsicht herumlaufen.

mama51
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

…naja! Kinder bis einschließlich 13 Jahren dürfen sich laut Jugendschutzgesetz nur bis 20 Uhr alleine, ohne volljährige (Eltern -) Begleitung in der Öffentlichkeit aufhalten… Insofern hat’s doch mit der Aufsichtspflicht zu tun. Egal, wer diese auszuüben hätte…

Harald
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Das kann der Vater natürlich einklagen. Bei meinen Eltern lief das dann so ab, dass meine Mutter qua Geschlecht erst Mal das alleinige Sorgerecht zugesprochen bekam. Im eigentlichen Verfahren Jahre später wurde dann mit Erfolg argumentiert, dass eine Entfremdung zwischen Vater und Kindern stattgefunden hat. Da interessiert es niemanden, dass diese gegen den Willen des Vaters zustande kam.

Realist
1 Jahr zuvor

150 Tagessätze von zehn Euro”

1% für die Erziehungsverpflichteten, 99% für den Steuerzahler.

Ist doch eine faire Aufteilung.