Kultusministerin will mehr “Frei Days” an Schulen – mit Projektunterricht

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HANNOVER. Am «Frei Day» machen Schülerinnen und Schüler nicht etwa frei, sondern setzen selbstständig Projekte um – das möchte jedenfalls Niedersachsens Kultusministerin Hamburg (Grüne), die den Ansatz unterstützt.

Beim Projektunterricht sollen sich Schülerinnen und Schüler mit Zukunftsfragen beschäftigen (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Der Projektunterricht «Frei Day» soll nach Vorstellung von Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg ausgeweitet werden. «Wir wollen weitere Schulen dazu ermutigen, den “Frei Day” einzuführen», sagte die Grünen-Politikerin. Schülerinnen und Schülern würden in dem Format selbstständiges Lernen und Eigenverantwortung beigebracht. Für die Umsetzung werde aber auch mehr Personal benötigt.

Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit

Der «Frei Day» ist ein Lernformat, in dem Schülerinnen und Schüler – in der Regel jahrgangsübergreifend – selbst gewählten Zukunftsfragen nachgehen. Diese orientieren sich einer Handreichung des Kultusministeriums zufolge an den Global Goals der UN: Das sind Ziele für eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene.

«Die Erfahrungen mit dem “Frei Day” sind extrem positiv», sagte Ministerin Hamburg. Sie habe bereits einige Schulen mit diesem Projekt besucht. Dabei sei es «schön zu sehen, wie Kinder hier zu selbstständigem Lernen und zu Eigenverantwortung erzogen werden».

Ursprünglich war der «Frei Day» mit vier Stunden pro Woche während der Kernunterrichtszeit konzipiert worden. Es sind jedoch auch flexible Modelle möglich, etwa auf einen oder zwei Tage pro Woche verteilt oder gebündelt an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Wie viele Schulen in Niedersachsen den «Frei Day» schon integriert haben, konnte das Kultusministerium nicht sagen.

Darum geht es beim «Frei Day»

Die Otfried-Preußler-Schule in Hannover – eine Grundschule, die 2020 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde – gehört zu den Vorreitern. «Die Schüler entwickeln gemeinsam mit anderen Kindern konkrete Lösungen, recherchieren, planen, tüfteln und setzen im Idealfall ihr Projekt auch direkt in der Schule oder in der Nachbarschaft um», sagte die Lehrerin Hanneke Tute, die den «Frei Day» dort seit fünf Jahren begleitet.

«Wir hatten hier zum Beispiel ein Projekt über zwei Jahre laufen, und daraus ist entstanden, dass die Grünfläche vor der Schule jetzt unser Schulgarten ist und zu unserer Schule gehört.» Die Erwachsenen übernähmen dabei nur eine unterstützende Rolle.

 

Zuspruch für den «Frei Day» gibt es grundsätzlich auch aus der Opposition. So sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Fühner, er finde die Idee gut. Wichtig sei aber eine hochwertige Umsetzung. «Das Projekt darf kein Selbstzweck sein, sondern muss einen Mehrwert bieten», sagte Fühner.

Selbstbewusster durch «Frei Day»

Die Grundschullehrerin Tute berichtete, von weiterführenden Schulen höre sie immer wieder, dass sich Kinder, die am «Frei Day» teilnahmen, mehr zutrauen würden. Es seien Briefe an den Bürgermeister geschrieben, Interviews geführt oder Filme gedreht worden. «Die trauen sich das zu, die sind handlungsfähig, die trauen sich auch zu, Zukunftsfragen zu begegnen», sagte Tute.

Die Lehrerin ist überzeugt: Die Kinder würden dazu befähigt, mit eigenen Herausforderungen und den Herausforderungen der Zeit klarzukommen, anzupacken, Mut und Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln und Aufgaben mit Kreativität zu begegnen. News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert:

Diese Forscherin baut die Schule der Zukunft: Es gibt nur noch Projektunterricht – und Lehrer werden zu Lernbegleitern

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19 Kommentare
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Alex
7 Monate zuvor

Man beachte den wichtigen Hinweis:“Für die Umsetzung werde aber auch mehr Personal benötigt.“ Wenn es das nicht gibt, ist es wieder nur Mehrarbeit für die KuK.

ed840
7 Monate zuvor
Antwortet  Alex

An Grundschulen in Niedersachsen wäre die Unterrichtsversorgung ja rein statistisch immerhin “noch” bei 98%. Da dürfte der Fakt, das in NS in der GS von 1- – 4. Klasse nur 94 Wochenstunden erteilt werden, statt z,B, 104 wie in Bayern oder 108 wie HH, vermutlich eine gewisse Rolle spielen. Könnte sich also ggf. stärker an Realschulen mit 95,2%, Oberschulen 92,9% oder Hauptschulen mit 91,5% auswirken.

Tomb Raider
7 Monate zuvor

Bin an einer freien Schule, wo wir diesen Freiday schon probieren. Die meisten KuK haben an dem Tag frei, nur wenige müssen beobachten. Viele Schüler sind entweder zuhause, in Gruppen oder irgendwo in der Schule und arbeiten an ihrem Projekt.
Für uns ist das win-win. Lehrer entlastet und Schüler zufriedener 🙂

Besseranonym_2
7 Monate zuvor
Antwortet  Tomb Raider

Interessant
In welchem Alter sind Ihre ” frei ” -Schüler* innen und
wie viel Wochenstunden haben die Klassen in Folge?
Dank jetzt schon für Ihre Antwort.

Sandrina
7 Monate zuvor
Antwortet  Tomb Raider

Wie finden das die Eltern? Können das alle leisten (i.S.v. Geräte/Materialien zur Verfügung stellen, Aufsicht sicherstellen, für Mittahessen sorgen, kurzum: den Tag auch zuhause verbringen?)?

Sepp
7 Monate zuvor
Antwortet  Tomb Raider

Entschuldigung, aber das ist definitiv keine “win-win”-Situation und so sollte es auch nicht laufen!

Kinder brauchen bei wirklich Projekt-artigem Arbeiten eine Menge Unterstützung, damit es gut klappt. Sonst “wurschteln” sie nur irgendwie vor sich hin und es kommt bei Weitem nicht das dabei raus, was herauskommen könnte. Dann ist der Lernerfolg auch deutlich geringer als bei guter Betreuung.

Aber Hauptsache, die Schüler wirken zufriedener/entspannt und Sie sind als Lehrkräfte entlastet. Darum geht es ja offenbar nur…

Palim
7 Monate zuvor
Antwortet  Tomb Raider

Es geht doch gar nicht darum, dass Kinder „frei“ haben, so ein Quatsch.

Zudem brauchen ja viele Familien verbindliche Betreuung, die ab 2026 erweitert wird.

Pascal
7 Monate zuvor

Bitte nicht. Auch “Projektunterricht” benötigt ein Mindestmaß an Kompetenzen in den Hauptfächern. Diese müssen erst entwickelt werden, ansonsten hat der Projektunterricht aus meiner Sicht wenig Mehrwert. Es sei denn, ein Mehrwert ist gar nicht gewünscht und es handelt sich eher um einen Aufruf zu mehr “Spiel und Spaß”..

Sepp
7 Monate zuvor
Antwortet  Pascal

Mit richtiger Betreuung und Unterstützung können Schüler in Projekten ganz tolle Ergebnisse erzielen. Dazu brauchen sie aber intensive Betreuung.

Andererseits habe ich aber auch selbst bei Oberstufenschülern ohne gute Betreuung ganz schlechte Projekte gesehen, z.B. wurden extrem schlecht gemachte Umfragen gemacht (die keinerlei Aussagekraft hatten) und völlig nutzlose Modelle erstellt. Das haben die Schüler selbst aber gar nicht verstanden, die fanden sich selbst und ihre Projekte ganz toll…

Gute Projektarbeit bedeutet m.E. immer eine massive Zusatzarbeit für Lehrkräfte. Es mag sich nach mehreren Projektdurchgängen rentieren und die Schüler wirklich selbstständiger werden, auf kurze Sicht ist das aber zunächst deutlich mehr Arbeit.

wombatlover
7 Monate zuvor

Oha, eine Ministerin hat eine Schule besucht und weiß nun Bescheid. Natürlich kommt sie gar nicht auf die Idee, dass da irgendwas vorbereitet sein könnte.

Schröder
7 Monate zuvor

Ordentliches lesen, schreiben, rechnen und weniger Stundenausfall wären minimal wichtiger als noch mehr Projekte, Präsentationen usw.

A.J. Wiedenhammer
7 Monate zuvor

«Die Erfahrungen mit dem “Frei Day” sind extrem positiv», sagte Ministerin Hamburg
ABER: “Wie viele Schulen in Niedersachsen den «Frei Day» schon integriert haben, konnte das Kultusministerium nicht sagen.”

Nun ja, sehr intensiv scheint sich das KM samt Ministerin ja noch nicht mit dem Thema beschäftigt zu haben. Aber schön, dass man trotzdem einen feste Meinung dazu hat.

Also die altehrwürdigen Projekttage, nur mit “hip”-neuem Namen und eventuell anderem Zeitmanagement? Bei uns “arbeiten” dann auch viele Schüler Zuhause. Die sind dann tatsächlich ziemlich zufrieden, zugegeben. Und in der Schule sind dann weniger Schüler. Echtes Win-win.

Realist
7 Monate zuvor

Alleine der Name “Frei Day” ist schon suggestiv…

Hier wird suggeriert, dass das kein echter Unterricht ist, ist ja “frei”. Wenn man pro Woche 4 (Zeit?)Stunden ansetzt, kann man schon eine Menge Lehrerstellen einsparen… das “mehr Personal” heißt ja nicht, dass das Lehrkräfte sein müssen, die dann die Stunden übernehmen…

Göttin y
7 Monate zuvor
Antwortet  Realist

So erreicht man ihre 4-Tage Woche

Schwarzwalder
7 Monate zuvor

Es ist schon verblüffend, wie alles heutzutage auf Englisch daherkommt. In 100 Jahren wird man sich dann wohl bemühen, Hochdeutsch zu erhalten, wie man sich heutzutage bemüht, deutsche Mundarten vor dem Aussterben zu retten. Es wäre möglich gewesen, als man sie noch sprach, nun ist es jedoch zu spät.

GriasDi
7 Monate zuvor

Wird dann auch 1/5 des Lehrplans gestrichen?

dickebank
7 Monate zuvor
Antwortet  GriasDi

Sind 80% des Lehrplans dann ein Leerplan?