Schulgebäude vor dem Kollaps: Investitionsstau auf neuem historischen Höchststand

14

FRANKFURT AM MAIN. Fast jede fünfte Kommune kann ihre Schulen kaum noch unterhalten. Darauf verweist das aktuelle KfW Kommunalpanel, eine Befragung zur Finanzlage der Städte, Gemeinden und Landkreise. Demnach hat der Investitionsstau im Bildungsbereich einen neuen Rekordwert erreicht – er entspricht nun einer Strecke von rund 99.000 Kilometern in aneinandergelegten 100 Euro Scheinen, also rund zweieinhalb mal um die Erde. 

Huch. Illustration: Shutterstock

Die Kommunen in Deutschland berichten über einen immer weiter steigenden Investitionsstau. Bei der jährlichen Befragung zum KfW Kommunalpanel bezifferten sie den wahrgenommenen Investitionsrückstand auf 215,7 Milliarden Euro. Das ist ein Rekordwert und ein Anstieg um 15,9 Prozent oder 29,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Der wahrgenommene Investitionsrückstand beschreibt, wie viel die Kommunen heute investieren müssten, um ihre Infrastruktur in Qualität und Quantität wieder in einen adäquaten Zustand zu bringen. Dabei zeigen sich die weitaus größten Probleme mitunter im Bereich der Schulen.

Das KfW-Kommunalpanel beruht auf einer bundesweit repräsentativen Befragung der Kämmereien von Städten und Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohner:innen sowie allen Landkreisen. Verantwortlich für diese zeichnet sich seit 2009 das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) aus. Die Befragung für die aktuelle Ausgabe fand von Januar bis März 2025 statt.

Schulen vom Investitionsstau besonders betroffen

Den größten Investitionsrückstand sehen die Kommunen einmal mehr bei den Schulgebäuden. Hier beträgt die Lücke 67,8 Milliarden Euro oder 31 Prozent des gesamten Investitionsstaus – würde man die Summe in 100-Euro-Scheinen auslegen, käme man auf eine Strecke von rund 99.000 Kilometer. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag sie bei lediglich 54,8 Milliarden Euro. „Der starke Anstieg bei den Schulgebäuden könnte mit dem gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung ab dem Jahr 2026 für Kinder im Grundschulalter zusammenhängen. Den Kommunen wird nun bewusst, dass sie hier noch Nachholbedarf haben“, mutmaßt Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW.

Insgesamt geben 56 Prozent der Kommunen einen nennenswerten oder gravierenden Investitionsrückstand bei den Schulgebäuden an. Dabei ergibt sich ein starker Zusammenhang mit der Kommunengröße: Während in der Größenklasse 2000 bis 5000 Einwohnern knapp etwas mehr als die Hälfte der Kommunen einen nennenswerten oder gravierenden Rückstand bei den Schulgebäuden sehen, steigt der Anteil auf knapp 90 Prozent bei Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen. Zudem machen Kommunen in Süddeutschland deutlich seltener einen starken Investitionsrückstand aus als jene in Nordrhein-Westfalen oder im Südwesten Deutschlands, also in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.

Schon der Unterhalt der Schulgebäude stellt Kommunen vor Herausforderungen

Zurückzuführen sei der Investitionsrückstand laut KfW auch auf Probleme beim Unterhalt. Insgesamt gaben in der Befragung 19 Prozent aller Kommunen an, dass sie sich den Unterhalt ihrer Infrastruktur nur im geringen Umfang oder gar nicht mehr leisten können. Das ist rund eine von fünf Kommunen, die Probleme hat, Schäden zeitnah auszubessern und insgesamt fünf Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor.

Eine genauere Betrachtung der Infrastrukturbereiche gibt Hinweise auf politische Prioritätensetzungen. So haben die bildungsrelevanten Bereiche vergleichsweise viel Aufmerksamkeit erhalten: Die Hälfte der Kommunen gibt an, dass der Unterhalt in den vergangenen fünf Jahren bei den Schulen weitgehend oder vollständig möglich war, bei den Kindertagesstätten erhöht sich der Anteil sogar auf 59 Prozent. Deutlich weniger Kommunen konnten dies hinsichtlich der Straßen und Verkehrsinfrastruktur (29 Prozent), der öffentlichen Verwaltungsgebäude oder Sportstätten und Bäder (36 Prozent) behaupten.

Allerdings: Betrachtet im Zeitverlauf lässt sich den Daten entnehmen, dass der Anteil der Kommunen, denen der Unterhalt der Schulen nur in geringem Umfang oder gar nicht gelungen ist, 2024 relativ stark angestiegen ist. Lag der Wert in den Jahren zuvor relativ stabil bei etwa elf Prozent, stieg er zuletzt um sechs Prozentpunkte auf 17 Prozent. „Damit steigt in vielen Kommunen das Risiko teurer Instandsetzungsmaßnahmen in der Zukunft erheblich“, schlussfolgern die Autor:innen des Studienberichts.

Kommunen blicken pessimistisch in die Zukunft

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die meisten Kommunen wie bei der vorhergehenden Befragung mit keiner zeitnahen Verbesserung der Lage rechnen. 84 Prozent der Kämmereien schätzen, dass sich die Haushaltslage in diesem Jahr „eher nachteilig“ oder „sehr nachteilig“ entwickelt; 91 Prozent erwarten dies auch für die kommenden fünf Jahre.

Um der Lage Herr zu werden, planen die Kommunen für 2025 insgesamt 48 Milliarden Euro an Investitionen. Im Vorjahr waren es 47 Milliarden Euro, 2023 lag die Planung bei 43 Milliarden Euro. Vor allem die geplanten Investitionen im Bereich der Schulgebäude steigen 2025 um 1,1 Milliarden Euro auf 13,3 Milliarden Euro merklich an. „Das könnte darauf hindeuten, dass sich die Kommunen in ihrer Funktion als Schulträger verstärkt auf den näher rückenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung einstellen“, mutmaßen die Autor:innen.

Gravierende Unterschiede zwischen geplanten und getätigten Ausgaben

Mit Blick auf die tatsächlich getätigten Ausgaben lässt sich jedoch gleichzeitig festhalten, dass die Kommunen nicht alle geplanten Investitionen tatsächlich auch verausgaben. Im Jahr 2024 gaben die Kommunen laut Hochrechnung lediglich 30 Milliarden Euro aus; 17 Milliarden Euro weniger als geplant. „Hier spielen auch nicht-monetäre Hemmnisse eine Rolle“, erklärt KfW-Chefvolkswirt Schumacher, etwa mangelnde personelle Ausstattung in den Bauämtern, komplexe Dokumentationspflichten und langwierige Genehmigungsverfahren. Eine Chance sieht er im Sondervermögen Infrastruktur der Bundesregierung, das auch den Kommunen zugutekommen werde. Wichtig sei aber, dass das Geld möglichst unbürokratisch verteilt werde. News4teachers

Jetzt schon 55 Milliarden Euro Investitionsstau! Jede zehnte Kommune kann ihre Schulen kaum noch unterhalten

Anzeige

Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

14 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
dickebank
2 Monate zuvor

Aber die Infrastruktur ist wichtiger. Die Schulen werden erst in den Focus geraten, wenn das BKK diese als mögliche Notunterkünfte oder Reservelazarettstandorte in den Blick nimmt. Nur kriegstüchtige Schulen sind sanierungswürdige Schulen oder so ähnlich.

Rainer Zufall
2 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Achja, die ganzen renovierten Sporthallen, die als Notunterkünfte dienten (augenroll)

dickebank
2 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Nicht nur die, in vielen Schulen gibt es “bombensichere” Kellerräume mit eigenständigen Sanitäranlagen hinter verschlossenen Türen. Zumindest bis in die Mitte der 90er waren die Türen verschlossen …

dickebank
2 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

BBK nicht BKK

Petra OWL
2 Monate zuvor

mehr homeschooling probieren, besonders im höheren Alter und auch mal üben!!!

Pit2020
2 Monate zuvor
Antwortet  Petra OWL

@Petra OWL

Und Pausen nicht vergessen.

Mach mal Pause!

Hysterican
2 Monate zuvor
Antwortet  Petra OWL

Hey, wo ist der Hinweis auf deinen SchatziPatzi und die wundervolle Blumenterrasse?? Du lässt nach!!

unverzagte
2 Monate zuvor
Antwortet  Hysterican

Ach, Sie sind demnach der Typ auf der Terasse.

dickebank
2 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

Wie, Petra OWL hat einen Lover?
Ich brauche dringend eine Lieferung Popcorn, die nächste Staffel dieser Soap will ich natürlich nicht verpassen.

Gelbe Tulpe
2 Monate zuvor

Die Sozialausgaben sind durch Globalisierung und ein erhöhtes Arbeitskräfteangebot verbunden mit mehr Mismatching auf dem Arbeitsmarkt gestiegen, zudem vergeuden viele Kommunen Geld für Prestigeprojekte. Dadurch kommt es zu einer enormen Schieflage bei den Finanzen.

dickebank
2 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Grundsicherung im Alter ist also ein Prestigeprojekt, vermutlich genauso prestigeträchtig wie Unterbringung von Geflüchteten, die U3-Betreuung und der offene Ganztag – halleluja!

Realist
2 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Die Sanierung des Rathauses inkl. Mamor aus Italien war schon immer wichtiger als eine nicht-baufällige Schule.

Wie kann sich ein Lokalpolitiker besser “verewigen”?

  • Guck mal, der hat uns dieses schicke Rathaus hingebaut und das neue “Bäderparadies”
  • Guck mal, der hat die Schultoiletten saniert.
Rüdiger Vehrenkamp
2 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Sehr guter Punkt. Heruntergewirtschaftete Rathäuser mit 40 Jahre alten Toilettenanlagen finden sich in der Tat selten.

Mathelehrer 1260
1 Monat zuvor

Das ist doch Jahrzehnte schon und würd sich leider nicht ändern. So zum Beispiel eine Toilettenanlage im Nordosten der Republik,es ist schon ein Graus bei vorbeigehen. Der Gestank ist mehr als bestialisch. Ein weiteres negatives Beispiel,das Dach ist über mehrere Monate defekt. Ich wunderte mich,das mehrere Behälter auf dem Fensterbrett standen. Sie dienten als Auffangbehälter für das Regenwasser vom Dach. Das war das Fachkabinett Biologie, wollte man hier Schimmel und Pilze züchten? Das die Kollegen und Kolleginnen Kopierpapier kaufen und mitbringen kenne ich auch aus eigenen erleben. Nebenbei bemerkt, hier ist die Fluktuation der Lehrkräfte auffallend groß. das Land MV hat einen wunderbaren Internetauftritt ” Lehrer in MV”. Hier sieht man die offenen Lehrerstellen. Der große Bedarf spricht Bände.
Ich bin erst relativ kurze Zeit Lehrer und war vor als Dozent in der Weiterbildung für Erwachsene tätig. Fast man die beiden Tätigkeiten zusammen,sind es 26 Jahre. Da ich inzwischen auch das Rentenalter schon längst erreicht habe und es nicht ansehen kann, dass die Bildung in unserem Land,den Bach herrunter geht werde ich mit meinen gemeinsamen Freunden und Weggefährten eine Schule ( moderne) gründen.

J. Störer