Warum die Umstellung auf G9 die Nachwuchssorgen im Handwerk verstärkt

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DÜSSELDORF. Das Handwerk befürchtet durch fehlende Abiturienten im kommenden Jahr noch mehr unbesetzte Ausbildungsplätze. Denn im Schuljahr 2026/27 wird es erstmals wieder neun statt acht Jahrgangsstufen an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen geben. Zehntausende Schüler werden deshalb im Zuge dieser Umstellung nach dem Schuljahr 2025/26 an den Gymnasien bleiben und nicht wie ihre Vorgänger nach acht Jahren abgehen. 

Die Schulzeit wird verlängert. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

«Mehr als jeder fünfte der 28.000 neuen Auszubildenden im NRW-Handwerk hatte 2024 die Fachhochschulreife oder Hochschulreife in der Tasche», sagte der Präsident von Handwerk.NRW, Andreas Ehlert. In einigen handwerklichen Ausbildungsberufen liegt dieser Anteil sogar deutlich höher als bei 20 Prozent. Zum Beispiel bei angehenden Zahntechnikern liege der Anteil bei 41 Prozent oder bei angehenden Tischlern bei 45 Prozent.

Spürbare Lücke durch fehlenden Abiturjahrgang

«Durch den weitgehend fehlenden Abiturjahrgang wird 2026 also auch im Handwerk eine spürbare Lücke entstehen», verdeutlichte Ehlert. Gleichzeitig werde sich der Wettbewerb um Auszubildende insgesamt verschärfen, da die Gruppe potenzieller Bewerberinnen und Bewerber kleiner werde. Der Ausbildungsmarkt stehe 2026 in NRW noch stärker unter Druck, sagte er.

Zur Frage, mit welchen Konzepten das Handwerk gegensteuern könne, sagte Ehlert: «Wir empfehlen allen Handwerksbetrieben, sich frühzeitig mit der Personalplanung zu beschäftigen und vorausschauend zu handeln.» Eine Möglichkeit sei, bereits in diesem Jahr zusätzliche Ausbildungsplätze zu besetzen, um die Lücke im nächsten Jahr zu überbrücken. Außerdem könnten andere Gruppen noch stärker in den Fokus genommen werden. Als ein Beispiel nannte er «Studienzweifler», die eine praxisorientierte Alternative suchten. News4teachers / mit Material der dpa

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5 Kommentare
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Hysterican
2 Monate zuvor

Wir sind da mit einem benachbarten Gymnasium eine der wenigen “gloreichen Ausnahmen”, denn wir haben uns auf die Aufgabe eines sog. “Bündelungsjahrganhs” eingelassen – heißt: bei uns wird es 2026 einen Abiturjahrgang geben.
Was ich allerdings nicht wahrnehme ist, dass die Ausbildungsbetriebe bei uns bereits Schlange um die Absolventen stehen würden … ich unterrichte in dem Jahrgang – stehe mit den SuS in einem vertraulichen Kontakt und wir reden auch über Privates – aber dass bei denen bereits Interessenten vorsprechen passiert nicht.

Was man allerdings wahrnehmen kann ist das Gejammer der örtlichen Handwerkskammer hinsichtlich der mangelnden Interessenten an ihren Stellenangeboten.
Meine Vorstellung wäre in so einer Situation, dass die ausbildungswilligen Betriebe sich um unsere Absolventen bemühen würden und attraktive Ausbildungsangebote machen … vllt mit kleinen Draufgaben, wie z.B. nem Deutschlandticket, ner anderen Mobilitätshilfe, gesonderten Zussazleistungen o.ä. – sich attraktiv machen für evtl Aspiranten.

Stattdessen wird auch hier wieder von uns als Schule erwartet, dass wir über StuBo-Angebote (Studien-undBerufsorientierung) den Betrieben die Leute quasi frei Haus liefern. Und wieder fällt diese Aufgabe den Schulen zu – die jeweiligen Abnehmer möchten sich weiterhin bedienen lassen – war doch über Jahre schon so – kann demnach so bleiben – ubd wenn’s nicht klappt, dann sind natürlich wieder die Schuleb schuld – das war schließlich auch schon immer so und kann so bleiben.

Realist
2 Monate zuvor
Antwortet  Hysterican

Der Arbeitsmarkt hat sich eben zu sehr auseinander entwickelt:

Die einen locken mit Homeoffice, 35-Stunden-Wocher, 4-Tage-Woche, Gewinnbeteiligung, Betriebsrente, …

Da will eben keiner regulär mehr unter Bedingungen wie der 5-Tage-Woche mit täglicher Präsenz (evt. beim Kunden vor Ort) bei jedem Wetter antreten und dann noch einen stundenlangen Anfahrtsweg auf sich nehmen.

Während der Präsenzarbeiter abends nach 10 Stunden Abwesenheit erschöpft zu Hause aufschlägt und dann noch den ganzen Haushalt machen muss, widmet sicht der Homeoiffice-Worker schon seit mindestens zwei Stunden seinem Hobby und der Haushalt ist erledigt, selbst alle Bestellungen von Amazon und Co. hat er schon in Empfang genommen.

Ist der Homeoffice-Worker zudem bei einem von der Politik protegierten Konzern angestellt, optimalerweise mit IG Metall-Tarifvertrag, hat er zudem die realistische Aussicht auf Vorruhestand mit 55 Jahren und einer halben Million Abfindung.

Der Arbeitnehmer in den nicht so geförderten Branchen darf sich dagegen vom Merz anhhören,. dass er seine Rente mit 70 dann doch bitte mit “Arbeit” zu ergänzen habe, denn insbesondere die Rentner “arbeiten zu wenig”…

“Handwerk” hat doch nur noch für die einen “goldenen Boden”, die sich entweder selbstständig machen und dann die Kunden gnadenlos abzocken (Beispiel: Wärmepumpen) oder deren Lebensplanung “Bürgergeld” + “brutto für netto” lautet…

Gen Z weiß Bescheid und lässt sich nicht mehr ver…

Unfassbar
2 Monate zuvor
Antwortet  Hysterican

Wie wurde ihrer Schule eigentlich der Bündelungsjahrgang schmackhaft gemacht? Diese Schüler sind dort ja nicht ohne Grund, wenn man von Realien absieht, die an Gesamtschulen nicht unterkamen.

Hysterican
2 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Mit welchen Versprechen uns das schmackhaft gemacht wurde weiß ich nicht.
Die SL und der Oberstufenkoordinator kamen irgendwann in einer Konferenz mit dem “fertigen Beschluss” – das war’s.

Kennen wir aber auch mittlerweile nicht mehr anders als auf diese Weise. Ich denke, dass v a die Überlegung “wir (pluralis majestatis) könnten damit punkten” bei der SL die entscheidende Rolle gespielt hat.
Zumal die Arbeit ja eh von anderen geleistet wird – vom Kollegium.
Mit der Zeit gewöhnt man sich daran … wie ein ein “appes Bein”.