Essen nur gegen Fingerscan – Hamburger Grundschule führt umstrittenes Verfahren ein

0

HAMBURG. Die Aufregung ist groß: Mittagessen nur gegen Fingerabdruck, heißt es über eine Hamburger Grundschule. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.

Die Hamburger Schulbehörde hat Berichten widersprochen, wonach Grundschulkinder ihr Mittagessen nur gegen Abgabe eines Fingerabdrucks erhalten. «Fingerscan gegen den Willen von Eltern ist verboten», erklärte Behördensprecher Peter Albrecht am Donnerstag. «Hamburger Abendblatt» und «Bild»-Zeitung hatten berichtet, dass an der Adolph-Schönfelder-Grundschule gegen den Willen der Eltern Fingerabdrücke genommen wurden, damit diese sich für das Mittagessen identifizieren und bezahlen können.

Nach Angaben der Schulbehörde haben Eltern und Lehrer an der Grundschule im Stadtteil Barmbek-Süd gemeinsam entschieden, dass die Kinder ihr Mittagessen entweder über sogenannte RFID-Karten oder aber über einen Fingerscan bezahlen sollen. Von rund 350 Kindern hätten dabei mehr als 90 Prozent das Fingerscanverfahren gewählt. «Dabei wird keineswegs ein Fingerabdruck genommen und gespeichert», betonte Albrecht. Vielmehr würden sechs Messpunkte an der Fingerkuppe im Computer in eine Zahl umgewandelt und nur diese anstelle des Schülernamens gespeichert.

Nach Angaben des zuständigen Unternehmens People & Projects IT GmbH aus Elmshorn haben diese vom schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten nicht beanstandeten bargeldlosen Verfahren mehrere Vorteile. So könnten sozial gestaffelte Essenspreise verlangt werden, ohne dass sich Kinder beim Bezahlen am Tresen als sozial benachteiligt «outen» müssen. Außerdem gehe ein Finger nicht verloren und könne nicht zweckentfremdet werden. «Die berüchtigte „Abzocke“ unter Schülern ist traurige Realität an Schulen – Essensmarken stellen daher keinerlei Alternative dar», erklärte das Unternehmen.

Auslöser der Aufregung um die Fingerscans waren Fehler bei der People & Projects IT GmbH. Das Unternehmen räumte ein, dass wegen einer veralteten Liste bei einigen Kindern mit Chipkarte auch Fingerscans erhoben wurden. Die «Fehlerquote liegt im denkbar niedrigen einstelligen Prozentsatz. Trotzdem haben wir uns dazu entschlossen, die erhobenen Templates allesamt zu löschen», teilte das Unternehmen mit.

Die Hamburger Eltern müssen mit dem Fingerabdruck ihrer Kinder einverstanden sein. (Foto: Klicker/pixelio)
Die Hamburger Eltern müssen mit dem Fingerabdruck ihrer Kinder einverstanden sein. (Foto: Klicker/pixelio)

Außerdem werde das System so modifiziert, dass es künftig ohne eine vorliegende Einwilligung der Eltern technisch nicht möglich sein werde, Fingerscans zu speichern. Den Verdacht des «Zwangs» wies die Firma als «völlig sinnentleert» zurück. Sie hätte auch keine Vorteile davon – «es steht eben stets eine Alternative zur Verfügung».

Das System wird derzeit bereits an mehreren Schulen etwa in Flensburg oder Offenburg angewandt, bundesweit verbreitet ist es jedoch noch nicht. Kritik kommt unter anderem vom Chaos Computer Club. Dieser lehnt Fingerabdruck-basierende Bezahl- oder Identifikationssysteme vollständig ab – vor allem an Schulen.

Auch CDU, FDP und die Lehrergewerkschaft GEW zeigten sich empört. «Das Abrechnungsverfahren der Caterer, die Hamburgs Schulen mit Essen beliefern, ist grundsätzlich fragwürdig», erklärte die CDU- Schulexpertin Karin Prien. Die GEW-Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze betonte: Der Fall mache deutlich, «dass die öffentliche Aufregung über die aktuellen Abhörskandale offenbar noch nicht in der Behörde und bei den Catering-Unternehmen angekommen ist». dpa

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments