Nach Pleite vor Gericht: Niedersachsen arbeitet 740 Lehrerstellen in Nachtragshaushalt ein

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HANNOVER. Nach dem Lüneburger Lehrer-Urteil will Niedersachsen die Kosten für 740 zusätzliche Stellen in den Nachtragshaushalt einbeziehen. Für Gymnasiasten gibt es gute Nachrichten: Die Lehrer werden ihren Boykott von Klassenfahrten nun aufgeben.

Als Konsequenz aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zur Erhöhung der Unterrichtszeit will Niedersachsen die Kosten für 740 Stellen für Gymnasiallehrer in den Nachtragshaushalt aufnehmen. Das sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). «Die niedersächsische Landesregierung arbeitet jetzt in der Folge des Urteils des OVG Lüneburg in den ohnedies schon für die nächste Landtagssitzung im Juli 2015 vorbereiteten Nachtragshaushalt 740 Stellen für Gymnasiallehrkräfte ein.» Das sei genau die Anzahl von Stellen, die im vergangenen Jahr für andere schulische Zwecke umgewidmet worden seien.

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Gymnasiallehrer dürfen nicht einseitg belastet werden, entschied das Gericht. Foto: twicepix / flickr (CC BY-SA 2.0)

Wenn der Nachtragshaushalt im Juli 2015 vom Parlament beschlossen werde, würden die Stellen zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 zur Verfügung stehen, sagte Weil. Die Landesregierung gehe damit konsequent weiter auf ihrem schulpolitischen Weg eines deutlich verbesserten Ganztagesschulangebotes und besserer Rahmenbedingungen für Inklusion und Qualitätsentwicklung der Schulen. Gegenstand des Nachtragshaushaltes werde außerdem die Soforthilfe für die Kommunen in Höhe von 40 Millionen Euro zur Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen sein.

Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hatte am Dienstag entschieden, dass die von SPD und Grünen eingeführte einstündige Erhöhung der Unterrichtszeit für die niedersächsischen Gymnasiallehrer verfassungswidrig ist. Als Reaktion auf die Erhöhung hatten viele Lehrer im Land beschlossen, zunächst keine Klassenfahrten mehr betreuen zu wollen.

Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes wollen die meisten Gymnasiallehrer ihren Boykott beenden. Die Lehrer nähmen die Entscheidung zum Anlass, Klassenfahrten wieder zu machen, sagte der Vorsitzende des niedersächsischen Philologenverbandes, Horst Audritz, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Letztlich bleibe die Entscheidung – wie bislang auch – aber jedem Lehrer im Land freigestellt. «Ich muss dazu sagen, dass die Kollegen damit rechnen, dass das Urteil zügig umgesetzt wird», betonte Audritz.

Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) kündigte zudem an, das Gespräch mit den Pädagogen suchen zu wollen. «Die Ministerin wird auf die Verbände zugehen», sagte ihre Sprecherin. Ungeachtet dessen werde die Landesregierung nun prüfen, ob und wie gegen das Urteil vorgegangen werden kann und welche Konsequenzen sich daraus ableiten.

Von der Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung sind landesweit rund 17.000 Lehrer betroffen, bis Ende des Schuljahres würden sie rund 680 000 Schulstunden zusätzlich leisten. Müsste das Land nun diese Stunden nachträglich bezahlen, würde dies eine zusätzliche Belastung von etwa 40 Millionen Euro pro Jahr bedeuten.

Die Landesregierung schloss ferner eine unabhängige Arbeitszeiterfassung der Lehrer nicht aus. Eine Umsetzung des Urteils sei frühestens aber im nächsten Schuljahr zu erwarten. Die zwischenzeitlich geleistete Mehrarbeit der Lehrer werde wahrscheinlich über Zeitarbeitskonten «abgebummelt», hieß es.

Die am Vortag gegen Heiligenstadt erhobenen Rücktrittsforderungen der Opposition wies Regierungssprecherin Anke Pörksen auch mit Hinweis auf die von der Landesregierung gemeinschaftlich getragenen Beschlüsse zurück. «Der Ministerpräsident sieht keine Veranlassung dafür», sagte sie. dpa

Zum Bericht: Nach dem Urteil von Lüneburg: Müssen Gymnasiallehrer bald bundesweit weniger arbeiten?

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