Chemnitzer Lehrertag fordert Maßnahmen gegen Lehrermangel

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CHEMNITZ. Zum 15. Mal hat der Sächsische Lehrerverband den Chemnitzer Lehrertag veranstaltet. Nahezu 500 Pädagogen aus 133 Schulen und vier Regionalstellen folgten der Einladung ins Gymnasium Einsiedel. Mit der Vielfalt von fast 30 Seminaren, Ausstellern aus 18 Schulbuchverlagen sowie hervorragender Organisation bestätigte der Chemnitzer Lehrertag seinen Status als nach eigenen Angaben „bundesweit größte, hochwertige und effektive Fortbildungsveranstaltung für Lehrer“.

In einer Pressemitteilung heißt es: „Ganze Schulkollegien aus allen Teilen Sachsens nutzten das vielfältige Angebot von Vorträgen, Seminaren und Workshops, um sich zu den neuesten Entwicklungen auf den Gebieten von Methodik, Fachdidaktik, Psychologie, Schulrecht, Lehrergesundheit, Nutzung von Neuen Medien u.a. fortzubilden.

Die Sächsische Staatsministerin für Kultus Brunhild Kurth würdigte in ihrem Grußwort, dass Lehrer an einem Samstag so zahlreich diese aktive Art der Fortbildung nutzen. Mit Blick auf die aktuelle Situation des Lehrermangels in Sachsen und besonders in der Chemnitzer Region bekräftigte sie die Notwendigkeit, deutlich mehr Lehramtsstudienplätze und Bedingungen für eine höhere Bestehensquote zu schaffen. Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf müssten künftig bereits vor ihrem Einsatz im Schuldienst qualifiziert werden. Die Ministerin bekannte sich klar gegen weitere Schulschließungen und zum Erhalt der Förderschulen. Die Stabilität im sächsischen Schulsystem sei eine Sicherheit. Nun müssten die Pädagogen und Schulen die Einarbeitung der Seiteneinsteiger und die zunehmende Heterogenität in den Klassenzimmern meistern.

Jens Weichelt, Landesvorsitzender des SLV, kritisierte Notlösungen in der Personalpolitik des Kultusministeriums: „Wir müssen junge Lehrer hier in Sachsen halten. Der Freistaat investiert in deren Ausbildung, aber zu viele gehen in andere Bundesländer. Wir brauchen mehr Studienanfänger und attraktive Arbeitsbedingungen, die jedoch nicht zu Lasten der älteren, seit Jahren im Schuldienst tätigen Kollegen gehen dürfen. Die Entscheidung muss jetzt, mit dem Doppelhaushalt 2017/18, getroffen werden. In zwei Jahren ist es zu spät.“

Der Großteil der in diesem Schuljahr in Grund- und Oberschulen der Chemnitzer Region neu eingestellten Lehrkräfte sind Seiteneinsteiger ohne vollständige Lehrerausbildung. Hinzu kommen zahlreiche schulartfremd eingesetzte Lehrer. Der SLV fordert mehr Augenmerk auf flächendeckende und bedarfsgerechte Lehrerausbildung sowie die Verbeamtung der Lehrkräfte. Um die Integration der zahlreichen Migrantenkinder zu bewältigen, sind kleinere Klassen- und Gruppengrößen sowie die Einhaltung der Schulintegrationsverordnung notwendig.

„Aufschieberitis – Die Volkskrankheit Nr. 1 … ?!“ war das Thema des Hauptreferats mit Daniel Hoch, Experte für Körpersprache, Kommunikation und Führungstraining. Schnell zeigte sich, dass auch die Pädagogen im Publikum fast durchweg „Aufschieberitis“ aus eigenem Erleben kennen. Es ist, so der Referent, „der Versuch, alles so effizient wie möglich, also in letzter Minute zu erledigen – oder die Hoffnung, dass es sich von allein erledigt.“ Parallelen zur Personalpolitik in Sachsens Bildungssystem traten klar zutage…

Der Fünfzehnte Chemnitzer Lehrertag bot den Pädagogen Rüstzeug und Motivation für ihre Arbeit durch zahlreiche Denkanstöße, umfangreiches Wissen und die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch. Viele Teilnehmer kündigten an, auch bei der nächsten Veranstaltung im Herbst 2017 wieder dabei zu sein.“

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