Freispruch für Lehrer nach Sex mit Schülerin: KMK verschärft die Regeln

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BERLIN. Die Länder wollen Schüler besser vor sexuellem Missbrauch durch Lehrer schützen. Sexuelle Kontakte zu Schülern sollen künftig auch dann disziplinarisch geahndet werden, wenn sie nicht strafbar sind. Dies hat die Kultusministerkonferenz (KMK) nun beschlossen.

Gesetzeslücke im Paragraph 174 des Strafgesetzbuches? Foto: Carlo Schrodt / pixelio
Gesetzeslücke im Paragraph 174 des Strafgesetzbuches? Foto: Carlo Schrodt / pixelio

Der Anlass: Das Oberverwaltungsgericht Koblenz sprach im Dezember einen 32-jährigen Lehrer frei, der wiederholt Sex mit einer 14-jährigen Schülerin hatte. Die Richter begründeten den Freispruch damit, dass der Pädagoge lediglich als Vertretungslehrer – und nicht als Fachlehrer – dienstlich mit dem Mädchen zu tun gehabt und deshalb kein Obhutsverhältnis bestanden habe. Bislang stellt der einschlägige Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Paragraph 174 des Strafgesetzbuchs darauf ab, ob der Schüler dem Lehrer „zur Erziehung … anvertraut ist“.

Doris Ahnen (SPD), Kultusministerin von Rheinland-Pfalz, brachte den Fall (der an einer Schule im rheinland-pfälzischen Neuwied spielt) nun auf die Tagesordnung der KMK. Sie hatte nach dem Urteil erklären lassen, der Richterspruch sei realitätsfern. „Sexuelle Grenzüberschreitungen sind – ungeachtet ihrer strafrechtlichen Relevanz – als fundamentales Versagen von Lehrkräften, als Verstoß gegen ihr Berufsethos, ihre pädagogischen Aufgaben und gegen ihre dienstlichen und arbeitsrechtlichen Pflichten zu werten“, stellten die Kultusminister nun einhellig fest. „Die der Schule anvertrauten Kinder stehen unter uneingeschränktem staatlichen Schutz. Dieser Schutz im Lernort Schule hat allerhöchste Priorität.“

Die KMK will nun überprüfen lassen, ob der Paragraph 174 des Strafgesetzbuches geändert werden sollte. Die Realität im Schulalltag und das durch Vertrauen und Distanz geprägte besondere Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schülern einer Schule müsse stärker berücksichtigt werden.

Disziplinar- und Arbeitsrecht ausschöpfen

Darüber hinaus wollen die Kultusminister die Möglichkeiten des Disziplinar- und Arbeitsrechts ausschöpfen, um den Schutz von Schülern zu verbessern. „Jedwede sexuelle Grenzüberschreitung einer Lehrerin oder eines Lehrers gegenüber einer Schülerin oder einem Schüler verletzt Dienst- und Arbeitspflichten. Sie beeinträchtigt in ganz erheblichem Maße das Ansehen, die Achtung und das Vertrauen, die der Berufsstand und jede einzelne Lehrkraft besitzen müssen. Derartige Grenzüberschreitungen sind als fundamentales Versagen im Kernbereich der dienstlichen und arbeitsrechtlichen Pflichten zu werten. Eine möglicherweise fehlende Strafbarkeit schließt selbst die Entfernung aus dem Beamten- bzw. Angestelltenverhältnis als schärfste Sanktion des Disziplinarrechts bzw. des Arbeitsrechts nicht aus“, heißt es in dem Beschlusstext.

Die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Voßhoff, begrüßte die Initiative: „Aus voller Überzeugung unterstützen wir die Forderung nach einer gesetzlichen Klarstellung, die sicherstellt, dass Lehrer zumindest mit Schülern ihrer Schule nicht mehr straflos sexuelle Kontakte unterhalten können“, sagte sie. „Hier besteht eine Lücke im Gesetz, die dringend geschlossen werden muss. Schülerinnen und Schüler müssen in der Schule vor sexuellen Übergriffen geschützt sein – und zwar gegenüber jedem Lehrer ihrer Schule, unabhängig vom Stundenplan.“

 

 

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