Johann Lafer kocht für Kinder: «Nicht so kompliziert vorgestellt»

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FULDA. Johann Lafer (54) steht nicht nur am Herd bei Fernseh-Kochshows, sondern auch in der Lehrküche der Hochschule Fulda. Mit den angehenden Ernährungswissenschaftlern tüftelt er an Rezepten für eine bessere Schulverpflegung. Lafer ist der kreative Kopf eines Forschungsprojekts. An einem Gymnasium in Bad Kreuznach soll am 9. November eine neu erbaute Mensa öffnen, in der es den Schülern schmecken soll.

Hätte sich Kochen für Kinder nicht so kompliziert vorgestellt:  Starkoch Johann Lafer. Foto: genusshotel / Flickr / (CC BY-NC 2.0)
Hätte sich Kochen für Kinder nicht so kompliziert vorgestellt: Starkoch Johann Lafer. Foto: genusshotel / Flickr / (CC BY-NC 2.0)

Kochen für Kinder, kann ja nicht so schwer sein, oder?

Lafer: «Ich hätte mir das nie so kompliziert vorgestellt. Man kocht, dann kommt das Kind und dann isst es. Aber Kinder sind unberechenbar, die kann man nicht lenken.»

Wie wollen Sie dazu beitragen, dass es Kindern in der Mensa schmeckt?

Lafer: «Wir haben drei Jahre geforscht, Workshops abgehalten. Und am 9. November ist der Tag der Wahrheit. Dann öffnet die neue Mensa für 1200 Schüler an einem Gymnasium in Bad Kreuznach. Wir haben die Kinder zu allem befragt: Sie haben uns gesagt, was sie wollen – sogar wie die Tabletts aussehen sollen – und wir haben es umgesetzt. So etwas hat es in Europa noch nicht gegeben.»

Wieso ist es so schwierig, gute Gemeinschaftsverpflegung anzubieten?

Lafer: «In Deutschland habe ich erst zwei, drei Orte gesehen, wo es richtig funktioniert, im Einklang mit der Wirtschaftlichkeit und im Interesse der Kinder. Das Thema liegt noch weitgehend brach. Früher habe ich gesagt: Schulessen – was ist denn dabei? Dann kochen wir halt für 100 Leute! Aber mitentscheidend ist auch die Psychologie, das Umfeld, der Reiz – es muss cool sein. Klein portioniert wird gern genommen, servieren aus großen Behältnissen kann abschrecken.»

Sind Kinder die anspruchsvolleren Kunden?

Lafer: «Ich möchte in der Mensa Kinder nicht als Kunden, sondern als Fans – wie bei einem Fußballverein. Sie sollen in uns die Idole sehen, und zusammen wollen wir eine geile Atmosphäre kreieren. Kunden sind anstrengend, reklamieren, wollen einen besseren Preis und hauen irgendwann ab. Ein Fan tut das nicht.»

Welche Faktoren sind wichtig, um den Fan zu erobern?

Lafer: «Nicht nur das Essen, auch das Personal wird stark beäugt, wenn es um Freundlichkeit oder Sauberkeit geht.»

Sie nannten Befragungen: Was ist Kindern eher unwichtig?

Lafer: «Argumente wie „regional“, „gesund“ oder „Bio“ sind bei Umfragen durchgefallen, das spielt bewusst bei Kindern keine Rolle.»

Wie weit sind Sie mit dem Forschungsprojekt?

Lafer: «Wir sind dabei, die zusammengetragenen Rezepte auszuprobieren und wollen sie später präsentieren. Wir werden bei dem Projekt alles der Öffentlichkeit zugängig machen, eine lückenlose Präsentation.»

Welche Erkenntnisse wurden denn bisher unter anderem gewonnen?

Lafer: «Ich glaube, dass bei uns die Globalisierung des Geschmacks Einzug gehalten hat. Asiatisch oder vegetarisch essen ist gefragt.»

Haben auch Sie sich bei der Zusammenstellung der Rezepte mal geirrt?

Lafer: «Ich hätte nicht gedacht, dass sich Kinder auch mal eine gefüllte Paprikaschote wünschen. Mich hat es auch überrascht, dass alle was „to go“ haben wollen. Dabei haben wir doch Tische und Stühle, da kann man sich doch Zeit nehmen. Aber die Kinder sagen, sie haben keinen Bock, sie sitzen doch schon den ganzen Tag.»

Warum engagieren Sie sich überhaupt in diesem Forschungsprojekt?

Lafer: «Ich will jungen Menschen eine bessere Zukunft im Bereich des Essens gewähren. Die Bemühungen auf dem Papier haben es zu nichts gebracht. Solch ein Pilotprojekt kostet mich bestimmt im Jahr 150 000 bis 200 000 Euro, aber wenn wir nichts machen, wird es noch schlimmer. Schluss mit den warmen Worten und Fakten schaffen.»

Was wird schlimmer?

Lafer: «Für ein Drittel der Bevölkerung hat Essen eine essenzielle Bedeutung. Zwei Drittel wollen nur den Hunger stillen, Essen muss günstig sein und schnell gehen. Wir haben es auch mit den Kochshows nicht geschafft, dass sich die Leute für das Thema begeistern, wir machen zwar viele Sendungen, die Leute kochen es aber nicht nach.» Interview: JÖRN PERSKE, dpa

(26.6.2012)

Zum Bericht: Schulessen: Sternekoch Lafer will zeigen, wie’s geht

 

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