Protest gegen Bildungspolitik in Sachsen geht weiter

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DRESDEN. Sachsens Lehrer wollen das Präsent der Regierung nicht annehmen. Sie halten das mit reichlich Pomp verkündete Bildungspaket der Regierung für eine Mogelpackung.

Plenarsitzung im sächsischen Landtag; Foto: „Sächsischer Landtag/Steffen Giersch“.
Plenarsitzung im sächsischen Landtag; Foto: „Sächsischer Landtag/Steffen Giersch“.

Der Protest gegen Sachsens Bildungspolitik hält auch unter der neuen Kultusministerin Brunhild Kurth (parteilos) an. An diesem Mittwoch sind Demonstrationen der Gewerkschaften am Rande der Landtagssitzung geplant, teilten die Gewerkschaften mit. Vor dem Finanzministerium wollen Lehrer das von Schwarz-Gelb im vergangenen Dezember präsentierte «Bildungspaket 2020» symbolisch zurückgeben und dann ein selbst gepacktes Paket mit Forderungen und Vorschlägen vor dem Landtag abstellen. Die Gewerkschaften werfen der CDU/FDP-Koalition vor, das wahre Ausmaß der Personalnot an den Schulen herunterzuspielen und das Problem zu verkleistern. Das Bildungspaket enthalte nur heiße Luft, hieß es.

Kritiker des Bildungspaketes sehen in ihm auch deshalb eine Mogelpackung, weil «Zahlenspielereien» die Übersicht erschwerten. Nach Angaben der Gewerkschaften wurden planmäßig 583 Lehrerstellen an den Schulen abgebaut, bevor das Paket überhaupt wirksam werden kann. Hinter den für dieses Jahr angekündigten 655 Neueinstellungen stehe keine einzige zusätzliche Stelle. 283 Stellen davon seien nur dazu da, bereits vorhandene Lehrer weiter zu beschäftigen. Kurths Vorgänger Roland Wöller (CDU) war angelastet worden, heimlich rund 300 zusätzliche Lehrer eingestellt zu haben, um Personalmangel und Unterrichtsausfall in Grenzen zu halten. Ende März trat er zurück.

«Gute Schule braucht mehr und nicht weniger Lehrer», sagte die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen, Sabine Gerold. Schon die steigende Zahl von Schülern in den kommenden Jahren mache zusätzliche Einstellungen erforderlich. Die geplante Ausweitung der Kapazitäten für ein Lehrerstudium sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, könne das Problem aber nicht allein lösen. «Dafür muss der Lehrerberuf hier attraktiver werden.» Auch der Sächsische Lehrerverband rechnete vor, dass Sachsen mit einem Verzicht auf den Beamtenstatus für Lehrer und schlechtere Bezahlung gegenüber anderen Bundesländern Standortnachteile habe.

«Die Schulen werden als Sparschweine missbraucht – zulasten der Schüler und Lehrkräfte», betonte die frühere Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD). Die Schulen seien von einer Unterrichtsgarantie – wie sie die Kultusministerin für das kommende Schuljahr verspreche – noch weit entfernt. Auch im kommenden Schuljahr würden weiter Lehrerstellen abgebaut, da die geplanten Neueinstellungen den tatsächlichen Verlust durch Altersabgang und Altersteilzeit von 918 Stellen nicht ausglichen. Damit komme es weiter zu langfristigem Unterrichtsausfall an allen Schularten.

Frank Haubitz, Landesvorsitzender des Philologenverbandes und Schulleiter eines Dresdner Gymnasiums, schilderte Konsequenzen für seine Lehranstalt. Da würden 28 Schüler in ein Klassenzimmer gepfercht, das nur für 24 angelegt sei. «Uns steht das Wasser bis zum Hals, und wir sind weiter dabei voranzuschreiten», sagte Haubitz nicht ohne Sarkasmus. Einige seiner Kollegen würden «hinschmeißen» wollen. Schon am Anfang des neuen Schuljahres erwartet Haubitz die Offenbarung. «Wir fahren hier gegen die Wand. Am 4. September kommt der Crash». dpa

(12.6.2012)

 

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