Hessen: Verbände lassen beim Streit um Lehrerversorgung nicht locker

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WIESBADEN. Bei der Lehrerversorgung wird sogar um die Prozentzahl hinter dem Komma gestritten. Auch die neue Kultusministerin Nicola Beer wird davon im kommenden Schuljahr begleitet.

Eigentlich scheint die Frage nicht so schwer: Wie viele Lehrer brauchen Hessens Schulen für eine ausreichende Versorgung? Doch schon längst ist daraus ein hitziges Dauergefecht geworden, bei dem sich die Zahlenjongleure von Regierung und Opposition immer wieder gegenseitig mieser Rechentricks bezichtigen.

Nicola Beer ist sei Juni neue Kultusministerin von Hessen. Foto: Frank Ossenbrink / Kultusministerium Hessen

Feststeht, dass sich CDU und FDP im Koalitionsvertrag von 2009 bis zum Ende ihrer Regierungszeit eine 105-prozentige Versorgung mit Lehrern zum Ziel gesetzt haben. Die im Mai unfreiwillig aus dem Amt geschiedene Kultusministerin Dorothea Henzler hatte stolz für das alte Schuljahr noch eine Quote von 100,25 Prozent vermeldet.

Doch kaum war ihre ebenfalls von der FDP kommende Nachfolgerin Nicola Beer im Amt, meldete sie Anfang Juni Zweifel am Prozentrechnen an. Man müsse von der Debatte um reine Zahlen wegkommen. Entscheidend sei vielmehr, dass die Regierung insgesamt 2500 neue Lehrer bis Anfang 2014 in die Schulen bringe.

Auch die Lehrerverbände räumen ein, dass bei den Zahlen zur Lehrversorgung viel Kaffeesatzleserei mit dabei ist. Schließlich arbeiten in Hessen an mehr als 2000 Schulen rund 60 000 Lehrer – oft auch in Teilzeit und mit unterschiedlichen Lehraufträgen. Dennoch wollen sie Beer nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. «Natürlich fällt immer noch Unterricht aus», sagt Marie-Christin Gronau vom hessischen Philologenverband (HPhV). Für Vertretungen müsse es eine Reserve geben. Der HPhV, in dem die Gymnasiallehrer organisiert sind, sieht die 105-Prozent-Marke daher als Mindestziel.

Lehrer werden zuviel fachfremd eingesetzt

Die zum DGB gehörende Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) möchte sogar einen 10-prozentigen Zuschlag zur Normalversorgung. Neben den Ausfällen durch Krankheit müssten in den Schulen auch Fortbildungen oder Zusatzangebote kompensiert werden. «Fakt ist, dass die Decke letztlich zu kurz ist», urteilt Geschäftsführer Ulrich Märtin, der aber Fortschritte bei der Versorgung einräumt.

«Wir haben in Hessen in der Tat so viele Lehrer wie noch nie», stellt Helmut Deckert von dem im Beamtenbund organisierten Verband Bildung und Erziehung (VBE) fest. Das Problem sei aber, dass «viele Stunden in unterrichtsfremden Aufgaben versickern». So müsse die Verwaltung der Lehrmittel nicht von den Lehrern gemacht werden. Dem Kultusministerium wirft Decker zugleich eine «Politik mit der «Gießkanne» vor. Man könne bei Lehrerversorgung eine Problemschule im Offenbacher Osten nicht mit derselben Elle messen wie eine Schule in der ländlichen Rhön.

Die neue Kultusministerin wird die 105-Prozent-Debatte auch im neuen Schuljahr im Landtag also nicht loswerden. Sie werde sich weiter auf dieses Ziel konzentrieren, hatte sie zwar Anfang Juni gesagt. Doch SPD und Grüne haben ihr bei einem zentralen Wahlversprechen der Regierung schon mal Wortbruch vorgeworfen. THOMAS MAIER, dpa

(3.8.2012)

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