Nur nicht klotzen: Samsung bringt Lehrern die digitale Bildung schrittweise nahe

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BERLIN. Auf der letzten „didacta“ im Frühjahr in Hannover war insbesondere ein Stand kaum zu übersehen – schon aufgrund seiner schieren Größe nicht: der nämlich der „Initiative Digitale Bildung neu denken“. Dutzende Bildschirme. Edles Ambiente. Dazwischen Lehrkräfte, die Messebesuchern und/oder interessierten Kollegen fachspezifische Einsatzmöglichkeiten digitaler Lernmedien demonstrierten, ob nun zur Differenzierung im Deutschunterricht oder zur Vertiefung von Inhalten in Biologie mithilfe von Tablets. Hinter der Initiative, die immer öfter im Kontext Schule von sich reden macht (und aktuell einen Schulwettbewerb ausschreibt), steckt kein Geringerer als der Technologie-Multi Samsung, der – natürlich – den deutschen Bildungsmarkt erobern und dafür zunächst die Lehrer gewinnen möchte. Dass der Gigant dabei auf schulische Initiativen baut, also außerhalb der „didacta“ eher kleckert als klotzt, gehört zum Konzept, das auf Nachhaltigkeit hin angelegt ist.

Tablet-Einsatz in japanischer Schule. Foto: Samsung Tomorrow / flickr  (CC BY-NC-SA 2.0)
Tablet-Einsatz in japanischer Schule. Foto: Samsung Tomorrow / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Es ginge auch anders. Seit der ICIL-Studie, die deutschen Schülern im internationalen Vergleich allenfalls mittelmäßige Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien attestierte, gebe es beim Thema digitale Bildung eine deutlich größere Dynamik in der Politik, sowohl auf Bundes- wie auf Länderebene, erklärt der Samsung-Manager Steffen Ganders, verantwortlich für die „Initiative Digitale Bildung neu denken“. Ganders muss es wissen. Er trat im Juni im Rahmen des von der CDU/CSU-Fraktion veranstalteten Kongress „Bildung 2.0“ im Bundestag auf. Union und SPD forderten dort unter anderem, die für das digitale Lernen notwendige Infrastruktur auszubauen und „bundeseinheitliche Mindeststandards zur digitalen Informations- und Medienkompetenz in den Lehrplänen“ zu verankern sowie das Lehrpersonal entsprechend auszubilden. Auch wenn die Verantwortung für die Bildungspolitik bei den Ländern liegt: Berlin macht Druck.

Kommt sie also jetzt, die digitale Revolution in den deutschen Schulen? Steht Samsung mit einem flächendeckenden Hardware-Programm für Zehntausende von Klassenzimmern schon in den Startlöchern? Die Ausstattung sei selbstverständlich wichtig, sagt Ganders. Die allein reiche aber nicht. Ebenso wichtig, mindestens, seien die Inhalte – sowie das Know-how der Lehrenden, für ihr Fach und ihre jeweilige Schülerschaft geeignete digitale Lernmedien zu finden und dann auch sinnvoll einzusetzen. Hier baut die „Initiative Digitale Bildung neu denken“ auf die Innovationskraft der Schulen, konkret: auf einen Schulwettbewerb namens „Ideen bewegen“, für dessen fünfte Runde in diesen Tagen die Ausschreibung begonnen hat.

Teilnehmende Schulen bekommen einen Klassensatz Tablets sowie die dazugehörige Gemeinschaftstechnik für bis zu sechs Wochen zur Verfügung gestellt, außerdem einen Workshop und technische Unterstützung. Darüber hinaus gibt’s digitale Unterrichtsmaterialien, die von Verlagen angeboten werden. Ein nettes Paket, mit dem sich gut arbeiten lässt, aber kein IT-Luxus.

Der Wettbewerb ist fein, aber recht klein. 40 Schulen (von bundesweit rund 30.000) haben in der vergangenen Runde teilgenommen. Warum forciert Samsung den Technik-Einsatz in den deutschen Schulen nicht stärker, ein auch im globalen Maßstab kein ganz kleiner Markt? Der Konzern und seine „Initiative Digitale Bildung neu denken“ wollten bei dem, was sie den Schulen anböten, vor allem nachhaltig vorgehen, so Ganders. Dazu gehört: Auch Lehrer müssen lernen, mit „der Flut an neuen Möglichkeiten“ umzugehen. Ganders: „Das braucht eben seine Zeit.“ Diesen Prozess zu beschleunigen, daran allerdings arbeitet die Initiative schon: Der Wettbewerb und die Erfahrungen der Teilnehmer sollen in ein Fortbildungsprogramm münden.

Zweifellos ein sinnvolles Unterfangen. Denn anders als bei den Schulbüchern und gedruckten Unterrichtsmaterialien gehen Lehrer, so die Erfahrung im Projekt, offen mit den angebotenen Inhalten um und kombinieren frei verfügbare Inhalte und Medien mit geschütztem Material. „Es reicht nicht mehr, lediglich PDFs von Druckwerken anzubieten“, sagt Ganders. Aber das sei den Bildungsverlagen durchaus bewusst. Tatsächlich werden entsprechende Angebote entwickelt, allerdings langsamer, als es einem Hardware-Produzenten lieb sein kann. Ein Teufelskreis. Weil die Schulen schlecht ausgestattet sind (und deshalb relativ wenige digitale Lernmittel nachfragen), kommen nur vergleichsweise wenige Angebote auf den Markt. Dazu kommt: Das Angebot an digitalen Lernmitteln ist fragmentiert und deshalb kaum überschaubar. Eine zentrale verlagsübergreifende Vermarktungsplattform beispielsweise? Fehlt. Ebenso fehlen leicht erfassbare Kriterien, um die Qualität der Produkte beurteilen zu können. Eine Stiftung Warentest für digitale Lernmedien? Zukunftsmusik.

Anfangen muss man trotzdem irgendwo. Aktuell in Sachsen-Anhalt. Das dortige Kultusministerium und Samsung haben im Rahmen der „Initiative Digitale Bildung neu denken“ aktuell eine Kooperation vereinbart. In medienpädagogischen Workshops werden Lehrerfortbildnern digitale Kompetenzen und technische Grundlagen vermittelt. Erst in einem zweiten Schritt sollen dann die Lehrkräfte geschult werden. Es geht voran. Schrittweise, aber dafür eben nachhaltig.

Zum Wettbewerb: Die Initiative „Digitale Bildung neu denken“ hat jetzt zum fünften Mal den bundesweiten Schulwettbewerb „Ideen bewegen“ ausgeschrieben. Ob eine digitale Lerntheke zur Berufsbildung, ein Computerspielmodul zur Selbstkontrolle oder ein Krimi gegen Cybermobbing – die Initiative sucht herausragende und kreative Ideen für das Lernen mit digitalen Medien und Technologien. Hauptpreis ist ein vollständiges „digitales Klassenzimmer“ im Wert von rund 20.000 Euro. Klassen und Projektgruppen der Klassenstufen 7 bis 11 an weiterführenden Schulen können sich ab sofort bewerben. Die Konzepte zu Unterrichtsprojekten, die im digitalen Klassenzimmer umgesetzt werden sollen, können hier eingereicht werden. Die Bewerbungsfrist endet am 18. Dezember 2015. News4teachers

Zum Bericht: Wann kommt endlich die digitale Revolution in den deutschen Schulen? Eine Expertenrunde diskutiert

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