SCHWERIN. Eltern von Schulkindern werden immer wieder zur Kasse gebeten: Für die Jugendherbergsfahrt, den Gang ins Theater oder den Wandertag mit Zoobesuch. Kostenfreie Bildung geht anders, sagen Kritiker. In Mecklenburg-Vorpommern macht ein Bündnis jetzt mobil dagegen.
An den Elternbeiträgen für Schulwandertage, Unterrichtsexkursionen und Angebote der Ganztagsschule wird Kritik laut. Die Deutsche Kinderhilfe, der Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommern und die Landtagsfraktion der Linken sehen in der Praxis einen Widerspruch zum Anspruch kostenfreier Schulbildung.
«Es muss endlich damit Schluss sein, dass Eltern für die Bildung ihrer Kinder zur Kasse gebeten werden», sagte die Fraktionschefin der Linken, Simone Oldenburg, am Montag in Schwerin. Gerade an Schulen, an denen Ganztagsunterricht verbindlich ist, dürften den Eltern keine zusätzlichen Kosten, etwa für Bastelmaterial, entstehen. «Das Schulgesetz besagt, dass Bildung in Mecklenburg-Vorpommern kostenfrei ist», betonte die Politikerin. Auch Wandertage und Exkursionen seien Unterricht. Sie seien verpflichtend, die Schüler müssten daran teilnehmen – also dürften sie nichts kosten.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hatte das Bildungsministerium unter Berufung auf das Schulgesetz des Landes erklärt, dass für Schulveranstaltungen außerhalb der Schule Elternbeiträge erhoben werden können. Die Schulen seien angehalten, die Aufwendungen für die Eltern so gering wie möglich zu halten.
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Der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, erinnerte daran, dass jedes fünfte Kind in Mecklenburg-Vorpommern von Sozialleistungen lebt. 35 Prozent der Arbeitnehmer im Nordosten arbeiteten im Niedriglohnsektor. «Das sind Haushalte, die ständig an der Armutsgrenze leben oder bei kleinsten außergewöhnlichen Belastungen in die Überschuldung zu rutschen drohen», sagte Becker. Solche Familien müssten sich die Teilnahmekosten auf dem Amt «zusammenbetteln» oder ihr Kind am Veranstaltungstag «krankmelden», um es nicht vor den anderen zu blamieren. «So etwas kann und darf in einem Bundesland, in dem noch anlässlich der gerade zurückliegenden Wahl mit dem Slogan geworben wurde “Gleiche Chancen für alle Kinder von Anfang an”, nicht sein», sagte Becker. Die Auslegung des Bildungsministeriums bezüglich des Lernens an anderen Orten sei realitätsfremd, unsozial und beschämend.
Auch der Landeselternrat findet die häufigen Elternbeiträge für Schulveranstaltungen nicht in Ordnung. Die Vorsitzende Anja Betty Ritter sagte, die Eltern müssten bereits ohnehin pro Schuljahr 30,68 Euro Lernmittelbeteiligung zahlen. «Damit sollte dann auch alles zusätzliche bezahlt sein», meinte sie. Den Rest müsse der Schulträger bezahlen. Das sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Von Iris Leithold, dpa
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Und die Lehrer müssen auch noch für die Ausübung ihres Berufes zahlen.
Der Hammer sind die von den Eltern zu bezahlenden grafikrechner. Kosten um 100€, bieten außerhalb der Schule keinen Nutzen und innerhalb der Schule kaum Mehrwert, weil die, die davon profitieren könnten dieselben Aufgaben ohne ähnlich gut lösen können, und die, die davon profitieren sollen mit der Bedienung überfordert sind.
30€ sind eine Lernmittelbeteiligung, sie decken die Kosten nicht.
In Schulen braucht man Schulbücher und Arbeitshefte, Papier und Schreibgeräte, Materialien für Kunst, eine Menge Geld geht in der Regel in die Kopien (dank Inklusion und individueller Förderung inzwischen noch mehr als sonst).
Ausflüge per Bus – in einem Flächenland – sind mit Eintritt meist erst ab 15-20€ zu haben, schwimmen sollen die Kinder lernen, aber auch die nächste Schwimmhalle, so es sie überhaupt noch gibt, ist nur mit dem Bus zu erreichen.
Man kann sich vorstellen, dass man sein Kind morgens in der Schule abgibt und nachmittags um 17 Uhr wieder abholt (Horte gibt es in meiner Region nicht, aber in anderen Regionen sehrwohl) und dass das alles kostenfrei sein soll.
Aber man sollte dennoch darüber nachdenken, wo das Geld dann denn hergenommen wird, denn “kostenfrei für Eltern” ist nicht gleichbedeutend mit “ohne Kosten”.
Für den Bustransport zum Schwimmbad ist der Schuträger verantwortlich, ebenso für den Eintritt, wenn der Schwimmunterricht im Rahmen des Schulsports anfäält.
Hinzu kommt, wenn ich sehe, wie einige Schüler mit den Materialien, die ihre Eltern beschafft haben oder die mit Geldern des BuT finanziert sind, umgehen, dann überfällt mich da kalte Kot…n
Und wer soll sonst für die Wandertage bezahlen?
Es haben doch alle mehr netto vom Brutto und die Mehrheit wählt jene Parteien, die noch mehr netto vom Brutto versprechen. Also weniger für die Allgemeinheit, mehr für den Einzelnen. Aber dann nach Finanzierung durch den Staat rufen. Wie soll das gehen?
Bis auf die superreichen profitiert von den Versprechen meist niemand. Die einzige Partei, die das ändern möchte, ist die linke. Die wird aber kaum gewählt…
Was ja nicht verkehrt ist.
Auch die Kosten für Exkursionen, Wandertage und Klassenfahrten werden bei Antragstellung durch das BuT getragen. Voraussetzung ist natürlich, dass Bedürftigkeit vorliegt.
… worunter besonders die geringverdiener knapp über aufstockungsfähigkeit leiden.
Das ist das Problem. Nur die “Schwarze Null” im Bundesfinanzministerium wird nichts gegen die kalte Progresion tun, die die von Ihnen angeführten Bevölkerungsteile übermäßig belastet.
In den Schulkonferenzen, die ja die Fahrtenprogramme der Schulen einschränken können – sowohl die Häufigkeit der fahrten als auch die Höhe der Kosten – sitzen erfahrungsgemäß die leute, die eben auch Abschlussfahrten für 300 EUR7Person ohne mit der Wimper zu zucken akzeptieren oder die , die den Standpunkt vertreten, die Kosten seien doch unerheblich, da ein Anspruch auf BuT-Mittel bestünde.
Die, die es wirklich trifft, haben keine Zeit für solche zeitfressenden Veranstalungen, da sie schwer dafür arbeiten, nicht Aufstocker zu werden, damit sie dann als Opfer der kalten Progression weniger haben als die vollalimentierten Harzis.
Aber nichts Neues, der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her.
ZITAT: “Die, die es wirklich trifft, haben keine Zeit für solche zeitfressenden Veranstalungen, da sie schwer dafür arbeiten, nicht Aufstocker zu werden, damit sie dann als Opfer der kalten Progression weniger haben als die vollalimentierten Harzis.”
Oh, schön, Sie haben ja doch eine “soziale Ader”, dicke bank. 🙂
… also im ersten Teil des Zitats. 😉
Warum sich groß streiten? Das genannte Bündnis möchte nicht mehr, dass Eltern für diese Veranstaltungen zahlen. Jemand anderes (z. B. die Kommune) zahlt erst recht nicht. Also finden solche Veranstaltungen in Zukunft nicht mehr statt. Den Aufschrei auf eine solche Ankündigung möchte ich dann mal hören! Dann sind nämlich wieder nur die faulen und gelangweilten Lehrer schuld… Aber mal im Ernst. Bei uns muss jede außerschulische kostenpflichtige Veranstaltung auf dem Elternabend der Klasse beschlossen werden, ggf. auch in geheimer Abstimmung, und es wurden durchaus auch schon Vorschläge als zu teuer abgelehnt. Wo also ist das Problem??
@ marie,
darauf läuft es wohl hinaus. 🙁
Keiner will Steuern zahlen und der Staat soll alle Kosten tragen. Das ist ja schlimmer als in der DDR, Gott hab sie selig.
Nur noch ich, ich, ich …
@ marie,
ich rufe nicht für jeden Ausflug einen Elternabend ein. Sicherlich müssen Sie dann alles schon im Vorfeld des einen Halbjahres-Elternabend geplant haben. (?)
Ich setze einen Ausflug an und wer zahlt, kommt mit. Wer (aus welchen Gründen auch immer) nicht mit darf, geht dann in eine andere Klasse. Hartz-IV-Kinder bekommen ja das Geld erstattet. Die anderen waren bis jetzt immer einverstanden. Aber wer weiß … bis jetzt!
Genau so ist es. Kostenpflichtige Ausflüge müssen bei uns auf einem der beiden Elternabende abgestimmt werden. Dabei geht es noch nicht um den genauen Termin, sondern um das Vorhaben allgemein und die in etwa zu erwartenden Kosten. Für ein Halbjahr im voraus die 1 bis 2 Ausflüge zu planen, finde ich jetzt nicht aufwendig.
Kinderarmut?
Ein H4-Empfänger bekommt für jedes Kind exakt 30€ Kindergeld, der Rest wird vom Jobcenter verrechnet.
Woher kommt nur diese Kinderarmut?