BERLIN. Der VBE und der Deutsche Lehrerverband haben die Ergebnisse der neuen PISA-Auswertung zur Bildungsgerechtigkeit in Deutschland begrüßt – allerdings vor Rückschritten gewarnt, sollten sich die Bedingungen für die Schulen nicht deutlich verbessern. „Der VBE begrüßt, dass es bei der großen Herausforderung, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft abzukoppeln, zu Fortschritten gekommen ist. Es bleibt aber noch viel Luft nach oben, noch immer schafft es eines der reichsten Länder nicht einmal, den OECD-Durchschnitt zu erreichen“, so erklärte VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann.
„Die Ergebnisse der neuen Auswertung der PISA-Studie machen deutlich, wie wichtig eine stabile Beziehung zwischen Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften sowie ein insgesamt positives Schulklima sind“, betonte der VBE-Chef. „Die momentane Realität, dass dem Lehrermangel durch eine Vielzahl von personellen Notmaßnahmen versucht wird, entgegenzuwirken, steht dem entgegen.“
Beckmann unterstrich: „Für den VBE bleibt unabdingbar: Um weitere Verbesserung für mehr Chancengleichheit zu erreichen, braucht es pädagogisch hoch qualifiziertes Personal, dem die notwendigen Gelingensbedingungen bereitgestellt werden. Ein positives Schulklima und eine gesunde Schule für Lehrende und Lernende benötigt Arbeits- und Lernbedingungen, die dies ermöglichen und fördern. Gebäude, in denen es durch die Decke regnet, der Putz von den Wänden fällt und die Pilze sprießen lassen dies kaum zu.“
“Bayern am erfolgreichsten”
„Die OECD-Begleitauswertung der PISA-Studien von 2006 bis 2015 bezüglich der Leistungsergebnisse von Schülerinnen und Schülern aus sozial benachteiligten Familien zeigt, dass die Behauptung, in Deutschland sei es um die Bildungsgerechtigkeit besonders schlecht bestellt, falsch ist“, meinte hingegen der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger“.
Allerdings warnte der Dachverbands-Vorsitzende davor, die Möglichkeiten der Schule zu überschätzen, eine Entkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg zu bewirken. Er betonte: „Die Studie räumt ausdrücklich ein, dass die Hauptfaktoren für Resilienz persönliche und gesellschaftliche Faktoren sind, vorrangig zum Beispiel, ob zu Hause in der Familie Deutsch oder die Herkunftssprache gesprochen wird. Ich bezweifle, dass mehr Ganztagsschulen und die Auflösung und Umwandlung von Hauptschulen zu dieser vermehrten Resilienz in dem Ausmaß beigetragen haben, wie es die Studie vermutet. Die größten Erfolge bei der schulischen Förderung von Kindern aus sozial benachteiligten Schichten hat in Deutschland Bayern, das auf Mehrgliedrigkeit setzt. Zweigliedrigkeit verhindert nicht soziale Entmischung, wie die Beispiele Bremen und Berlin, Schlusslichter bei allen Vergleichsstudien, zeigen.“
Meidinger warnte auch vor der Erwartung, dass sich der von der Studie beschriebene Erfolgstrend automatisch fortsetzen werde. Beispielsweise nehme durch die Zuwanderung von Flüchtlingen seit 2015 mit immerhin über 200.000 schulpflichtigen Kindern die Anzahl der Familien wieder deutlich zu, in denen zu Hause kein Deutsch gesprochen werde, eine der Hauptursachen für fehlende Resilienz.
Der Verbandspräsident betonte: „Ich fürchte, dass die Ergebnisse der letzten IGLU-Studie, wonach die Zahl der besonders schwachen Grundschüler dramatisch zugenommen hat, ein ernstzunehmendes Warnzeichen ist, was sich auch in künftigen PISA-Studien abbilden könnte. Insofern könnte die gerade vorgelegte Studie schon wieder veraltet sein. Deshalb ist eine bundesweite verstärkte sprachliche Frühförderung das Gebot der Stunde, wollen wir eine neue gesellschaftliche Spaltung verhindern. Letztendlich geht es auch darum, gerade in Familien aus ungünstigen sozialen Verhältnissen den enormen Wert von Bildung für sozialen Aufstieg zu vermitteln und zu verdeutlichen. Das ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gute Bildung ist und bleibt der Schlüssel zu sozialem Aufstieg!“
Neue PISA-Ergebung: Das deutsche Schulsystem ist deutlich gerechter geworden (heißt auch: Es geht!)
Drängender denn je: Warum wir mehr Chancengerechtigkeit im Schulsystem brauchen – eine Gegenrede
“Die größten Erfolge bei der schulischen Förderung von Kindern aus sozial benachteiligten Schichten hat in Deutschland Bayern, das auf Mehrgliedrigkeit setzt. Zweigliedrigkeit verhindert nicht soziale Entmischung, wie die Beispiele Bremen und Berlin, Schlusslichter bei allen Vergleichsstudien, zeigen.”
Ein erneuter Stich gegen die Einheitsschulverfechter. Neben den miserablen Grundschulleistungen in der IGLU-Studie führt auch die flächendeckende Abschaffung von Haupt- und Realschulen und Ersetzen durch eine Sekundar- / Gemeinschafts- oder sonst wie genannte Mittelschulen neben dem Gymnasium befürchte ich einen weiteren negativen Effekt auf die Leistungen.
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Sie beschreiben das Szenario treffend, und die Eintrittspforte zur Umsetzung der Einheitsschule bildet die Inklusion, welche zu einer noch stärkeren Niveauabflachung der Schulen führen wird, weil derartige Herkulesaufgaben einer “heterogenen Beschulung”, nur von sehr wenigen Lehrern, unter der Aufgabe ihres Familienlebens möglich sind, und es so zur physischen Erschöpfung von Lehrern kommt.
Unser gemeinsamer Freund vom Grundschulverband wünscht sich dazu auch noch den jahrgangsübergreifenden Unterricht. Da werden dann wohl auch dessen Anhänger an den Rand der Dekompensation geraten, da es immer schwieriger wird, jedem Schüler etwas direkt zu vermitteln, geschweige denn auf jeden eingehen zu können. Mehr Personal wird es nämlich nicht geben.
Schöne neue Schulwelt, aber es ist eben eine Idee aus dem Elfenbeinturm , und von diesen Ideen wurden in den letzten Jahren viele ohne große Studien gleich zum Ernstfall der betroffenen Lehrer und Schüler.
Da gerät die Vorfreude auf derartige Szenarien zum Entsetzen der Betroffenen.
Aber irgendwann wird der gesamte Spuk ein Ende finden, spätestens dann, wenn wissenschaftliche Methodik mit Feedback auf breiter Front eingeführt wird.
Denn dann werden endlich auch die Betroffenen mit in die Entscheidungen einbezogen werden und unsere Bildungspolitiker werden auf das nötige Maß an Einfluss zurückgeschraubt werden.
Zu den gesellschaftlichen (u. a. schulischen) Gerechtigkeits- und Neiddebatten eine kleine Geschichte:
Es war einmal ein Mann, der seinem Nachbarn nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnte. Immer wollte er mehr besitzen als jener und wo das nicht zu erreichen war, da sollte wenigstens keiner von beiden etwas haben.
Ein guter Geist wollte ihn von seiner Selbstsucht kurieren, erschien vor ihm und sprach: “Ich erfülle dir einen beliebigen Wunsch, aber dein Nachbar bekommt davon doppelt so viel.“
Der Angesprochene dachte sehr lange und gründlich nach. Schließlich sagte er: „Mach mich auf einem Auge blind“