Erzbischof zur Schließung katholischer Schulen: fehlende Pensionsrücklagen besonderes Problem

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HAMBURG. Im Konflikt um die geplante Schließung von acht Schulen durch das hochverschuldete Erzbistum Hamburg gibt sich Erzbischof Stefan Heße kooperationsbereit. Allerdings müsse das Bistum Schulträger bleiben und über allem stehe der Vorhalt der Finanzierbarkeit. Problematisch seien besonders die Lehrer-Pensionen.

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße hält an den Schließungsplänen für katholische Schulen wegen Sparzwängen fest, ist aber für Rettungsinitiativen aufgeschlossen. «Für jede Schule, die erhalten bleibt, bin ich sehr dankbar», sagte Heße im Interview. «Dafür nehme ich auch gern jede Hilfe in Anspruch.» Dabei setzt Heße auf die Stadt, Investoren und insbesondere die Kooperation mit der Hamburger Schulgenossenschaft – einer Laien-Initiative, die sich für den Erhalt möglichst aller 21 katholischen Schulen in Hamburg einsetzt. Heße warnte vor unrealistischen Erwartungen. Es bleibe der Vorbehalt der Finanzierbarkeit.

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße will weiter mit der Genossenschaftsinitiative zur Rettung der katholischen Schulen in der Hansestadt zusammenarbeiten. Foto: © Raimond Spekking / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße will weiter mit der Genossenschaftsinitiative zur Rettung der katholischen Schulen in der Hansestadt zusammenarbeiten. Foto: © Raimond Spekking / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Das Erzbistum hatte am 19. Januar ohne Rücksprache mit den Betroffenen angekündigt, fünf Schulen zu schließen und möglicherweise drei weitere. Schulleiter, Elternvertreter und Schüler fühlten sich übergangen, Initiativen zur Schulrettung wurden gegründet. Die Hamburger Schulgenossenschaft will 10.000 Unterstützer gewinnen und insgesamt zehn Millionen Euro als Grundkapital aufbringen.

Heße verwies erneut auf die finanzielle Schieflage des Erzbistums, obwohl die Kirchensteuereinnahmen seit 2005 von etwa 60 Millionen auf zuletzt 95 Millionen Euro gestiegen sind: «Wir sind bilanziell mit 80 Millionen Euro überschuldet, das heißt wir sind zahlungsfähig, aber die Verpflichtungen des Bistums sind deutlich höher als das Vermögen. Die Überschuldung würde bis 2021 auf 350 Millionen Euro steigen, wenn wir nichts unternehmen.» Es gehe nicht nur um Schule, so Heße. «Wir müssen den Haushalt in Ordnung bringen. Sonst haben wir noch größere Probleme in allen anderen Bereichen.»

Als besonderes Problem nannte der Erzbischof, dass in der Vergangenheit die Pensionslasten der Lehrer nicht auskömmlich zurückgelegt wurden. Das Bistum wolle jedes Jahr in den Pensionsfonds für die Lehrer etwa 15 Millionen Euro einzahlen – und das sukzessive, um den Topf zu füllen. «Die übernommenen Haftungsrisiken aus dem Schulverband liegen bei insgesamt 269 Millionen Euro», sagte Heße. «Wenn man damals verantwortlich zurückgelegt hätte, sowohl in Pensionen wie auch in Baurücklagen, hätten wir heute das Problem wahrscheinlich nicht.» Allein für die 13 Schulen, die in jedem Fall erhalten bleiben, seien 65 Millionen Euro notwendig und für die 3 Schulen, «die wir wenn möglich weiterentwickeln wollen», noch einmal 55 Millionen Euro – zusammen also 120 Millionen Euro.

Von der Stadt erwartet Heße mehr Unterstützung: «Die freien Träger bekommen vom Staat eine gewisse Refinanzierung für das, was sie im Bereich der Schulen machen. Das ist aber aus unserer Sicht im Moment noch zu wenig, so dass wir hier ins Gespräch gehen müssen.» Man sei auch noch im Gespräch «mit einer Reihe von Privatinvestoren, die sich angeboten haben, mit uns weitere Perspektiven zu entwickeln». Damit sei zum Beispiel das Zurückleasen von Gebäuden gemeint.

«Mit der Genossenschaftsinitiative haben wir vereinbart, erstmal einen Projektplan aufzustellen, um dann – so Gott will – bis Anfang Juli, also dem Beginn der Sommerferien, alle wesentlichen Fragen zu klären», sagte Heße. «Wir als Bistum haben immer gesagt, 13 Schulen wollen wir in jedem Fall betreiben und drei wollen wir wenn möglich weiter entwickeln. Aber allein für diese drei sind 55 Millionen Euro notwendig, so dass die Fragen einer guten Kooperation sicher auch daran hängt, was die Genossenschaftsinitiative leisten kann.» Er sei dankbar für dieses große Engagement, sagte Heße.

Es gibt aber Differenzen, denn das Erzbistum will die Trägerschaft der Schulen behalten und auch die Verantwortung weiterführen etwa für das Personal. Dagegen favorisieren Vertreter der Initiative ein paritätisches Modell «gemeinsamer Verantwortung» für das katholische Schulwesen in Hamburg.

«Wir geben ja letztlich eine Jobgarantie für alle Beschäftigten an unseren Schulen ab», sagte Heße zur Position des Erzbistums. Aber das schließe ja nicht aus, andere Kooperationsmodelle zu finden. «Wir haben gesagt, wir wollen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Was das heißt, das müssen wir miteinander klären. Wir stehen erst am Anfang der Gespräche.» Man habe «konstruktive, offene und vertrauensvolle Gespräche» geführt. «Jetzt muss gearbeitet werden», sagte Heße.

Auf die Frage, ob bei ihm die Bereitschaft gewachsen sei, dass die Schließungspläne nicht das letzte Wort sein müssen, antwortete Heße: «Wir müssen nicht nur Formen der gemeinsamen Verantwortung finden, sondern es hängt auch entscheidend davon ab, was finanziell möglich ist. Wir können nur das machen, was wir tatsächlich finanzieren können. Es geht nicht nur um Schule. Die Situation des gesamten Erzbistum ist in einer Schieflage. Wir müssen den Haushalt in Ordnung bringen. Sonst haben wir noch größere Probleme in allen anderen Bereichen.» (dpa)

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Cavalieri
5 Jahre zuvor

Das nenne ich Jammern auf hohem Niveau! Die katholische Kirche könnte (als ganze) mal etwas von ihrem angehäuften Vermögen abschmelzen, um Verpflichtungen zu bezahlen. Oder hat Jesus dieses Anhäufen verlangt? Allein die Immobilien (ohne die eigentlichen Kirchengebäude und zugehörigen Grundstücke) sollen einen Wert von ca. 400 Milliarden haben, bezogen auf ganz Deutschland. Da ist es wohl eher lächerlich, über 120 Millionen zu jammern. Und seit wann bekommen Lehrer an Privatschulen eigentlich Pensionen und keine Renten, sofern sie nicht Staatsbeamte sind? Die Kirchenbeamten sind von der Kirche zu besolden einschließlich der Pensionen. Bei den Pfarrern funktioniert das ja auch (konfessionsübergreifend).