Elterninitiative kämpft für die Rückkehr zu G9 – Meidinger unterstützt sie dabei

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STUTTGART. Die Gegner des achtjährigen Gymnasiums haben einen langen Atem – nach dem Philologenverband wagt eine Elterninitiative einen neuen Vorstoß. Ob sie mit ihrer Forderung im Landtag mehr Gehör finden?

Mit G9 geht’s entspannter und besser vorbereitet in Richtung Abitur.                 Foto: Avarty Photos / flickr / CC BY-SA 2.0

Ausgepowerte Jugendliche mit langen Schultagen und Terminkalendern wie Manager – so erleben etliche Eltern ihre Kinder, wenn sie das achtjährige Gymnasium besuchen. Zwei Mütter schlagen deshalb Alarm und werben in einer Online-Petition für die flächendeckende Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums (G9). Fundierte Bildung und ein «gesundes Großwerden» bräuchten mehr Zeit als die an den meisten Gymnasien üblichen acht Jahre, betonten die beiden Initiatorinnen. Corinna Fellner und Anja Plesch-Krubner starteten die Initiative nach eigenen Worten vom Küchentisch aus. Nach drei Monaten fanden sie mehr als 25.000 Unterstützer. Über den Petitionsausschuss des Landtags wollen sie die Politik aufrütteln und die Diskussion über G9 reaktivieren.

Dazu ist Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) aber nicht bereit: «Das achtjährige Gymnasium ist und bleibt der klassische und reguläre Weg zum allgemeinbildenden Abitur im Land.» Darauf habe sich die grün-schwarze Landesregierung verständigt. Die Diskussion um Schulstrukturen sei beendet, sagte Eisenmann.

Die Kultusministerin hatte auch dem Philologenverband 2016 einen Korb gegeben. Die Gymnasiallehrer hatten rund 14.600 Unterschriften gesammelt. Ihre Forderung: G9-Standorte zu genehmigen, wenn Schulen, Schulträger, Schüler und Eltern vor Ort das wünschen. Dagegen fordern die beiden Initiatorinnen eine vollständige Umstellung. Während sie eine Mehrheit der Eltern für die Rückkehr zu G9 sehen, bezweifelt dies die Ministerin. Angesichts der rund 300.000 Gymnasiasten im Land seien 25.000 Unterschiften bei weitem kein Stimmungsbarometer für G9.

Für Eisenmann ist der Weg über berufliche Gymnasien zum Abitur in neun Schuljahren eine gute Alternative, die mehr als 36 Prozent der Abiturienten nutzen. Damit gebe es ein flächendeckendes G9-Angebot. Für die beiden Mütter ist dieser Weg nicht vergleichbar: Es sei erwiesen, dass junge Menschen, die über die Realschule und das berufliche Gymnasium zum Studium kämen, dieses weit häufiger abbrechen als die Absolventen allgemeinbildender Gymnasien.

Probleme an den Gymnasien

Die SPD-Landtagsfraktion setzt einen anderen Akzent: Da sich Schüler in G8 und G9 nach Studien gleichermaßen zunehmend gestresst fühlten, müsse man sich aus den «G8- und G9-Gräben» hinausbewegen. Der Bildungsexperte Daniel Born sagte: «Es gibt Probleme an den Gymnasien, über die wir dringend sprechen müssen. Die Rückkehr zu G9 ist dabei aber nicht die ultimative Antwort auf die Vielzahl von Herausforderungen.» Die FDP-Fraktion fordert, dass alle Gymnasien gleich gut ausgestattet werden und beschließen können, einen neunjährigen Bildungsgang anzubieten.

Die Umstellung auf G8 im Schuljahr 2004/05 wurde von der damaligen Kultusministerin Annette Schavan (CDU) angestoßen, weil deutsche Studenten im internationalen Vergleich aus ihrer Sicht zu spät mit dem Studium begannen. Plesch-Krubner sagte: «Es gibt keine pädagogischen Grund, nur ökonomische Gründe für G8.» Der Wegfall der Wehrpflicht und frühere Einschulung hätten bereits für jüngere Studierende gesorgt. Andere Länder wie Bayern, Hessen und Niedersachsen seien bei der Umstellung auf G9 viel weiter.

Überdies fielen die gestressten G8-Schüler nach dem Abitur oft in ein Loch, weil sie wenig Zeit dafür gehabt hätten, über ihre Zukunft nachzudenken, sagte Michael Gerlach von der Arbeitsgemeinschaft der Elternvertreter an Gymnasien im Regierungsbezirk Stuttgart. Die Arge unterstützt die Petition ebenso wie der Deutsche Lehrerverband. Dessen Präsident Heinz-Peter Meidinger sprach sich im SWR-Tagesgespräch dafür aus, flächendeckend das neunjährige Gymnasium wieder einzuführen, zumindest in den alten Bundesländern.

Als Modell ist an derzeit noch 44 Schulen im Südwesten ein neunjähriger Weg zum Abitur noch möglich. dpa

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