Verbände irritiert: Macht der Rechnungshof jetzt die Schulpolitik?

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STUTTGART. Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat sich vom Landesrechnungshof ein umfangreiches Gutachten zur Effizienz des Ressourceneinsatzes in den Schulen  erstellen lassen – was jetzt zu Irritationen führt. Die GEW kritisiert das Papier als realitätsfern. Auch der VBE kann grundsätzliche Aussagen darin nicht nachvollziehen – beispielsweise die kolportierte Aussage, dass der Rechnungshof keinen Zusammenhang zwischen Klassengröße und Unterrichtsqualität erkenne. „Es gibt genügend Studien, die belegen, dass die Klassengröße Einfluss auf den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler hat“, widerspricht VBE-Landeschef Gerhard Brand vehement.

Finanzkompetenz ist mehr, als das Sparschwein zu befüllen, aber auch mehr als nur den Zinssatz zu berechnen. Foto: mdgrafik0 / pixabay (CC0 Public Domain)
Geht’s bei der Rechnungshof-Expertise um Qualitätsverbesserungen – oder schlicht ums Sparen? Foto: mdgrafik0 / pixabay (CC0 Public Domain)

Die GEW hält es für „sehr irritierend“, dass die grün-schwarze Landesregierung das Gutachten überhaupt beauftragt hat. Der Rechnungshof komme nur zu quantitativen Ergebnissen, die die Qualitätsentwicklung außen vor ließen. „Ressourcensteuerung muss Qualitätssicherung und die Senkung der Arbeitsbelastung zum Erhalt der Attraktivität des Lehrerberufs zum Ziel haben. Die Vorschläge des Rechnungshofs sind kein Beitrag zur Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht. Es geht offensichtlich nur darum, die Unterrichtsversorgung schönzurechnen. Sie beinhalten durch neue Rechenmodelle ein weiteres Ausmosten der Lehrkräfte. Es ist abenteuerlich, dass sich der Rechnungshof erlaubt, den Einfluss des Versorgungsgrads mit Lehrkräften auf den Bildungserfolg zu verneinen“, betont GEW-Landeschefin  Doro Moritz.

Sie sagt: „Die Umsetzung der Empfehlungen würde die Qualität des Unterrichts beeinträchtigen und eine weitere Verschärfung der Arbeitsbelastung der Lehrkräfte bedeuten. Warum äußert sich der Rechnungshof beispielsweise nicht zum Einsatz von Assistenten zur Entlastung von Verwaltungsaufgaben? Auch eine bessere Förderung von Schülerinnen und Schülern und in der Folge weniger Sitzenbleiber wäre ein Beitrag zu zielgerichtetem Ressourceneinsatz.“

Die vorgeschlagenen Schulschließungen aus Spargründen lehnt die GEW jedenfalls ab. Die Gewerkschaft betont, dass die pädagogische Qualität und bei Grundschulen die Wohnortnähe Vorrang haben müssen. „Die Schließung kleiner Grundschulen führt zu größeren Klassen und verschlechtert die jetzt schon mangelhaften Fördermöglichkeiten an Grundschulen noch mehr“, kritisiert Doro Moritz.

Gegen Jahresarbeitszeitkonto

Der VBE schlägt in die gleiche Kerbe. „Der VBE ist für den Erhalt der kleinen Grundschulstandorte“, sagt Landeschef  Brand. „Wir verkennen die Realität nicht: Es kann durchaus Situationen geben, in denen eine Zusammenlegung kleiner Grundschulen sinnvoll sein kann“, so Brand weiter. Dabei gehe es jedoch um Einzelfallentscheidungen und nicht um eine pauschale Schließung. „In jedem Fall muss die Situation vor Ort in den Blick genommen werden und bei jeder Zusammenlegung oder Schließung muss eine Einzelfallentscheidung getroffen werden“, sagt er.

Ein Jahresarbeitszeitkonto für Lehrerinnen und Lehrer, wie es der Rechnungshof vorschlägt, lehnt der VBE Baden-Württemberg kategorisch ab. „Wir befürworten die aktuelle Regelung. Wir wissen, dass die derzeit gültige Deputatsregelung auch ihre Schwächen hat, aber sie entspricht den Anforderungen der Arbeitszeit bei Lehrkräften noch am besten“, erläutert Brand. Der VBE-Landesvorsitzende warnt ebenfalls davor, Lehrerinnen und Lehrer, die außerhalb des Unterrichts eingesetzt sind, großflächig in den Unterricht zurückzuschicken. „Lehrkräfte, die außerhalb des Unterrichts eingesetzt werden, sind meist in der Schulverwaltung eingesetzt. Dort arbeiten die Kolleginnen und Kollegen aber nicht aus Jux und Tollerei“, erläutert Brand.

Prinzipiell sei es zwar richtig, dass Lehrkräfte im Unterricht tätig sein sollten. Aber: „Die Lehrerinnen und Lehrer, die außerhalb des Unterrichts eingesetzt werden, erfüllen in ihren aktuellen Positionen wichtige Aufgaben. Wenn man sie abzieht, entstehen Lücken in der Verwaltung. Die Devise sollte hier lauten, nicht umzuschichten, sondern mehr Lehrkräfte auszubilden und dann auch einzustellen“, so betont der VBE-Landeschef. News4teachers

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xxx
5 Jahre zuvor

Bezüglich Klassenstärke kann der Rechnungshof keinen positiven Effekt erkennen, weil die dafür erforderlichen Klassenstärken beim allerbesten Willen nicht erreichbar sind. 30 Schüler oder 25 Schüler pro Klasse ist wirklich egal. Die doppelt gezählten Inklusionskinder spielen dabei auch keine Rolle.