Murks und Chaos in der bildungspolitischen Märchenwelt – der Streit im hessischen Landtag verschärft sich

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WIESBADEN. Das Schuljahr ist gerade etwas mehr als zwei Wochen jung, der bildungspolitische Streit im hessischen Landtag bereits alt. Im Wahljahr gewinnt die Diskussion nochmal an Schärfe hinzu.

ucht händeringend Grundschullehrer: Hessens Kultusminister Alexander Lorz. Foto: Hesssisches Kultusministeriums
Sieht sich massiver Kritik ausgesetzt: Hessens Kultusminister Alexander Lorz.            Foto: Hesssisches Kultusministeriums

Die Bewertungen über den Start ins neue Schuljahr reichen von «hervorragend» bis «Murks und Chaos»: Einmal mehr spaltet die Diskussion um die beste Bildung den hessischen Landtag. Während Kultusminister Alexander Lorz (CDU) «absolute Rekorde» bei Ausstattung und der Zahl der Lehrerstellen beschwor, hagelte es aus den Reihen der Opposition Kritik. Die Koalition lebe in einer Märchenwelt, habe keine Antworten auf bildungspolitische Herausforderungen wie Inklusion, Integration und Ganztagsbeschulung, sagte der SPD-Bildungsexperte Christoph Degen.

Rund 760.000 Schüler besuchen im aktuellen Schuljahr Hessens öffentliche allgemeinbildende und berufliche Schulen. In den Einrichtungen gibt es insgesamt 54.100 Stellen für Lehrer und pädagogische Fachkräfte. Das entspricht nach den Worten von Lorz einem Plus von 1.000 zusätzlichen Stellen im Vergleich zum vergangenen Jahr. Damit seien die rund 1.800 Schulen in Hessen im Vergleich mit den anderen Bundesländern einmalig gut versorgt.

Für die Abdeckung des in den Stundenplänen vorgesehenen Unterrichts würden rund 38.000 dieser Stellen benötigt, erklärte Lorz. Der Rest entfalle auf zusätzliche Aufgaben an den Schulen wie die Inklusion, die Ganztagsbetreuung und die Sprachförderung für Flüchtlinge.

Der SPD-Abgeordnete Degen hielt der Regierungskoalition vor, «komplett den Bezug zur Realität verloren» zu haben. So gebe es bislang keine Antwort auf die Frage, wie viele Stellen noch nicht besetzt sind. Außerdem hätten rund ein Zehntel aller hessischen Lehrkräfte kein Lehramtsstudium – Tendenz steigend, sagte Degen. An einer Grundschule im Rhein-Main-Gebiet sei ein Drittel der Lehrerstellen mit Studierenden besetzt. «CDU und Grüne missbrauchen ein Instrument, dass als Ausnahme gedacht ist», kritisierte der SPD-Abgeordnete.

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Mehr Zeit!

Auch der FDP-Bildungsexperte Wolfgang Greilich kritisierte, dass «leierkastenförmiges Herunterbeten statistischer Daten» nicht dazu führe, dass kein Unterricht ausfalle. Die Stimmung an vielen Schulen sei schlecht. «Wenn Sie sich den Problemen nicht stellen, werden Sie sie auch nicht lösen», sagte Greilich an die Adresse des Kultusministers. «Lehrkräfte und Schulleitungen müssen endlich entlastet werden.» Sie bräuchten wieder mehr Zeit, um sich ihren Kernaufgaben widmen zu können.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Gabi Faulhaber, beklagte: «Der Lehrkräftemangel ist weitaus größer, als das Kultusministerium zugibt.» Dies belege eine Studie, die von den Linken in Auftrag gegeben wurde. Der Mangel führe schon jetzt dazu, dass immer mehr pensionierte oder nicht qualifizierte Männer und Frauen den Unterricht hielten.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mathias Wagner, verteidigte die schwarz-grüne Bildungspolitik: «Schritt für Schritt kommen wir unserem Ziel näher, die besten Schulen an den Orten mit den größten Herausforderungen zu haben.» Die insgesamt 700 neu geschaffenen Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte seien dafür ein Meilenstein.

Die Situation an den Schulen sei besser denn je, betonte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Armin Schwarz. Hessen investiere laut Bildungsfinanzbericht so viel in die Bildung der Kinder wie kein anderes Flächenland in Deutschland. Mit Beginn des neuen Schuljahres hätten außerdem fast 70 Prozent der Schulen ein Ganztagsprogramm, sagte Schwarz. Damit böten 1.155 der rund 1.800 Schulen eine Betreuung bis in den Nachmittag – gegenüber gerade einmal 138 Schulen zu Zeiten der letzten SPD-Regierung. dpa

Ein Armutszeugnis für die Bildungspolitik: In 15 Jahren hat sich bei der Förderung schwacher Schüler praktisch nichts getan

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OMG
5 Jahre zuvor

Der Armin Schwarz, so kennen wir ihn. Nachfragen allerdings ins Details sollte man lieber nicht stellen. Das wird es lustig.
Mal im Ernst: in diesem jahr wird ein Allzeithoch erreicht bei der Inklusion: 1 Förderlehrerstunde für jedes Kind an der Regelschule im Rahmen der inklusiven Beschulung. 4 solltens übrigens nach hessischem Recht mindestens sein. Und dafür lässt sich Schwarz-Grün feiern? Ja, liegt denn Schilda in Hessen??????