Niedersachsen geht bei der Digitalisierung der Schulen in die Offensive – finanziert auch von den Eltern

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HANNOVER. Landesweit schnelles Internet, keine großen Lücken im Handynetz, technisch versierte Schüler: Niedersachsen will mit Investitionen von einer Milliarde Euro die Digitalisierung voranbringen. Den Fahrplan dafür legte Wirtschaftsminister Althusmann jetzt vor. Auch die Schulen sind einbezogen – die Landesregierung setzt auf elternfinanzierte Endgeräte.  Damit mache es sich Rot-Schwarz ein bisschen zu einfach, bemängelt der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR).

Kultusminister Althusmann bei seiner Eröffnungsrede auf der didacta 2012 in Hannover: Foto: Nina Braun
War auch mal Kultusminister in Niedersachsen: Wirtschaftsminister Althusmann, hier bei seiner Eröffnungsrede auf der didacta 2012 in Hannover: Foto: Nina Braun

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Hannover haben derzeit nur vier Prozent der Gebäude in Niedersachsen Anschluss an ein superschnelles Internet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von einem Gigabit je Sekunde. Bis 2025 sollen alle Haushalte im Land damit versorgt sein. Gewerbegebiete, Schulen, Häfen und Universitäten sollen bereits bis 2021 entsprechend ausgerüstet werden. Das Land will künftig nur noch den Ausbau von Glasfasernetzen fördern. Bereits im laufenden Jahr sind dafür 100 Millionen Euro vorgesehen, bis 2022 sollen es 500 Millionen Euro sein.

Die Landesregierung plant, digitale Endgeräte wie Tablets und Smartphones als Lernmittel in den Schulen anzuerkennen. Dies würde bedeuten, dass sie für die Schüler zur Pflichtausstattung werden. «Ich gehe davon aus, dass Smartphones und Tablets ganz natürlicher Bestandteil des Unterrichts von morgen sein werden», sagte Althusmann. Nach seinen Angaben haben Schätzungen zufolge bereits heute 80 bis 90 Prozent der Schüler eigene Endgeräte. Zudem könnten Smartphones oder Tablets künftig auch andere Geräte ersetzen, deren Anschaffung heute in den Schulen Pflicht sei, wie etwa der grafikfähige Taschenrechner. Der Plan sieht vor, dass ein «Unterstützungssystem für finanzschwache Eltern bzw. Nutzerinnen und Nutzer» entwickelt werden soll. Althusmann sagte, dass Kultusministerium werde im Verlauf der kommenden zwei Schuljahre eine Konzeption für die Anwendung der Tablets und Smartphones vorlegen.

„Enormer Nachholbedarf“

Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte VNL/VDR zeigt sich skeptisch. Er begrüßt zwar grundsätzlich Althusmanns „Masterplan Digitalisierung“, warnt jedoch vor unüberlegten Schritten im Hauruckverfahren m Schulbereich. „Minister Althusmann macht es sich zu einfach, wenn er auf Kosten der Elternschaft die Schulen mit Laptops oder Tablets ausstatten lassen will. Zu wenig Beachtung findet die Tatsache, dass die Lehrkräfte noch immer nicht genügend auf die Digitalisierung vorbereitet sind. Niedersachsen hat hier einen enormen Nachholbedarf“, so VNL/VDR-Vorsitzender Torsten Neumann als erste Reaktion auf die Vorabberichterstattung in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung von heute.

Der VNL/VDR warnt davor, nicht wieder die Fehler aus vergangen Jahren zu wiederholen. Digitalisierung ist mehr als nur die Ausstattung mit technischen Gerätschaften. Es muss sichergestellt sein, dass die Schulen bei der Wartung nicht allein gelassen werden. Die Lehrkräfte müssen intensiv und effektiv fortgebildet werden. Bis gezielt ausgebildete Informatik-Lehrkräfte die Universitäten verlassen werden, werden noch Jahre vergehen.

Neumann abschließend: „Minister Althusmann sollte noch vor der offiziellen Präsentation seines Masterplanes konkrete Maßnahmen nennen, wie auch einkommensschwache Eltern ihren Kindern einen Laptop oder Tablet finanzieren können. Digitalisierung darf nicht zur weiteren Mehrbelastung in den Schulen führen. Digitalisierung in der Schule wird auch in Zukunft nur ein – wenn auch sehr wichtiger – Teil sein. So wird die Inklusion, um nur ein weiteres Problemfeld zu nennen, die Schulen auch weiterhin enorm herausfordern und belasten. Von wohlformulierten Absichtserklärungen haben die Schulen nichts, es müssen auch konkrete, praxistaugliche Taten folgen.“ News4teachers / mit Material der dpa

Billig-Digitalisierung: Schüler sollen eigene Smartphones nutzen

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