Eisenmann widerspricht ihrem Parteifreund Kauder: „Bildungsnotstand? Haben wir nicht“ – aber…

0

STUTTGART. Zum neuen Schuljahr ist in Baden-Württemberg das Personaltableau vor allem an vielen Grundschulen wieder auf Kante genäht. Die Kultusministerin sieht das Problem. Doch Gegenmaßnahmen zu treffen, ist gar nicht so einfach.

Auf Schulbesuch: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Baden-Württembergs Kultusministerin Eisenmann findet für 700 Stellen keine Lehrer. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Trotz vielfältiger Anstrengungen der grün-schwarzen Landesregierung sind zum Schuljahresbeginn noch rund 700 Lehrerstellen in Baden-Württemberg unbesetzt. Betroffen seien vor allem Grundschulen im ländlichen Raum, sagte Susanne Eisenmann (CDU) am Donnerstag in Stuttgart. Infolgedessen würden dort zum Beispiel etwas größere Klassen gebildet. Insgesamt seien von den rund 5700 unbefristeten Lehrerstellen an den öffentlichen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen rund 5000 Stellen besetzt worden. An diesem Montag beginnt für rund 1,5 Millionen Kinder das neue Schuljahr.

Auch an den Haupt- und Werkrealschulen sowie an den Realschulen gibt es einige vakante Stellen. Das reguläre Einstellungsverfahren läuft aber noch bis Ende September. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren zum Schuljahresbeginn noch 635 Stellen offen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte am Mittwoch von insgesamt rund 1500 nicht-besetzten Lehrerstellen zum neuen Schuljahr 2018/2019 gesprochen, allerdings war das der Stand vor den Sommerferien. Eisenmann sagte, sie könne die GEW-Zahlen nicht nachvollziehen.

„Grün-Rot ist schuld“

Eisenmann machte die frühere grün-rote Landesregierung (2011 bis 2016) für die Probleme verantwortlich. Die Pensionierungswelle von Lehrern sei absehbar gewesen, so dass man die Ausbildungskapazitäten bereits vor fünf bis sechs Jahren hätte ausbauen müssen. Das sei aber nicht passiert. SPD-Bildungexperte Stefan Flust-Blei warf der Ministerin vor, selbst 1000 Lehrerstellen im Haushalt 2017 gestrichen zu haben. Zudem sei die Verlängerung der Lehramtsstudiengänge, die sich jetzt auf den Arbeitsmarkt auswirkten, noch von der schwarz-gelben Landesregierung vor 2011 beschlossen worden. FDP-Bildungsexperte Timm Kern sagte, der gebetsmühlenartige Verweis von Eisenmann auf die Vorgängerregierung verkomme immer mehr zum Ritual der Hilflosigkeit und ersetze nicht das eigene Handeln.

Eisenmann widersprach zudem Bundestags-Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), der erklärt hatte, Deutschland sei in Gefahr, langsam in einen Bildungsnotstand hineinzulaufen (News4teachers berichtete). «Wir haben keinen Bildungsnotstand», sagte Eisenmann. Es gebe zwar Handlungsbedarf, und die Zahl der offenen Lehrerstellen sei nicht zufriedenstellend. «Aber Bildungsnotstand ist grundsätzlich etwas anderes.»

GEW-Landeschefin Doro Moritz, hatte der Landesregierung vorgeworfen, an den Schulen habe sich im Vergleich zum Schuljahresbeginn vor einem Jahr nichts verbessert (News4teachers berichtete). Dem widersprach Eisenmann entschieden. «Es bewegt sich an den Schulen etwas.» Ohne das Maßnahmenpaket der Landesregierung wäre die Situation weitaus schlimmer. Zudem sei die Situation in Baden-Württemberg bei der Unterrichtsversorgung nicht so gravierend, wie in vielen anderen Bundesländern. Gewerkschaftliche Forderungen nach mehr Lehrerstellen führten nicht weiter. Denn das große Problem bestehe eben darin, dass es einen Lehrermangel gebe.

Manche Junglehrer ziehen es laut Eisenmann vor, lieber eine befristete Stelle in Städten wie Freiburg, Stuttgart und Karlsruhe anzunehmen, als eine unbefristete Stelle auf dem Land – wie etwa in Tuttlingen oder Lörrach. «Das geografische Beharrungsvermögen von Junglehrern ist erstaunlich.» Zum Teil würden notgedrungen ältere, verbeamtete Lehrer versetzt, um begehrte Stellen frei zu machen und dafür junge Lehrer zu gewinnen, die nirgends sonst hinwollten. Das sei zwar ungerecht. Doch versetzbar seien eben nur Lehrer, die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Land stünden.

Weil es viel mehr Gymnasiallehrer als Stellen für sie gibt, versuchte das Land, sie für einen befristeten Zeitraum an eine Grundschule zu beschäftigen. Im Gegenzug erhalten diese Lehrer die Zusage für eine Verbeamtung und für eine spätere Stelle im gymnasialen Lehramt. Von diesem Angebot machten rund 200 junge Menschen Gebrauch. Bei älteren Lehrern versucht das Land, den Ruhestand nach hinten zu schieben. Mit der Genehmigung von Teilzeit über den gesetzlichen Rahmen hinaus gehe man strikter um als früher, sagte Eisenmann. Trotz der knappen Personaldecke an Grundschulen sprach sie sich noch einmal dagegen aus, großflächig kleine Grundschulen auf dem Land zu schließen. Von Bettina Grachtrup, dpa

A13 für alle? Eisenmann schließt Höhergruppierung von Grundschullehrern kategorisch aus – “nicht gerechtfertigt”

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments