VBE an AfD: Wir lassen uns von euch nicht einschüchtern!

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HAMBURG. Nach der Installation eines Meldeportals für Lehrkräfte durch die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft planen dies offenbar weitere Fraktionen unter anderem in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg und Sachsen, wie News4teachers aktuell berichtet. Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, kritisiert dieses bundesweite Vorgehen gegen Lehrkräfte scharf: „Die AfD nutzt hier Methoden vergangener Jahrzehnte. Auf den Portalen sollen mutmaßliche Verstöße gegen das Neutralitätsgebot angezeigt werden. Wenn die Lehrkraft also die Bandbreite demokratischer Äußerungen im Unterricht einbringen soll, darf sie die AfD weder auslassen, noch schlecht über sie berichten. Damit möchte die AfD also auf die wohlwollende Auseinandersetzung hinwirken. Denunziantentum und Gesinnungstreue haben aber keinen Platz in einer demokratischen Schule!“

Sieht den Einsatz von zu vielen Seiteneinsteigern kritisch: VBE-Chef Udo Beckmann. Foto: VBE / Jean-Michel Lannier
„Was für ein Bild von Lehrkräften wird hier offenbart?“: VBE-Chef Udo Beckmann. Foto: VBE / Jean-Michel Lannier

Die Meldeportale hält der VBE-Vorsitzende aus verschiedenen Perspektiven für bedenklich:

1. Was für ein Bild von Lehrkräften wird hier offenbart? Lehrkräfte schwören einen Eid auf die Landesverfassung, sind den Schulgesetzen verpflichtet und geben jeden Tag ihr Bestes, um den Kindern und Jugendlichen bestmögliche Bildungschancen zu gewährleisten. Die AfD sollte ein Interesse daran haben, dass die Schülerinnen und Schüler zu selbstständigen Erwachsenen heranwachsen und wohlüberlegte Entscheidungen treffen können. Dazu gehört auch, natürlich auf den Festen des Beutelsbacher Konsens, Kontroversen in der Politik auch kontrovers zu diskutieren.

2. Was für ein Bild von Kindern und Jugendlichen wird hier gezeichnet? Schülerinnen und Schüler sind nicht unmündig. In Schule lernen sie Demokratie kennen, können sich und ihr Potenzial entfalten und wissen natürlich auch um Möglichkeiten, sich mit Lehrkräften auseinanderzusetzen. Neben dem direkten Gespräch allein oder im Klassenverband, können die Jüngeren insbesondere ihre Eltern hinzuziehen, die Älteren auf Vertrauenslehrkräfte zugehen. Immer sind Klassen-, Kurs- und Schulsprechende Ansprechpartner. Auch die Schulleitung kann einbezogen werden. Auf vermeintliche Hilfe von außen ist die Schulgemeinschaft nicht angewiesen.

3. Was machen die AfD-Fraktionen mit den gesammelten Daten? Die Meldung einer vermeintlich nicht neutralen Lehrkraft enthält hochsensible Daten, die Lehrerinnen und Lehrern potenziell schaden können. Wir erwarten daher von den Landesregierungen und Schulministerien eine hohe Sensibilität für den Umgang mit diesen Daten der Lehrkräfte und den Einsatz für den Schutz dieser. Zudem sollte schnell die essenzielle Frage geklärt werden, in welcher Form die von der AfD-Fraktion an die Schulämter ‚weitergereichten‘ Meldungen verfolgt werden.“

Beckmann sieht die Methode der AfD-Fraktionen nach eigenem Bekunden mit großer Sorge und macht deutlich: „Hier wird versucht, die Demokratie mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Meinungsfreiheit heißt aber nicht, alles sagen zu dürfen, und Neutralitätsgebot nicht, nichts sagen zu dürfen. Der Unterricht nach den Grundsätzen des Beutelsbacher Konsenses und im Rahmen des Neutralitätsgebots gebietet trotzdem, kontroverse Diskussionen zu führen. Schließlich sind Lehrkräfte dazu angehalten, das kritische Denken der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Konkurrierende Positionen werden deshalb zum Beispiel anhand von Wahlprogrammen dargestellt.“ News4teachers

Meldeportal: Datenschutzbeauftragter kündigt Prüfung an

KIEL. Der massiven Kritik an Online-Portalen der AfD, auf denen Schüler politische Äußerungen von Lehrern melden können, hat sich Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien angeschlossen. «Die AfD-Plattform ist die perfide und durchschaubare Unterstellung einer Gesinnungspädagogik an den Schulen, die durch nichts gerechtfertigt ist», sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch. «Sie fördert völlig verantwortungslos Denunziantentum und gefährdet den Schulfrieden.» Mit Blick auf die Verteidigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung dürfe Schule nicht neutral sein.

Stellt sich vor die Lehrer: Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien. Foto: Frank Peter / Staatskanzlei Schleswig-Holstein

Heinz Müller, oberster Datenschützer des Landes Meckenburg-Vorpommern äußerte «erhebliche Bedenken» gegen ein auch im Norden geplantes „Meldeportal“ der AfD. Die Datenverarbeitung, und eine solche stelle das AfD-Portal dar, sei laut Datenschutzgrundverordnung nur in engen Grenzen zulässig, sagte der Landesdatenschutzbeauftragte. «Wenn hier Lehrer eingeschüchtert werden sollen, ist spätestens dann die datenschutzrechtliche Grundlage hin», sagte Müller. Sollte das Portal kommen, werde er genau hinschauen, kündigte er an.

Auch der Landesverband der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung kritisierte die AfD-Pläne scharf. Die Demokratiebildung an Schulen sei zentrales Element, um die Demokratie am Leben zu erhalten, erklärte die Landesvorsitzende und Politikwissenschaftlerin Gudrun Heinrich von der Uni Rostock. Schulen könnten sich zu Fragen von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht neutral verhalten, hieß es.

Was Lehrer beachten sollten, ist im sogenannten „Beutelsbacher Konsens“ festgelegt. Der beinhaltet drei Grundsätze politischer Bildung, nämlich das Überwältigungsverbot, das Kontroversitätsgebot und die Schülerorientierung/Beachtung der „Interessenlage der Schülerinnen und Schüler“, also die Förderung ihrer Analysefähigkeit. Umfassende Informationen dazu gibt’s hier, bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers hitzig diskutiert.

AfD hat nun sogar einen Online-Pranger für parteikritische Lehrkräfte gestartet – KMK prüft rechtliche Schritte

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