Nur fünf Wochen Unterricht zwischen den Ferien: Muss das so stressig sein?

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MÜNCHEN/STUTTGART. Prüfungen und Notenstress vor den Osterferien – Motivationstief nach Pfingsten. In den Wochen vor den Sommerferien findet in vielen Schulen nur noch wenig Unterricht statt. Könnten andere Ferienzeiten in Bayern und Baden-Württemberg helfen?

Wenn nach Ostern die Schule wieder startet, beginnt für viele Schüler in Bayern und Baden-Württemberg die entscheidende Phase des Schuljahres. Und die könnte stressig werden: In den kommenden Wochen häufen sich Klausuren und Hausarbeiten – jetzt entscheidet sich, welche Noten auf dem Zeugnis stehen.

Die Ferienplanung führt zu Stress. Foto: Narek75 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0) (Ausschnitt)
Die Ferienplanung führt zu Stress. Foto: Narek75 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0) (Ausschnitt)

In den sechs Wochen zwischen Oster- und Pfingstferien muss in fast jedem Fach eine Prüfung abgelegt werden. Schüler klagen über zu viel Lernstress, Lehrer über Korrekturberge. «In dieser Zeit gibt es im Lehrerzimmer häufig Diskussionen vor dem Kalender. Viele Kollegen wissen einfach nicht, wie sie alle Klassenarbeiten unterbringen sollen», sagt eine Gymnasiallehrerin aus Stuttgart. «Wenn wir Lehrer nicht wissen, wie wir das Pensum stemmen sollen, wie können wir das von unseren Schülern erwarten?»

Doch warum dieser Stress? Das Schuljahr endet in Bayern und Baden-Württemberg in diesem Jahr erst am 26. Juli. Zwei bis fünf Wochen später als in allen anderen Bundesländern. Dass die Zeit trotzdem drängt, liegt vor allem daran, dass es im Freistaat und im Ländle – und nur dort – zweiwöchige Pfingstferien gibt.

«Zwischen den Pfingstferien und den Sommerferien haben wir in diesem Jahr nur noch fünf Wochen Schule», sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). In der Theorie sei in diesen Wochen zwar noch ausreichend Zeit für Prüfungen, im Schulalltag liege der Notenschluss aber meistens schon vor Pfingsten. «Vor allem in großen Schulen wird die Zeit vor den Sommerferien für organisatorische Aufgaben benötigt.»

Das Ergebnis: In den Wochen vor den Pfingstferien sind Schüler und Lehrer im Dauerstress. Die Zeit danach ist aus pädagogischer Sicht häufig vergeudet. «Ohne den Notendruck fehlt vielen Schülern die Motivation. Lehrer haben dann kaum noch eine Chance, Inhalte zu vermitteln», beklagt Fleischmann.

Kein neues Problem. Wenn Lehrer nach den Pfingstferien immer häufiger mit einem Fernseher und einer DVD in der Tasche über die Schulflure schleichen, entbrennt jedes Jahr die Diskussion um die Neuplanung der Ferienzeiten. Häufig wird gefordert, die Pfingstferien zu verkürzen und die Sommerferien dem Zeitraum der übrigen Länder anzugleichen.

Eine Debatte, die das bayerische Kultusministerium gerne vermeiden möchte. Für Bayern habe sich die Ferienregelung bewährt, heißt es aus dem Haus von Michael Piazolo (Freie Wähler). Schüler würden von einer gleichmäßigen, pädagogisch sehr sinnvollen Verteilung der Ferien über das Jahr hinweg profitieren. Dazu zählten auch die Pfingstferien.

Auch in Baden-Württemberg will die grün-schwarze Landesregierung an der Ferienplanung nichts ändern. Vor allem die Pfingstferien sind nach Angaben des Kultusministeriums als Urlaubszeit sehr beliebt. «Das rollierende System der Bundesländer bezüglich der Ferien besteht auch deshalb, damit nicht ganz Deutschland auf einmal in den Sommerurlaub aufbricht», so ein Sprecher.

Die Sommerferienzeiten wurden schon bis ins Jahr 2024 von der Kultusministerkonferenz beschlossen. Die Ferien in Baden-Württemberg und Bayern an den Zyklus des restlichen Bundesgebietes anzupassen, wäre somit nur langfristig möglich. Würde aber in jedem Fall dazu führen, dass die Pfingstferien entfallen. Eine Konsequenz, die auch der BLLV nicht unterstützt: «Unser langfristiges Ziel sollte ein neues Lern- und Leistungskonzept sein», sagt Präsidentin Fleischmann. Es dürfe in der Schule nicht nur um Noten gehen: «Schule ist zum Lernen da und nicht nur zum Prüfen.»

Laut Fleischmann fördert die kompakte Prüfungsphase zwischen Ostern und Pfingsten vor allem «bulimisches Lernen» – in Anlehnung an suchtartige Heißhungeranfälle mit anschließendem Erbrechen. Viele Inhalte würden nach den Leistungsabfragen sofort wieder vergessen, sagt Fleischmann. «Wir sollten uns die Frage stellen, ob Kinder nur für Noten lernen sollen oder für Kompetenzen.»

Hinzu kommt, dass es Lehrer schwer haben, ihre Schüler zu motivieren, wenn die Noten feststehen. «Weil es keine Noten mehr gibt, ist die Zeit nach den Pfingstferien vielen Schülern egal», beklagt Fleischmann. «Endlich wäre Zeit neue Lernmethoden auszuprobieren, aber tolle Projekte gehen in dieser Zeit einfach unter.» Fleischmanns Forderung geht daher weiter als eine Neuordnung der Ferienzeiten: «Wenn wir etwas verändern und erreichen wollen, müssen wir unsere Lernkonzepte grundsätzlich überdenken.» (Marie Reichenbach, dpa)

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Warum haben Baden-Württemberg und Bayern immer die besten Ferienzeiten? Gebauer sagt der KMK-Ferienordnung den Krieg an

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9 Kommentare
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GriasDi
4 Jahre zuvor

Die genannten Nachteile gibt es auch, wenn die Pfingstferien wegfallen.
Da ist er ja wieder, der Lieblingsbegriff von Frau Fleischmann: Bulimie-Lernen. Zeigen Sie mir bitte einen Lehrer, der seinen Schülern verbietet, kontinuierlich zu lernen. Wie so vieles wird egal, wann die Pfingstferien liegen, alles kurz vor der Prüfung gelernt – das liegt scheinbar in der Natur des Menschen, das ist doch in jedem Bereich so. Siehe Datenschutzgrundverordung schon jahrelang beschlossen aber in den letzten Wochen wurde die Unternehmen erst aktiv und jammerten, dass sie es nicht umsetzen könnten.

GriasDi
4 Jahre zuvor

Wenn der Notenschluss Mitte Juli liegt, dann spielt doch der Termin der Pfingstferien auch keine Rolle?

GriasDi
4 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Weiß Frau Fleischmann nicht, dass auch nach den Pfingstferien noch Noten gemacht werden können?

Krokodilstreichler
4 Jahre zuvor

Pfingst-, Winter- und Herbstferien sollten am besten abgeschafft werden. Dafür können dann die Sommerferien auf 10 Wochen verlängert und bundesweit gelten. Dann gibt es auch keine unterschiedlich langen Schuljahre mehr.

xxx
4 Jahre zuvor

Sie sind mit Sicherheit weder Lehrer noch Hotelier. Die drei Monate ohne Pause dieses Jahr zwischen Weihnachts- und Osterferien sind anstrengend, neun Monate ununterbrochen sind für Schüler und Lehrer unzumutbar.

Krokodilstreichler
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Neun Monate ununterbrochen gibt es ja nicht, wenn es Weihnachtsferien gibt. Die Osterferien könnten durch Frühlingsferien ersetzt werden und immer von Anfang bis Mitte Apirl stattfinden, dann hätte man weniger als drei Monate. Außerdem gab es in den Bundesländern, in denen ich zur Schule ging, weder Winter- noch Pfingstferien.

GriasDi
4 Jahre zuvor

Zitat:
„jetzt entscheidet sich, welche Noten auf dem Zeugnis stehen“
komisch, und ich dachte immer, dass im Zeugnis die Noten des gesamten Schuljahres berücksichtigt werden. Was passiert eigentlich in den anderen 40 Wochen vorher?

ysnp
4 Jahre zuvor

Ich gebe Ihren Kommentaren recht, GriasDi. Frau Fleischmann hat sich da in meinen Augen in etwas verrannt.
Es stimmt, der Mensch lernt immer auf Prüfungen, wenn etwas bewertet wird. Das ist eine Frage der Arbeitseinteilung, die man lernen muss.

Außerdem fördert das Kultusministerium in der 4. Klasse mit seinen Vorschriften zur Anzahl der zu schreibenden Proben (es wird eine hohe Anzahl verlangt) und der „prüfungsfreien“ Zeiten (was ein Riesenquatsch ist, denn dann wird in den Prüfungsphasen noch alles gedrängter und stressiger – die Eltern machen sich da Illusionen, ich schreibe aus Erfahrung, die entspanntere Planungsfreiheit fehlt) gerade das extreme „Bulimielernen“.

Thomas_aus_Marl
1 Jahr zuvor

Den fehlenden Notendruck nach den Pfingstferien sieht Frau Fleischmann als Ursache für die mangelnde Motivation der Schüler vor den großen Ferien. Falsch!

Jeder ehemalige wird sich daran erinnern, dass die Lehrer in seiner Schulzeit vor den großen Ferien ebenso demotiviert schienen und vor der Klasse wohl eher an ihre Fahrt mit dem Volvo nach Schweden oder nach Frankreich dachten.

Es gab natürlich auch immer Ausnahmelehrer, die es verstanden, uns Schüler bis zur letzten Stunde für den Stoff zu begeistern.

Doch dafür braucht es pädagogische Fähigkeiten und Begeisterung für den Beruf des Lehrers. Beruf kommt von Berufung, sagt man.

Daran, dass solche Lehrer heute ebenso Mangelware sind wie in den 70ern, als ich die Penne besuchte, erkennt man wie wenig sich verändert hat.

Dass hier im Notendruck als Damoklesschwert die einzige Möglichkeit zur Motivation gesehen wird, ist das Eingeständnis in die Unfähigkeit des Lehrpersonals und zeugt von mangelndem Willen, etwas zu verbessern.

In meinem Beruf habe ich bis zum Rentenalter regelmäßig Fortbildungen absolviert. Ich frage mich, ob es so etwas auch für Lehrer gibt.
Ganz gleich, ob Digitalisierung, Lehrplanänderungen, Pädagogik und dazu den Erfahrungsaustausch mit anderen – und das ganze grundsätzlich länderübergreifend halte ich für unglaublich wichtig. Einen zwei- oder dreiwöchigen Kurs mindestens alle drei Jahre zu absolvieren, sollte zur Pflicht werden.

Und analog zu den Vergleichsarbeiten für Schüler muss die Leistung der einzelnen Lehrer bewertet werden. Bei überdurchschnittlichem Abschneiden der Klasse in Vergleichsarbeiten sollte man dem dafür verantwortlichen Lehrer einen ordentlichen Bonus zukommen lassen, so wie es auch in der Industrie gehandhabt wird.

Wenn ich hier Lehrer geschrieben habe, sind selbstverständlich immer alle Geschlechter mit eingeschlossen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Thomas_aus_Marl