Digitalpakt rollt an: Schulen sollen Medienpläne entwickeln, was sie mit dem Geld vorhaben

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HANNOVER. Die Verbesserung der technischen Infrastruktur der Schulen in Niedersachsen kann beginnen. Das Kabinett in Hannover machte dafür den Weg frei. Geplant sind gleich eine Reihe von Maßnahmen.

Der Computer-Einsatz soll zum Alltag in Schulen werden. Foto: Shutterstock

Dank einer Fördersumme von einer halben Milliarde Euro sollen Niedersachsens Bildungseinrichtungen ihre Schüler besser aufs digitale Zeitalter und seine Herausforderungen vorbereiten. Das entsprechende Förderprogramm stellte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) nach der Verabschiedung durch die Landesregierung am Dienstag in Hannover vor. Für den «Digitalpakt Schule» sind bis 2024 insgesamt 522 Millionen Euro vorgesehen, die für die Medienbildung und Beschaffung von Infrastruktur wie interaktive Tafeln und Arbeitsgeräte investiert werden sollen.

Die Schulträger haben ab August drei Jahre Zeit, die Fördergelder zu beantragen. «Ich gehe davon aus, dass wir die Gelder in 2020 auszahlen können», sagte Tonne. 90 Prozent der Summe gehen direkt an die Schulen, 10 Prozent sind für landesweite oder länderübergreifende Projekte geplant. Jede der rund 3000 Schulen im Land soll einen Grundbetrag von 30.000 Euro erhalten, wenn sie mehr als 60 Schüler hat – sonst gibt es einen anteiligen Sockelbetrag.

Das Lernen mit digitalen Medien müsse in den Schulen zur Selbstverständlichkeit werden – sonst drohe eine Abkopplung von der Realität, meinte der Minister. «Es geht ganz ausdrücklich nicht um eine Digitalisierung der Schulen und ist auch kein Tablet-Beschaffungsprogramm», sagte Tonne. Digitale Medien seien als Lernwerkzeuge kein Ersatz, sondern eine Ergänzung. Die inhaltlichen Ansprüche an die Schulen blieben gleich.

„Technik alleine bringt die Schulen nicht voran“

Kritik kam von der Landtagsopposition. «Man hat das Gefühl, Digitalpakt und Landesregierung ist wie der Versuch, Windows 10 auf einen Commodore 64 aufzuspielen: Es lädt und lädt und lädt…», spottete der schulpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Försterling. «Wir vermissen klare Aussagen zu Inhalt und Zeitplan einer Bildungscloud, wir vermissen klare Aussagen zur Medienbildung von Schülern und zur Fortbildung von Lehrkräften», rügte er. Ähnliche Kritik kam von den Grünen. Die Technik alleine bringe die Schulen nicht voran, sagte Fraktionschefin Anja Piel und betonte, Tonne sollte den Digitalisierungsprozess lieber mit Inhalten füllen.

Der Philologenverband begrüßte, dass die Mittel aus dem «Digitalpakt Schule» in Niedersachsen schnell und möglichst unbürokratisch in die Schulen fließen sollen. Allerdings mahnte er auch, dass nach den Anschubinvestitionen die dauerhafte Weiterentwicklung digitaler Schule gewährleistet sein müsse. Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) wies darauf hin, dass Geld für Hard- und Software alleine nicht ausreichen. „Es bedarf einer konsequenten, effektiven und praxisorientierten Lehrerfortbildung, die zügig in Gang gesetzt werden muss. Unsere Schulen benötigen außerdem dauerhafte Unterstützung nicht nur bei der Installation, sondern auch bei Unterhaltung der Hard- und Software durch IT-Fachkräfte wie Systemadministratoren an den Schulen direkt. Lehrkräfte können weder das Know-how noch die Zeit für Wartungs- und Reparaturarbeiten aufbringen. Die Lehrkräfte sind zum Unterrichten da“, erklärte Landesvorsitzender Torsten Neumann.

Erleichterung gab es beim Niedersächsischen Städtetag (NST) darüber, dass das Land auf einen zehnprozentigen Eigenanteil der kommunalen Schulträger bei der Förderung der Maßnahmen verzichtet. «Für dieses Engagement gebührt dem Land unser kommunaler Dank», sagte NST-Präsident Ulrich Mädge. Ähnlich äußerte sich der Städte- und Gemeindebund (NSGB).

Die Fördersumme von rund 522 Millionen Euro setzt sich zusammen aus 470 Millionen Euro aus Bundesmitteln sowie einer Aufstockung durch das Land von 52 Millionen Euro. Der NST will aber nun sichergestellt wissen, dass die professionelle Betreuung der IT-Infrastruktur nicht den Kommunen aufgebürdet wird. Das Kultusministerium verwies dagegen darauf, dass es sich bereits mit 16 Millionen daran beteiligt.

«Ich werbe dafür, sich nicht von Angst und Bedenken leiten zu lassen», sagte Tonne. Die Schulträger müssten die Mittel nicht nur beantragen, sondern auch ein technisches Konzept für die Ausstattung vorlegen. Die Schulen sollen einen sogenannten Medienentwicklungsplan erstellen. Das Land will als Hilfestellung einen Orientierungsrahmen für die Medienbildung dazu aufstellen. Den Schulen stehen bereits landesweit rund 80 medienpädagogische Berater zur Verfügung.

Unabhängig vom Digitalpakt Schule hatte der niedersächsische Landfrauenverband Hannover (NLV) bei Tonne die Vermittlung von Alltagskompentenzen in Schulen angemahnt. Viele Kinder hätten in ihrem Leben noch nie einen Apfel aufgeschnitten und wissen auch nicht, was gesunde Lebensmittel sind und wie diese erzeugt werden. «Alltagskompetenzen gehören bereits in der Grundschule auf den Lehrplan, denn in diesem Alter geht das Gelernte ins Blut über», sagte Marita Eschenhorst als Vertreterin des NLV-Bezirks Hannover. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Debatte auf dem Deutschen Schulleiterkongress: Die Digitalisierung rollt mit Wucht auf die Klassenzimmer zu – wie können Lehrer darauf reagieren?

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