Prien zahlt Referendaren fürs Land bald einen Zuschlag von 250 Euro brutto

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KIEL. Nicht alle Lehrerstellen in Schleswig-Holstein sind besetzt, aber die Lücke ist zahlenmäßig überschaubar. Zum neuen Schuljahr sieht Bildungsministerin Prien die Schulen im Land gut gerüstet. Eine neue Prämie soll dazu beitragen, dass mehr Referendare in nicht so beliebte Gegenden gehen. Die GEW allerdings schüttet Wasser in den Wein. 

Zeigt sich zuversichtlich – trotz vieler Seiteneinsteiger: Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien. Foto: Frank Peter / Staatskanzlei Schleswig-Holstein

Das neue Schuljahr startet in Schleswig-Holstein am kommenden Montag ohne gravierenden Lehrermangel. Zum Stichtag 1. August waren noch 259 Stellen unbesetzt, wie Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Donnerstag in Kiel sagte. Allein in den vergangenen drei Tagen seien aber noch 50 weitere Lehrer eingestellt worden. Sie sei guter Dinge, dass die meisten ausgeschriebenen Stellen noch besetzt werden können. An den Schulen gibt es insgesamt 23.345 Lehrerstellen.

In bestimmten Regionen und Fächern (Mathematik) sei es schwieriger als in anderen, die Stellen zu besetzen, sagte Prien. Zum 1. Februar nächsten Jahres werde begonnen, einen Regionalzuschlag für Referendare zu zahlen. Dafür sind 250 Euro brutto im Monat vorgesehen. Weitere Einzelheiten sind noch zu klären.

GEW: Im vergangenen Jahr kamen rund 1.000 Seiteneinsteiger in die Schulen

Aus Sicht der Lehrergewerkschaft GEW bilden Priens Zahlen nur einen Teil der Wahrheit ab, wie Landesgeschäftsführer Bernd Schauer sagte. Viele Stellen, nach GEW-Schätzungen im vorigen Schuljahr rund 1000, seien mit nicht hinreichend ausgebildeten Lehrern besetzt worden. Das schade der Unterrichtsqualität und betreffe besonders Orte im Hamburger Umland sowie Dithmarschen und Steinburg, sagte Schauer (vollständige GEW-Stellungnahme: unten).

Die Zahl der Grundschüler nimmt im Land wieder zu. Im neuen Schuljahr werden in den Klassen eins bis vier 102 200 Mädchen und Jungen lernen, ein Plus von 1,8 Prozent. Das liege vor allem an höheren Geburtenzahlen, sagte Prien. Insgesamt werden 365.600 Schüler an den allgemeinbildenden und Berufsschulen erwartet. Das ist ein Rückgang von 0,7 Prozent. 22.400 Mädchen und Jungen kommen in die erste Klasse, 44 weniger als vor einem Jahr. Den Prognosen zufolge wird die Zahl der Schüler an den allgemeinbildenden Schulen von jetzt 277.400 bis zum Schuljahr 2021/22 auf 278 400 steigen.

„Bildung hat einen Wert an sich“, sagt die Bildungsministerin

Prien betonte den hohen Stellenwert der Bildung für die Landesregierung. Mehr als 28.000 Lehrer und über 30.000 Mitarbeiter an Hochschulen, im Universitätsklinikum und in Forschungseinrichtungen sowie tausende Kulturschaffende sorgten dafür, dass Schleswig-Holstein zukunftsorientiert auf Bildung setze. «Bildung hat einen Wert an sich», sagte Prien. Deshalb lege die Regierung auch großen Wert auf kulturelle und politische Bildung. «Aufgeklärte junge Staatsbürger, die selbstbestimmt und informiert Entscheidungen treffen, sind die Grundlage für die demokratische Zukunft Deutschlands.»

Prien verwies auf Fortschritte in der Lehrergewinnung: So sei die Zahl der Studierenden in den lehramtsbezogenen Studiengängen seit 2014 von 1500 auf 2500 gestiegen. Die Zahl der Lehrer im Vorbereitungsdienst habe sich auf fast 2000 erhöht. Wie hoch der Anteil der hiesigen Studierenden ist, die dann auch im Land Lehrerstellen antreten, konnte das Ministerium nicht sagen.

Befürchteter Run auf die Gymnasien blieb aus

Mit dem neuen Schuljahr verbessert sich auch in einem ersten Schritt die Bezahlung der Leiter von Grundschulen. Nach und nach werden die Bezüge aller Grundschullehrer angehoben. Positiv wertete Prien die bisherigen Ergebnisse der wiedereingeführten Schulartenempfehlung nach der Grundschule. Die Schülerzahl an den Gymnasien bleibt bei 75.000. Damit haben sich Befürchtungen nicht bestätigt, mit der Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren Gymnasium werde es einen Run auf die Schulart geben.

Künftig sei ein Beratungsgespräch für Eltern verpflichtend, wenn Eltern entgegen der Empfehlung der Grundschule ihr Kind am Gymnasium anmelden wollen, sagte Prien. Zudem könnten Schüler nach der fünften Klasse am Gymnasium im Einzelfall auf die Gemeinschaftsschule wechseln. Auf Beschluss der Klassenkonferenz könne als pädagogische Maßnahme auch eine Jahrgangsstufe wiederholt werden. Das bedeute kein generelles Wiedereinführen des Sitzenbleibens, sagte die Ministerin. dpa

GEW: Belastung reduzieren!

Ein Dank der Bildungsministerin an die Lehrerinnen und Lehrer zum Schuljahresbeginn? Der reicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach eigenem Bekunden nicht. Sie erwartet konkrete Maßnahmen zur Senkung der Arbeitsbelastungen für die Lehrkräfte, wie die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Katja Coordes erklärte.

Sie sagte zur heutigen Schuljahresauftakt-Pressekonferenz der Bildungsministerin: „Wieder beginnt ein Schuljahr, ohne dass die zuständige Ministerin Maßnahmen zur Reduzierung der Arbeitsbelastungen der Lehrerinnen und Lehrer ergreift. Zu viele Pflichtstunden, hoher Zeitdruck sowie die komplexer werdende Arbeit mit einer immer heterogeneren Schülerschaft sind für die Ministerin kein Thema. Aber die Lehrkräfte werden sich nicht weiterhin mit einem Dank abspeisen lassen. Sie erwarten konkrete Verbesserungen, wie zum Beispiel die Gewährung von Ermäßigungsstunden für die Tätigkeit einer Klassenlehrkraft.“ Coordes verwies in diesem Zusammenhang auf die erfolgreiche Petition der GEW, die von mehr als 5.300 Menschen unterstützt wurde.

Was die Zahlen der Bildungsministerin zum Lehrkräftemangel betrifft, bilden sie für die GEW nur unzureichend den tatsächlichen Lehrkräftemangel im Land ab. „Die mehr als 200 nicht besetzten regulären Planstellen sind nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Vertretungsstellen sind mit Personen besetzt, die keine vollständige Lehrerausbildung haben“, so die Gewerkschafterin. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre dürfte diese Zahl im vierstelligen Bereich liegen.

Nach Rückmeldungen an die GEW fehlen vielerorts speziell an Grundschulen Lehrerinnen und Lehrer. Aber auch Sonderschullehrerinnen und –lehrer würden händeringend gesucht, ebenso Berufsschullehrkräfte. Regionen mit besonderen Problemen stellten das Hamburger Umland sowie die Kreise Dithmarschen und Steinburg dar.  Katja Coordes: „Unter dem Mangel an ausgebildeten Lehrkräften leidet nicht nur die Qualität des Unterrichts. Ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer werden überbeansprucht, weil sie ihre nicht-ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen in starkem Maße unterstützen müssen.“

Unklare Stellenbesetzungen bedeuteten für die Schulen großen Stress. „Für viele Klassen gibt es zum Schuljahresstart dann noch keinen endgültigen Stundenplan. Lehrerinnen und Lehrer werden noch hin und her geschoben, Schülerinnen und Schüler am ersten Schultag noch nicht wissen, wer sie zukünftig unterrichtet“, beschrieb die Katja Coordes die Situation.

„Das ist einen Versuch wert“, so zeigte sich die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende grundsätzlich aufgeschlossen für den Vorschlag der Bildungsministerin, mit einem Regionalzuschlag Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst an nicht so nachgefragte Orte zu locken. Vor einem abschließenden Urteil müssten allerdings die genauen Modalitäten bekannt sein.

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Küstenfuchs
4 Jahre zuvor

Liebe Redaktion, bitte korrigieren sie ihren Artikel in einem wichtigen Punkt: Nicht reguläre Lehrkräfte sollen mit einer Prämie aufs Land gelockt werden, sondern Anwärter und Referendare.

Küstenfuchs
4 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Ohne diesen Zusatz würde ich diesem Vorhaben nämlöich erbitterten Widerstand entgegensetzen.
So aber ist es einen Versuch wert, denn bisher haben Referendare in diesen Regionen oft ihre zugewiesene Stelle abgesagt und lieber etwas in einem anderen Bundesland angenommen.
Wenn dadurch mehr Referendare zu uns an die Küste kommen, kann das nur gut sein, denn wenn diese ersteinmal die Vorzüge einer Region und einer bestimmen Schule kennengelernt haben, bleiben sie zum Teil auch.

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Überall Zuschläge, um Lehrer irgendwohin zu locken.

Was ist denn jetzt mit dem „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, was immer herhalten musste für „A 13 für alle“?!? Nun sind doch wieder einige gleicher als andere und Unterschiede sind ok, wenn sie einem selber nützen.