Große Mehrheit der Bürger steht zum Gymnasium – ebenso große Mehrheit lehnt Inklusion geistig behinderter Schüler ab

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FRANKFURT/MAIN. Die Bürger in Deutschland halten mit großer Mehrheit am Gymnasium fest – und lehnen andererseits ebenfalls mit großer Mehrheit die Inklusion von geistig behinderten Schülern in Regelschulen ab. Das sind Ergebnisse einer Allensbach-Umfrage im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, über die das Blatt berichtet. Der Philologenverband sieht durch die Umfrageergebnisse seine Position für ein gegliedertes Schulsystem gestärkt – eine Landesvorsitzende fordert sogar, „den durch die Schaffung von unnötigen Überkapazitäten angefachten Konkurrenzkampf zwischen den Schulen zu beenden“. Soll offenbar heißen: Gesamtschulen abschaffen.

Lässt sich nach der vierten Klasse über die spätere Studierfähigkeit eines Kindes urteilen? Foto: Shutterstock

In der aktuellen Studie des Allensbacher Instituts im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) wurden Bürger laut einem FAZ-Bericht zum Schulsystem befragt. Ihnen wurde die Frage gestellt: „Was finden Sie grundsätzlich besser: Wenn es nach der Grundschule eine Gemeinschaftsschule für alle Schüler gibt, in der die Schüler unabhängig von ihrem Leistungsniveau gemeinsam unterrichtet werden, oder wenn es nach der Grundschule ein mehrgliedriges Schulsystem gibt, zum Beispiel mit Gymnasium einerseits und einer Mischform aus Haupt- und Realschule andererseits?“ 65 Prozent der Befragten sprachen sich laut einem Bericht in der FAZ für das mehrgliedrige Schulsystem aus, Befragte mit Kindern im schulpflichtigen Alter sogar zu 73 Prozent.

Dabei gebe es kaum Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Anders als oft angenommen werde, gehe die Ablehnung der Gemeinschaftsschule durch fast alle sozialen Schichten: Alle Altersgruppen, Frauen wie Männer, West- und Ostdeutsche, Menschen mit unterschiedlicher Schulbildung und verschiedenen Einkommen, hätten sich mit großen Mehrheiten zugunsten des gegliederten Schulsystems ausgesprochen.

Benötigen Schüler mit geistiger Behinderung „eine spezielle Förderung“?

Die Inklusion hingegen wird von einer Bevölkerungsmehrheit offenbar kritisch gesehen. Den Befragten wurden zwei Argumente schriftlich zur Auswahl vorgelegt. Das erste lautete: „Ich bin dafür, dass Kinder mit geistiger Behinderung in regulären Schulen unterrichtet werden. Denn davon profitieren alle Schüler: Schüler mit und ohne geistige Behinderung lernen, tolerant und normal miteinander umzugehen, und beim gemeinsamen Lernen profitieren die behinderten Schüler von den anderen.“ Die Gegenposition lautete: „Schüler mit geistiger Behinderung benötigen in der Regel eine spezielle Förderung und können nicht einfach zusammen mit anderen Schülern an regulären Schulen unterrichtet werden. Wenn Schüler mit geistiger Behinderung spezielle Förderschulen besuchen, entstehen für alle Schüler bessere Lernerfolge.“ Lediglich 21 Prozent der Befragten schlossen sich laut Bericht dem ersten, 63 Prozent dagegen dem zweiten Argument an, auch hier hätten Eltern von schulpflichtigen Kindern nicht anders geurteilt als die übrige Bevölkerung.

Die organisierten Gymnasiallehrer sehen darin eine Bestätigung ihrer Haltung. „Dies deckt sich mit der Position des Deutschen Philologenverbandes, der stets für ein mehrgliedriges Schulsystem eingetreten ist, in dem sich jeder Schüler nach seinen Fähigkeiten und seinen Leistungen entwickeln kann“, sagt Philologen-Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing. Offenbar mit Blick auf Sachsen, wo aktuell eine auch von der GEW befeuerten Debatte um die Einführung einer integrierten Schulform neben dem gegliederten System ausgebrochen ist, fordert sie: „„Damit zeigt sich deutlich, dass die Einführung der Gemeinschaftsschulen in den Bundesländern keinen Rückhalt in der Bevölkerung hat, sondern mehrheitlich auf Ablehnung stößt. Es ist an der Zeit, den Willen der Bevölkerung für ein mehrgliedriges Schulsystem angemessen umzusetzen und nicht länger Einheitsschul-Utopien auszuleben.“

Philologen: Kindern alle Schulabschlüsse offenhalten ist „Augenwischerei“

Die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende, Cornelia Schwartz, fordert augenscheinlich sogar die Auflösung der bestehenden Gesamtschulen. Sie sagt wörtlich: „Wenn fast drei Viertel der Eltern von schulpflichtigen Kindern für das Nebeneinander von Gymnasien und solchen Schulen, die reale Bildung vermitteln, plädieren und wenn ebenfalls ein überwältigender Teil der Bevölkerung den Erhalt des weltweit geschätzten und erfolgreichen Förderschulsystems wünscht, dann ist die Zeit gekommen, sich von ideologischen Verblendungen zu lösen und sich der Realität zu stellen. Konkret muss die Landesregierung den durch die Schaffung von unnötigen Überkapazitäten angefachten Konkurrenzkampf zwischen den Schulen beenden und die dadurch freiwerdenden Ressourcen für eine ausreichende Lehrkräfteversorgung und kleinere Klassen verwenden.“

„Diese Befragung zeigt einmal mehr, dass das gegliederte Schulsystem von den Bürgen getragen wird und eine hohe Akzeptanz genießt, was auch der weiterhin steigende Zuspruch zu den Gymnasien untermauert“, erklärt Host Audritz, Vorsitzender des Philologenverbandes Niedersachsen. „Wir sehen uns in unserer jahrelangen Forderung nach einem Zwei-Säulen-Modell mit einem wissenschaftspropädeutisch (studiumorientiert) ausgerichteten Gymnasium und einer berufspropädeutisch (berufliche Ausbildung) ausgerichteten Säule, die vor allem Hauptschule und Realschule auffängt, vollumfänglich bestätigt. Wer angesichts dieser Zahlen noch immer die Einheitsschule propagiert, handelt klar gegen den Bürgerwillen“, so Audritz.

„Image von Haupt- und Realschulen hat durch Gesamtschulen Schaden genommen“

Jedem so lange wie möglich einen Abschluss offenhalten zu wollen, sei Augenwischerei. „Wichtig ist eine frühzeitige Orientierung, verbunden mit einer relativen vertikalen Durchlässigkeit des Systems, wenn entsprechende Leistungsanforderungen für Abschlüsse erfüllt werden“, betont der Vorsitzende. Der fehlgehende Eindruck, es müsse jeder Abitur machen, sei fatal. So habe in den letzten Jahren das Image von Haupt- und Realschulen unter anderem dadurch Schaden genommen, dass politisch allzu stark auf die Gesamtschulen als Königsweg für alle Kinder gedeutet wurde. „Alle über einen Kamm zu scheren, das ist ungerecht und schadet am meisten unseren Kindern. Wenn wir, wie es gesellschaftlich Konsens ist, wieder verstärkt die Stärken des Einzelnen betrachten und ihn entsprechend fördern, kommen wir einer gerechten Schulbildung ganz sicher näher als mit Gleichmacherei“, meint Audritz. Agentur für Bildungsjournalismus

„Kampf gegen Gleichmacherei“: Der Volksantrag zur Einführung der Gemeinschaftsschule in Sachsen wird zum bundesweiten Politikum

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xxx
4 Jahre zuvor

Irgendwie scheint die Bildungspolitik eine ganz andere Meinung zu vertreten als die Bevölkerung, die u.a. diese Politiker gewählt hat. Politikverdrossenheit ist auch in Bildungsfragen keine überraschende Folge.

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Zitat: „Große Mehrheit der Bürger steht zum Gymnasium – ebenso große Mehrheit lehnt Inklusion geistig behinderter Schüler ab“

Genau und nun passiert wieder das, was man immer beobachten kann. Stimmt die Mehrheitsmeinung mit der Meinung bestimmter Politiker überein, dann berufen sie sich darauf und reden von Volkes Wille, den man beachten müsse. Stimmt die Mehrheitsmeinung aber mit der Meinung maßgeblicher Politiker nicht überein, dann ignorieren sie sie und sprechen von Stammtischparolen, auf die man nicht hören darf.

Und dann wundert man sich „andernorts“ über Politik(er)verdrossenheit.

g. h.
4 Jahre zuvor

Großen Dank an die Redaktion für diesen Artikel, den ich Ihnen (ehrlich gesagt) nicht zugetraut hätte.

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor
Antwortet  g. h.

Wieso? Es ist einfach ein Artikel. Oder meinen Sie, jeder Artikel, den die Redaktion veröffentlicht, stellt die Meinung der Redaktion dar?

Oder das Ergebnis einer Umfrage entspricht der mehrheitlichen Meinung innerhalb der Redaktion?

AvL
4 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Die Politik kann diese Umfrageergebnisse entsprechend des politischen Willens der Mehrheit der Bevölkerung in Teilbereichen umsetzen.
Zumindest findet der derzeitige Zustand der praktizierten Inklusion keine Mehrheit in der Bevölkerung, so dass in jedem Fall Verbesserungen umzusetzen sind, um die Akzeptanz in der betroffenen Bevölkerung zu erhöhen.
Mobbing ist eines der Hauptprobleme bei derartig inkludierenden Schulmodellen, wo die Lernbeeinträchtigten noch zusätzlich eine direkte Repression durch ihre Mitschüler ausgesetzt sind und als die Dummchen verspottet und diskriminiert werden.

Krokodilstreichler
4 Jahre zuvor

Das Volk ist klüger als die Politik. Mehr Direktdemokratie ist nötig.

Bernd
4 Jahre zuvor

Auch mehr direkte Demokratie wird nicht dazu führen, dass Menschenrechte abgewählt werden können – jedenfalls nicht, solange Deutschland noch ein Rechtsstaat ist. „Nett“, dass die Mehrheit einer Minderheit ihr verbrieftes Recht auf Zugehörigkeit nehmen möchte – zeigt einmal mehr, wie viel Aufklärung in diesem Land nötig ist.

ABC
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Menschenrechte werden nicht abgewählt, sondern differenzierter gesehen als Sie das tun.
Ich bin jeder Gesellschaft dankbar, die das „Recht auf Zugehörigkeit“ nicht nur rein äußerlich sieht und darüber die Tatsache vergisst, dass manche Menschen besondere Zuwendung und Hilfe brauchen, die ihnen in aufwendiger und teurer Einzel- oder Kleingruppenförderung zuteil wird, aber nicht in veräußerlichtem „Dabeisein ist alles“, das pure Augenwischerei darstellt.

Bernd
4 Jahre zuvor
Antwortet  ABC

Was ist denn daran „differenziert“, wenn man die Rechte einer Minderheit einfach abschaffen möchte? „Zugehörigkeit“ heißt nun mal logisch zwingend dabei sein – und nicht draußen. Egal wie hübsch sie „draußen“ dekorieren.

dickebank
4 Jahre zuvor

Weite Teile der Bevölkerung sind auch gegen Fahrverbote, den Ausbau von Sendemasten, den Ausbau des Übertragungsnetzes, den Neubau von Bahnstrecken, Tempobeschränkungen etc.

Vox populi …
Manchmal ist es schon nicht schlecht, um die ursprüngliche Bedeutung des Begriffes „Idiot“ Bescheid zu wissen.

Palim
4 Jahre zuvor

Ich finde gut, dass durch das Anführen der Fragestellung ersichtlich wird, welche Wahl in der Umfrage bestand und wofür oder wogegen die Befragten stimmten.

Wenn Inklusion in allen Schulformen oder Förderung in der Gemeinschaftsschule so verstanden wird, dass alle SuS in einen Raum gesetzt werden, sich aber ansonsten nichts ändert, ist aus dieser Annahme heraus verständlich, dass man ein über Separierung erfolgendes differenzierteres System bevorzugt.

„zeigt einmal mehr, wie viel Aufklärung in diesem Land nötig ist.“
Ja, … und wie viel mehr man über die Ausgestaltung und die Bedingungen sprechen muss, damit für die Gesellschaft verständlich wird, was Inklusion bedeutet und wie es umgesetzt werden kann bzw. es umsetzt.
Unwissen und „Direktdemokratie“ sind keine guten Partner!

Anna
4 Jahre zuvor

Wir können das „kluge“ Volk ja mal über Lehrergehälter abstimmen lassen.

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

@ Krokodilstreichler, nee, so ein Quatsch. Das „Volk“ würde auch mehrheitlich für die Wiedereinführung der Todesstrafe stimmen und wahrscheinlich hätte es 2015 für die Schließung der Grenzen gestimmt.

hyperbel
4 Jahre zuvor

Meiner Ansicht nach wird durch das Nicht- Inkludieren geistig behinderter Menschen und anderen, die de facto auch beim inklusiven Modell durch merkwürdige Binnendiffereinzierungsformen nur noch räumlich (und das oft schlecht) inkludiert werden, niemanden die Zugehörigkeit abgesprochen. Diese wichtige Zugehörigkeit ist doch nicht einfach in jedem Bereich sinnvoll. Es stimmt aber leider, dass die Zugehörigkeit im Alltag noch zu wenig stattfindet. Ich würde daher für räumliche Nähe evtl. gemeinsame Schulhöfe, Mittagessen und Projekte, Lernen in den Fächern/Bereichen, in denen es möglich ist, sowie für weitere Bereiche des Alltags je nach Möglichkeiten und individuellen Gegebenheiten plädieren.
Es kommt doch auch keiner auf die Idee, dass jede/r z. B. zum Hochschulstudium zugehörig sein muss oder zum Leistungssport oder zum philharmonischen Orchester. Sehr wohl aber eventuell, trotz nicht hervorragender Fähigkeiten, zum Mitmachen in dem ein oder anderen Schulorchester etc.
Vor allem im handwerklichen und künstlerischen Bereich könnte in der Schule ein Miteinander stattfinden. Aber leider sind diese Bereiche ja an den Regelschulen minimiert worden.

Bernd
4 Jahre zuvor
Antwortet  hyperbel

Selbstverständlich ist durch eine gemeinsame Beschulung noch keine echte Inklusion erreicht – ohne gemeinsame Beschulung findet aber garantiert keine Inklusion statt. Das ist ja nun mal , logisch zwingend, die Voraussetzung. Anders ausgedrückt: Der gemeinsame Unterricht ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die gesetzlich verbriefte Inklusion.

Sie haben natürlich Recht, Palim – über die weiteren Bedingungen, also die Ressourcen, ist zu reden. Der Punkt ist aber eben, ob ich von der Prämisse ausgehe, dass das Recht gesetzt ist und die Bedingungen daran ausgerichtet werden müssen. Oder ob ich – weil’s halt unbequem ist, die Bedingungen zu schaffen – das Recht nach Lust und Laune außer Kraft setzen möchte.

Was dabei rauskommt, wenn Unwissenheit und direkte Demokratie zusammenkommen, sieht man ja beim Brexit.

Sabine
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Das „Menschenrecht“ nach UN-Konvention wird immer wieder verschieden übersetzt, ausgelegt und verstanden. Das dürfte auch Ihnen bekannt sein.

Ein Rechtsverständnis in Ihrem Sinne als alleingültig und verbindlich darzustellen und Andersdenkende in die Ecke von Menschenrechts-Abwählern zu stellen, halte ich für unzulässig, um es sehr dezent auszudrücken.
Was soll das denn für ein „Recht“ sein, bei dem Schulkinder auf besondere Hilfe und Förderung in Extraschulen verzichten müssen, auf die sie angewiesen sind, dafür aber pro forma über „Menschenrecht“ in Regelschulen gehen, um tagtäglich schmerzliche Außenseiter-Erfahrungen zu machen?
Keinem behinderten Kind nützt eine finanziell billige Dazugehörigkeit, bei der es vernachlässigt wird, weil die schwachen Schüler angeblich in erster Linie und ohne besonderen Aufwand von den starken lernen. Siehe Prof. Wocken, den Inklusionsprediger par excellence!
Und keinem Kind nützt es außerdem, mit den Realitäten klarzukommen, weil schöne Vorstellungen von besseren Bedingungen von morgen nebenher kursieren und emsig gepflegt werden.
Nützt Ihnen in einer Lage der Hilfsbedürftigkeit etwa die Interpretation eines Menschenrechts, bei der Sie nicht konkrete Hilfe im Moment erfahren, sondern mit schönen Geschichten über die angestrebte bessere Welt in der Zukunft gefüttert werden?
Mein Realitätssinn sagt mir: Wer für eine radikale Inklusion eintritt, ist entweder ein ideologischer Träumer oder jemand, der Kinder mit besonderen Schwächen unter der Fahne „Menschenrecht“ auf billigste Art beschulen will.

@hyperbel
Ihre Aussagen gefallen mir. Im Zuge von „Billiglösung“ befürchte ich jedoch, dass Ihre Vorstellungen auch schwer zu verwirklichen sind. Außerdem sind sie für glühende Inklusionsanhänger ideologisch nicht ganz einwandfrei.

Bernd
4 Jahre zuvor
Antwortet  Sabine

Was gibt’s denn da unterschiedlich auszulegen – in Sonderschulen werden Kinder nach bestimmten Merkmalen ausgesondert, was denn sonst? Das hat mit Inklusion rein gar nichts zu tun.

Genauso gut könnte Erdogan behaupten, in seinem Land herrrsche Meinungsfreiheit – die wird nur anders „ausgelegt“.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

An Regelschulen mit Binnendifferenzierung werden die Schüler inhaltlich ausgesondert. So können also nicht mit den anderen Schülern arbeiten. Im Endeffekt ist das dasselbe, nur das das Mobbing der Mitschüler noch dazu kommt.

Wie stehen Sie eigentlich für Sonderschulen für Hochbegabte, also eine Schule mit lauter Schülern, die ihr Abitur nach acht Schuljahren inkl. Grundschule schaffen können? Wenn Sie die Möglichkeit für Ihre Kinder anbieten würde, kann ich mir ehrlich geschrieben nicht vorstellen, dass Sie sie auf Regelschulen mit dem Abitur nach 13 Jahren schicken würden.

dickebank
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

G-Kurse in Schulen des längeren gemeinsa,en Lernens, da
“ werden Kinder nach bestimmten Merkmalen ausgesondert, was denn sonst? Das hat mit Inklusion rein gar nichts zu tun. “

InKlusion schein zu sein, wenn alle Schüler /m/w/d) eined geburtsjahrganges in ein und dasselbe Schulgebäude gehen und ca. 4 bis 7% dieser Kohorte in Förderkursen und nicht in Förderschulen unterrichtet werden.

Der Unterschied ist, in der Regelschule müssen die Förderstunden im gegensatz zu den Förderschulen aus den allgemeinen Lehrerstellen zulasten anderer Aufgaben abgezweigt werden.

Statt Doppeltsteckung an spezialisierten Förderschulen eine breite Mischung von anerkannten und nicht festgestellten Förderbedarfen in einer regelklasse ohne jedwede Unterstützung zugunsten des allgemeinen Etatansatzes. Sparschwein statt „best practice“.

g. h.
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

So ist es, dickebank. „Sparschwein statt ‚best practice‘.“
Und das Ganze wird dann als als einzig wahres Verständnis von Menschenrecht und UN-Konvention verkauft.
Um in Bernds Bild zu bleiben: „Genauso gut könnte Erdogan behaupten, in seinem Land herrrsche Meinungsfreiheit – die wird nur anders ‚ausgelegt‘.“

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

@ Bernd, vielleicht mögen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen, was Juristen dazu feststellen (ich muss es noch einmal zitieren):

“Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung zur Benachteiligung von Behinderten im Schulsystem deutlich gemacht, dass die ideologisch-apodiktischen Festlegungen von der Art “Behinderte müssen Förderschulen besuchen” oder “Behinderte müssen Regelschulen besuchen” dem Grundgesetz nicht entsprechen und die Rechte aller Beteiligten im Einzelfall zu respektieren und gegeneinander abzuwägen sind. Diese Rechtsprechung gilt unverändert auch nach der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention durch die Bundesländer.”

(Thomas Böhm: “Nein, du gehst jetzt nicht aufs Klo!”.- München 2018, S. 34)

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Dickebank, Sie treffen es gut. Die Inklusionsverfechter sehen das aber nicht oder ignorieren es.

Hans Wocken
4 Jahre zuvor
Antwortet  Sabine

@Sabine
Wenn Sie mir eine Mail schicken (hans-wocken(at)t-online.de), dann schicke ich Ihnen eine Remail mit digitalen Dateien, die einige „Predigten“ von mir enthalten – zu Ihrer Bestätigung und unter Umständen zu Ihrer Erbauung.
Hans Wocken

Carsten60
2 Jahre zuvor
Antwortet  Hans Wocken

Können Sie auch schlüssig erklären, warum heute die Begabtenförderung ebenfalls unter die Überschrift „Inklusion“ gestellt wird? Wieso müssen wir begabte SuS „inkludieren“, wo sie doch eigentlich nie „exkludiert“ wurden? Oder toben sich hier nur irgendwelche Parteigenossen aus?

Palim
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

„Sie haben natürlich Recht, Palim – über die weiteren Bedingungen, also die Ressourcen, ist zu reden. “ (Bernd)
„Sparschwein statt “best practice”.“ (dickebank)

Die Umfragen spiegeln nur, was in der Gesellschaft ankommt bzw. wahrgenommen wird.

Abgestimmt wird „Schule für alle oder mehrgliedriges System“,
in der Auswertung wird dann dargelegt, dass die Eltern das Gymnasium wünschen.
Das ist eine Interpretation der Daten.
Ebenso kann die Abstimmung bedeuten, dass die Eltern die Wahl hinsichtlich der weiterführenden Schule für ihr Kind behalten möchten ganz unabhängig von Schulformen.

Gleiches beim Thema Inklusion:
Abgestimmt wird „Inklusion als Sparkonzept“, als das es wahrgenommen wird,
ausgewertet wird aber nach „Inklusion als Ermöglichung der Teilhabe“.
Eine Wahl zu: „Kinder mit geistiger Beeinträchtigung können in Klassen integriert werden, wenn sie zusätzliche Begleitung und Förderung erhalten und das System entsprechend dieser Aufgabe ausgestattet wird“ gab es gar nicht.

Die Antwort auf die Frage „Willst du die Teilhabe ermöglichen und dafür Geld ausgeben?“ ist womöglich eine andere als auf „Findest du die Umsetzung der Inklusion als Sparkonzept gut?“
Das Fazit müsste entsprechend heißen: Die Mehrzahl der Befragten lehnt die Teilhabe von geistig Behinderten _unter gegebenen Umständen_ ab.
Kurz: es geht nicht um die Sache an sich, das Recht selbst, sondern um die Umsetzung und Ausgestaltung.

Will man also, dass das Recht umgesetzt und in der Gesellschaft akzeptiert wird, muss man die gegebenen Umstände verändern, um zu mehr Akzeptanz zu kommen … und tatsächlich dann auch zu einer Inklusion, die sich an einer Teilhabe orientiert und nicht am Geldbeutel.

Schlagzeilen, die die Ablehnung behaupten, verbreiten und zementieren, werden da nicht helfen.
Schulen, in denen Inklusion vorbildlich umgesetzt wird, können helfen, dann aber müssen auch da die Bedingungen mit genannt und beurteilt werden und die Aufforderung anderer Schule, es den Vorbildern gleich zu tun, mit entsprechenden Maßnahmen und Unterstützungen begleitet werden.

Die Erwartung, dass Inklusion unentgeltlich und ohne zusätzliche Ressourcen allein wegen des Rechtsanspruchs umgesetzt werden kann, wurde schon früher kritisiert, lässt sich in der Praxis nicht umsetzen und wird in den Umfragen nun entsprechend beurteilt.

Solange die Aufgabe in den Schulen ohne Unterstützung abgegeben wird, die hohen Anforderungen und Erwartungen umzusetzen, für die man selbst nicht eintreten will, sich stattdessen lieber unter den Kostenträgern den Schwarzen Peter gegenseitig zuschiebt und auf die Suche nach weiteren Einsparungen geht, wird die Bewertung der Umsetzung sicher nicht besser ausfallen … und letztlich dann das Recht auf Inklusion negativ beurteilt oder abgelehnt werden, weil Anspruch und Wirklichkeit in der Bewertung zusammengesehen und in der Regel verknüpft werden, wie man ja an dieser Umfrage und diesem Artikel deutlich erkennen kann.

Küstenfuchs
4 Jahre zuvor

Das Problem an der Bewertung der Inklusion von einer Bevölkerungsmehrheit ist doch in Wirklichkeit gar nicht die Frage, ob Inklusion praktiziert werden soll. Diese ganze Diskussion hier in den Kommentaren geht doch am Thema vorbei.

Die Umfrage hätte mit Sicherheit ein ganz anderes Ergebnis, wenn Inklusion so umgegesetz wird, wie sie idealerweise umzusetzen ist: Mit individueller Betreuung durch gezielt ausgebildete Lehrkräfte, mit Doppelbesetzungen in „kritischen“ Klassen usw. (ich bin da kein wirklicher Experte)

Was die Bevölkerung aber sieht in Kurzform: I-Kinder mischen oft ganze Klassen auf, weil nur eine Lehrkraft im Raum ist. Diese Lehrkraft ist dann natürlich völlig überfordert und kann nicht allen Kindern gerecht werden. Folge: Viele Kinder werden am Lernen gehindert und die Lehrer werden krank.
Wird Inklusion weiter so auf dem Rücken der Lehrer und der Kinder ausgetragen, lehnt man sie natürlich ab, wenn man nicht völlig verblendet ist, wie soll denn bitteschön eine Umfrage sonst ausfallen?

@Bernd, Anna: Zur Lösung des Problems trägt ein hier unpassendes Geschrei nach „Menschenrechten“ oder populistische Beiträge zu Lehrergehältern kaum bei.

dickebank
4 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Das grundlegende Missverständnis ist, dass Inklusion eine breite gesellschaftliche Aufgabe ist, die alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens betrifft. Da die Mehrheit der Gesellschaft sich gegen die gleichberechtigte Teilhabe aller stellt, versteckt sie sich hinter dem Thema „Inklusion in der Schule“.

Man will im Nachgang sagen können: „Ich bin ja für die Inklusion, aber wie die in Schulen gescheiterte Inklusion deutlich zeigt, sind die Maßgaben der UN-Behindertenkonvention in der Realität nicht umzusetzen, da sie deutlich höhere finanzielle Kraftanstrengungen für die Allgemeinheit bedeuten, die vom Steuerzahler zu tragen sind. Vorallem braucht es mehr Personal – und grundsätzlich gehören Personalkosten in den konsumtiven Bereich. DAs ist ganz schlecht, da so die Mittel für Investitionen fehlen …

Also all das, was derzeit dazu beiträgt, dass Inklusion in Schule scheitert. Das Geld, was für die „Digitalisierung des Unterrichtes“ eingeplant ist, kann nicht für zusätzliches Personal im Zuge der Inklusion ausgegeben werden. Gibt man Geld in multiprofessionelle Teams in die schulen, muss aber weiterhin mit Kreide gearbeitet werden.

Digitalisierung gilt deshalb als must-have, Inklusion kann ja so nebenbei erfolgen, muss aber nicht an den Gymnasien erfolgen, da Schulen des längeren gemeinsamen Lernes dazu ohnehin besser ausgestattet sind und ggf, sogar einen Sozialpädagogen im Kollegium sitzen haben könnten …

Ich kann auch Unterricht ohne Strom, aber ich kann mich nicht mehrfach teilen, um den Bedürfnissen eines Neuntels der Klasse, das einen spezifischen Förderbedarf hat, gerecht zu werden, und dafür dem Großteil der Klasse – immerhin 8 von 9 SuS – im Gegenzug nicht gerecht zu werden. Den eigenen Ansprüchen kann man ohnehin in dieser Situation nicht gerecht werden, also Unterricht (Dienst) nach Vorschrift, um Mindeststandards nicht zu verletzen.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Aus dem gleichen Grund ist die individuelle Förderung ab Kursstärken von 10 auch nicht in der Form leistbar, wie es die Hochglanzprospekte der Bildungspolitiker und die Schulprogramme angeben, selbst wenn sich alle Schüler intrinsisch motiviert durchgehend anstrengen wollen.

Cornelia
4 Jahre zuvor

Ein Hauptproblem wird immer die fehlende Homogenität bleiben. Nicht ohne Grund hat sich das mehrgliedrige Schulsystem entsprechend etabliert. Viele Barrieren lassen sich leichter überwinden als unterschiedlichste Lernniveaus. Wie soll da die gemeinsame Erarbeitung eines neuen Themas aussehen? Die Grenzen zwischen Lernbehinderung und geistiger Behinderung sind fließend, und entsprechend wird das eine oder andere fitte Kind mit geistiger Behinderung vielleicht am Grundschulunterricht teilnehmen können. Alleine beim Down Syndrom gibt es eine große Streuung in der Ausprägung, trotz Förderung von Geburt an. Dasselbe gilt natürlich für alle Formen der geistigen Behinderungen.Mal unkompliziert und relativ leicht zu händeln, mal mit vielen Begleiterscheinungen. Manchmal hat auch ein und dasselbe Kind sehr unterschiedliche Phasen, so dass man in guten Phasen den Eindruck bekommen kann, es könne problemlos in eine Regelschulklasse hineinsitzen und auch manches mitlernen.
Es wird heute viel für Menschen mit Behinderungen gemacht, und das ist gut so. Es ist auch noch viel Luft nach oben. Warum aber das Schulwesen hier so eine wichtige Schlüsselrolle spielen und vollkommen auf den Kopf gestellt werden soll, erschließt sich uns nicht ganz.
Täglichen Umgang mit zum Teil extremer Heterogenität kennen auch wir Familien mit behinderten Kindern, das geht in der Regel nicht spurlos vorbei, vor allem nicht an den unbehinderten Kindern.
Wie zum Beispiel oben beschrieben gäbe es viele Möglichkeiten auch in den Schulen inklusiver zu leben, ohne dass jedes behinderte Kind in seiner Regeljahrgangsklasse sitzt, zum Beispiel auch Modelle von Sonderschulen, die Regelschüler aufnehmen. Das ist zwar für radikale Inklusionsbefürworter nicht nach ihrer Vorstellung, aber radikale Umsetzungen von Ideen schaffen in der Regel neue Friktionen.
Was uns bei der Kindergarten- und Schulwahl unseres jüngsten und geistig schwer behinderten Kindes gestört hat, war allerdings, dass die entsprechenden Regeleinrichtungen jeweils im Vorfeld auf uns zugekommen sind und sagten: Also unsere Einrichtung kann Ihr Kind nicht aufnehmen, falls Sie das vorhaben.
Ebenso wenig mögen wir ,wenn man uns fragt, wo unser Kind denn nun ist und wir bekommen die Antwort: Ja, das ist gut, das ist es unter Seinesgleichen!