Nicht mal ein Stipendium lockt genügend angehende Lehrer aufs Land

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MAGDEBURG. Wie lassen sich die überall händeringend gesuchten Lehrerinnen und Lehrer dazu bringen, statt in der Großstadt in die kleineren und abgelegeneren Regionen zu ziehen? Das Städtchen Gardelegen in Sachsen-Anhalt versucht es mit einem einmaligen Projekt – muss aber einen Rückschlag hinnehmen.

Sieht hübsch aus – ist für angehende Lehrer aber offenbar nicht attraktiv: Rathausplatz in Gardelegen. Foto: J.-H. Janßen / Wikimedia Commons (CC BY 4.0)

Die Suche nach potenziellen Nachwuchslehrern für Gardelegen ist im zweiten Jahr auf geringere Resonanz gestoßen. Nur noch neun junge Sachsen-Anhalter wollen das Nachwuchslehrer-Stipendium der Stadt in der Altmark bekommen. Bei der Premiere des Programms «Gardelehrer» vor einem Jahr waren es noch 28 Interessenten gewesen. «Damit haben wir gerechnet, weil das Medienecho auch größer war, als es das Stipendium zum ersten Mal gab», sagte Bürgermeisterin Mandy Schumacher (SPD).

Sachsen-Anhalt muss einem Gutachten zufolge bis 2030 jedes Jahr mehr als 700 Lehrerinnen und Lehrer neu einstellen. Dabei haben gerade kleinere Orte oft größere Probleme, neues Personal zu bekommen als die Großstädte und ihr direktes Umland. Gardelegen braucht genügend Personal für aktuell sieben Grundschulen, zwei Sekundarschulen und ein Gymnasium. Um in den Wettbewerb aktiv einzugreifen, rief die knapp 14.500 Einwohner und viele Ortsteile zählende Stadt Gardelegen ein Stipendienprogramm ins Leben.

Jeden Monat 300 Euro – dafür müssen sich junge Lehrer verpflichten

Der Deal: Die unterstützten Studierenden bekommen bis zum Ende ihrer Ausbildung jeden Monat 300 Euro. Im Gegenzug verpflichten sie sich, sich für eine Lehrerstelle in Gardelegen zu bewerben. Wenn sie die bekommen, müssen die Stipendiaten so viele Jahre dort bleiben, wie sie die finanzielle Unterstützung erhalten haben. Dabei geht Gardelegen ein gewisses Risiko ein. Denn wer welche Stelle bekommt, entscheidet am Ende das Schulamt.

Derzeit unterstützt Gardelegen bereits drei Nachwuchslehrer. «Das läuft, wie wir uns das vorgestellt haben», sagte Bürgermeisterin Schumacher. Die jetzigen Stipendiaten unterstützten die Stadt auch schon vor einem möglichen Dienst im Klassenzimmer. «Sie kommen auch mit zu Messen und Veranstaltungen und werben für uns.» Der erste Stipendiat wechsle kommendes Jahr in sein Referendariat, die anderen beiden studieren noch etwas länger.

Den größten Bedarf hat die Stadt derzeit bei Sekundarschullehrern

Wer als neuer Stipendiat oder neue Stipendiatin dazu kommt, will die Stadt am 22. Oktober entscheiden. Die meisten Bewerber studierten Grundschullehramt, so Schumacher. Den größten Bedarf habe die Stadt derzeit allerdings bei Sekundarschullehrern. Wer mit einem Stipendium unterstützt wird, will die Stadt am 22. Oktober entscheiden. Dabei werde auch darauf geschaut, wo der künftige Bedarf am größten sei.

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) unterstützte die Idee von Anfang an und warb dafür, dass sich auch andere Kommunen Gedanken über zusätzliche Anreize machen. Bisher ist der «Gardelehrer» jedoch weiterhin einmalig im Land. dpa

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2 Kommentare
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Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Eben! Nicht einmal ein Stipendium lockt die Lehrer aufs Land. Warum sollen die ausgerechnet da wohnen wollen, wo keiner mehr wohnen will, weil die Politik den ländlichen Raum verwahrlosen lassen hat?!? Brauchen Lehrer nie einen Arzt? Brauchen Lehrer nie öffentlichen Verkehrsmittel? Brauchen Lehrer keine Einkaufsmöglichkeiten sowie eine soziale und kulturelle Infrastruktur. Das finde ich alles so dumm. Man hat das aus Kostengründen abgebaut (mehr netto vom Brutto => Einsparung von Steuergeldern) bzw. dem Abbau zugesehen und will nun Lehrern und Ärzten, die bereit sind, da zu arbeiten, eine Zulage zahlen, damit die dann da leben, wo alle wegziehen, die können …

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Für das kostenlose Studium könnte der Staat die Ausgebildeten verpflichten, 3,4,5 Jahre dort zu leben und zu arbeiten, wo man sie dringend braucht. Das kann aber nur eine Notmaßnahme sein – ähnlich den Seiteneinsteigern im Lehrerberuf oder einer Kürzung der Stundentafel für Schüler. Man muss die Lebensbedingungen für alle Menschen im ländlichen Raum attraktiv machen! Oder sollen alle eine Zulage bekommen, damit sie da nicht wegziehen?