Sommerferien-Regelung: Neue KMK-Präsidentin Hubig legt sich mit Söder und Kretschmann an

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BERLIN. Bei der Kultusministerkonferenz suchen die Länder nach gemeinsamen Wegen in der Schulpolitik – bald unter der Präsidentschaft der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Hubig. Das Amt ist keine leichte Aufgabe, wie der ungelöste Streit um die Sommerferien-Termine ab 2024/2025 zeigt. Hubig bringt als besonderen Schwerpunkt das Thema Europa ein – und will Bayern und Baden-Württemberg die Extrawürste bei der Sommerferien-Regelung nehmen. 

Übernimmt im Januar die Präsidentschaft der KMK: die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig. Foto: Georg Banek / Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz

Nicht nur der Rhein trennt den bisherigen Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz (KMK) von seiner Nachfolgerin. Mit dem Wechsel vom Hessen Alexander Lorz (CDU) zur Rheinland-Pfälzerin Stefanie Hubig gelangen die sogenannten A-Länder, also die von der SPD geführten Länder, wieder an die Leitung der zentralen Runde zur bildungspolitischen Abstimmung.

„Alle Kinder sollen die gleichen Chancen auf gute Bildung bekommen“

«Bei aller Berechtigung des föderalen Bildungssystems wollen wir ein Stück weit gemeinsame Wege gehen», sagte Hubig im Gespräch in Mainz. «Wir stehen in allen Ländern vor vergleichbaren Herausforderungen, beispielsweise bei der Chancengerechtigkeit. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Kinder die gleichen Chancen auf gute Bildung bekommen.»

Ihren KMK-Vorsitz im Jahr 2020 hat die Bildungsministerin unter das Motto gestellt: «Europa (er)leben und gestalten». Schließlich übernimmt Deutschland im neuen Jahr auch die EU-Präsidentschaft. «In einer Zeit, in der viele versuchen, die EU anzugreifen», sei es wichtig, den Wert Europas für Frieden, Freiheit und Wohlstand zu vermitteln, sagte Hubig. «Dazu gehört auch Demokratiebildung.» Die Ministerin hat sich im zurückliegenden Jahr dafür eingesetzt, die Gedenkkultur an den Schulen zu vertiefen. Vorgesehen ist, dass alle Jugendlichen mindestens einmal eine NS-Gedenkstätte oder einen anderen Ort des Erinnerns besuchen.

Der scheidenden KMK-Präsident Lorz begrüßt das Schwerpunktthema, vor allem mit Blick auf den Brexit: «Ich glaube, es ist schon sehr treffend, sich vor diesem Hintergrund Gedanken darüber zu machen, welche Rolle Deutschland in Europa spielen soll», sagte er. Kurz vor Ende seiner Amtszeit zog er ein positives Fazit: «Es war sicherlich eines der turbulenteren Jahre einer KMK-Präsidentschaft, aber auch eines, in dem sich sehr viel bewegt hat.»

Dazu zählt Lorz den Abschluss des Digitalpaktes zwischen Bund und Ländern, die Empfehlungen zur Bildungssprache Deutsch und die ersten Schritte hin zu einer Vereinbarung, mit der die Länder ihre Zusammenarbeit in Bildungsfragen auf eine neue Grundlage stellen wollen.

Die PISA-Studie hat Probleme beim Lesen in den Fokus gerückt

Zuletzt rückten aber auch Defizite im schulischen Niveau in den Blickpunkt der Bildungspolitik (News4teachers berichtete). «Wir sind uns einig, dass angesichts der jüngsten PISA-Studie dringender Handlungsbedarf besteht», sagte Hubig. «Die Ergebnisse der Studie zu den Lesegewohnheiten von Jugendlichen sind alarmierend, das kann man nicht nur einfach zur Kenntnis nehmen.»

Auch Lorz sagte: «Was mir sehr zu denken gegeben hat war der Befund, dass unsere Schülerinnen und Schüler zwar sehr wohl wissen, wie man liest, aber keine Lust dazu haben und es deswegen auch nicht tun.» Hier müsse mehr für die Motivation getan werden. Auch bei der Förderung leistungsschwacher Schüler seien mehr Anstrengungen nötig.

Sie freue sich sehr auf die neue Aufgabe als KMK-Vorsitzende, sagte Hubig. Die KMK-Sitzung im Dezember sei sehr produktiv gewesen. «Jetzt bin ich sehr viel optimistischer als zuvor.» Der nach Einwänden von Bayern und Baden-Württemberg nun doch beschlossene Bildungsrat bekomme zwar nicht die ursprünglich geplante Form, «aber wir haben eine gute Alternative gefunden». Alle Länder seien dabei, und der Bund solle angemessen beteiligt werden bei Themen, die ihn direkt beträfen.

«Ich glaube, es ist ein großer Erfolg, dass die Länder so etwas in eigener Regie aufsetzen und damit zeigen: Wir sind als Kultusministerkonferenz absolut handlungsfähig», sagte Lorz. Der Bund solle ins Boot geholt werden – «denn es macht ja keinen Sinn, wenn wir jetzt gegeneinander arbeiten».

Weitere Themen für die KMK: Digitalisierung, Ganztag – und die Sommerferien

In der KMK wie in den Ländern werde die Digitalisierung weiter eine große Rolle spielen, erwartet Hubig für 2020. «Auch wird es im neuen Jahr darum gehen, bundesweit das Ganztagsangebot an Grundschulen auszubauen, wenn der Bund bis 2025 einen Anspruch darauf festschreiben will.» Rheinland-Pfalz sei hier gut aufgestellt. «Jedes Kind, das in eine Ganztagsschule gehen will, findet diese in seinem Einzugsbereich.»

Weiter für Zündstoff dürfte die Sommerferien-Regelung sorgen. Bayern und Baden-Württemberg wollen an ihren angestammten – und bundesweit begehrten – Terminen von August bis Mitte September festhalten. Andere fordern die Einbeziehung der Südländer in das rollierende System. «Wir müssen als Länder eine gute Lösung hinbekommen, die den Interessen aller gerecht wird», sagte Hubig. «Die Zeiten, in denen Bayern und Baden-Württemberg eine Extrawurst braten, sollte vorbei sein.»

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte unlängst jegliche Änderungen an der Ferienordnung zurückgewiesen („Die Ferienzeiten bleiben!“). Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte: „Ich rate dazu, das System der Sommerferien so zu lassen, wie es jetzt ist.“ Von Peter Zschunke und Andrea Löbbecke, dpa

Der Sommerferien-Streit

Hintergrund des Streits um die Ferientermine: Bayern und Baden-Württemberg beteiligen sich traditionell nicht am sogenannten rollierenden System der Bundesländer. Während 14 Bundesländer jedes Jahr zu einem anderen Zeitpunkt in die Ferien starten, sind die beiden Süd-Länder zeitlich immer die letzten und begründen das unter anderem mit ihren Pfingstferien, die manchmal bis fast Ende Juni dauern. Im restlichen Deutschland gibt es keine Pfingstferien oder nur wenige freie Tage rund um die Feiertage.

Einige Ministerpräsidenten wollen nun erreichen, dass die Ferientermine aller Länder künftig zwischen dem 1. Juli und dem 10. September liegen und dass auch Bayern und Baden-Württemberg mitmachen. Der bisherige lange Korridor von Juni bis September soll nach dem Willen beider Länder verengt werden, damit die jährlichen Verschiebungen möglichst gering ausfallen.

Tatsächlich sind Pfingstferien plus später Sommerferienbeginn hoch attraktiv (wie etwa Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr feststellte, als es einmalig dort eine Woche lang Pfingstferien gab). Beide Zeiträume liegen weitgehend außerhalb der Hauptreisesaison von Mitte Juni bis Mitte August, sodass Familien günstiger reisen können. Darüber hinaus verspricht der Hochsommer besonders warme Ferientage. Auch pädagogisch gilt ein früher Sommerferienbeginn als schwierig: Die Unterrichtszeit zwischen Weihnachts- und Sommerferien fällt dann arg kurz aus. Die Prüfungsphasen nach Ostern müssen komprimiert werden – und das bedeutet: Lernstress für die Schüler, Korrekturstress für die Lehrer.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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