FDP-Fraktion schließt Ex-Schulleiterin aus – (auch) wegen Kritik an Schulpolitik

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MAINZ. Der Konflikt der FDP-Fraktion Rheinland-Pfalz mit ihrer Bildungspolitikerin Lerch schwelt schon länger: Jetzt ist Lerch von den anderen sechs Abgeordneten ausgeschlossen worden – und will dagegen vor Gericht ziehen.

Harte Vorwürfe – und viel Widerspruch: Die FDP-Abgeordnete und Ex-Schulleiterin Helga Lerch. Foto: FDP-Fraktion Rheinland-Pfalz

Die FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag und damit die Mehrheit der Ampel-Koalition ist geschrumpft: Die FDP hat ihre Bildungspolitikerin Helga Lerch nach einem langen internen Streit – wie erwartet – am Donnerstag aus der Fraktion ausgeschlossen. Sechs der sieben Abgeordneten der Fraktion hätten für den Ausschluss gestimmt, bei einer Gegenstimme, berichtete Fraktionschefin Cornelia Willius-Senzer nach der Sitzung in Mainz.

Die 64 Jahre alte Lerch will gegen den Ausschluss vor Gericht ziehen. Ihr Anwalt bereite gerade den Eilantrag für das Oberverwaltungsgericht in Koblenz vor, sagte sie nach der Entscheidung.

Dieser Schritt habe aber keine aufschiebende Wirkung, sagte ein Sprecher des Landtags. Wenn das Gericht bis zur nächsten Plenarsitzung am 18. März noch keine Entscheidung getroffen habe, werde Lerch im Landtag nicht mehr bei ihrer Fraktion sitzen.

Lerch hatte vor allem mit Aussagen im Gleichstellungsausschuss des Landtags und ihrem Verhalten danach für großen Unmut in den eigenen Reihen sowie bei den Koalitionspartnern SPD und Grünen gesorgt. Im Ausschuss hatte sie der Schulaufsicht zögerliches Verhalten bei sexuellen Übergriffen von Lehrkräften vorgeworfen (News4teachers berichtete). Lerch habe damit «fast ein Staatsversagen in den Raum gestellt», dann aber die von ihr erwähnten Fälle nicht näher benannt, kritisierte Willius-Senzer. Zuvor hatte die 64-jährige Lerch sich im Plenum kritisch zur Bildungspolitik der rot-gelb-grünen Landesregierung geäußert.

Hinzu kam eine juristische Auseinandersetzung mit ihrem Partei- und bisherigen Fraktionskollegen Marco Weber, die sich um den Antrag auf ihren Ausschluss aus der Fraktion drehte. Konkret ging es um eine angebliche Behauptung Webers, Lerch habe ihm gesagt, sie habe Aufzeichnungen über seine privaten Lebensumstände gefertigt. Die wolle sie öffentlich machen, wenn sie wegen ihrer umstrittenen Äußerungen in der Fraktion nachteilig behandelt werde. Mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung wollte Lerch Weber Aussagen darüber untersagen, scheiterte damit aber vor dem Landgericht in Mainz.

„Meinungsdiktatur von Frau Lerch“

Willius-Senzer sagte, Lerch sei in der Vergangenheit auch immer wieder ohne Rücksprache mit ihren Fraktionskollegen mit Themen an die Öffentlichkeit gegangen. «Die FDP-Fraktion ist nicht weiter bereit, die Meinungsdiktatur von Frau Lerch zu akzeptieren.» Ihr Verhalten sei für die anderen Fraktionsmitglieder unverständlich. Mit dem Fraktionsausschluss sei das Thema nun erstmal durch, auf Parteiebene sehe sie keinen Anlass für weitere Schritte.

Lerch, die auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende war, wies die Anschuldigungen zurück. «Ich halte die Vorwürfe für nicht berechtigt», sagte sie. Von dem Gerichtsverfahren erwarte sie eine Signalwirkung in der Frage, was ein einzelner Abgeordneter darf. Sie habe ihrer Fraktion mit Blick auf die Lage der FDP auch die Hand gereicht und vorgeschlagen, den Konflikt in einem Mediationsverfahren zu lösen, darauf aber «null Reaktion» erhalten. Ein solches Verfahren habe sie auch am Donnerstag nicht beantragt, sagte dagegen ein Fraktions-Sprecher.

Lerch gehörte mehreren Landtagsausschüssen an, für Bildung als stellvertretende Vorsitzende, für Wissenschaft sowie für Gleichstellung und Frauenförderung. Wie mit diesen Sitzen nun umgegangen wird, will die FDP-Fraktion nach eigenen Angaben beraten. Stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende ist künftig dann nur noch Monika Becker.

Die Opposition kritisierte das Vorgehen der FDP-Fraktion: Der CDU-Fraktionsvize Gerd Schreiner sprach von einem «schwarzen Tag für die FDP». «Dass ausgerechnet eine liberale Partei eine kritische Abgeordnete mit dem Fraktionsausschluss bestraft, die ganz offensichtlich nicht für blinden Koalitionsgehorsam steht, ist empörend.»

Mit Lerchs Ausschluss kommt die FDP-Fraktion nun noch auf sechs Abgeordnete. Die Ampel-Koalition in Mainz hat dann nur noch 51 Mandate und bloß eine Stimme Mehrheit. dpa

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