Schuleingangs-Untersuchungen fielen reihenweise aus – Probleme bleiben unerkannt

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BERLIN. Sie sind eigentlich Standard, aber in diesem Jahr mussten viele Berliner Kinder darauf verzichten: Die vor der Einschulung üblichen Untersuchungen beim Amtsarzt sind wegen der Corona-Krise in vielen Fällen ausgefallen. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Bildung seien die Schulleitungen schon Mitte April darauf hingewiesen worden, dass die Gesundheitsämter bis zum Schuljahresende keine Schuluntersuchungen mehr durchführen könnten.

Kurz vor der Einschulung kommt eigentlich die Schuleingangsuntersuchung – in diesem Jahr fiel die allerdings meistens aus. Foto: Shutterstock

«Es geht für uns vor allem um die Frage, wie mit Rückstellungsanträgen umzugehen ist, insbesondere wenn Eltern ihr Kind für nicht schulreif halten», erklärte ein Sprecher der Bildungsverwaltung am Montag. Wenn Eltern und Kita beide dafür seien, werde das Kind zurückgestellt. Sind sie ausdrücklich unterschiedlicher Meinung, wird das zuständige Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentrum (SIBUZ) um eine Einschätzung gebeten. «Dort werden auch die Unterlagen der Haus- oder anderen Ärzte des Kindes in Augenschein genommen», erklärte der Sprecher.

Hilfreich für Lehrer zu wissen, worauf sie bei Kindern achten müssen

Aus Sicht der Gesundheitssenatsverwaltung mussten die Prioritäten in diesem Jahr coronabedingt aber schlicht anders gesetzt werden: «In der ersten Phase der Pandemie haben die Bezirke die Kontaktnachverfolgung personell verstärken müssen. Das war richtig und wichtig. Dies ging zu Lasten anderer Bereiche – auch innerhalb der Gesundheitsämter», teilte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montag mit. «Die Besetzung der Stellen in den Gesundheitsämtern ist umso dringender.»

Berlins Elternvertreter sehen den Verzicht auf die Schuleingangsuntersuchung, bei der unter anderem Hören und Sehen sowie die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder getestet werden, kritisch. Das Thema mache ihm schon etwas Bauchschmerzen, sagte der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise, am Montag. Zum einen sei es die einzige Reihenuntersuchung für Kinder, die Rückschlüsse darauf ermögliche, wie es um ihre Gesundheit bestellt sei. Zum anderen sei es auch hilfreich für die Lehrkräfte zu wissen, worauf sie bei dem ein oder anderen Kind achten müssten.

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Darauf zu verzichten, sei ein Risiko, sagte Heise. «Das ist ja auch eine Pflichtuntersuchung, bei der man feststellen könnte, ob es dem Kind gut geht und ob es etwas braucht.» Die Schulpsychologischen Beratungszentren könnten das nicht in der gleichen Weise: Dort arbeiteten eher Psychologen als Kinder- und Jugendmediziner, sagte Heise. Manches könnten sicher auch Lehrkräfte gut einschätzen, etwa, ob ein Kind Sprachförderbedarf habe. Bei anderen Fragen, etwa zu Rückenproblemen oder zu Adipositas bei Kindern wäre aus Sicht des Elternsprechers eine Einschätzung von medizinischer Seite besser.

Streichung der Schuluntersuchungen „inakzeptabel“

Die Berliner CDU-Fraktion nannte die ersatzlose Streichung von Schuluntersuchungen für Erstklässler am Montag inakzeptabel. «Aus den Einschulungstests ergibt sich für sehr viele Kinder der individuelle Förderbedarf, der für einen guten Schulstart fundamental wichtig ist.» Es müsse alles daran gesetzt werden, sie fortzusetzen. «Schon im Mai hatten wir vorgeschlagen, Mitarbeiter der neuen Covid-19-Notklinik für angehende Schüler zu nutzen. Wir fordern umgehende Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um eine Unterstützung von Kinderärzten zu verabreden.»

Die Berliner FDP hat ebenfalls vorgeschlagen, auch niedergelassene Kinderärzte könnten Schuleingangsuntersuchungen übernehmen. «Ohne Schuleingangsuntersuchung werden viele keinen guten Start in die Schule haben, was unbedingt zu vermeiden ist.» dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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