Hubig will schulische Inklusion voranbringen – Grüne: Förderschulen nehmen Kindern Chancen

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MAINZ. Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung soll in Rheinland-Pfalz in den beiden kommenden Jahren verstärkt vorangebracht werden. «Für die Inklusion stellen wir 60 Millionen Euro zur Verfügung», sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) in der Landtagsdebatte zum Bildungsetat mit einem Umfang von 5,8 Milliarden Euro in Mainz.

Will die Inklusion voranbringen – aber was für eine? Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) steht wegen ihres Modells in der Kritik. Foto: Georg Banek / Bildungsministerium Rheinland-Pfalz

Im Mittelpunkt des Doppelhaushalts für 2023/24 stehe die Chancengleichheit, die Bildungsgerechtigkeit, so Hubig. «Wir müssen jedes Kind in Rheinland-Pfalz stark für die Zukunft machen.»

In der Debatte sprach sich die Grünen-Abgeordnete Pia Schellhammer für eine umfassende inklusive Bildung aus. Dabei plädierte sie dafür, «die individuellen Förderbedürfnisse eines jeden Kindes ob mit oder ohne Behinderung in den Vordergrund zu stellen». Förderschulen mit dem Unterricht ausschließlich von Kindern mit einer Behinderung führten bei 70 Prozent nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss. «Damit wird ihnen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ohne staatliche Transferleistungen genommen.»

Ein gemeinsamer Unterricht in der Regelschule führe zu komplexen sozialen Situationen, in denen das soziale Lernen von begabten Kindern gefördert werde. «Alle profitieren von Inklusion.» In Rheinland-Pfalz regiert eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP.

Eltern von Kindern mit einer Behinderung haben in Rheinland-Pfalz die Wahl zwischen einer von rund 300 Schwerpunktschulen, in der drei bis vier Schüler und Schülerinnen «mit sonderpädagogischem Förderbedarf» gemeinsam mit anderen unterrichtet werden, und 131 Förderschulen, wo ausschließlich Schülerinnen und Schüler mit diesem Förderbedarf unterrichtet werden. Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) hat dies in einer Studie im vergangenen Jahr als Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention kritisiert (News4teachers berichtete). News4teachers / mit Material der dpa

Druck auf Deutschland wächst: Menschenrechtsinstitut (das den Vereinten Nationen berichtet) kritisiert stagnierende Inklusion

 

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Georg
1 Jahr zuvor

Wie immer wird nur über das soziale Lernen von begabten Kindern argumentiert. Blöderweise interessiert das Firmenchefs und die Hochschulen in keiner Weise. Die wollen Kenntnisse und Fertigkeiten haben.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ihr verlinkter Artikel benennt Soft Skills, die sicherlich nützlich sind, die man aber durch Inklusion eher weniger lernt.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Aber was soll das, was dort steht, mit dem Begriff „soziales Lernen“ bzw. „Inklusion“ zu tun haben? Die Unternehmen erwarten konkrete Fähigkeiten bei der Arbeit (nicht primär beim Lernen), aber „soziales Lernen“ ist zu einer Allerweltsphrase geworden. Wissen Sie denn, was das genau bedeutet?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die Sehbehinderung schränkt die journalistischen Fähigkeiten der Kollegin aber nicht nennenswert ein. Insofern zähle ich sie nicht als Inklusionsfall in dem Sinne, wie die Inklusion das Regelschulsystem negativ beeinflusst.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Da Sie Ihre Mitarbeiter im Gegensatz zu den Bundesländern ihre Lehrer nicht für eierlegende Wollmilchsäue halten, ist das kein nennenswertes Hindernis. Da die Kollegin alleine auf den ggf. von einer Maschine vorgelesenen Text reagieren kann, hat sie einen von Bildern unabhängigen „Blick“ (Sie wissen, wie ich das meine) auf den Artikel. Natürlich ist das eine Ergänzung.

Ich bleibe trotzdem bei meiner Meinung, dass eine Sehbehinderung an einer Schule keine nennenswerte Inklusion braucht. Als Lehrer müsste man ggf. in ein Mikrofon sprechen, dieses Kind beim Sprechen zur Klasse immer anschauen und das Aufgabenmaterial etwas anders aufbereiten. Das ist aber kein nennenswerter Akt, weil der eigentliche Unterricht weder zusätzlich gestört wird noch dieses Kind aufgrund der Behinderung zieldifferent beschult werden muss. Demnach ist so ein Kind ein sehr guter Kandidat für ein Portrait in einem Hochglanzprospekt zur schulischen Inklusion. Ein Autist mit sehr starkem ADHS ist da wesentlich anstrengender und keine Werbung.

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Und da Sie meinen, eine inklusiv zu betreuende Mitarbeiterin zu haben (diese wird sich bedanken, dass Sie gerade als Vorführbspiel herhalten muss), haben nur Mitarbeiter aus ehemaligen Inklusionsklassen bei Ihnen Chance auf Anstellung? Merken Sie es selber?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die Redaktion hat doch nicht das Lernen als Ziel. „Soziales Lernen“ ist doch nicht gleichzusetzen mit „Teamwork“ oder anderen „Soft skills“. „Soziales Lernen“ bedeutet wohl in erster Linie ein Lernen in Gruppen, was eigentlich schon immer irgendwie stattfand. Es erfordert Rücksichtnahme auf die jeweils anderen. Merkwürdig nur, dass wir heute im Zeitalter des besonders herausgestellten „sozialen Lernens“ dennoch immer mehr Mobbing, insbesondere im Internet, haben:
https://www.tagesschau.de/inland/cybermobbing-117.html
Die postulierten Phrasen scheinen einfach nicht der Wirklichkeit zu entsprechen. Das alte Wort „Klassengemeinschaft“ kann auch bedeuten „Respektieren der Hackordnung“. In ähnlicher Weise können auch Bemühungen um das soziale Lernen sich ins Gegenteil verkehren. Die Kinder sind nicht von alleine lieb und brav gegenüber Schwächeren, und die gab’s schon immer in den meisten Klassen: Stotterer, kleine Dicke, irgendwie andersartige, aber auch sog. Streber, die körperlich klein und schwach sind (weil auch oft jünger als die anderen).
Ich argwöhne: Das pauschale Loben der sozialen Kompetenzen bei der Inklusion ist nur eine Wohlfühlphrase, deren Richtigkeit auch merkwürdigerweise nie überprüft wird, sowas wird einfach postuliert. Und wenn es in einer Vorzeigeschule auch klappt, dann wird die groß herausgestellt, bravo! Wenn es aber nicht klappt, dann wird das totgeschwiegen.

Florentina
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ein solid Beleg sieht aber anders aus.

Ron
1 Jahr zuvor

„Ein gemeinsamer Unterricht in der Regelschule führe (so die Grünenpolitikerin) zu komplexen sozialen Situationen, in denen das soziale Lernen von begabten Kindern gefördert werde. «Alle profitieren von Inklusion.»

Einfach geistig abspeichern für die nächste Wahlentscheidung.

Florentina
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Die Grünen, so scheint es mir, versuchen überall „komplexe soziale Situationen“ zu etablieren.

Elma283
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Ich würde gerne einmal von der grünen Politikerin erklärt haben, wie denn meine begabte Tochter dadurch im sozialen Lernen gefördert wird, dass in ihrer Klasse ständig Unterrichtsstörungen durch Kinder mit sogenannten Förderbedarf ES an der Tagesordnung sind. Meine begabte Tochter hat ihr sehr gutes Sozialverhalten im Elternhaus gelernt und braucht dafür keine Inklusion, die nur dazu führt, dass sie im konzentrierten Lernen behindert wird, sie nicht rechtzeitig in die Pause kommt, weil gewisse Kinder sich nicht an Regeln halten können, der Sportunterricht abgebrochen wird etc. Dieses weltfremde Geschwätz irgendwelcher grünen Politiker ist unerträglich. Die meisten Inklusionsnkinder sind in ihrem Verhalten auffällig und das funktioniert einfach nicht in überlasteten Grundchulsystemen mit 30 Kindern in der Klasse.

Konsequenzen?
1 Jahr zuvor

Und bis Inklusion stattfindet, wird die Flexschule als unkompliziertes, unbürokratisches Bildungsangebot vom Ministerium finanziert!

So müsste es heißen!!!!!

Hirschlgruber
1 Jahr zuvor

Das soziale Lernen von begabten Schülern wird gefördert…. So, so. Wie sieht es mit der fachlichen Seite aus?
Profitieren die normalen Schüler wirklich, wenn Kinder zieldifferent im selben Raum unterrichtet werden? Gehe ich von mir selbst aus, ist mir Ruhe beim Vorbereiten wichtig, um mich konzentrieren zu können. Wenn nun jemand anderes im Raum ist und etwas völlig anderes macht, fühle ich mich gestört.

Wie geht es der restlichen Klasse, wenn Inklusionskinder nebenher andere Themen erklärt bekommen? Wieso werden in der Industrie, bei der Ausbildung, bei Fortbildungen,… möglichst einheitliche Gruppen mit gleichem Ausbildungsstatus gebildet, nur im allgemeinbildenden Schulbereich wird anders agiert und Inklusion als Allheilmittel verklärt?

Wenn 70 Prozent der behinderten Kinder nicht befähigt werden, einen Ausbildungsberuf zu ergreifen, wie soll es dann in Inklusionsklassen klappen? Ein behindertes Kind, das nicht in der Lage ist geistig dem normalen Unterricht zu folgen, kann auch keinen normalen Abschluss erreichen. Wie stellt Frau Hubig sich das vor?

Lehrerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hirschlgruber

Es wird bemängelt, dass geistig behinderte Kinder an Förderschulen häufig keinen berufsqualifizierenden Abschluss machen. Aber (bewusst!?) keine Angaben dazu, ob sie dies in nennenswerten Anzahlen in einer inklusiven Beschulung machen – nach meiner Ansicht, die jedoch nicht repräsentativ ist, eben genausowenig. Manche haben dazu einfach nicht die Voraussetzungen. Was aber in der kleinen Gruppe in Förderschulen viel besser gelingt, das ist die Einübung in die lebenspraktischen Fähigkeiten: kochen, einkaufen, Haushalt, mit dem Nahverkehr umgehen, eben alles das, was bei selbständigem Leben hilft. Keine „normale“ Schule kann das leisten. Wer einmal gesehen hat, wie ein einzelnes Kind mit Schulbegleiter in einer Klasse immer eine Sonderrolle spielt (zwangsläufig!), der überlegt sich, ob das wirklich im Sinn dieses Kindes ist. Viele Eltern wissen das und bevorzugen deshalb die Förderschule, aber deren Bestand wird mehr und mehr von „bildungsgerechten“ Gutmenschen und linken Politikern gefährdet, die aus eigener moralischer Selbstgerechtigkeit hier eine Denkblockade haben. Meist sind deren Kinder natürlich auf einer Privatschule, die keine solche Inklusivklassen hat, bei denen eine Lehrkraft 30 Schüler mit und ohne Behinderung betreuen soll.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrerin

Sie meisten der geistig behinderten Kinder würden auch an Regelschulen keinen berufsqualifizierenden Abschluss schaffen.

Uwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrerin

Es wird bemängelt, dass geistig behinderte Kinder an Förderschulen häufig keinen berufsqualifizierenden Abschluss machen.“

Lernbehinderte übrigens auch nicht.

Uwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hirschlgruber

Wieso werden in der Industrie“

Ja das ist mir als jobbender Student auch aufgefallen, da machen alle das gleiche in der Fabrik.

„Wenn nun jemand anderes im Raum ist und etwas völlig anderes macht, fühle ich mich gestört.“

Weswegen ich ungerne in Büchereien lese. Das Menschen im gleichen Raum etwas ganz anderes lesen, das stört ungemein.

Konsequenzen?
1 Jahr zuvor

1. Wie wird das Geld eingesetzt?
2. Wird der Lehrplan dann individuell für die Kinder angepasst?
3. Wird es ein, unkompliziertes, unbürokratisches und Empathievolles, nach der UN- behindertenrechtskonfesion, geben?
4. Wird die Flexschule als Schule anerkannt?

1. Nicht dort wo es benötigt wird!
-Sanierung
– mehr Schulgebäude für kleinere Klassen
-Pädagogen mit Gesundheitsfachwissen

2. Nein!
-Die Kinder sind weiterhin nur anwesend.

3. Ebenfalls Nein!

4. Hoffentlich!

Michael Felten
1 Jahr zuvor

Die Grünen-Abgeordnete Pia Schellhammer ‚argumentiert‘ mit Wohlfühlfloskeln, aber fern von Fakten. Förderschulen sind für (zumindest phasenweise) für zahlreiche Schüler* m.b.FB. der bessere Entwicklungsort. Inklusive Regelschulen können da nur bei Bestausstattung mithalten.

MB aus NRW
1 Jahr zuvor

„Alle profitieren von Inklusion“ – bitte hinzufügen: wenn Sie richtig gemacht und gelebt wird.

Eine Förderschullehrkraft mit mir im großen, hellen Raum mit Internet, funktionierenden Fenstern samt Rolläden, möglichst noch eine Möglichkeit, mit kleinen Schülergruppen auszuweichen…20-25 Kinder maximal – am besten so 15…

Das kostet aber eben viel Geld.
Und damit wird eben lieber halbgar herumgewurschtelt, statt mal Geld in Kinder zu stecken. Geld für Kinder. Geld für Bildung. Das wäre ja absurd.

Also 33 „Normalschüler“ plus Inklusionkind samt Integrationshelfer – im Raum, in den eigentlich maximal 30 Kinder passen. Wlan funktioniert sogar mal, leider steht aber die Sonne so tief, dass man nichts an der interaktiven Tafel lesen kann. Rollläden sind natürlich kaputt. In 5 Jahren könnten sie eventuell erneuert werden. Einmal pro Woche (wenn sie nicht krank ist) kommt eine Förderschullehrkraft im Lehrerzimmer vorbei und während die 33 unfassbar heterogenen „Normalschüler“ mit all ihren schulischen und persönlichen Problemen versuchen, Mathe zu verstehen (oder sich total langweilen, weil chronisch unterfordert, aber auch nicht willens, ständig etwas extra zu machen), sitzt das Förderkind mit seinem extra-Arbeitsblatt irgendwie verloren da (wie ein Lehrer alleine den allen gerecht werden soll – vor allem bei der Themenfülle, keine Ahnung), während sich der Inklusionshelfer in der Nase popelt und es unfassbar laut ist, weil sich die Oberlichter nicht schließen lassen und der Hausmeister direkt vor dem Fenster mit dem Laubbläser hantiert…Inklusion made in Germany eben!

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  MB aus NRW

Genauso sieht es aus. Danke! Inklusion wird absehbar nicht funktionieren und in vielen Fällen die regulären Schüler behindern, weil es aktuell und auch in Zukunft keine adäquate Unterstützung und Ausstattung gibt. So einfach ist das.

Lehrerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Die Politik, die anderes propagiert, sollte einfach endlich mal die Praktiker befragen, bevor Entscheidungen aus dem ideologischen Bauch heraus gefällt werden, sonst kommt immer wieder nur viel Unsinn heraus. Je inkompetenter, um so mehr von eigener Weisheit überzeugt – das ist leider bei vielen Entscheidungsträgern die Realität. Keine Ausbildung zu Ende gebracht, nix gelernt, aber Selbstbewusstsein und dumm wie Bolle – warum wählen so viele Bürger diese Typen??? Ich verstehe das nicht.

Alx
1 Jahr zuvor

Wie viel Prozent der Inklusionsschüler machen denn an Schwerpunktschulen im Vergleich einen berufsqualifizierenden Abschluss?

Dazu habe ich noch nichts gehört.

«Damit wird ihnen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ohne staatliche Transferleistungen genommen.»

Bedeutet das, dass mit einem Schulabschluss staatliche Transferleistungen enden?

Das Lippenbekenntnis, dass jeder Schüler individuell gefördert werden soll, scheitert schon bei Regelklassen am Personal.

Und was mir auch auf der Seele brennt: Schwerpunktschulen profitieren davon, wenn möglichst viele Kinder einen attestierten Förderbedarf haben, weil davon die Stundenzuweisung für Förderlehrkräfte abhängt.
Es besteht also ein großes Interesse daran, Kinder „erfolgreich“ zu diagnostizieren um das System am Laufen zu halten.
Der Widerspruch dieser Praxis zur Aussage, dass die Förderung aller Kinder im Mittelpunkt stehen müsste ist frappierend.

Last edited 1 Jahr zuvor by Alx
Selfi
1 Jahr zuvor

Was versteht man unter „Regelschulen“ im Sinne des Artikels? Sind hier auch die Gymnasien inbegriffen?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Also ist es Ihrer Meinung nach auch eine Aufgabe der Sport-Eliteschulen, sich um die schwachen Sportler zu kümmern? Aber warum haben die denn Aufnahmeprüfungen, die kein schwacher Sportler je bestehen könnte?
Schweizer Gymnasien haben (je nach Kanton) auch Aufnahmeprüfungen.
Im übrigen erinnere ich an die Überschrift hier bei n4t kürzlich: „Lehrerausbildung: Siebenmal mehr Studierende fürs Lehramt Gymnasium als für die Regelschule“.
Da galt offenbar das Gymnasium gerade NICHT als Regelschule. Was denn nun?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Und was ist mit den Sport-Eliteschulen? Die sind was „besseres“, oder?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Diese föderale Terminologie ist begeisternd. Das Wort „Oberschule“ bezeichnet in manchen Ländern eine bestimmte Schulform, wird aber auch als Sammelbegriff für Schulen in der Sekundarstufe verwendet. In Berlin (West) gab es mal Oberschulen praktischen, technischen und wissenschaftlichen Zweiges (entsprechend den Haupt-, Realschulen sowie Gymnasien). Das klang so schön nach Gleichrangigkeit. Die wurden aber alsbald wieder umbenannt. Allein an dem Namens-Wirrwarr kann man schon Böses ahnen: wir werden von Wichtigtuern regiert, die auf Wortklauberei wert legen. „Briefkopfreformen“ nenne ich sowas.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Selfi

Natürlich, um nichts anderes geht es der Inklusionslobby ja. Der zweitbeste Schutzraum für Inklusionskinder nach der Förderschule ist klientelbedingt dass Gymnasium. Fachlich wäre die Hauptschule viel besser, jedoch sozial die schlechteste Alternative.

(Der Absatz bezieht sich auf geistige Behinderung oder Lernbehinderung. Rein körperlich beeinträchtigte Kinder brauchen nicht zwangsläufig eine zieldifferente Beschulung, können also bei entsprechender Eignung gerne das Gymnasium besuchen.)

Last edited 1 Jahr zuvor by Georg
Nick
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Mittlerweile ist bundesweit in etwa jede zweite weiterführende Schule ein Gymnasium. Zudem zählt zumeist der Elternwille. Die Gymnasien werden hier nicht mehr davonkommen. Die nächste große Hürde ist die Integration. Das alles ist durch die ‚Resteschulen‘ allein nicht mehr zu wuppen. Teilhabe kann auch ein Gymnasium leisten.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nick

Solange Gymnasien im Regelfall zum Abitur führen sollen, und die zu integrierenden Kinder die Anforderungen zum Abitur im Durchschnitt seltener erfüllen als die einheimischen Kinder, wird das mit dem direkten Beitrag zur Integration so wie Sie sich das vorstellen schwierig. Bei den ukrainischen Kindern sind wir aber kräftig dabei, jedoch gelten diese Kinder nicht als Gymnasiasten, kriegen keine Noten usw.

Uwe
1 Jahr zuvor

Wer sich mal aus erster Hand informieren will, gut investierte 60 Minuten:

https://wrint.de/2022/11/05/wr1423-behinderte-menschen-und-werkstaetten/

Natürlich gehören die Förderschulen abgeschafft, einen schlimmeren Anachronismus kann man sich kaum vorstellen.

Außerdem verstoßen die gegen die Behindertenrechtskonvention und damit schlicht gegen die Menschenrechte was einige der Kommentatoren hier nicht zu verstehen scheinen.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Wenn 70 % an der Förderschule keinen (Hauptschul-) Abschluß erreichen und man meint, dies läge an der Behinderung GE, wäre einmal zu bedenken, dass nur 2 % der Gesellschaft eine geistige Behinderung haben! Mit einer geistigen Behinderung kann man idR keinen Hauptschulabschluß schaffen. Ein Großteil der 70 % müssten demnach aber nicht GE, sondern LB, ESE, KB sein!

Förderlehrerinnen, die mir ihre Förderschule per „Werbung“ schmackhaft machen wollten, haben trotzdem auch zugegeben, dass die behinderten Kinder an Regelschulen mehr lernen und es diesbezüglich schon viele Beispiele gab. Auch bei meinem Kind, obwohl GE, ist das der Fall. Da wir zeitweise auch die Förderschule ausprobiert hatten, kann ich bestätigen, dass sie dort mit dem Lesen nicht so voran gekommen wäre und der Anspruch dort auch nicht herrscht.

Lesen können aber, ist wiederum essentiell für die Selbständigkeit und die Möglichkeit einen 300-Seitigen Roman lesen und verstehen zu können auch eine Steigerung der Lebensqualität.
Die Fähigkeit zum Lesen und leichtem Rechnen bewirkt im Nahverkehr und E-Center mehr Selbständigkeit als praktische Übungen, die man eh von zu Hause aus übt (welches Kind begleitet seine Eltern denn nie in den Supermarkt?).

Andere Dinge, wie mit dem Fahrrad im Stadtverkehr unterwegs zu sein, haben dagegen ihre Grenzen – egal welche Schulform, denn geistig behinderte Menschen handeln, sobald etwas unerwartet läuft, wie Kleinkinder im Affekt und sind dann somit gefährdet.

In der Förderschule traf ich auf viele überforderte Eltern mit schwierigen Kindern (oder überforderte Kinder mit schwierigen Eltern?). Diese Eltern fanden die Förderschule ganz toll, weil NICHTS mehr von ihnen erwartet wurde! Das Kind konnte wieder „Kindergarten“ haben und musste sich nicht mehr anstrengen, denn wie auch ein Förderlehrer sagte, der Wert wird hier nicht auf Leistung gelegt. Die Kinder dieser Eltern würde ich als Laie als normale, etwas anstrengende Kinder betrachten. Sie sind optisch, sprachlich genauso wie andere Kinder. Sie können besser mit dem Handy, Computer umgehen als ich. Da sie jetzt nicht mehr gefordert sind, zeigen sie entsprechend schwache Leistungen, bei denen sich keiner was denkt, denn es ist ja schließlich ein Förderschulkind. Das dies unterfordern hochwarscheinlich in Arbeitslosigkeit mündet, überblicken deren Eltern nicht oder verdrängen es, weil sie einfach nur froh sind, ihr Kind nicht mehr zum Hausaufgaben machen oder für Test lernen oder Mappe gestalten überreden müssen. Und die Lehrer an der Regelschule sind froh, diese Kinder (und Eltern) los zu sein. Und die Lehrer an der Förderschule sind froh, dass diese Kinder den Laden noch am Laufen halten. Und die Ärzte und Therapeuten sind auch froh, wenn ihr Laden läuft und der Geldbeutel voll ist. Viele Gründe also, leichtfertig Behinderungen zu attestieren, weil win-win-win-win-win… außer für die Zukunft des Kindes….

In der Regelschule dagegen stellt man gelegentlich fest, dass ein als geistig behindert eingestuftes Kind auf einmal in Klasse 8 nur noch als lernbehindertes Kind eingestuft werden kann, da es solch gute Fortschritte macht und am Ende sogar den Hauptschulabschluß schafft.

Damit wäre auch klar, dass man keine Studie über geistig behinderte Kinder mit Hauptschulabschluß machen kann, denn bei entsprechenden Fähigkeiten wird dem Kind die GE idR abgesprochen.

Der Kontakt zu der Regelschule offenbart auch trotz GE einzelne Fähigkeiten (oder Inselbegabungen) , zB ein gutes Allgemeinwissen und Verständnis in Physik (!) Klasse 6,also „warum sehen wir den Mond nicht immer voll, warum ist es jetzt in Australien dunkel“ ect, welches an der FS nie aufgefallen wäre, da es Physik als Fach garnicht gibt.

Anderes Beispiel :Englisch! Ist kein Thema an der FS und für GE – Kinder auch eher zu viel des Guten an der Regelschule. Trotzdem, der Kontakt zum Englischen und das vertraut werden eröffnet am Ende einem gesangsfreudigen Kind die Möglichkeit, englische Lieder zu singen (die als Teenie auch viel begehrter sind, als „muss i denn..“).

Damit wären wir wieder beim praktischen Leben ( Physik, Technik, Handwerk) und Lebensqualität ( Romane lesen, Popsongs singen). Wieso sollte man auch meinen, dass das, was man in der Schule lernt, nicht im alltäglichen Leben gebraucht würde, sondern nur zum Broterwerb? 😉

Bezüglich des bisher möglichen selbständigen Leben von Behinderten, kann ich noch folgendes sagen :

Da ich seit 25 Jahren regelmäßig Bus fahre, weil ich nie einen Führerschein gemacht habe, erlebe ich immer wieder hautnah, wie mit Behinderten (die dort häufig anzutreffen sind, weil sie natürlich auch nie einen Führerschein gemacht haben) umgegangen wird.

Wenn die Leute WISSEN, dass sie es mit einer beeinträchtigten Person zu tun haben (speziell optisch, durch KB, wie Blindenstock oder Rollstuhl), verhalten sie sich verständnisvoll, hilfsbereit, geduldig und sozial. Da die Leute, aufgrund der gesellschaftlichen Ausgrenzung, beginnend mit den Förderschulen, aber keine geistig Beeinträchtigten kennen und erkennen , werden diese Behinderte im Bus oft grausam behandelt.

Mit ein Problem ist, dass man vielen ihre Behinderung nicht optisch ansieht, geschweige denn weiß, welche Anzeichen darauf hin deuten und dass speziell geistig Behinderte sich diesbezüglich nicht wehren können und Gemeinheiten nur mit freundlichem Lächeln kommentieren (so, wie das Downsyndrom-Kind in dem Film „Schlafes Bruder“!)

-Sie werden vom Busfahrer beschimpft, wenn Sie etwas nicht verstehen.

-Sie werden als asoziale Lernverweigerer aus schlechtem Elternhaus betrachtet, weil sie mit dem Wechselgeld nicht klar kommen („Du kriegst mal ein gaaanz großes Problem, Mädchen! Ein ganz Großes!“)

-Sie werden demütigend vorgeführt.

– Sie werden von gut situierten berufstätigen Frauen mittleren Alters ausgelacht, weil sie so „dumm“ reden.

– Sie werden von jungen, hippen Studenten mit schicken Sonnenbrillen und Rastalock ausgelacht, weil sie fast die Haltestelle verpast hätten und dann mit schlacksigem Gang und lautem „das ist nicht witzig“ zur Tür hasten.

– Sie müssen aufgrund von abweichendem Aussehen (zB sehr dichten Augenbrauen, zu flacher Stirn, verkniffener Blick) Geläster von Schülern (ja, die waren vom Gymnasium) ertragen (“ wie die aussieht, ahhh, gruselig!“).

Auch meine Tochter wurde letztens von Passanten (betuchte, ökologisch gesundheitsbewusste, akademische Spaziergängerinnen Mitte 50 mit wallender Leinenkleidung- aus den Läden für besser Verdienende) ausgelacht, weil sie draußen mit Kopfhörer Musik hörte, dazu sang (mit Kopfhörer kann man idR nicht so gut singen, man hört sich selber nicht) und sich dazu eher (typisch für GE) unförmig, unreflektiert bewegte. Auch meine Tochter hat das Problem, dass man ihr die Behinderung optisch nicht ansieht und sie deshalb oft auf Missverständnis stößt, weshalb ich es als hilfreich empfinde, Leute auch sehr schnell, unverbindlich darauf (GE) aufmerksam zu machen, bevor sie lachen oder lästern oder man /sie Ärger kriegt. So, wie einst von dem Lehrernachbarspaar, wo sie (dort mit dem Nachbarkind spielend) als Vierjährige den Kaninchenstall öffnete, aber hier nicht als Vierjährige verstanden werden durfte, die das aus Frechheit tat, sondern als 1,5 Jährige, die garnicht wusste, was dadurch( Kaninchen büxen aus) passiert! Die Info vom SPZ, IQ 62, bekamen wir erst etwas später und der Nachbar war leider ein cholerischer Typ, so dass sie erstmal angeschrien wurde, bevor mir von den Nachbarn GEGLAUBT wurde, dass meine Tochter beeinträchtigt ist!

Das Informieren der Leute, zB über die Behinderung meiner Tochter, ist kein „sich wichtig machen“ oder „darauf abstempeln“, sondern soll Grausamkeiten verhindern. Denn eigentlich WOLLEN die Leute garnicht grausam gegenüber Behinderten sein! Sie kennen sie nur nicht – dies hat das gegliederte Schulsystem in die Wege geleitet!

Was bringt es nun also, wenn Behinderte abgeschottet in ihrer FS Welt gelernt haben, Bus zu fahren, aber nicht rechnen und lesen können, aufgrund der Behinderung im Zweifelsfall im Affekt handeln und dann nicht klar kommen und aufgrund der Unwissenheit der Gesellschaft dann auch keine Hilfe erwarten können, weil sie oberflächlich für „selber Schuld an ihrer Lage“ gehalten werden?

Ich habe von Grausamkeiten von Erwachsenen und älteren Jugendlichen berichtet, weil ich von Kindern diese Grausamkeiten gegenüber Behinderten nicht erlebe. Am wenigsten von Kindern, die im Kindergarten und in der Grundschule und späteren Oberschule /IGS bereits Kontakt zu behinderten Kindern hatten.

Es hat nur EINEN Sinn, warum ein Mensch, der mit Bildung keine weitgehende Selbständigkeit und eigenständigen Broterwerb oder gar Wohlstand erreichen kann, an Bildung teilhaben soll : Um an der Gesellschaft teilzuhaben! Deshalb ist es absurd, mit diesem mehrgliedrigen Bildungssystem ( auch wird immer vergessen, es ist viergliedrig, nicht dreigliedrig!) die Ausgrenzung institutionell in die Wege zu leiten.

TschinavonMauzen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Ich möchte ihnen weinend und dankend um den Hals fallen. Ich habe dieses Jahr eine W

Rose Mohl
1 Jahr zuvor

Frau Hubig soll mal ein paar Wochen in einer Klasse mit mehreren Inklusion-Kindern unterrichten! Danach kann man nochmals über das Problem diskutieren.

elkenelke
1 Jahr zuvor

Als Eltern eines Kindes mit Trisomie 21 haben wir uns gegen Inklusion und für die Förderschule entschieden. Grund: Personalmangel bei den Lehrern in Berlin, keine Heilerzieher/-Pädagogen an irgendeiner der Schulen, überfüllte Klassen, weit offenstehende Schultore ohne Aufsicht… Ich könnte noch ewig so weitermachen…

Last edited 1 Jahr zuvor by elkenelke
Pippilotta
1 Jahr zuvor

Stand der Dinge in RLP ist, dass auf dem Papier zwar Sonderpädagogen in den Schwerpunktschulen sind, jedoch so viele Schüler zu betreuen haben, dass die Klassenlehrer die meisten Stunden allein in der Klasse stehen. Das heißt im Normalfall (alles Personal gesund und im Haus), dass der Klassenlehrer vielleicht in 3-4 Stunden den Sopäd dabei hat, der dann Zeit hat, sich den Kindern zuzuwenden, die aufgrund ihres Förderbedarfs eigentlich die meiste Zeit eine 1 zu 1-Betreuung bräuchten, um tatsächlich so gefördert zu werden, dass sie ihr Potential entwickeln können. In allen anderen Stunden muss der KL aber auch noch 25 andere unterrichten, im Zaum halten, die dort ebenfalls vorhandenen schwachen Schüler, die es ja auch noch gibt, unterstützen. Wie das laufen soll bei einem ständig steigenden Anteil an verhaltensauffälligen Schülern, fragt sich jeder, der das schon mal versucht hat. Aber das ist nur der Idealzustand auf dem Papier. Die Realität ist, dass sowohl Sopäds als auch pädagogische Fachkräfte, die evtl an der Schule sind, von Oktober bis April überwiegend Vertretung für erkrankte Lehrer machen müssen, die Förderzeit wird ersatzlos gestrichen dafür, dass die Klasse insgesamt betreut ist und offiziell kein Unterricht ausfällt. Genauso natürlich an den „normalen“ Regelschulen, die ebenfalls sämtliche Förderstunden zuerst für Vertretung einsetzen müssen. Wer erklärt bitte mal den Eltern der Kinder mit Förderbedarf, dass diese so nicht gefördert werden können? Zumindest nicht so, wie sie es brauchen und ein Recht darauf haben. Solange Inklusion nur ein Sparprogramm ist (Förderschulen schließen = Sonderpädagogen abbauen, die teurer sind als GS- und HS-Lehrer), fährt Inklusion gegen die Wand. Und im Zweifel lehnt sich die Politik zurück und zeigt mit dem Finger auf die bösen Regelschullehrer, die angeblich zu bequem sind, sich mit den behinderten Kindern zu befassen…