ChatGPT: Welche Risiken liegen in der Künstlichen Intelligenz (und welche Chancen?)

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DARMSTADT. Der Text-Roboter ChatGPT des US-Start-ups OpenAI verblüfft mit seinen geschliffenen Dialogen und hat einen großen Hype um das Thema künstliche Intelligenz ausgelöst. Lassen sich Schüler und Studenten bald Arbeiten von der Sprachsoftware schreiben, die sich nur schwerlich als Plagiate enttarnen lassen? Wissenschaftler sehen noch weitere Probleme – mahnen allerdings auch dazu, die Chancen für die Bildung auszuloten.

Kann KI dabei helfen, Schülerleistungen zu verbessern? Illustration: Shutterstock

Er kann mit einer hohen Sprachpräzision Reden ausarbeiten und Geschichten erzählen – und das auch noch in Sekundenschnelle. Der von der US-Firma OpenAI entwickelte Text-Roboter ChatGPT, eine Sprachsoftware mit künstlicher Intelligenz (KI), ist derzeit in aller Munde. Das mit gewaltigen Datenmengen gefütterte Programm sorgt für viel Aufsehen, aber auch für Skepsis.

Wissenschaftler und KI-Experten in Deutschland warnen vor Datenschutz- und Datensicherheitslücken, Hassparolen, Falschnachrichten. «Im Moment ist dieser Hype. Ich habe das Gefühl, dass man dieses System kaum kritisch reflektiert», sagt die Gründerin des Forschungslabors «Leap in Time Lab» und BWL-Professorin an der Technischen Universität Darmstadt, Ruth Stock-Homburg.

ChatGPT hat einen sehr breiten Anwendungsbereich. In einer Art Chatfeld kann man dem Programm unter anderem Fragen stellen und bekommt Antworten. Auch Arbeitsanweisungen sind möglich – beispielsweise auf Basis grundlegender Informationen einen Brief oder einen Aufsatz zu schreiben. In einem Projekt zusammen mit der TU Darmstadt hat das «Leap in Time Lab» nun über sieben Wochen Tausende von Anfragen ohne persönliche Daten an das System gestellt, um Schwachstellen zu finden. «Man kann diese Systeme manipulieren», sagt Stock-Homburg.

«In der Regel ist es der Fall, dass die Quellen oder auch wissenschaftliche Arbeiten gar nicht existieren»

In einer Präsentation zeigt Sven Schultze, TU-Doktorand und Experte für Sprach-KI, die Schwachstellen des Text-Roboters. Neben antisemitischen und rassistischen Äußerungen sind Quellenangaben schlicht falsch oder laufen ins Leere. Bei einer Frage nach dem Klimawandel führt ein angegebener Link auf eine Internetseite zu Diabeteserkrankungen. «In der Regel ist es der Fall, dass die Quellen oder auch wissenschaftliche Arbeiten gar nicht existieren», sagt Schultze. Die Software basiere auf Daten aus dem Jahr 2021. Bundeskanzler Olaf Scholz ist noch Finanzminister, der Krieg in der Ukraine unbekannt. «Dann kann es auch sein, dass sie einfach lügt oder bei sehr speziellen Themen Informationen erfindet.»

Bei direkten Fragen zum Beispiel mit kriminellen Inhalten gebe es zwar Sicherheitshinweise und -mechanismen. «Man kann aber mit Tricks die KI und die Sicherheitshinweise umgehen», sagt Schultze. Mit einem anderen Vorgehen zeigt die Software einem, wie man eine betrügerische Mail generiert oder wirft auch gleich drei Varianten aus, wie Trickbetrüger beim Enkeltrick vorgehen können. Auch eine Anleitung für einen Wohnungseinbruch liefert GPT. Falls man auf Bewohner treffe, könne man auch Waffen oder physische Gewalt einsetzen.

Ute Schmid, die den Lehrstuhl für Kognitive Systeme an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg innehat, sieht es aber vor allem als eine Herausforderung an, dass man nicht erfahren kann, wie der Text-Roboter zu seinen Angaben gelangt ist. «Ein tieferes Problem bei den GPT3-Modell besteht darin, dass es nicht möglich ist, nachzuvollziehen, welche Quellen wann und wie in die jeweilige Aussagen eingegangen sind.»

Schmid spricht sich aber trotz dieses gravierenden Mangels dafür aus, nicht nur auf Fehler oder auf einen möglichen Missbrauch der neuen Technik zu schauen, wenn beispielsweise Prüflinge ihre Hausarbeiten oder Klausuren von der Software schreiben lassen. «Ich denke eher, wir sollten uns fragen, was für eine Chance haben wir durch solche KI-Systeme?» Forschende träten doch im Allgemeinen dafür an, dass KI unsere Kompetenzen erweitere, vielleicht sogar noch fördere, aber nicht einschränke. «Das heißt, ich muss mich auch im Bildungsbereich fragen – wie vielleicht vor 30 Jahren zum Thema Taschenrechner – wie kann ich denn Bildung mit KI-Systemen wie ChatGPT gestalten?»

Das Kultusministerium von Bayern hat deshalb den Modellversuch „KI@school“ ins Leben gerufen. 15 Schulen aus allen Regierungsbezirken des Freistaats sollen dabei in den nächsten fünf Jahren verschiedene pädagogische Konzepte und Lernsettings entwickeln, in denen auf Komponenten der Künstlichen Intelligenz zurückgegriffen wird (News4teachers berichtete).

Trotzdem bleiben Bedenken zur Datensicherheit und dem Datenschutz. «Was man sagen kann ist, dass ChatGPT vielfältige Daten vom Nutzer aufnimmt, speichert und verarbeitet, um dann zum gegebenen Zeitpunkt dieses Modell entsprechend zu trainieren», sagt der zertifizierte Frankfurter Datenschutzfachmann Christian Holthaus. Es gebe das Problem, dass alle Server in den USA stehen.

Der Software-Riese Microsoft hatte bereits 2019 eine Milliarde Dollar in das Unternehmen investiert und kürzlich angekündigt, weitere Milliarden hineinzupumpen

«Das ist die eigentliche Problematik, wenn man es nicht schafft, die Technologie in Europa zu etablieren oder eine eigene zu haben», sagt Holthaus. Auf absehbare Zeit werde es keine datenschutzkonforme Lösung geben. Auch Stock-Homburg sagt über EU-Datenschutzregelungen: «Dieses System ist hier eher kritisch zu bewerten.»

ChatGPT wurde von einer der führenden KI-Firmen in den USA, OpenAI, entwickelt. Der Software-Riese Microsoft hatte bereits 2019 eine Milliarde Dollar in das Unternehmen investiert und kürzlich angekündigt, weitere Milliarden hineinzupumpen. Der Windows-Konzern will ChatGPT bald für Kunden des eigenen Cloud-Services Azure und des Office-Paketes verfügbar machen.

Derzeit sei ChatGPT eher ein Spielerei für das Private, sagt Stock-Homburg. Aber es sei momentan in keinem Fall etwas für die Wirtschaft und sicherheitsrelevante Bereiche. «Wir haben keine Vorstellung darüber, wie wir mit dem noch unausgereiften System umgehen sollen.»

Oliver Brock, Professor am Robotics and Biology Laboratory und Sprecher des Clusters «Science of Intelligence» von der Technischen Universität Berlin, sieht in ChatGPT keinen «Durchbruch» in der Forschung zur künstlichen Intelligenz. Zum einen sei die Entwicklung in diesem Bereich nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich. Zum anderen bilde das Projekt nur einen kleinen Teilbereich der KI-Forschung ab.

ChatGPT könne allerdings in einem anderen Gebiet als Durchbruch gewertet werden, nämlich der Schnittstelle zwischen Mensch und Internet. «Wie hier diese riesigen Datenmengen aus dem Internet mit einem großen Rechenaufwand intuitiv und in natürlicher Sprache einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, kann man schon als Durchbruch bezeichnen», meint Brock. Von Oliver Pietschmann und Christoph Dernbach, dpa

Schüler lassen sich Hausaufgaben bald von Künstlicher Intelligenz schreiben

 

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17 Kommentare
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Ron
1 Jahr zuvor

ChatGPT hat vielleicht das Potential, Telekommunikationsunternehmen die lästigen Kundenbeschwerden vom Hals zu halten. In der Wissenschaft hat die KI im Augenblick nicht den Hauch einer Chance. Das ist schlicht ein medialer Hype. Selbst der in Karl verbaute KI Chip führt nur zu verwirrenden Ergebnissen 😉

Lanayah
1 Jahr zuvor

Ich frage mich gerade, ob das KMK-Gutachten mit ChatGPT erstellt wurde.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lanayah

Ich habe auch in die Richtung experimentiert. Wenn Lehrpläne und schulinterne Curricula realistisch klingen sollen, muss man die Ergänzungen „benutze langweilige und komplizierte Formulierungen aus der Verwaltungssprache“ und/oder „zitiere an zufälligen Stellen aus dem Landesschulgesetz XYZ mit Nennung von Paragraphen“ hinzufügen.

MB aus NRW
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

Für schulinterne Curricula wäre das echt eine gute Idee…ich wollte da schon einmal einfach „Penis“ in den Einführungstext schreiben, da die eh nie irgendjemand liest, man die aber gefühlt jedes Jahr neu schreiben muss…das könnte echt ChatGPT übernehmen…

Uwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  MB aus NRW

Schreib einen schulinternen Lehrplan zu Dreieicken für eine schwierige und verhaltensauffällige Schülerklientel“

  1. Einführung in Dreiecke:
  • Definition von Dreiecken
  • Arten von Dreiecken (Gleichschenklig, Gleichseitig, Rechtwinklig)
  • Merkmale von Dreiecken (Seiten, Winkel, Höhen)
  1. Berechnungen mit Dreiecken:
  • Flächenberechnungen
  • Umfangsberechnungen
  • Berechnung von Seitenlängen und Winkeln
  1. Anwendungen von Dreiecken in der Praxis:
  • Navigations- und Kartographieanwendungen
  • Architektur und Konstruktionen
  • Naturwissenschaftliche Anwendungen
  1. Praktische Übungen:
  • Zeichnen von Dreiecken mit verschiedenen Merkmalen
  • Berechnungen und Überprüfung der Lösungen
  • Projektarbeiten mit Anwendungen von Dreiecken
  1. Verhaltensmanagement:
  • Klare Erwartungen und Regeln festlegen
  • Positives Verstärkungssystem einführen
  • Konsequenzen für negative Verhaltensweisen festlegen
  • Einbeziehung des Schülers in den Lernprozess fördern

Dieser Lehrplan zielt darauf ab, den Schülern ein Verständnis für Dreiecke zu vermitteln und sie auf praktische Weise anzuwenden, während gleichzeitig ein Fokus auf Verhaltensmanagement gelegt wird, um eine positive Lernumgebung zu schaffen.

Original Chat GTP. Könnte man so in den schulinternen Lehrplan copypasten.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Uwe

Danke!

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Uwe

Ja – aber probieren Sie Mal meine Zusätze von oben aus. So wie Sie den Lehrplan da haben schreiben lassen ist er klar, eindeutig und verständlich. Das geht so Mal garnicht, da muss mehr Pädagogenschwurbel rein!

ChatBot-Di ;o)
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

… und noch viele Kompetänzchen wie S2, E7, K9, B10, v.a. aber richtig volle E 7 („nehmen qualitative und quantitative Daten auch mithilfe digitaler Werkzeuge auf und werten sie aus“ – joo Vater, aber sowas von digital!)

MB aus NRW
1 Jahr zuvor
Antwortet  ChatBot-Di ;o)

Ja, die Zuordnung zu den Kompetenzfeldern fehlt…das wird man aber mit ChatGTP sicher auch erledigen können.

„auch mit Hilfe digitaler Werkzeuge“ kann man überall hinschreiben. Foto eines Dreiecks (oder dreieckigen Segels, einer Nussecke etc.) mit dem Ipad, per Wisch auf den Beamer, da am besten noch ein digitales Lineal anlegen – boom, Digitalkompetenzen at it’s best, genial und sinnvoll ohne Ende…(wenn mal gerade die Technik funktioniert)

Ich sehe es, hier entsteht etwas Großes…

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  ChatBot-Di ;o)

So läuft es!
Ich persönlich bin von ChatGTP echt hin und weg. Prima Sache, das!

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

«Man kann aber mit Tricks die KI und die Sicherheitshinweise umgehen»
Und ihr denkt wirklich, die KI wüsste das noch nicht? ;o)

Stell mich dumm, komm schneller rum.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
447
1 Jahr zuvor

Ich nehme ganz akut (und lustigerweise jetzt gerade, während ich hier kommentiere) das exakt gleiche wahr wie vorher auch:

Digitale Werkzeuge verstärken das, was vorher schon da ist.

Für mich ist ChatGTP wertvoller als Gold, er spart mir extrem viel Zeit und Aufwand – weil ich ja schon gebildet bin, kann ich das Werkzeug nutzen, um alle Fleißarbeiten im Textbereich Wochen im voraus in wenigen Stunden/Minuten zu erledigen.

Auf Schülerseite wird es auch laufen wie immer:
Wer trotz weltweitem Netz in der Hosentasche und Kuschelkurs nix lieferte – wird mit ChatGTP auch nichts von Relevanz beitragen.
Starke SuS werden dagegen noch stärker werden.

Werden es ein paar schwache SuS schaffen, sich damit zur „4“ durchzumogeln?
Vielleicht.
Aber im Zeitalter der Noteninflation ist die 4 schlimmer als die 5, weil solche Kandidaten dann noch Lebensjahre an der Uni verschwenden oder anderweitig scheitern, sobald sie den Bereich der staatlichen Vollbetreuung verlassen.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

It’s fun to be in the IQB, hey!
It’s fun to be in the IQB, hey-hey.
They have everything that you need to enjoy
you can hang out with all the … ups, Mikro offen. Risiken überall.

ABC
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Bevor neue Säue durchs Dorf getrieben werden, sollte man besser erst einmal bei den alten die Spreu vom Weizen trennen.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  ABC

Das heißt „Weiz_/*:innen“ und „Säu_/*:innen“, bitte sehr!

Carlson
1 Jahr zuvor

Hahaha der Oli Brock, erst sagen es ist kein Durchbruch und zwei Sätze später ist es einer!
Die KI ist immernoch in ihren Kinderschuhen, ab ca. 2034 wird es dann so richtig interessant mit der KI….

potschemutschka
1 Jahr zuvor

Künstliche Intelligenz ist aber immer noch besser als gar keine Intelligenz.