Debatte: Hausaufgaben abschaffen? Kretschmann: Hätte nichts dagegen – wenn…

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STUTTGART. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält nichts von schulischen Hausausgaben. „Ich habe fast nie Hausaufgaben gegeben, weil ich vom Sinn der Hausaufgaben, von ihrem Erfolg, nicht sehr überzeugt war“, sagte der Grünen-Politiker über seine Zeit als Lehrer. Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler hatte die Debatte mit ihrer Forderung, Hausaufgaben abzuschaffen, angestoßen. Was meint die Wissenschaft? Die Effekte von Hausaufgaben sind tatsächlich überschaubar.

Hausaufgaben sind für viele Schüler eine Qual – eine unnötige? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Er könne der Idee der Abschaffung von Hausaufgaben etwas abgewinnen, sagte Kretschmann – indem man verbindliche Ganztagsschulen einführe. Aber er wäre vorsichtig, Hausaufgaben ersatzlos ohne eine solche Alternative abzuschaffen. Seine persönliche Erfahrung als Lehrer sei diesbezüglich allerdings nicht verallgemeinerbar: Er habe nur Nebenfächer unterrichtet (nämlich Biologie, Chemie und Ethik), sagte Kretschmann. Wenn man mit seinen Schülerinnen und Schülern einen Sokrates-Dialog bespreche und den Kindern auftrage, daheim zu lesen, und dann zehn Prozent ihre Hausaufgaben nicht machten, müsse man das trotzdem im Unterricht lesen, sagte er. Das sei jedenfalls seine persönliche Meinung dazu.

„Gute Schüler werden durch Hausaufgaben nicht unbedingt noch besser…“

Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler hatte sich für die Abschaffung von schulischen Hausaufgaben ausgesprochen. „Der alltägliche Hausaufgaben-Stress vergiftet das Familienleben, bedeutet Streit, Überforderung, Tränen und schürt Aggressionen“, hatte Wissler in einem Gastbeitrag für den «Tagesspiegel» geschrieben (News4teachers berichtete). Sie bezeichnete Hausaufgaben zugleich als „Outsourcing schulischer Aufgaben in die Familien“. Das vertiefe die Spaltung im Bildungssystem noch, wie das Homeschooling während der Corona-Krise deutlich gezeigt habe.

Was meint die Wissenschaft? Eine nach wie vor richtungsweisende Studie dazu, ob Hausaufgaben effektiv sind, stammt aus dem Jahr 1964. Damals beobachtete der Erziehungswissenschaftler Bernhard Wittmann Schülerinnen und Schüler aus dritten und sechsten Klassen in Duisburg, die in Deutsch und Mathemantik keine Hausaufgaben machen mussten – vier Monate lang. Anschließend schrieben die Kinder Tests.

Das Ergebnis: Im Rechnen zeigten nach Ablauf der vier Monate alle Klassen ohne Hausaufgaben sogar bessere Leistungen als die Klassen mit. In Orthografie verbesserten sich lediglich die Siebtklässler durch die Hausaufgaben, allerdings auch dort nicht alle. Wittmann zog damals die Schlussfolgerung, dass Hausaufgaben keinen Zuwachs an Kenntnissen und Fähigkeiten bei den Schülern bewirkten. „Es kann keine Wirksamkeit der Hausaufgaben behauptet werden.“

„… und schlechte Schüler begreifen durch bloßes Wiederholen noch lange nicht, was sie schon am Vormittag nicht richtig verstanden haben“

Fast ein halbes Jahrhundert später, 2008, bestätigten Wissenschaftler der TU Dresden den Befund. Rund 70 Prozent aller sächsischen Ganztagsschüler nehmen mehrmals in der Woche an Hausaufgabenbetreuungen teil. Rund 1300 Schüler und 500 Lehrer wurden zu den Auswirkungen befragt. Die Umfrage ergab, dass etwa ein Drittel der Lehrer zugab, nicht einschätzen zu können, ob Hausaufgaben den Schülern überhaupt irgendwas bringen. Bei etwa drei Viertel aller Schüler konnten die Lehrer keinerlei Effekte ausmachen.

„Gute Schüler werden durch Hausaufgaben nicht unbedingt noch besser“, so schlussfolgerten die Forscherinnen und Forscher, „und schlechte Schüler begreifen durch bloßes Wiederholen noch lange nicht, was sie schon am Vormittag nicht richtig verstanden haben.“ Der Effekt auf die Zeugnisnote werde durch die Schularbeiten nicht beeinflusst – egal ob ein Kind die Mathe-Aufgaben direkt nach der Schule, nachts unter der Bettdecke oder überhaupt nicht mache.

Zu einem nicht ganz so vernichtenden, gleichwohl ebenfalls ernüchternden Ergebnis kam der neuseeländische Bildungsforscher Prof. John Hattie in seiner berühmten Metastudie, in der er die Effektstärken unterschiedlicher pädagogischer Maßnahmen miteinander vergleicht. Hausaufgaben rangieren bei den statistisch ermittelten Erfolgsfaktoren mit einem Wert von 0,29 relativ weit hinten.

Dabei ist zu differenzieren: In der Grundschule bringen Hausaufgaben praktisch nichts. Bei älteren Schülerinnen und Schüler sind durchaus Zuwächse bei den Lernleistungen auszumachen. Die Effekte von Hausgaben fallen bei leistungsstärkeren Schülern und Schülerinnen größer aus als bei leistungsschwächeren. Wirksam sind kurze, regelmäßige Hausaufgaben, die dem Üben und Wiederholen dienen und die von der Lehrperson genau kontrolliert werden. Aber auch hier gilt: Weniger ist mehr. „Die positiven Effekte von Hausaufgaben korrelieren negativ zur Dauer der Hausaufgaben“, schlussfolgert Hattie. News4teachers / mit Material der dpa

Schüler lassen sich Hausaufgaben bald von Künstlicher Intelligenz schreiben

 

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Lera
1 Jahr zuvor

Lächerliche Kleinstaaterei und 16-faches, konstantes Komplettversagen abschaffen? – Lera hätte nichts dagegen. Kein Aber.

Gabriele
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

Liebe Lera,

unsachliches Pauschalieren verbietet sich schlichtweg, wenn man ernstgenommen werden möchte.
Ebenso totales Miesmachen à la „16-faches, konstantes Komplettversagen“!
Differenziertes Denken und belegbares, überzeugendes Argumentieren geht anders!

Ihre Aussagen sind völliger Quatsch!
Ihre Behauptungen sind unsäglich dümmlich, sie lassen sich durch nichts beweisen!

„Lächerliche Kleinstaaterei“? Ihre Begrifflichkeit in diesem Kontext ist kompletter Unsinn!
Das Bundesstaatsprinzip (= Föderalismus) hat viele positive Seiten und Vorzüge, ermöglicht mehr Bürgernähe, verhindert Machtkonzentration und Machtmissbrauch, stärkt so unsere Demokratie erheblich!

Ihre obigen, sehr kruden Verunglimpfungen fallen doch auf S i e s e l b s t zurück.

Der Begriff „Kleinstaaterei“ gehört übrigens in die Geschichte.
Machen Sie sich erst mal schlau, eh Sie polemisch mit Fachtermini operieren, von denen Sie nix verstehen!

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gabriele

Sehr geehrte Frau Gabriele,

vielen Dank für Ihre durchgängig belegte und pauschalisierungsfreie Belehrung.

Besonders unterhaltsam war jedoch diese Passage:

„Differenziertes Denken und belegbares, überzeugendes Argumentieren geht anders!
Ihre Aussagen sind völliger Quatsch!“

Zum Brüllen komisch.

Herzlichen Glückwunsch übrigens, dass Sie – offenbar in Ihrem fachlichen Kontext – den Begriff „Kleinstaaterei“ so tief durchdrungen haben, dass eine Verwendung außerhalb dieses Kontextes sich für Sie verbietet.

Ich habe Ihre diesbezügliche, rhetorisch brilliante Protestnote natürlich sofort an die wichtigsten Gazetten (darf man das in diesem Kontext so benutzen?) weitergeleitet:

https://www.sueddeutsche.de/bildung/bildungssystem-in-deutschland-das-elend-der-kleinstaaterei-1.1804494

https://taz.de/Kommentar-Rueckkehr-zur-Kleinstaaterei/!5267700/

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/foederalismus-bundestag-billigt-staatsreform-1328474.html

Sollten diese Schundblätter nicht Ihrem Niveau entsprechen – wovon ich ausgehe – habe ich noch zwei Literaturempehlungen für Sie (es gäbe noch viel mehr, aber ich will Ihre wertvolle Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen):

Allmendinger, Jutta/Kathrin Dressel/Christian Ebner (2006): Zwischenruf: Wider die Kleinstaaterei in Bildung, Ausbildung und Wissenschaft. IAB Forum, 1, S 53-57.

Schultz, Tanjev/Hurrelmann, Klaus (Hrsg.): Bildung und Kleinstaaterei. Weinheim 2012.

Ich hoffe, dass sich diese – und die geschätzt 56757657657 weiteren – Autoren, die sich des unsachgemäßen Gebrauchs Ihres Fachbegriffs in unverantwortlicher Weise schuldig gemacht haben, künftig nicht mehr zu solch „unsagbar dümmlichen“ Aussagen hinreißen lassen.

Schließlich freue ich mich auf zahlreiche Beispiele für die segensreiche Wirkung des Bildungsföderalismus, die sie hier – leider in etwas abstrakt gehaltener SoWi-Lehrbuch-Manier – insinuieren:

„Das Bundesstaatsprinzip (= Föderalismus) hat viele positive Seiten und Vorzüge“

In freudiger Erwartung verbleibt und verneigt sich hochachtungsvoll

Ihr (dümmlicher) Lera

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

Den mit dem Lera hatte sie auch nicht verstanden :-).

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gabriele

Also machen die 16 KMs einen super Job? Bringen Sie mal einige Beispiele bitte. Gegenbeispiele kommen dann mit Sicherheit zu genüge.

Die Coronapolitik war jetzt nicht so sonderlich prickelnd. Dazu die Sparmaßnahmen. Die Vorschläge zum Entgegenwirken von Lehrkräftemangel. Das häufige Narrativ, es gäbe kein Lehrermangel. Ständige Reformwechsel ohne Ressourcen.

Ja und nein. Es hat Vorteile – es hat aber auch Nachteile. Beispiele gefällig? Gerne:
– Ferienvergabe: Bayern hat das beste Recht … Naja, stimmt man halt einfach keine Änderung der Ferienzeiten zu und man behält das Privileg. Super Sache. Für Bayern. Da ich in Bayern wohne und arbeite: Danke.
– Zuständigkeit der Kommunen: Reiche Kommunen stechen heraus. Arme Kommunen sind oft Brennpunkte … Komisch, wie kann das sein? Weiß man wohl nicht.
– Abschlüsse: Vergleichbarkeit schwierig, daher Umzug um Noten zu pushen. Das gab es sogar zu meiner Schulzeit schon (in meiner Klasse sogar -> Wegzug).
– 1 sinnvolles Programm für Digitalen Unterricht (bspw. in der Pandemie)? Klappte nicht … Jeder werkte rum und viele gingen unter. Kostete aber wohl gut Geld. Sinnvoll war das meiner Meinung nach nicht.
– Lehrpläne nach Länder unterschiedlich: Warum denn? Was hat das für einen wirklichen Nutzen und Sinn? Bitte mal erklären.

Quatsch, da fällt gar nichts zurück. Sie haben ebenfalls nur die Punkte angeprangert. Aber verzichteten ebenso auf Beispiele und Begründungen, warum es anders wäre. Gerne ergänzen.

Kleinstaaterei ist natürlich falsch (aber vllt. extra polemisch und übertrieben eben dargestellt?).

Ron
1 Jahr zuvor

Der Wunsch nach Abschaffung von Hausaufgaben wird oft mit der Chancengleichheit begründet. Wenn alle häuslich nix lernen, fällt auch niemand zurück. Das ist eine fast groteske Argumentation. Denn folgerichtig wäre die beste Schule die, welche nicht nur auf Hausaufgaben verzichtet, sondern auch auf vernünftigen Unterricht. Wenn nix mehr läuft, kann eben auch niemand zurückfallen. Ist wie eine inklusive Wanderung, bei der keiner zu wandern beginnt. Kommen dann alle prima mit, wenn man auf der Stelle tritt.

Lehrerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Habe ich schon öfter gesagt: Nach links-grüner Moral ist Gerechtigkeit erst dann vollkommen, wenn alle gleich dumm und unwissend sind. Es soll ja keiner mehr können als andere, schon gar nicht intelligenter sein, oder vom Elternhaus gefördert – geht gar nicht! Daher die Gleichmacherei auf tiefstem Niveau von Linken und Grünen, und so bekommt man das Wahlvolk ohne Durchblick und Verstand, das diese Mischpoke von Luftpumpen dann wieder wählt. Dumm nur, dass die Sache mit dem Bürgergeld spätestens dann nicht mehr funktioniert, wenn die Leistungsträger ausgestorben sind, die noch mit hochwertiger Arbeit und gutem Verdienst Steuern zahlen… Aber um so weit zu denken reicht der Verstand der grünen und roten Politiker-„Elite“ ohne abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung nicht aus, denn bisher bekommen diese „Spitzenpolitiker“ noch ihre reichhaltigen Diäten!

Nina
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lehrerin

Naja, die Studien sagen ja deutlich, dass die Hausaufgaben keinen positiven Effekt haben. Dies kann ich nur unterschreiben.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nina

Hausaufgaben, die nicht gemacht werden und nichtgemachte Hausaufgaben, die nicht sanktioniert werden können, haben tatsächlich keinen Effekt. Das habe ich in 40 Jahren Lehrerdasein auch ohne Studien feststellen können. Obwohl, stimmt nicht ganz. In meinen ersten Dienstjahren gab es noch das „böse Nachsitzen“ – das hatte schon einen Effekt! Da hat man als Lehrer ein- zweimal etwas „Freizeit“ geopfert und danach klappte es meist mit dem Üben zu Hause.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nina

Nun, ich nicht.

Die Kids, die Hausaufgaben machen, haben
nicht nur lernmäßig die Nase ganz weit vorne.

Der positive Effekt ist eine Spagat-Differenzierung. Später MSA-Abschlüsse statt abgebrochen oder ohne Abschluss.

Ein weiterer positiver (Neben)effekt:

Diese Kinder haben das Alleine-lernen gelernt – Selbstständigkeit, Organisation, Stolz auf das eigene Können, Durchhalten, Selbstwirksamkeit, ihre persönlichen Lerntechniken, Selbstbewusstsein, sich selbst vertrauen, Resilienz, Umgang mit Erfolg und Niederlage, kritischer Blick auf die eigene Arbeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Lernhindernisse erkennen, ….. Alles so hanz nebenbei.

Aus der Wirtschaft wird vernommen, dass wichtige Kompetenzen fehlen… Die HA-Macher:innen haben die in der Regel. Nicht ohne Grund werden die ESA-Ausbildungsplätze oftmals mit MSA-lern besetzt.

Verkehrt? Nicht in meiner Welt.

Wiederholung hat einen Effekt – Punkt.

Es ist nicht zielführend, wenn alle möglichst nichts lernen und wir uns am unteren Rand orientieren.

Schlagt das mal unserem Förderverein des Porschekonzerns vor 😉

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Dem „genau kontrollieren“ pflichte ich bei. Einmal versäumt, fehlen die Hausaufgaben am Folgetag.
Gebe bezüglich des Lernzuwachses wenig auf HA, bin am SBBZ Lernen. Aber ich gebe regelmäßig sehr überschaubare Aufgaben mit. Ich bin kein Hattie, aber ich habe große Sorge, dass sonst die Eigenverantwortung – und sei sie nur kurz – auf der Strecke bleibt…

Dann sehe ich das nachher bei der Praktikumssuche bzw. -Berichten, wo ich nicht direkt kontrollieren kann…

GriasDi
1 Jahr zuvor

Zitat:
„… kam der neuseeländische Bildungsforscher Prof. John Hattie in seiner berühmten Metastudie, in der er die Effektstärken unterschiedlicher pädagogischer Maßnahmen miteinander vergleicht. Hausaufgaben rangieren bei den statistisch ermittelten Erfolgsfaktoren mit einem Wert von 0,29 relativ weit hinten.“

Dazu muss man aber sagen, dass Hausaufgaben je nach Klassenstufe unterschiedliche Effektstärken haben. Bei der obigen Effektstärke handelt es sich um die über alle Jahrgangsstufen gemittelte Effektstärke. Je höher die Jahrgangsstufe, desto größer die Effektstärke.

Zum Vergleich einige Effektstärken aus der Hattie-Studie:
Forschendes Lernen: 0,31
Problembasiertes Lernen: 0,15
Teamteaching: 0,19
Webbasiertes Lernen: 0,18

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Gibt es in der Hattie-Studie such etwas Ermutigendes für den Unterricht?

Forschendes Lernen rangiert mit O,O2 knapp vor „relativ weit hinten“.

Oder verstehe ich das falsch?

Ist es dann sinnvoll, erst ab Klasse 8 Hausaufgaben zu geben?

Ron
1 Jahr zuvor

Hausaufgaben schaffen Binnendifferenzierung. Gerade Schüler, die Ruhe zum Arbeiten brauchen, profitieren davon. In der Regel werden Hausaufgaben dabei so gestellt, dass sie Unterricht ergänzen, wiederholen oder vorentlasten. Man liest etwas, lernt Vokabeln, soll etwas nachschlagen, erneut rechnen oder zusammenfassen. Dadurch tragen Hausaufgaben zur Festigung des Lernstoffes bei. In einer gebundenen Ganztagsschule fallen Hausaufgaben weitestgehend weg. Wann soll aber z.B. die Inhaltsangabe oder Erörterung geübt werden? Die Anzahl der Fachstunden ist ja die gleiche. Das geht schlicht nicht und kann auch nicht durch extra ausgewiesene Übungsstunden kompensiert werden, da es hier vielfach schlicht zu unruhig für eine konzentrierte Arbeit ist.

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Vollkommen richtig und gutes Beispiel mit dem Vokabellernen. Wie soll das ohne Selbststudium gehen?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Es geht ja irgendwie in Schule auch um die eigene Leistung – da muss man schon mal Gelegenheit haben, die Inhaltsangabe oder Erörterung alleine und in Ruhe zu verfassen.

Oft geschieht das zum ersten Mal in der Klausur!

„Was? Drei Argumente! 180 Wörter? Was ist eine Einleitung? Wie? Ein Schluss?“ Und dann steht da: „Ende“.

Die Unruhe in den voll belegten Räumen mit Schülern, denen Stifte und Papier fehlen, die sich nicht konzentrieren können wollen, …. Warum das immer und ewig allen antun?

Wir haben Differenzierungsräume – buh! ist ja äußere Differenzierung! Doppel-buh! – nein. Ist Ruhe! Aber such da muss mal nachgeschaut werden.

Ohne Hausaufgaben weiß kein Kind, was es selbst kann. Aber es ahnt schon, wie die nächste Klassenarbeit werden wird – auch mit dem aufgeschnappten Wissen nicht zu wuppen, denn ….

… die Lese- und Schreibgeschwindigkeit spielt auch eine Rolle – von Inhalt und Grammatik und Rechtschreibung will ich gar nicht erst anfangen.

Abschreiben von Texten geht – auch zu Hause. Für alle!

1234
1 Jahr zuvor

Es gibt auch die andere Seite: Eltern, die sich wünschen, dass mehr Hausaufgaben aufgegeben werden. Übrigens gilt das auch für regelmäßige Lernzielkontrollen. Zumindest hier bei uns an Gymnasium. Ich gehe daher mittlerweile den entspannten Weg: Hausaufgaben gibt es regelmäßig, mal bestimmte Fachbegriffe, die sitzen müssen, auswendiglernen, dann wiederum Übungen zu bestimmten Themen wie Redoxgleichungen, ein Protokoll vervollständigen usw. Ab Klasse 9 gehe ich nicht mehr rum, wer sie gemacht, ist gut vorbereitet für die Klassenarbeit, wer nicht, hat halt Pech und muss sich dann nicht über entsprechende Noten wundern. Und wer sie gegoogelt hat, hat sich immerhin damit beschäftigt.

Last edited 1 Jahr zuvor by 1234
Against Fremdbetreuung
1 Jahr zuvor
Antwortet  1234

Eltern wünschen- wenn man Frau Wissler u.a. glauben soll- vor allem keinen Stress in, mit, durch die Schule. Sie soll alles erledigen und die Kinder aufbewahren.

laromir
1 Jahr zuvor

Ich kenne auch Eltern, die sich über zu wenig beschweren. Da kommt Feedback, dass die Kinder jeden Tag nicht mal 30 min für alles brauchen, obwohl sie morgens 4 Fächer hatten. Manche sind schon fertig, weil sie es im Bus oder der Pause gemacht haben. Das kann also so schwer nicht gewesen sein.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Mag noch jemand Honig?

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Ja, die Bienen.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor

Wer sich in eine Klassenarbeit erstmals alleine und in Ruhe mit einem Thema auseinandersetzt, der wird häufig scheitern.

Es gibt Klassen, in denen freiwillig Hausaufgaben angefertigt werden. Da fällt die Arbeit leichter.

Wer keine Hausaufgaben machen will, der lässt es halt. 16+ hat 10 Jahre Schulerfahrung und kann das auch selbst beurteilen. Wer bald wählen gehen darf, kann auch selbst über Hausaufgaben entscheiden.

Konfutse
1 Jahr zuvor

Kann sich bitte Kretschmann endlich mal zurückhalten, was schulische Belange angeht? Nur weil er mal vor Jahrzehnten Lehrer war (nach seiner Vita 3 Schulen in 10 Jahren; dazu sagˋ ich mal lieber nichts….), heißt das nicht, dass er Ahnung hat. Als er sich das letzte Mal intensiv eingemischt hat (ich sag´ nur Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung und „Es wird in BW zwei Schulformen geben: Das Gymnasium und die Schulen für den Rest“) ging es in diesem Bundesland bildungstechnisch mit Karacho bergab…..

Lehrer_X
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

Dafür müssten die Medien aber auch endlich aufhören, die ganzen politischen Luftpumpen zu fragen (egal, ob das jetzt ein Lindner oder ein Kretschmann ist).

Lehrerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Konfutse

In Kretschmanns Vita findet man 5 staatliche Schulen in 10 Jahren, das nennt man bei uns „Wanderpokal“. Und vorher eine Privatschule, weil er anfangs wegen des Radikalenerlasses nicht an einer öffentlichen Schule anfangen konnte. Manchmal denke ich, der hat in seinem Verhältnis zu Schulen und Lehrerkollegen etwas aufzuarbeiten…

Linguista
1 Jahr zuvor

Der gute Kretschmann hat seine Zeit gehabt! Mit als Nebenfachlehrer vor Jahrzehnten gemachten Erfahrungen kann man heute keinen Blumentopf mehr gewinnen.

Mariechen
1 Jahr zuvor

Hausaufgaben abschaffen? Hätte ich auch nix dagegen. Muss ich mir wenigstens am nächsten Tag nicht mehr Elternnotizen durchlesen, wie ,Hey sorry, Tyler konnte die Hausaufgaben nicht machen. Er war beim Papa.‘ Wir schaffen uns gerade selbst ab. Warum nicht auch die Hausaufgaben?

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mariechen

Stimme zu.

Hausaufgaben können weg, vor allem weil ihre Erledigung bzw. Nicht-Erledigung weder sanktioniert werden kann (NRW) noch mit vertretbarem Aufwand kontrollierbar ist.

Einfaches Rechenbeispiel:

In einem Kurs sind 32 SuS. Angenommen ein Extremschnellleser wie ich würde 30 Sekunden pro Hausaufgabe mit der Kontrolle verbringen und jede zehnte Hausaufgabe vorlesen und vergleichen lassen, wofür wir unter megaoptimalen Megaumständen 3 Minuten pro…äh, ja.

Demokratischsolidarische Lernkommune jetzt – Hausaufgabendiktatur stürzen! 🙂

Mariechen
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

Nein, sorry. Mein Kommentar war ironisch gemeint, wie der letzte Satz zeigt. Ich bin definitiv nicht dafür Hausaufgaben abzuschaffen.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mariechen

Ach so. 🙁

Gabriele
1 Jahr zuvor

Es kommt doch auf das Fach an!!

Herr Kretschmann hat, soweit ich mich entsinne, Bio oder/und Chemie unterrichtet. Dies wird, außer in der Kollegstufe des Gymnasiums, als ein- oder zweistündiges Nebenfach unterrichtet

Über das Lernen in einer Fremdsprache kann er sich doch gar kein fundiertes Urteil erlauben.

Außer er war selbst auch noch hochbegabtes Sprachengenie. Seine SchulfreundInnen doch wohl eher nicht auch noch, oder?.

Um z.B. Vokabeln in einer Fremdsprache sicher und effizient dauerhaft ins Langzeitgedächtnis (!) abzuspeichern, sich die korrekte (!) Orthografie, Kollokationen usw. einzuprägen, braucht es die häusliche Nacharbeit! Ohne die geht es einfach nicht!
Auch Übungen zum Einschleifen, Automatisieren von Grammatik, das Abfassen von Übungsaufsätzen in der Mutter- und den Modernen Fremdsprachen … .

Die Unterrichtstunden sind dazu doch viel zu kurz!!!

Außerdem lernen die Kinder/Jugendlichen mit unterschiedlichem Lerntempo, auch je nach Fach und Interesse und sie nutzen unterschiedliche Lernkanäle, je nach Lerntyp.
Anlegen und Einprägen von Mindmaps, thematischen Wortlisten, Wortfeldern etc.helfen bei der häuslichen Nacharbeit.

Fazit:
sinnvolle (!) Hausaufgaben sind ein absolutes Muss! Unabdingbar! Also nie reine „Beschäftigungstherapie“.
Evtl. z.T. entbehrlich, wenn man tatsächlich für jeglichen Lernstoff ein fotografisches Gedächtnis hat, oder ein Genie ist!

Systematisches Anlegen und Einpflegen des neuen Wortschatzes in die Vokabelkartei, deren 5 Fächer danach systematisch, turnusgemäß, durchgearbeitet werden, ist zu empfehlen.
Danach immer wieder Wiederholungen des „alten“ bzw. „sehr alten“ Wortschatzes, um gegen die Vergessenskurve anzukämpfen.

Auch Schreiben lernt man nur durch schreiben! – Diese Binsenweisheit gilt auch schon in der Grundschule!!!

Ebenso, Lesen lernt man nur durch lesen.

Auswendiglernen von Gedichten oder Textpassagen aus dem Englischbuch für „Szenisches Vorspiel“ im Unterricht – ohne Notendruck! und mit Soufleur/Soufleuse, – was den FünftklässlerInnen immer großen Spass macht. So stärkt man auch das Sprachgefühl und macht Wortbausteine variabel abrufbar, … .
All dies geht aber nur durch vorbereitende Hausaufgaben daheim!

Alles andere führt lediglich zu stümperhaften Fertigkeiten und Halbwissen – bei der sehr weit überwiegenden Mehrzahl der SchülerInnen!

All dies mag evtl. recht altmodisch anmuten, ist aber höchst effektiv! Für Präsentationen, für die „Mündliche Schulaufgabe“ in den Fremdsprachen bis hin zum Abitur!

Dies ist eine (!) Qintessenz meiner jahrzehntelangen Erfahrung als „alte Paukerin“, die mit viel Freude, Herzblut und Leidenschaft mit den jungen Leuten gearbeitet hat!

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gabriele

Sie haben in der Sache natürlich vollkommen Recht.

Sie machen aber eine fatale Annahme: Es ginge in der Schule noch um Lernen (nicht „Lernen“) und Wissen.

Tauschen Sie dieses Axiom gegen „Schule soll unter der Illusion alle seien gleich, toll und hochbegabt die SuS erstens verwahren und zweitens zeitgeistig Indoktrinieren.“ – und schon ergibt alles was dort passiert auf einmal Sinn.

Dreamghost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gabriele

„Seine persönliche Erfahrung als Lehrer sei diesbezüglich allerdings nicht verallgemeinerbar: Er habe nur Nebenfächer unterrichtet (nämlich Biologie, Chemie und Ethik), sagte Kretschmann.“
Öhh hat er auch nicht…

F.B.
1 Jahr zuvor

Mit dem Personalschlüssel an Schulen (an dem sich die nächsten 20 Jahre nichts ändern wird) geht es nicht ohne Hausaufgaben und Unterstützung der Eltern.

Kinder lernen flüssiges Lesen nur durch tägliches individuelles Training unter Anleitung/Rückmeldung eines Erwachsenen. Man merkt bei Erstklässlern bereits zum Halbjahr, ob Eltern unterstützen oder nicht. Gilt bestimmt auch fürs Kopfrechnen und das Üben von Malreihen und Vokabeln.
Wenn das ausschließlich in der Schule erfolgen soll, braucht ein einzelner Lehrer fürs zehnminütige Lesen mit jedem der 30 Kinder seiner Klasse pro Tag 6-7 Schulstunden, also den Schulvormittag.

Klar wäre es schön, wenn alle Kinder die gleichen Chancen hätten, unabhängig vom Elternhaus. Die Bedingungen an Schulen lassen das aber nicht zu. Dafür bräuchte es mindestens das Doppelte an Personal.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  F.B.

Das geht schon. Ganz problemlos sogar.
Nach einer YouTube- und Gefühlsduseleistunde ohne Hausaufgaben sind SuS, Eltern und Schulleiter allesamt zufrieden und freuen sich.

Wie es mittelfristig und langfristig (oft von Individuum unbemerkt) als schleichendes Gift erst individuelle Lebenschancen, dann Jobchancen und zuletzt die gesamtgesellschaftliche Leistungsfähigkeit zersetzt – das ist dann eben eine andere „Ausgefrage“.

Lera
1 Jahr zuvor
Antwortet  F.B.

„Dafür bräuchte es mindestens das Doppelte an Personal.“

Meiner sehr bescheidenen Meinung nach würde selbst eine 1:1-Betreuung in der Schule nicht sämtliche Unterschiede in der Primärsozialisation nivellieren können. Und dann sind da ja noch die feinen Unterschiede, das soziale und kulturelle Kapital…

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lera

Jaaaa, aber hat nicht jedes Kind in der Regel zwei Eltern?

Betreuungschlüssel ideal!

baaaal1
1 Jahr zuvor

grundsätzlich muss man bei hausaufgaben unterscheiden:
übungscharakter (vertiefung), inhalte erlesen (zb eine lektüre), anwendungen übertragen.
meines erachtens funktionieren alle drei genannten aspekte keinesfalls während der mittäglichen betreuungsstunden in der schule, so wie sich das herr kretschmann vorstellt.
die unruhe ist da viel zu hoch, lärmpegel, ablenkungen etc.
man sollste unbedingt an HA festhalten, eventuell wäre ein kompromiss, den umfang einzuschränken (zeitlicher aufwand), dafür aber zusätzliche angebote unterbreiten, die freiwillig bearbeitet werden können.
vielleicht eine überlegung wert.

quarius
1 Jahr zuvor

„Hätte nichts dagegen – wenn…“
Mich stört dieses „wenn“ – ich hätte ja nichts dagegen, die Hausaufgaben (sinnvollerweise endlich) abzuschaffen, aber mich stört die sekundäre, versteckte Botschaft: „nur ohne Hausaufgaben, WENN GANZTAGSSCHULLE“.

Das bedeutet im Endeffekt:

  • die Produktivität muss national gesteigert werden
  • die KMK hat sich gereicht besprochen und eine strategische Vorgehensweise in der öffentlichen Kommunikation fixiert
  • übergeordnete Ziele:
  • Eltern MÜSSEN mehr Zeit haben, damit Teilzeit soweit möglich Richtung Vollzeit verschoben werden kann
  • Kinder müssen gezielter und schneller ausgebildet werden, Mittelmäßigkeit wird hierfür gegenüber Exzellenz priorisiert. (Exzellenz wird an Privatschulen mit den bereits indirekt für Führungsaufgaben Ausgewählten gelebt. Durchlässigkeit Bildungssystem hat deshalb keine hohe Priorität)
  • Maßnahmen zur Zielerreichung:
  • Ganztagsschule
  • wir überzeugen die Eltern mit gezielter PR gegen Hausaufgaben und weiteres Schlechtreden, dieser bereits ungeliebten Hausaufgaben.

Deshalb stört mich dieses „aber nur WENN…“.

Gebt den Kindern Freizeit und Freiraum zum Erwachsenwerden, Platz für Familienzeit und Entschleunigung statt noch mehr Selektion, Zeitdruck und verpflichtender Präsenzzeit.

Reformiert das Schulsystem und investiert in die Infrastruktur, statt Ganztagsschule mit stark reduziertem Personal aufzurufen. Die Qualität leidet zwangsweise, Schule wird zur Aufbewahrung für mehr Produktivität der Eltern.

Das ist meine Meinung dazu. Herr Kretschmer konnte mich leider gar nicht überzeugen, mit den Studien aus 1964 😉