Schwerbehinderte Lehrkraft: Landkreis und Freistaat streiten um Kosten für barrierefreie Schultür

12

Der Landkreis Deggendorf und der Freistaat Bayern haben am Dienstag vor dem Verwaltungsgerichtshof darum gestritten, wer die Kosten für eine barrierefreie Schultür übernehmen muss. Der Landkreis fordert vom Freistaat als Arbeitgeber einer schwerbehinderten Lehrkraft, knapp 28.000 Euro für eine automatische Tür zu bezahlen, die der Lehrerin den Zugang zum staatlichen Robert-Koch-Gymnasium in Deggendorf ermöglicht. Der Freistaat hingegen meint, die Kosten seien vom Landkreis als Schulaufwandsträger zu zahlen.

Streit ums Geld kommt in den besten Familien vor. Foto: Shutterstock

Das Gericht fällte in der Verhandlung am Dienstag noch kein Urteil, sondern beschloss, die Entscheidung schriftlich zuzustellen. «Der Senat wird nun in nächsten zwei Wochen den Tenor niederlegen und danach die Urteilsgründe abfassen», erläuterte ein Gerichtssprecher. Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte den Freistaat in erster Instanz zur Zahlung verurteilt und die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es handelt sich im Kern um die Rechtsfrage, ob es sich bei solchen Umbaumaßnahmen für Lehrkräfte mit Behinderung um Personal- oder Sachaufwand handelt.

Konkret geht es dabei nicht um den Haupteingang des Gymnasiums, sondern um eine vor fünf Jahren eingebaute Nebentür, die der Lehrkraft einen unkomplizierten Zugang vom Parkplatz ins Schulgebäude ermöglicht. Sie wurde laut Landkreis extra für die betroffene Lehrerin eingebaut und wird auch nur von ihr – mit einer Fernbedienung gesteuert – genutzt.

Stuft der Verwaltungsgerichtshof den Umbau daher als Personalaufwand ein, müsste der Arbeitgeber – also der Freistaat – die Kosten tragen. Im Normalfall hingegen sind für Baumaßnahmen an Schulgebäuden die Schulaufwandsträger – in diesem Fall also der Landkreis Deggendorf – zuständig.

Simone Fleischmann, Vorsitzende des Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), sieht in dem Verfahren einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung. Dass der Freistaat und die jeweiligen Sachkostenträger wie in diesem Fall der Landkreis sich um Geld streiten, sei nichts Neues. In diesem Fall erwarte sie eine «richtungsweisende Entscheidung» darüber, wie inklusive Schulhäuser aussehen müssen und «wie der Freistaat Bayern mit behinderten Lehrern umgeht». News4teachers / mit Material der dpa

Land beschäftigt zu wenige Schwerbehinderte (vor allem in Schulen) – Millionen-Strafe!

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

12 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Könnte doch das Kollegium am Wochenende in Eigenarbeit machen. Vorher alles privat im Baumarkt shoppen.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Kollegium lässt schwerbehinderte Lehrkraft im Stich… wäre doch eine Schlagzeile bei SPON oder BILD wert…

Cornelia
1 Jahr zuvor

Unklar bleibt, wie „notwendig“ der Türeinbau war. Geht es um „einen unkomplizierten Zugang vom Parkplatz ins Schulgebäude“, obwohl der Haupteingang auch barrierefrei ist und mit geringfügig mehr Aufwand zu erreichen ist? Dann wäre ja ein barrierefreier Eingang im Sinne der Inklusion bereits ermöglicht gewesen.

Ich_bin_neu_hier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cornelia

„Dann wäre ja ein barrierefreier Eingang im Sinne der Inklusion bereits ermöglicht gewesen.“ – Korrekt. Weshalb man auch wohl vermuten darf, dass der Haupteingang eben nicht barrierefrei ist und dass der Türeinbau die kostengünstigste Lösung war bzw. der Haupteingang sich nicht ohne weiteres barrierefrei hätte umbauen lassen. Warum ich das vermute?

  1. Weil irgendjemand beim Landkreis Deggendorf entscheiden musste, dafür 24.000 Euro auszugeben – die man nie hätte hoffen können hinterher vom Freistaat zurückzubekommen, wenn der Türeinbau nicht absolut zwingend erforderlich gewesen wäre.
  2. Weil im Kopf des Artikels steht „für eine automatische Tür zu bezahlen, die der Lehrerin den Zugang zum staatlichen Robert-Koch-Gymnasium in Deggendorf ermöglicht“ – folglich war der Zugang ohne diesen Türeinbau nicht möglich, weshalb der Haupteingang nicht barrierefrei gewesen sein kann.
Cornelia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ich_bin_neu_hier

So sicher bin ich mir da nicht. Gibt es in diesem Gymnasium keinen einzigen Schüler im Rollstuhl?

Cornelia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Cornelia

Offensichtlich ist es ein Neubau. Und kein barrierefreier Zugang für Schüler, Lehrer, Eltern? Am Haupteingang????
Nur eine barrierefreie Hintertür, für 28.000Euro, für eine Lehrerin eingebaut?
Dann ist es höchste Zeit, dass sich daran was ändert!

Bla
1 Jahr zuvor

Gibt es dazu (nur) eine Stellungname von der Frau Fleischmann (BLLV)?
Herr Meidinger war doch bis 2017 (noch zum Beschluss auch???) dort Rektor.
Gibt es von Herrn Meidinger (oder DPhV oder DL) schon ein Statement dazu?
Das würde mich tatsächlich interessieren, da hier offensichtlich „näher“ an der Thematik.

Lehramtsaussteiger
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bla

Es gibt tatsächlich eine Stellungnahme von Fleischmann. Diese fällt aber – wie immer – viel zu harmlos aus

Bla
1 Jahr zuvor

Ja, das steht oben im Artikel zitiert.
Mich interessiert wirklich die Stellungnahme von Herrn Meidinger, falls vorhanden. Da dieser ja Rektor an genau der Schule mal war. Und somit auch dementsprechend „näher“ dran.

Georg
1 Jahr zuvor

Der Umgang mit behinderten Menschen ist unabhängig vom Urteil schlecht: Die jeweils gewonnene Partei kann sich von der unterlegenen Partei Diskriminierung von Behinderten aus Kostengründen vorwerfen lassen.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Warum gibt es diese barrierefreien Zugänge und automatischen Türen eigentlich in jedem billigen Klamottenladen, aber in Schulen, Kitas und Verwaltungen nicht? Weil die „Kundschaft“ kein Geld einbringt, sondern Geld kostet. Im Nachhinein bringt Bildung natürlich Geld ein, aber da müsste man ja weiter denken… Immerhin gibt es in Krankenhäusern so etwas. Würde ja auch doppelt so viel Pflegepersonal benötigt, wenn man immer einen Türaufhalter für jeden Bettentausch bräuchte.

Lehramtsaussteiger
1 Jahr zuvor

Was für eine beispielhafte Schande dieser Rechtsstreit doch ist. Das sich stets als ach so toller Freistaat selbstbeweihräuchernde Bayern zeigt hier sein wahres, schäbiges Erbsenzählergesicht. Unfassbar.