Land beschäftigt zu wenige Schwerbehinderte (vor allem in Schulen) – Millionen-Strafe!

15

STUTTGART. Unternehmen müssen ab einer bestimmten Größe fünf Prozent ihrer Stellen an Menschen mit einer schweren Behinderung vergeben. Das gilt auch für Ministerien der Landesregierungen. Die Entwicklung bei den Zahlen in Baden-Württemberg zeigt aber in die andere Richtung – vor allem in den Schulen. Das hat jetzt Konsequenzen.

Ein eher seltenes Bild: Lehrkraft im Rollstuhl (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Weil das Land Baden-Württemberg auch nach jüngsten Zahlen nicht die Mindestquote für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen von fünf Prozent erfüllt, hat es erneut einen Millionenbetrag zahlen müssen. Die Quote in der Landesverwaltung sank laut Staatsministerium im Jahr 2021 im Schnitt auf 4,12 Prozent – nach 4,24 Prozent im Vorjahr und 4,46 Prozent im Jahr 2019.

Das Land habe als Arbeitgeber seit dem Jahr 2015 die Pflichtbeschäftigungsquote nicht mehr erreicht, heißt es in dem Bericht. 2021 wurde deswegen eine sogenannte Ausgleichsabgabe von fast 3,5 Millionen Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales fällig.

Für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor, wie das Sozialministerium in der Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Landtagsabgeordneten Dorothea Kliche-Behnke schreibt, die der dpa vorliegt. Diese liest sich allerdings so, als gehe das Ministerium davon aus, dass wieder eine Strafe zu zahlen sein wird.

«Andere Bundesländer haben eine deutlich höhere Quote und erfüllen ihre Vorbildfunktion», kritisierte Kliche-Behnke. «Baden-Württemberg liegt dagegen im Vergleich unter den Bundesländern auf einem Platz sehr weit hinten.» Einzelnen Ministerien warf sie Ausreden vor.

Am niedrigsten war die Schwerbehindertenquote mit 3,40 Prozent im Kultusministerium. Dieses führte an, den mit Abstand größten Personalkörper der Landesverwaltung zu haben, was insbesondere auf die allein rund 120.000 Lehrkräfte zurückzuführen sei. «Diese Besonderheit macht es schwer, die Fünf-Prozent-Quote zu erfüllen.» Die Unterschreitung der Quote sei vor allem darauf zurückzuführen, dass sehr viele Schwerbehinderte aus den geburtenstarken Jahrgängen kommen, die nun vermehrt in den Ruhestand gingen.

Am höchsten war der Anteil Schwerbehinderter an allen Beschäftigten mit 7,72 im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. Dieses war nach der Landtagswahl neu gegründet worden und bezog das Personal in erster Linie aus anderen Ministerien. So war das Ressort Wohnen bis dato im Wirtschaftsministerium angesiedelt gewesen.

Nach dem Sozialgesetzbuch müssen private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Mitarbeitern gewährleisten, dass wenigstens fünf Prozent ihrer Beschäftigten Menschen mit schwerer Behinderung sind. Kommen sie dieser Vorgabe nicht nach, müssen die Arbeitgeber Ausgleichsabgaben an die zuständigen Integrationsämter bezahlen. News4teachers / mit Material der dpa

Jede 20. Lehrkraft ist schwerbehindert – mit Nachteilsausgleich

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

15 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Studienrat
1 Jahr zuvor

An unserer Schule gibt’s nichtmals einen Fahrstuhl. So viel dazu.

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Studienrat

Bei uns schon. Funktioniert aber momentan nicht.

alter Pauker
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bla

an unserer Schule gab es noch nie einen Lift und wenn, dann würde der sicher nicht funktionieren, weil der Schulträger nicht mal die Wartungsverträge für Schul-IT Server, PCs und Laptops für länger als ein Jahr abgeschlossen hat. Vermutlich müssten wir dann nicht nur die Laptops (fällig am 30.5.) , sondern auch den Lift wieder an die Lieferfirma zurückgeben…

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Inklusion?

alter Pauker
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

da fallen mir nur Lernbehinderte ein und die brauchen keinen Lift. Ach Mist, es geht ja um Lehrer… Vielleicht könnte man da ein paar… (Lauter Ausruf): Frau Schopper, ich weiß was!

vhh
1 Jahr zuvor

Keine Sorge, bald gibt es in den jüngeren Jahrgängen genügend Schwerbehinderte, das lässt sich über die Arbeitsbedingungen beeinflussen. Bis dahin einfach allen schwerbehinderten LuL den früheren Ruhestand und die Teilzeit verbieten, dann klappt das noch ein paar Jahre mehr schlecht als recht.
Schreibt einfach die Nichterfüllung der Quote auch noch auf die Liste der Frechheiten und Zumutungen der Boomer an die Politik. Tut uns echt leid, eigentlich wollten wir doch nie alt werden, das konnte doch keiner vorhersehen! (Achtung enthält evt Ironie oder Ähnliches)

Anne S.
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Ganz mein Humor!

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Ich habe die KI gebeten mal drüberzuschauen und sie meinte: In sich schlüssig.
Naja, was sagt man dazu … aber alle sagen ja, KI ist die Zukunft, auch in Schulen.

Ulrike
1 Jahr zuvor

Ich bin als Schwerbehinderte an einer Schule in B.W. beschäftigt.
Meine Schulleiterin kannte angeblich die Teilhabegespräche und Inklusionsvereinbarungen nicht. Als ich auf Teilhabegespräch und Nachteilsausgleich bestand, betrieb sie Mobbing. D. h. sie ging gezielt auf Eltern und Kollegen zu und versuchte Negativ-Statements zu erhalten, erzählte den Klassenpflegschaftsvorsitzenden, dass sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden sei etc. Beim Schulamt beschwerte sie sich, dass ich das Klassenzimmer nicht gefegt habe, Elterngespräche zum Beginn der Sommerferien nicht durchgeführt habe. u.ä.
Als ich mich über das Schulamt gegen diese Art von Mobbing wehrte, empfahl man mir einen Schulwechsel. Inklusionsvereinbarungen und andere rechtliche Vorschriften wurden ignoriert, meine Beschwerde diesbezüglich wurde nicht bearbeitet. Sämtliche Belege meinerseits wurden ausgeblendet. Die Schwerbehindertenbeauftragte konnte mir nicht ausreichend helfen.
So blieb mir nur der Gang zum Anwalt und ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Schuldienst ist geplant.

Anne S.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ulrike

Bitte nicht. Kämpfen Sie weiter!

alter Pauker
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ulrike

Ich kenne (auch in BW) eine Schule, wo die Rektorin bereits schon mehrere Kolleginnen krank gemobbt hat und mit den meisten restlichen durch schwachsinnige, rechtliche Drohungen (die jeder Grundlage entbehren dürften) im Clinch liegt. Das Kollegium kämpft und nach letzten Infos scheinen die Tage der Kollegin Schulleiterin gezählt.

Macht weiter, solche rücksichtslose Schulleitungen (oder auch Lehrer*innen im Allgemeinen) haben an Schulen nichts zu suchen. Ihren anderen Kollegen muss klar sein, wenn Sie gehen, geht das Theater und die entwürdigenden Verhaltensweisen fast garantiert beim nächsten „Opfer“ weiter. Im Fall der beschriebenen Schule, hat ein fast kompletter Krankenstand das Schulamt aufgeweckt. Und wenn man Menschen derart fies behandelt, macht man Menschen definitiv krank – was allen Regeln für Vorgesetzte widerspricht, wenn man auf z.b. Fürsorgepflicht sieht
Auch die Schulpsychologische Beratungsstelle könnte sich, sonst zwar für Kinder und Eltern, auch dafür interessieren, weil davon ja Schüler und Eltern mit betroffen werden-und es ist davon auszugehen in zunehmendem Maße! Ich denke, diese Schulleiterin ist krank-und schlägt sinnlos um sich herum, vielleicht um sich selbst zu betätigen.

Ich wünsche Ihnen viel Mut, Kraft und eine gute Zukunft!

alter Pauker
1 Jahr zuvor

Aus: „Die Erinnerungen eines Laufe-Schlechts“:
 
Ich helfe die Behindertenquote in B-W zu halten, darf aber altersbedingt bald nicht mehr arbeiten-siehe Schulgesetz. Da ich selbst betroffen bin, hier die Beschreibung eines Tages, an welchem ich eine Fortbildung besuchen wollte.
 
An einer recht neuen Schule wollte ich vor ein paar Jahren vor Corona (ich habe seither eine Behinderungs-Einstufung mit GdB 90 dauerhaft) zu einer Fortbildung in einem Ort an der Bahnlinie Stuttgart – Ulm liegend. Die betreffende Schule war nicht weit weg vom Bahnhof (es war, wie meist, nur die Anfahrt mit dem Pkw beschrieben worden) und fast eben erreichbar, weshalb ich mutig mit der Bahn gekommen war. Ich war von meinem Wohnort, weil es dort keine Aufzüge am Bahnhof gab, eine Station vor dem Bahnhof gefahren, wo es flache Rampen zu den Gleisen gibt. Einsteigen und Aussteigen über die Rolli-Rampe, mit sehr hilfsbereit-freundlichem Bahnpersonal.
Aus dem Zug raus und vom Bahnsteig aus dann völlig eben direkt auf den Gehweg-ideal.
Erst vor Ort, in der Pausenhalle der Schule, erfuhr ich von einem Pfeil auf einem Whiteboard, dass man die Fortbildung in einen Raum im dritten Stock, anstatt wie in der Bestätigung angegeben, im Konferenzraum im EG, hätte verlegen müssen. Kein Problem dachte ich. Ich fuhr zum Lift, fand dort aber keinen Rufknopf, sondern nur einen Schüsselschalter. Ich nahm an, dass man verhindern wolle, dass Schüler zu viel Lift fahren. Ich fragte Schüler nach dem Hausmeister, der (als er endlich gefunden worden war) mir bedauernd erklärte, dass da zwar der Liftschacht entsprechend der Vorschriften gebaut und dass die Lift-Türen wegen der Sicherheit eingebaut worden waren, nicht aber der Lift selbst. Ich glaube, mein Blick war recht unbeschreiblich, denn er entschuldigte sich für die Leute, die das verbockt hatten.
Ein dazugekommener Herr, der ebenfalls auf den Hausmeister gewartet hatte, ergänzte: Der Einbau des eigentlichen Lifts sei in der Bauvorschrift und den Ausschreibungen nicht enthalten gewesen und, auf meinen ratlosen Blick, die Schule habe „Bestandsschutz“, man müsse also auch später keinen Lift nachrüsten. Dies sei wohl schon von Beginn an der Plan gewesen, um irgendwelche Zuschüsse zu erhalten und Geld zu sparen oder für anderes zu verbrauchen.
Darum gebe es heute nur die Treppe, um nach oben zu kommen, so wieder der Hausmeister- Er sagte auch, dass eine querschnittsgelähmte Schülerin im Rollstuhl täglich vom Behinderten-Taxi in den ersten Stock am Morgen hoch und Mittags wieder herunter getragen werden müsse. In den Pausen bleibe sie aber oben, man habe dort in der Mädchentoilette wenigstens ein Behinderten WC eingerichtet, das mache es etwas einfacher.
Gehbehinderte Lehrer gab es dort wohl keine.
Der Zug zurück fuhr zwar eine Stunde später- weil ich hier aber zum allerersten Mal angekommen war und wieder abfahren wollte, die Örtlichkeit also nicht kannte, musste ich meine Frau anrufen um mich abzuholen, denn an diesem Bahnhof gab es, was ich vorher nicht wusste, zwar einen treppenfreien Zugang (recht steile Fahrradrampe, gehwegbreit, zur Bahnhofs-Unterführung, jedoch war unten keinen Lift zum Gleis 2 nur viele Stufen. Ein freundlicher Mann und seine Frau haben mir dann wieder, es war sehr steil, nach oben geholfen. Gott vergelt’s.
Da war ich wirklich zu dusselig und zu der Zeit noch nicht sehr lang behindert-jetzt passiert mir so etwas nicht mehr. Hoffe ich mal!
 
Am Rande: Auch meine Schule, nicht mehr so ganz jung, hat einen Schacht vom Keller bis aufs Solardach. Ein Lift würde, nehme ich an, hinein passen. Kaum einer weiß davon, denn die Türen sehen wie normale Zimmertüren mit Zimmernummern und sind auf einer Türtafel beschriftet mit „Archiv“ zum Beispiel-wer dort vorbeigeht, kommt nie auf die Idee, was sich dahinter anderes verbergen könnte. Glücklicherweise muss ich nicht nach oben. Ich bin gespannt was jetzt passiert- es sollen evtl. im nächsten Schuljahr mehrere körperbehinderte Schüler deren Schule aufgelöst wurde, zu uns kommen. Dann gelten andere Regeln als für „nur“ behinderte Lehrer. Ich habe schon etwas von einem Treppen-Plateaulift in den 1. Stock „läuten“ hören, wo man sich mit dem Rolli hoch- und herunter fahren lassen kann… Ein Lift wird es aus Kostengründen fast sicher nicht werden.

mercurius
1 Jahr zuvor

Wer hinter die Kulissen blickt, dem wird schnell klar, dass das System ganz bewusst darauf angelegt ist, Kolleginnen und Kollegen, die nicht mehr zu 100 % belastbar sind, so schnell wie möglich auszusortieren.
Ein Beispiel: Eine engagierte Kollegin, Mitte fünfzig, die vorher so gut wie nie gefehlt hatte, fiel plötzlich aus wegen einer Erkrankung der Halswirbelsäule. Irgendwann war klar, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung keine vollständigen Klassen mehr würde unterrichten können. Die Kollegin fühlte sich aber durchaus noch dazu imstande, in Kleingruppen zu unterrichten und bat deshalb bei der Schulleitung und beim Schulamt darum, sie weiterhin in einem für sie möglichen Rahmen einzusetzen.
Ohne Erfolg: Noch bevor sie selbst sich versah, hatte sie einen Termin bei der Amtsärztin und zwei Monate später, bevor ihr Antrag auf Schwerbehinderung vom Amt für Versorgung und Soziales überhaupt entschieden worden war, war sie bereits vorzeitig pensioniert.
Die Kollegin, entsetzt und verbittert darüber, wie wenig bereit ihr Dienstherr gewesen ist, sie und ihre individuelle Situation nach immerhin dreißig Jahren Dienstzeit zu berücksichtigen, will mit dem System nun nichts mehr zu tun haben – und wird ganz sicher nicht mehr auf mögliche Bitten des Kultusministeriums reagieren, in Zeiten der Not Pensionäre zu reaktivieren.
In Zeiten der Lehrerarbeitslosigkeit konnte sich das System derartige Rücksichtslosigkeiten gegenüber erkrankten und schwerbehinderten Kollegen möglicherweise leisten – in Zeiten des Lehrermangels dagegen führt sich das System mit seiner Arroganz mittlerweile ad absurdum, was du für das System Verantwortlichen wohl auch so langsam zu spüren beginnen.

Anne S.
1 Jahr zuvor
Antwortet  mercurius

Und deswegen muss man geschlossen weiterkämpfen, auch wenn man unterschiedliche Auffassungen über Gendern, Didaktik, Erziehung und Unterrichtsinhalte hat.

Diesen Leuten gehört so dermaßen das Handwerk gelegt für Ihre unmenschliche und unwürdige Art, mit Angestellten umzugehen.

dauerlüfterin
1 Jahr zuvor
Antwortet  mercurius

Daraus kann man eigentlich nur lernen, in einer ähnlichen Situation – die hoffentlich nie eintritt- der Schulleitung gegenüber nicht mit offenen Karten zu spielen, sondern sich zunächst unabhängig beraten zu lassen und ggf. vor einem Gespräch mit der SL die Nachweise über die Schwerbehinderung o.ä. zu organisieren.