BURG. Nach dem Weggang von seiner Schule im Spreewald wegen rechter Anfeindungen hat der Lehrer Max Teske die Schulbehörden in Brandenburg kritisiert. «Ich habe eine klare Haltung vermisst. Niemand hat sich vor uns gestellt und ganz offen gesagt, dass sie uns unterstützen und alles Mögliche dafür tun werden, dass Rechtsextremismus keinen Platz an Schulen hat», sagte Teske der «Märkischen Allgemeinen» mit Blick auf das Staatliche Schulamt in Cottbus und das Bildungsministerium. «Stattdessen gab es zahlreiche Lippenbekenntnisse. Aber das reicht nicht aus.»

Teske und seine Kollegin Laura Nickel hatten im April in einem Brandbrief tägliche rechtsextremistische Vorfälle an der Schule Schule in Burg im Spreewald öffentlich gemacht. Sie waren danach zunehmend Anfeindungen ausgesetzt und wurden auch in einem sozialen Netzwerk bedroht. Beide Lehrer kündigten am Mittwoch an, die Schule zu wechseln (News4teachers berichtete).
«Das fühlt sich ganz, ganz schlimm an», sagte Nickel dem RBB auch mit Blick auf Aufkleber, die im Umfeld der Schule auftauchten, beide Lehrkräfte zeigten und sie dazu aufriefen, sich nach Berlin zu «‘pissen». «Es fühlt sich an, als ob man in Gefahr ist beziehungsweise dieses Gefühl der Gefahr wird natürlich dadurch auch in gewisser Weise bestärkt.» Teske sagte: «Man möchte versuchen, uns einzuschüchtern.»
«Wir brauchen Demokratiebildung in den Schulen – und zwar jetzt»
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hatte Kritik zurückgewiesen. Das Schulamt sei nach dem anonymen Brandbrief sofort tätig geworden und er habe den beiden Lehrkräften persönlich bei einem Besuch der Schule seine Unterstützung angeboten. Schon vor zwei Wochen erklärte Teske allerdings in Medien: «Nichts, ganz einfach nichts kommt. Ich finde das höchst fatal.» Auch ein persönliches Gespräch mit dem Bildungsminister stehe noch immer aus – das hat offenbar bis heute nicht stattgefunden.
Die Schulleitung und Teile des Kollegiums relativieren die benannten rechtsextremen Übergriffe. Die Jugendlichen, die auf einem Foto ihre Arme zum Hitlergruß nach oben streckten, seien nichts weiter als wichtigtuerische Draufgänger. Gegenüber der «Zeit» sagte die Leiterin: «Diese Jungs sind Teenager, sie sind in der neunten Klasse und suchen ihren Platz. Sie wollen sich ausprobieren.»
Teske schlägt vor, Lehrkräfte besser für den Umgang mit rechtsextremistischen Vorfällen vorzubereiten. «Wir brauchen verpflichtende Fortbildungen für Lehrer», sagte er der Zeitung. «Sie müssen wissen, wie man zum Beispiel rechte Symbole oder Äußerungen erkennt, wie man damit umgeht und wie man Opfer von Rassismus und Rechtsextremismus schützt. Gleichzeitig brauchen wir Demokratiebildung in den Schulen – und zwar jetzt.»
Ein breites Bündnis aus Brandenburgs Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft bekannte sich unterdessen demonstrativ zur Weltoffenheit – auch mit Blick auf die Ereignisse in Burg. Das «Bündnis für Brandenburg» erneuerte seinen Appell von vor acht Jahren und wandte sich gegen Rechtsextremismus, Hass und Gewalt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rief alle Bürgerinnen und Bürger zu einem neuen Schulterschluss auf: «Jede und jeder muss seinen Beitrag dazu leisten, unsere freiheitliche Gesellschaft gegen demokratiefeindliche Kräfte, gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit zu verteidigen.» Mit dem Aufruf wollen die Akteure im Jahr vor der nächsten Landtagswahl auch ein Signal setzen.
Der Aufruf des «Bündnis für Brandenburg» setzt – auch angesichts des Ukraine-Kriegs – auf eine Willkommenskultur für Migranten und Geflüchtete. «Wir wollen ein vielfältiges, weltoffenes und demokratisches Brandenburg für alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, Nationalität, Religion oder Weltanschauung», heißt es darin. Der wirtschaftliche Aufschwung könne nur mit der Zuwanderung von Arbeitskräften weitergehen. «Wir stellen uns jeder Form von Gewalt, Hass, Ausgrenzung und Extremismus entgegen!» Das Bündnis war 2015 gegründet worden. Der Aufruf wurde erneuert.
«Symbolische Gesten und wärmende Worte reichen nicht aus, um Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in Brandenburg wirksam zu bekämpfen»
Aus der Opposition, aber auch aus der eigenen Koalition kam Kritik an der Neuauflage des Bündnisses. «Unterhaken gegen Rechts ist zu wenig, denn die Menschen haben ganz reale Probleme und ganz reale Kritikpunkte an der Politik, auch an der Landespolitik», sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Es gehe um konkrete Lösungen. Linksfraktionschef Sebastian Walter sagte: «Symbolische Gesten und wärmende Worte reichen nicht aus, um Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in Brandenburg wirksam zu bekämpfen.»
Der Förderkreis «Denkmal für die ermordeten Juden Europas» rief die Bürger nach dem Weggang der beiden Lehrer aus Burg zur Solidarität auf. «Das Wegdrängen der Demokraten vor Ort wird nur eingedämmt werden können, wenn die dort noch lebenden Demokraten ihre Solidarität mit den Lehrern zeigen würden. Und zwar jetzt», teilte der Vorstand mit der Vorsitzenden Lea Rosh mit. «Wegschauen bringt keine bessere Zukunft, insbesondere nicht für unsere Kinder.»
Der Verein hat die beiden Lehrer aus Burg gemeinsam mit dem Spremberger Pfarrer Lukas Pellio für den diesjährigen «Preis für Zivilcourage» nominiert, der am 31. Oktober verliehen werden soll. Die drei Preisträger hatten das Bündnis «Schule für mehr Demokratie» gegründet, das Lehrkräfte ermutigen soll, offen gegen Rechtsextremismus einzutreten.
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) erklärte in einer Pressemitteilung:
„Die Versetzungsanträge der beiden Lehrkräfte in Burg habe ich zur Kenntnis genommen. Personalangelegenheiten an Schulen liegen grundsätzlich im Verantwortungsbereich der staatlichen Schulämter. Einzelfälle werde ich nicht kommentieren, persönliche Entscheidungen sind zu respektieren. Ich habe bei meinem Besuch in der Mina-Witkojc-Schule den Lehrkräften angeboten, dass sie sich bei mir melden können, wenn sie Unterstützung benötigen. Zudem haben der Leiter des Staatlichen Schulamts Cottbus und seine Schulräte die Schule und die Lehrkräfte im Aufarbeitungsprozess der vergangenen Wochen sehr eng begleitet.
Ich bin erschrocken über die neue Qualität von Hass und Gewalt, die die gesellschaftliche Atmosphäre in der Gemeinde Burg belastet. Die Anfeindungen gegen die Lehrkräfte verurteile ich auf das Schärfste. Insbesondere unverblümte Gewaltaufrufe in sozialen Medien dürfen nicht unwidersprochen bleiben. Der Staatsschutz ermittelt bereits und hat den beiden Lehrkräften persönliche Unterstützung zugesagt. Ich erwarte im Übrigen, dass die herabwürdigenden Aufkleber und Plakate vor Ort entfernt werden. Das Staatliche Schulamt Cottbus prüft strafrechtliche Konsequenzen. Ich bestärke noch einmal Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Schülerinnen und Schüler darin, Extremismus nicht hinzunehmen und für unsere demokratischen Werte einzustehen.“ News4teachers / mit Material der dpa
“Diese Jungs sind Teenager, sie sind in der neunten Klasse und suchen ihren Platz. Sie wollen sich ausprobieren.”
9.Klasse: Provokation als Lebensziel. Eine sehr eigenwillige Idee, als Schulleiterin alles zu tolerieren, das führt normalerweise zu immer massiveren Provokationen. Der Lerneffekt ist auch optimal: Aggression gewinnt, immer auf die Schwächeren/Anderen.
Wenn nicht spätestens im Jahrgang 9, wann dann? Grenzen setzen und durchsetzen gehört zum Job, gerade bei pubertierenden Problemfällen. Wer es nicht schafft, nicht einmal versucht, die Schule als geschützten Raum für alle Schülerinnen und Schüler durchzusetzen, sollte mal Anforderungen und Ergebnisse seiner Leitungstätigkeit überprüfen. Diese Schulleiterin war sicher überfordert von der Situation, aber ignorieren statt um Hilfe bitten? Was ist wichtiger, persönliche Eitelkeit und Eingeständnis kollektiven Versagens oder Bildung und Erziehung aller SchülerInnen? An dieser Schule lernen jetzt alle etwas fürs Leben: Demokratie und Toleranz sind etwas für Schwächlinge. Gut gemacht!
Was die Schulleiterin wohl über die jungen Migranten, die in Freibädern Ärger machen, sagt?
Ich wette, etwas genau das Gegenteil.
vhh, jeder vernünftige Pädagoge muss Ihren Ausführungen zustimmen. Um ganz sicher zu gehen: Das ist keine Ironie.
Die Schulleitung und Teile des Kollegiums relativieren die benannten rechtsextremen Übergriffe. Die Jugendlichen, die auf einem Foto ihre Arme zum Hitlergruß nach oben streckten, seien nichts weiter als wichtigtuerische Draufgänger. Gegenüber der «Zeit» sagte die Leiterin: «Diese Jungs sind Teenager, sie sind in der neunten Klasse und suchen ihren Platz. Sie wollen sich ausprobieren.»
Oh weia, was für eine fatale Fehleinschätzung…..eine sehr schlimme Verharmlosung…..
Was wollen diese Jungs denn ausprobieren? Wie weit man gehen kann? Wie man andere terrorisiert, mobbt, niedermacht?
Da könnte ich echt ko…en…
Was ist nur in meiner Heimat los? Oder kann ich es nur nicht verstehen, weil ich schon so lange im “Westen” bin?
“… Vielfältige Kontakte zu sorbischen Intellektuellen entstanden während ihrer Bautzener Jahre. Sie nahm 1926 am Europäischen Minderheitenkongress in Genf teil, 1930 am allslawischen Sokol-Treffen in Jugoslawien. In den 20er und 30er Jahren übersetzte sie auch andere slawische Autoren. Mina Witkojc erhielt 1933 durch die neue nationalsozialistische Regierung Schreibverbot. Bis 1936 verblieb sie arbeitslos in Bautzen. Im selben Jahr zog sie wieder in die alte Heimat nach Burg. Dort verdiente sie sich von 1936 bis 1941 wieder ihren Lebensunterhalt als Tagelöhnerin in der Landwirtschaft. Da sie durch ihre Texte und Gedichte innerhalb des wendisch/sorbischen Kulturlebens sehr exponiert hatte und darüber hinaus durch Kontakte zu anderen slawischen Intellektuellen in den Verdacht eines (pan)slawischen Nationalismus geriet, praktizierten die Nationalsozialisten an ihr das, was schon in den Jahren ab 1937 mit der Ausweisung sorbischer Kulturschaffender und Geistlicher aus der Lausitz begann: 1941 erhielt sie ein Aufenthaltsverbot für den Regierungsbezirk Dresden, 1942 dann eines für den Regierungs- bezirk Frankfurt/Oder. Damit war sie gezwungen, die Lausitz zu verlassen. In den Jahren 1942 bis 1945 lebte sie dann in Erfurt, wo sie unter anderem als Angestellte in einem Gärtnereibetrieb tätig war. …”
https://schule-burg-spreewald.de/Home/Mina-Witkojc/
Das ist von der Homepage der Schule, die im Kasten “Im Wortlaut” genannt wird, wobei die “fett”-Markierung von mir stammt.
Seeeeehr … denkwürdig.
https://www.ecosia.org/search?q=denkw%C3%BCrdig%20bedeutung&addon=firefox&addonversion=4.1.0&method=topbar
“Diese Jungs sind Teenager, sie sind in der neunten Klasse und suchen ihren Platz. Sie wollen sich ausprobieren.”
Damit kann wohl jede Debatte um Freibäder geschlossen werden, hm?
Und das von Bildungsinstanzen. Schade für dieses Bundesland…
Gerade wenn die Jugendlichen Wichtigtuer sind und sich ihren Platz suchen, muss ihnen völlig klar und unmissverständlich gezeigt werden, dass diese Gesten kein Spaß sind sondern strafbar. Da das Foto im Umlauf ist müsste nun doch eigentlich die Staatsanwaltschaft von sich aus tätig werden und die Schüler ermitteln und vorladen. Wieso geschieht das nicht? Das würde den Wichtigtuern zeigen wo die Grenzen sind und den Lehrern den Rücken stärken. Wenn due Staatsanwaltschaft nicht tätig wird müsste zumindest die Schulleitung Anzeige erstatten.
Da wir nicht wissen, was das für Jugendliche sind, steht da Aussage gegen Aussage: Gesicherter Rechtsextremismus gegenüber Draufgängertum
Was das genau für Lehrer sind, wissen wir auch nicht. Die Aufforderung, sich nach Berlin zu „pissen“, von der wir die Urheber auch nicht kennen, lässt auf eine deutliche Haltungsunterschiede zwischen den Lehrern und mindestens Teilen der Bevölkerung schließen.
Was wir definitiv wissen, ist, dass sich das Ministerium und die Schulleitung beide einen sehr schlanken Fuß machen und die betroffenen Lehrer alleine lassen.
Ich hoffe für die Lehrer, dass sie an eine nicht nur dem Papier nach weltoffene und tolerante Schule versetzt werden. An einer Brennpunktschule in Berlin werden die nicht glücklich werden, es sei denn, sie sind sehr harte Hunde, an denen alles abprallt. Dann frage ich mich aber, weshalb sie den Brandbrief mit den üblichen Schlagworten geschrieben haben.
Netter Versuch, vom Thema – Rechtsextrmismus – abzulenken. Doch, wir wissen, was das für Jugendliche sind – das Gruppenfoto, auf dem der Hitlergruß gezeigt wird, spricht eine deutliche Sprache. Es geht auch nicht um “Haltunsunterschiede” – es geht ums Terrorisieren von Menschen, die sich dem rechten Vormarsch entgegenstellen. Schließlich der Schlenker in den Berliner Brennpunkt, womit wir bei Ihrem üblichen Feinbild wären: Migrantinnen und Migranten.
Ums klar auszusprechen: Das ist die übliche Verscheierungstaktik von Rechtsaußen.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Georg, und was wissen Sie denn so genau über die Kids, die an Brennpunktschulen unterrichtet werden?
Diese Schulleitung ist wirklich eine Schande – so den offensichtlichen Extremismus der Schüler zu leugnen, ist schon sehr krass. Was wohl aus der Schulleitung wird? Kann sie ihren Job behalten?