
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hat nach Protest von Eltern in einer Grundschule im Süden des Landes als Einzelfall vier statt drei erste Klassen erlaubt. Damit nahm er eine Entscheidung des Schulamts Cottbus zurück und sprach am Freitag von einer sehr bedauerlichen Situation. Der Minister nannte die Entscheidung der Behörde in einer Sondersitzung des Landtags-Bildungsausschusses allerdings korrekt. Das Umsteuern begründete er damit, dass es zwischenzeitlich eine falsche Information über die Anzahl der Klassen gab. Die Bürgerinnen und Bürger dürften nicht die Folgen dafür tragen, «wenn im Verwaltungshandeln Fehler entstehen».
Die Goethe-Grundschule im Amt Plessa im Landkreis Elbe-Elster hat zwei Standorte in Hohenleipisch und Plessa, die mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen. Das Schulamt Cottbus hatte kurz vor den Sommerferien mitgeteilt, dass es für das nächste Schuljahr eine größere Klasse in Plessa und zwei Klassen in Hohenleipisch geben soll. Die Eltern waren jedoch wegen einer fälschlichen Information zuvor davon ausgegangen, dass es vier erste Klassen sein werden – je zwei in Hohenleipisch und zwei in Plessa. Das führte zu Protest der Eltern. Es geht bei der Entscheidung des Schulamts auch um die Frage, ob die Zahl der Kinder für die ersten Klassen zwischenzeitlich gesunken ist.
«Es gab natürlich ganz klar im April ein Schreiben an uns, an den Träger, dass wir mit einer Vierzügigkeit rechnen können, wenn sich die Kinderzahl nicht verringert»
Der Amtsdirektor von Plessa zeigte sich zwar erfreut über die Entscheidung des Ministeriums, kritisierte aber auch das Vorgehen der Behörden. «Es gab natürlich ganz klar im April ein Schreiben an uns, an den Träger, dass wir mit einer Vierzügigkeit rechnen können, wenn sich die Kinderzahl nicht verringert», sagte Göran Schrey im Bildungsausschuss. Für den Zeitpunkt seien 74 Kinder für die ersten Klassen gemeldet gewesen, die Zahl habe sich nicht verringert.
Der Schuldirektor berichtete von den bereits gelaufenen Vorbereitungen für das neue Schuljahr. Dann seien Räumlichkeiten gefunden worden, der Schülerverkehr sei mit dem Landkreis geplant worden, sagte Schrey. Drei Klassen hätten bedeutet, dass an einem Standort mindestens 36 Kinder in einer Klasse gewesen wären. «Da muss der Anspruch sein, kleine Klassen bilden zu können.» Freiberg verwies darauf, dass das Schulamt mit der Entscheidung für drei Klassen schon auf die Schülerzahl reagiert habe.
Die AfD-Fraktion hatte die Video-Sondersitzung in der Sommerpause beantragt. Die Entscheidung von drei Klassen habe nicht nur gravierende Folgen für die schulinternen Planungen, sondern auch und gerade für die betroffenen Eltern der Schulanfänger, schrieben drei Abgeordnete in ihrem Antrag für die Sitzung. Sie forderten möglichst rasch eine Lösung, weil eine Petition von Elternseite an den Landtag erst nach Ende der sitzungsfreien Zeit behandelt werde.
Die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Kristy Augustin (CDU), wies die Darstellung zurück und verwies darauf, dass der Petitionsausschuss bereits tätig war. «Die AfD hat einfach geschickt darstellen können, sie seien vermeintlich die einzigen, die sich um die Elterninteressen kümmern», sagte Augustin. «Fakt ist aber, dass bereits das Anliegen der Eltern bei uns unter anderem im Petitionsausschuss vorlag. Der Petitionsausschuss handelt.»
Was bei der Diskussion allerdings übersehen wird: Die Entscheidung, für 74 Kinder vier Klassen in Hohenleipisch und Plessa zu bilden, führt logisch zwingend dazu, dass die Lehrkräfteversorgung an einem anderen Grundschul-Standort im Schulamtsbezirk schlechter wird. Es wird ja niemand zusätzlich eingestellt. Für den Bildungsminister ergibt sich allerdings aus diesem Nullsummenspiel ein Vorteil: nämlich dass dies niemand direkt mitbekommt – die Personalpläne der Schulverwaltung bleiben in der Regel ja geheim. News4teachers / mit Material der dpa
Lehrerverbände: Ernst ist am Lehrermangel gescheitert – keine Lösung in Sicht!
Den letzten beißen die Hunde….
Ich finde es absolut sinnvoll, statt einer Klasse mit 36 Kindern zwei Klassen zu je 18 Kindern zu bilden. Es sind Erstklässler, da zählt jeder Schüler weniger für den Lese/Schreib- und Rechenerwerb!
Die Bedarfsplanung für Lehrkräfte geht in diesem Fall regulär von zwei Klassen aus, da der Klassenteiler (ich glaube 25 für die Grundschule) zu beachten ist. Dieser ist mit 36 am Standort angemeldeten SuS weit überschritten. Nicht nachvollziehbar ist hingegen die zwischenzeitliche Entscheidung des Schulamtes, den Klassenteiler zu ignorieren und 36! SuS in EINE erste Klasse stecken zu wollen.
‘Aber es hätte ja klappen können’, denkt sich das Schulamt.
Tolles Zitat aus dem Artikel:
„Die Entscheidung, für 74 Kinder vier Klassen in Hohenleipisch und Plessa zu bilden, führt *logisch zwingend* dazu, dass die Lehrkräfteversorgung an einem anderen Grundschul-Standort im Schulamtsbezirk schlechter wird. Es wird ja niemand zusätzlich eingestellt.“
Da sieht man sehr schön, was Elternproteste bewirken können. Weiter so, nehmt euch ein Beispiel dran! Klar stehen dafür jetzt ein, zwei andere Schulen schlechter = mit weniger Lehrkräften da, bitte beschweren!
In einigen Regierungsbezirken sind Klassen mit 35 Kindern inzwischen normal. Das war aber in Plessa nicht geplant, es sollten einige Kinder pendeln. Mit 74 Kindern hätte man 3 25er-Klassen gebildet, völlig ok. Zumindest bei uns in Bayern gibt es solche Fälle öfter, in kleinen Orten mit mehreren Schulzweigstellen. Busfahrer sind günstiger als Lehrer. 😉
Das Problem ist, es setzen sich die Schulen durch, deren Elternschaft gut organisiert und “streitbereit” und fähig ist: Also “Bildungsbürgertum”. Da findet sich immer ein Rechtsanwalt, der die Bildungsverwaltung in die Ecke argumentiert. Das geht dann natürlich auf Kosten der Schulen, die diese Elternschaft nicht haben. “Bildungsgerechtigkeit” gilt eben nur solange, solange es nicht das eigene Kind betrifft…
Dieses Verhalten sieht man übrigens auch in anderen Politikbereichen…
Tja, da zeigt sich das Dilemma von Verbundschulen. Ist halt doch nicht so kostensparend, wie man gerne möchte…..aber man kann es ja mal versuchen…..