Angeblich nicht wegen Lehrermangel: Erste Schulen legen Fächer zusammen

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HANNOVER. Ein Fach Naturwissenschaft statt der drei Fächer Physik, Chemie und Biologie – an drei Modellschulen in Niedersachsen ist das für die Fünft- bis Achtklässler bereits Realität. Das Ministerium betont, der Grund dafür sei nicht der Lehrkräftemangel.

Cocktail gefällig? Foto: Shutterstock

Im Rahmen eines Modellprojekts haben drei Schulen in Niedersachsen ihren Fächerkanon gestrafft. Wie das Kultusministerium mitteilte, wurden an drei Oberschulen die Fächer Physik, Chemie und Biologie zum Fach Naturwissenschaft sowie die Fächer des Bereichs geschichtlich-soziale Weltkunde zum Fach Gesellschaftslehre zusammengelegt. Betroffen sind jeweils die Jahrgänge 5 bis 8. Eine Sprecherin des Ministeriums betonte, die Schulen hätten die Zusammenlegung nicht wegen des Lehrkräftemangels beantragt, sondern um personalisiertes Lernen zu ermöglichen.

Für die Gewerkschaft GEW spielt fehlendes Personal aber durchaus eine Rolle bei der Zusammenführung von Fächern. «Durch den Fachkräftemangel konnten etliche Schulen in der Vergangenheit für ihren Bedarf in bestimmten Fächern kein Personal finden. Hier kann die Möglichkeit einer Zusammenlegung von Fächern unter Umständen helfen», sagte GEW-Landeschef Stefan Störmer. Die Entscheidung dafür oder dagegen müsse aber immer bei der Schule liegen.

Bereits im Frühjahr hatte Störmer gesagt, es wäre gut, wenn die Schulen ihre Lehrerinnen und Lehrer flexibler einsetzen könnten als bisher. Laut GEW gibt es an den Schulen in Niedersachsen rund 10 000 Beschäftigte zu wenig, darunter etwa 7500 Lehrkräfte.

Ob künftig weitere Schulen ihre Fächer zusammenlegen können, wird nach Angaben des Ministeriums derzeit geprüft. Für Haupt-, Real- und Oberschulen seien zum Schuljahr 2025/26 neue Erlasse geplant. Insgesamt wolle das Ministerium es den Schulen ermöglichen, den Schulalltag flexibler zu gestalten und mit neuen Formaten auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen. News4teachers / mit Material der dpa

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Dil Uhlenspiegel
7 Monate zuvor

„nicht wegen des Lehrkräftemangels {…] sondern um personalisiertes Lernen zu ermöglichen“
Der Satz wirkt ganz ohne Verdrehungen. Ich lass ihn mal einfach für sich so stehen – um Personalisierung zu ermöglichen.

Riesenzwerg
7 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Ich personalisiere mich auch und frage mal nach, was personalisliertes Lernen ist.

Ich persönlich habe das personalisierte Sätzchen inhaltlich nicht erfasst – hatte ich zu wenig personalisiertes Lernen?

Sollten nicht auch die Fächer Deutsch/Englisch/Französisch/Latein und Spanisch personalisiert zusammengelegt werden?

Fänd ich persönlich personalisiert mega personalisiert!

Pit2020
7 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

@Dil Uhlenspiegel

„nicht wegen des Lehrkräftemangels {…] sondern um personalisiertes Lernen zu ermöglichen“

Wie das schon klingt!!!
Einfach … toll. 😉

Wir 😉 müssen dann nur noch dafür sorgen, dass es „auf einen guten Weg gebracht“ wird.

Sind alle brav und machen mit? 😉 🙂

Rainer Zufall
7 Monate zuvor

Was bringen Fachstunden, die regelmäßig ausfallen? Bei mir SBBZ in BW, gab es diesen und weitere Fächerverbünde lange. Unter anderen Umständen wäre ich für ein Beibehalten, stattdessen wurden die Verbünde während des Mangels aufgelöst.
Jetzt schauen alle nur noch, irgendwie die Noten fürs Zeugnis zusammenkratzen zu können 🙁

Peter Deckmann
7 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Zum Glück wurden diese ehemaligen Fächerverbünde aufgelöst!
Wenn ich als studierter Physiklehrer Biologie unterrichten muss, leidet darunter die Unterrichtsqualität. Ich selbst habe an Biologie absolut kein Interesse und bin didaktisch dafür auch nicht ausgebildet worden. Was war ich persönlich froh, als die Fächerverbünde mit dem Bildungsplan 2016 in Baden-Wü wieder aufgelöst worden sind!

Hiltrud
7 Monate zuvor

Ist doch modern….flexibel, arbeiten von überall, homeschooling äh homeoffice

Oberkrämer
7 Monate zuvor

An Berliner Grundschulen (bis Klasse 6) ist das bereits seit Jahren gang und gäbe. NaWi hat Biologie, Chemie, Physik ersetzt. Seit einigen Jahren nun wurden auch Geschichte, Geografie und Politik an den Grundschule zu GeWi zusammengefasst. Mit der systematischen Vermittlung historischen Wissens und historischer Zusammenhänge ist es seit dem vorbei. Die Geschichte beginnt mit dem alten Rom. Menschen gab es schon immer bzw. durch „Gottes Hand“. Die ganze Menschwerdung findet nicht mehr statt. Dafür ist nun anscheinend der Religionsunterricht zuständig.

JoS
7 Monate zuvor
Antwortet  Oberkrämer

Religionsunterricht in Berlin? Ist das schon Folge des neuen Senats?

Saskia67
7 Monate zuvor
Antwortet  Oberkrämer

Eine Regel ist immer das, was man aus ihr macht. Zumindest beim Rahmenlehrplan.
Ich habe stets versucht, viele Fächer in „meinen“ Klassen zu unterrichten, weil ich dann nämlich durch die Möglichkeit, den Anteil der GeWi-Fächer und des Deutschunterrichtes selbstständig nach Bedarf verschieben kann. Wie soll ich ein Thema in Politik erklären, wenn der geschichtliche Hintergrund noch nicht vermittelt wurde? Den Sachtext für Ethik haben wir im Deutschunterricht vorbereitet (Sprachwissen, Leseverstehen), um die ethischen Fragen im Fachunterricht in Ruhe zu besprechen usw.
Warum bestehen viele Lehrkräfte nach wie vor darauf, Unterricht wie im Kaisserreich zu machen in 45min-Schnipseln ab 8 Uhr und die Fächer schön brav voneinander getrennt? Noch nie war im Alltag so deutlich zu spüren, dass alles miteinander zusammenhängt.Wir können den Kids doch nicht lauter Puzzleteile vor die Füße werfen und ihnen dann nicht beim Zusammensetzen helfen.Sich dabei auf die Eltern zu verlassen, die den Kids schon helfen werden, die Komplexität der großen Welt und des Lebens zu verstehen, ist ja wohl in vielen Fällen sehr blauäugig gedacht.
Nur, weil Lehrkräfteausbildung mindestens genauso veraltet ist, wie das Bildungssystem -zumindest in Berlin-, muss man ja nicht selbst auf dieser Stufe stehen bleiben.
Ob man damit allerdings dem Lehrkräftemangel abhilft, glaube ich kaum. Schließlich braucht alles seine Zeit. Den Vorteil sehe ich in der Flexibilität. Der Nachteil: es braucht flexible Lehrkräfte dafür.

Mein_Senf
7 Monate zuvor
Antwortet  Saskia67

Nicht nur flexible Lehrkräfte, sondern auch eine flexible Schulleitung. Wenn diese jmd nur für seine 2Hauptfächer einsetzen will, kann man da wenig tun.
Nachteil ist trotz allem, dass man dann keine gesicherte fachbasierte Vorbereitung auf die zentralen Abschlussprüfungen hat; sei es Realschulprüfung oder Abi.

Lieber spät als nie
7 Monate zuvor
Antwortet  Oberkrämer

Bei uns in NRW gibt es gar kein Gewi in der Grundschule. Da heißen alle naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer gemeinsam Sachunterricht.

Sven A.
7 Monate zuvor
Antwortet  Oberkrämer

Menschen gab es schon immer bzw. durch „Gottes Hand“. Die ganze Menschwerdung findet nicht mehr statt. Dafür ist nun anscheinend der Religionsunterricht zuständig.

Alhamdulillah, ich finde das sehr innovativ. (Jetzt aber mal im Ernst, vielleicht wird es so langsam Zeit, wenn diese Entwicklung weiter so anhält, über die Schulpflicht zu diskutieren und ob diese noch Sinn macht. Inzwischen kann ich mich langsam des Gedankens nicht mehr erwehren, dass Heimunterricht bei bildungsaffinen Familien vielleicht sinnvoller ist und es bei bildungsfeindlichen Familien eh nicht mehr darauf ankommt).

JoS
7 Monate zuvor

Die Überschrift scheint mir tatsächlich ein wenig tendenziös, auch wenn der Lehrkräftemangel unbestritten ist. Ist der Redaktion etwa nicht bekannt, dass es an den unzähligen niedersächsischen IGS bereits seit vielen Jahren und ohne mir bekannte Probleme die Fächer Naturwissenschaften und Gesellschaftslehre gibt?

Lena Hauenstein
7 Monate zuvor
Antwortet  JoS

Mein Eindruck von meiner Abordnung an die IGS ist, dass das viel mit Fachlehrermangel zu tun hat. Geschichts- und Bioleute gibt es mehr als Physik und Politik. Also lässt man die alles machen und gut ist.

Realist
7 Monate zuvor
Antwortet  Lena Hauenstein

Wer geht auch mit MINT an eine IGS, wenn er nicht unbedingt muss…

Georg
7 Monate zuvor
Antwortet  Realist

MINT’ler mit nur Sek I ohne Sek II müssen …

Sven A.
7 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Gibt es solche MINTler überhaupt? So etwas habe ich noch niemals gesehen. Wer MINT macht, der macht es für Sek II.

Fakten sind Hate
7 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Ich hab es freiwillig gemacht. Es ist eine andere Art zu arbeiten. Man verabschiedet sich in den meisten Fällen, insbesondere an extremen Brennpunktschulen, vom Unterrichten und geht hin zum Kinderbespaßen. Die Leistung stehtalso nicht im Vordergrund, sondern die Erziehung.
Vorteil für mich als Lehrer ist, dass ich den Unterricht nicht vorbereiten muss, da ich ihn nichtmals auf Grundschulniveau durchziehen könnte. (Dies gilt natürlich nicht für alle Klassen)

JoS
7 Monate zuvor
Antwortet  Lena Hauenstein

Den Eindruck habe ich als freiwillig an die IGS versetzter Lehrer eher nicht. Mal ehrlich: Wer ein natur- oder gesellschaftswissenschaftliches Fach studiert hat, sollte doch wohl den Stoff der Sekundarstufe 1 mit Leichtigkeit vermitteln können. In der Oberstufe sieht das natürlich anders aus, da wird auch bei uns differenziert. Und es gibt ja durchaus gute Begründungen für eine Zusammenlegung der Fächer, da diese eben auch inhaltlich immer wieder Überschneidungen aufweisen.

R.Wadel
7 Monate zuvor
Antwortet  JoS

An welche Überschneidungen in z.B. Physik und Biologie in der Mittelstufe denken Sie?

Riesenzwerg
7 Monate zuvor
Antwortet  R.Wadel

Körperkunde!

Das Auge!!!

Entschuldigung, ich konnte nicht widerstehen. Habe von beiden Fächern nur noch eigenes Schul- bzw. Vertretungsstundenwissen.

PFK
7 Monate zuvor
Antwortet  R.Wadel

Biomechanik, z.B. ein Armbruch und Hebelgesetzte, alle Sinne, Knochenstrukturen und Dichte vs Masse, Viskosizität von verschiedenen Stoffen, Fließgeschwindigkeit von Wasser, physikalische Eigenschaften von allen möglichen Dingen, Atmung und Raumluftvolumina, Hirnmasse und Schwerkraft ;), Klang, Geräusch, Ton, Schwingung , Bass und Geschwindigkeit, Hörschädigung durch unpassende Beschallung (immer weiter verbreitet…) mp3 Syndrom, Wasser und seine Kräfte nutzbar für BNE etc., Geschwindigkeit und Physis von Autos und deren Zusammenhang von Ökologie, Ökonomie (muss ja hier nicht…) und Entropie, Fahrradmechanik, Dynamo, Stromerzeugung mit dem eigenen Körper oder oder oder

Fakten sind Hate
7 Monate zuvor
Antwortet  PFK

Das sind auch genau die Themen, die die Kinder nicht interessieren. Bzw. das sind etwa 10% vom zu unterrichtenden Lehrstoff. Pro von Ihnen aufgezählten Stichpunkt haben Sie eine Unterrichtsstunde Zeit. Die restliche Zeit beschäftigen Sie sich mit reiner Biologie und wenn Sie Glück haben, noch mit Themen der Chemie.

Fakten sind Hate
7 Monate zuvor

Den Zusammenschluss von den drei genannten Naturwissenschaften kennt man auch in NRW auch. An den Gesamtschulen wird in den Klassen 5-6 das Fach NW unterrichtet.

Wenn ich weiter den Scheiß unterrichten muss, werde ich gegen den Willen der Bezirksregierung die Schule/Schulform wechseln. Die Verantwortlichen können gerne selber die Eingeweide von Pferde an einer Brennpunktschule ausmalen lassen. Ich als Physiklehrer werde das nicht mehr.

Riesenzwerg
7 Monate zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

In SH gibt es an den GemS auch in 5 und 6 NaWi.

Was haben die Lehrkräfte geflucht! Was fluchen sie noch heute!

Ernsthaft?
7 Monate zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Wer mit den Anforderungen des Berufs nicht klar kommt, sollte sich vielleicht einen anderen suchen.

Fakten sind Hate
7 Monate zuvor
Antwortet  Ernsthaft?

Ich weiß ja nicht, was Sie arbeiten.
Den Spruch werde ich Ihnen aber gerne auch reindrücken, wenn ein Schüler auf den Schulfluren gekackt hat und Sie es wegwischen müssen.

Gibt es nicht? Kommen Sie vorbei. Brennpunktschule Ruhrgebiet. Wir brauchen Sie.

Sven A.
7 Monate zuvor
Antwortet  Ernsthaft?

Hat er doch gesagt und die Meisten machen das doch auch, deshalb gibt es ja niemanden mehr an den Sek I-Schulen, der das noch unterrichten könnte… Sie wissen schon, Henne und Ei und so. Vielleicht sollten die Landesregierungen eher überlegen, wie sie diesen Teufelskreis durchbrechen können, anstatt die letzten Recken auch noch zu verjagen, denn bald gibt es sonst nicht einmal mehr NaWi in den Schulen.

Aber klar, wer das Problem nicht durchdrungen hat, dem fällt der Ausspruch „na dann hau doch ab“ sehr leicht.

Theodor
7 Monate zuvor

In der Oberstufe mit 5-6 Std pro Woche, klappen 3 davon im homeschooling

Lisa
7 Monate zuvor

Ich verstehe die Kollegen. Mich hat es auch kolossal gestört, den Schülern vom Wissen her immer nur eine Stunde voraus zu sein. Wenn es “ Naturwissenschaften“ als ein Fach geben soll, soll es auch genauso studiert werden können.

Tigrib
7 Monate zuvor

Hieß bei uns in BW vor 20 Jahren NWA. Mittlerweile wieder ad acta gelegt.