Ganztag: Sport für Eltern ebenso wichtig wie die Hausaufgabenbetreuung

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WÜRZBURG. Angesichts des kommenden Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung für Grundschülerinnen und -Schüler in Bayern haben Universität und Stadt Würzburg gemeinsam Eltern nach ihren Wünschen befragt.

Schulische Ganztagsangebote sind für viele Eltern nur eine billige Möglichkeit, genuin familiäre Erziehungs- und Bildungsaufgaben abzugeben, während sie selbst bei der Arbeit. Dieses Vorurteil konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Würzburg in Kooperation mit dem Schul- und dem Sozialreferat der Stadt nicht bestätigen. Angesichts der Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung ab 2026 haben sie Eltern nach ihren Erwartungen befragt um die Stadt Würzburg in die Lage versetzen, sich besser auf den kommenden Rechtsanspruch vorzubereiten. Etwas überraschend steht für die Familien das Lernen am Nachmittag nicht unangefochten an erster Stelle.

ein auf dem Bauch liegender Junge vor einem Liegestütz in einer Sporthalle lächelt mit erhobenem Kopf in die Kamera.
Sportliche Angebote bei der Ganztagsbetreuung stehen bei Eltern hoch im Kurs. Foto: Shutterstock

Insgesamt 1.154 Eltern gaben mittels Fragebogen Auskunft darüber, was ihnen an einer guten Ganztagesbetreuung wichtig ist. „Das ist eine sehr verlässliche Datengrundlage, wir haben alle strukturellen Stadtbereiche abgebildet“, erläutert Studienleiter Heinz Reinders empirischer Bildungsforscher an der Julius-Maximilians-Universität (JMU).

Sport und Bewegung ist Eltern wichtig
Die Ergebnisse seien durchaus überraschend gewesen: „Häufig hören wir, das Erledigen von Hausaufgaben sei den Eltern mit Abstand besonders wichtig“, beschreibt Reinders. „Tatsächlich gibt es da aber keinen großen Abstand, den Eltern ist Sport und Bewegung als Angebot in der Nachmittagsbetreuung ebenso wichtig wie das Büffeln für die Schule“. Beide Angebote liegen in der Erwartungsgunst der Eltern gleichauf, sodass sich hier laut Heinz Reinders klare Hinweise für ein pädagogisch vielfältiges Angebot ergeben.
„Familien sehen Ganztagsbetreuung längst nicht mehr nur als reine Aufbewahrung mit Mittagessen und Hausaufgabenzeit. Sie möchten, dass ihre Kinder in der Zeit außerhalb der Familie ein anregungsreiches Umfeld erleben dürfen“. Dazu gehören neben Sport und Bewegung auch musisch-kreative Angebote; auch wenn diese nicht ganz so häufig gewünscht würden. In Zahlen liest sich das so: 66 Prozent der Eltern erachten Sport und Bewegung als sehr wichtig, ebenso viele betonen die Bedeutung der Hausaufgabenzeit. 54 Prozent können sich zudem musisch-kreative Anregungen für ihre Kinder gut als Bestandteil der Nachmittagsbetreuung vorstellen.

Reinders betont: „Die Ergebnisse helfen bei der inhaltlichen Planung der Angebote. Es geht nicht nur einfach um die Anzahl notwendiger Plätze, sondern darum, was sich die Familien an qualitativen pädagogischen Angeboten wünschen.“ Ein besonderer Clou der Untersuchung sei gewesen, dass nicht nur Eltern befragt wurden, die aktuell ein Kind in der Primarstufe haben, sondern auch jene Eltern, die bei Einführung des Rechtsanspruchs im Jahr 2026 eines ihrer Kinder an einer Grundschule in Würzburg haben werden.

Sport OGS als Erfolgsmodell?
Dass Eltern nicht nur Zeit für die Hausaufgaben wollen, hatten die Würzburger Forscherinnen und Forscher durchaus erwartet. Ein so klares Votum für andere Angebot wie Sporthabe Reinders dann aber doch überrascht: „Wir erklären uns das mit der Corona-Erfahrung, als die Kinder viel zu Hause waren und wenig Bewegung hatten – das wird die Eltern geprägt haben.“

Hinzu komme, so Reinders, dass viele Familien berufstätig sind und es nicht immer schaffen, ihre Kinder im Vereinssport unterzubringen: „Da bieten sich Kooperationen zwischen Vereinen und Ganztagsangeboten an“, so der JMU-Professor, der im Ehrenamt selbst als Vereinsvorsitzender eine solche Kooperation initiiert hat. Gemeinsam mit der Grundschule Heuchelhof, seinem Lehrstuhl und dem Sportverein am Heuchelhof wurde vor zwei Jahren eine Gruppe im offenen Ganztag (OGS) mit Bewegungsschwerpunkt für Mädchen gegründet.

„In jedem Schuljahr können 20 Mädchen das Angebot nutzen, bei dem an jedem Nachmittag ein anderes Sportangebot durch erfahrene Trainerinnen gemacht wird“, erläutert der passionierte Fußballtrainer das Konzept. Mittlerweile sei die Warteliste allein am Heuchelhof auf 30 Mädchen angestiegen und andere OGS-Standorte seien ebenfalls an dem Modell interessiert, sodass das Angebot durchaus erweitert werden müsse. „In dem Konzept steckt sehr viel Potenzial und offensichtlich wünschen es sich die Würzburger Familien laut unserer Studie mehrheitlich.“

Praktisch genutzt werden sollen die Ergebnisse von der Stadt Würzburg und ihren zuständigen Stellen, die bis 2026 die schrittweise Versorgung mit Ganztagesplätzen für Grundschulkinder zu bewerkstelligen haben. Damit würden die Studienergebnisse wertvolle Hinweise dafür liefern, wie diese Ganztagesbetreuung auch nach den Wünschen der Familien pädagogisch wertvoll gestaltet werden können, ist sich der Bildungsforscher sicher. (zab, pm)

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1 Kommentar
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Alter Pauker
7 Monate zuvor

Wenn Sport für Eltern wichtig ist – Elter, dann treibt Sport mit euren eigenen Kids!!!! Es sind EURE Kinder!!!
Immer alles auf Lehrer abschieben, ist mächtig bequem, funktioniert aber nicht!!!